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MsdrufferTageblatt Q für Lürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Nr. 190 — 91. Jahrgang Wilsdruff-DreSden Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Montag, den 15. August 1932 Postscheck: Dresden 2640 Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, K7'SL" NL- Wochmbl»» ,ür Wll-drxff L Um«-g-»d L-»»"......LLSL -ingesandter Schr!ststL-kc erfolgt nur, wenn Porto ktiMxi. Anzeigenpreis! die «gefpoltene RaumzeilcSO Rpfg., die ^gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Aeichr, Pfennige, die 3 gespaltene Meklamczcile im textlichen Teile 1 RMK. Nachweisungsgebiihr 20 Reichspsennige. Dor- geschriebencErscheinungs. « tageund Platzoorschris en werden nach Möglichkeit Fernsprekh er: Amt Wrlsoruff Nr. 6 derüchsichtigt. Anzeigen annahmcbisvorm.IOUHr. - Für die Richtigkeit ter durch Fcrnrus übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. JederAadattaniprucü erlischt, wenn ter Betrag trrch Klage eingczogen werden muß oder der Auftraggeber in tkonkurs gerat. Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts- geruyrs und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt ReWresierW Papen bleibt MW Der Schrei nach der „WWiM". Nun beginnt auch Präsident Hoover um sein Amt zu kämpfen, genauer gesagt: um die Wiederwahl in sein Amt. Leicht hat er es nicht. Denn unter seiner Präsidentschaft kam es zu dem jähen tiefen Sturz der Vereinigten Staaten von der Höhe der „prosperit^", der wirtschaftlichen Blüte, hinab in den Abgrund eines furchtbaren Wirtschafts zusammenbruches. Gewiß hat Hoover als Präsident die verzweifeltsten Anstrengungen gemacht, um den Sturz aufzuhalten, entwickelte dann einen schier übermenschlichen Eifer, um Amerika wieder aus dem Abgrund heraus- und heraufznbringcn, — aber bisher blieb der sichtbare Erfolg aus. Und als Parole für einen Wahlkampf ist cs zu wenig, wieder darauf verweisen zu wollen, daß jene An strengungen viel Schlimmeres, einen noch lieferen Sturz verhindert hätten, daß dieser Eifer immer wieder auf ge wisse europäische Widerstünde oder gar Feindseligkeiten stieß. Die „Prosperity" ist weg, mehr als 12 Millionen Arbeitslose liegen buchstäblich auf der Straße, und daher jagt die Masse nur allzu leicht dem Phantom einer neuen „Prosperity" nach, die ihr von unbedenklichen Wahlrcdncrn gern und schnell — versprochen werden dürfte. Den Ameri kanern ist es ja feit dem Ausbruch des Weltkrieges mit einer kurzen, wenig bedeutenden Krisenunterbrechung wirt schaftlich glänzend gegangen, — auf Kosten Europas. Ta her bringt man anch heute noch einen unentwegten Optimismus mit hinein in die Wahlversammlungen, einen Glauben, der die Wiederkehr der „Prosperity" nicht für ein „Wunder", sondern für eine Selbstverständlichkeit hält, wo fern nur die „richtigen" Maßnahmen von der Negierung, also vom künftigen Präsidenten selbst getroffen werden. Auf Europa ist man dabei nicht besonders gut zu sprechen, und wenn von dorther der Ruf nach Erlaß z. B. der interalliierten Schulden kommt, so mögen manche Amerikaner, viele, vielleicht alle der An sicht sein, daß Europa selbst gezeigt hat, wie wenig es das „^oover-Fcierjahr" verdient hat. Präsident Hoover erklärte daher — und sein Gegenkandidat von den Demokraten, Gouverneur Roosevelt tut dasselbe — in seiner ersten Wahlrede sein Standpunkt und der seiner republikanischen Partei in'der „Schuldenfrage" sei nach wie vor derselbe: die Schnldn ersta aten mü ß 1 en z ah len, wozu sie sich verpflichtet hätten. Sie sollten nur ordentlich — ab rüsten, dann wäre es ihnen leicht möglich, ihren Verpflich tungen nachzukommen! Anch sonst sagt Hoover dem „alten Europa" deutlich und drastisch seine Meinung hinsichtlich der „Fricdcnssckmld" der Versailler und sonstigen Diktate, die eine politische Unstabilität herbcigcführt hätten und deren Aufrechterhaltung einer der schlimmsten Gründe für die allgemeine Wirtschaftsdepression wäre. Allerdings ist Hoover nicht auf die Rolle eingegangen, die sein Amtsvor gänger Woodrow Wilson in dieser fchickfalsbeschwcrtcn Zeit gespielt hat! Der hat der Welt den Frieden bringen sollen, und hat es nicht verhindert, daß ihr eine in ihren Folgen jetzt so furchtbar zutage getretene „Fortsetzung des Krieges" beschert werden durfte. Immerhin mag Wohl auch der Durchschnittsameri- . kaner die Kriegsschulden der früheren Alliierten als eine „dubiose Forderung" betrachten, und größte Zweifel hegen, ob sie eintreibbar ist oder gar den Weg zu einer neuen „Prosperity" ebnet. Jedenfalls ist Herrn Hoover der Spatz in der Hand lieber als die schönste „Kriegsschnlden"-Taubc auf dem Dache, und er für seine Person würde mit sich reden lassen, wenn die Schuldner der Vereinigten Staaten > solch ein Spützlein in die Hand geben würden: eine Ver größerung der Absatzmöglichkeiten für die agrarischen und industriellen Erzeugnisse Amerikas im Auslande. Hoover will also — ein durchaus verständiger und naheliegender Gedanke — die K r i e g s s ch u l d e n als Sturmbock gegen die Zoll- und D c v i s e n wirtschafts mauernbenutzen, mit denen sich die Völker umgeben haben. Vielleicht hat Hoover dabei auch einen kleinen Seitenblick auf die englische Reichskonfcrcnz in Ottawa hin- übcrgcworfcn, wo sich ja zoll- und handelspolitisch „aller hand tut", was auch für die kommende Weltwirtschafts- konfcrcnz von nicht unerheblicher Bedeutung ist. Anch nicht unwesentlich dafür, ob es wieder einmal zu einer „prosperitz^ Amerika kommen kann. Doch ist dies ebenso wie die Wiederkehr der „prosperity" überhaupt in der Welt vor allem davon abhängig, daß der alles zerstörende Weltwirtschaftskrieg aller Völker gegen alle durch einen Frieden beendet wird, der besse r ist als jener, mit dem man in Versailles deen Weltkrieg ab- zuschlicßen versuchte. Ser neue Ms im Rundfunk. Berlin, 14. August. Die Reichsrundfunkgesellschaft teilt mit: Der Rundfunk-Kommissar des Reichsministers des In nern, Dr. Scholz, hat Tr. Gustav Krukenberg zu seinem per sönlichen Referenten ernannt. Mit der kommissarischen Bear beitung der in die Zuständigkeit der Reichsrundfunkgesellschaft fallenden Programmfragcn sind der Direktor der Nordischen Rundfunkgesellschaft in Hamburg, Dr. Kurt Stapelfeldt und Walter Beumelburg beauftragt worden. Ergebnislose Verhandlungen mit Hitler. Neubcstätigung des Kabinetts Papen. Der Parteiführer der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei, Adolf Hitler, wurde am Sonnabend nachmittag um 16.15 Uhr vom Reichspräsidenten zu der entscheidenden Unterredung über die Regierungsum bildung empfangen. Der Empfang Hitlers beim Reichspräsidenten dauerte nur eine Viertelstunde. Dem Empfang wohnten der Reichs kanzler sowie der Staatssekretär Meißner, von national sozialistischer Seite Hauptmann Röhm und der Abgeord nete Frick bei. Die Unterredung verlief völlig ergebnislos. Die Reichsregierung von Papen bleibt unverändert im Amte. -i- Jn der glühenden Augnstsonne, in der schattenlosen Wilhelmstraße in Berlin, wo die Gebäude der Reichs- regierung liegen, standen Tausendevon Menschen und hatten ihren Blick auf die beiden Vorgartenportale gerichtet, die zum Palais des Reichskanzlers führen. Im gleichen Hause hat auch der Reichspräsident vorübergehend Wohnung genommen, weil in seinem Palais, das einige Häuser weiter liegt, Bauarbeiter und Handwerker mit Reparaturen beschäftigt sind. Von der Fahnenstange des Reichskanzlerpalais, der sogenannten Reichskai' ' weht die P r ä s i d c n t e n f l a g g c, woran jeder erkennen kann, daß Hindenburg anwesend ist. Gerade um die Mittagszeit des Sonnabends, als die Sonne am heißesten brannte, stauten sich die Massen in der Wilhclmstraße, die Polizei mußte Absperrungen vornehmen, die Autos mußten Umwege machen. Als ein kleines niedriges Auto vorfnhr, ertönten laute Heilruse. Wer in dem Auto saß, war für die meisten nicht zu erkennen, aber Hitlers An hänger wußten, daß es ihr Führer war, und begrüßten ihn. Stundenlang wartete die Menge. Eine Stunde etwa dauerte die Aussprache Hitlers mit dem Reichskanzler, und bald darauf sollte die noch weit wichtigere Unter redung Hitlers mit dem Reichspräsidenten stattfinden. In der Menge hatten sich überall Gruppen gebildet, in denen lebhaft über die möglichen Entscheidungen debattiert wurde. Als Hitler zum Reichskanzler kam, hatte er bereits Reichswehrmini st er von Schleicher einen Be such abgestattet. Herr von Papen war über die Wünsche des nationalsozialistischen Parteiführers am Tage zuvor durch die Beauftragten Hitlers, Hauptmann a. D. Röhm und Grafen Helldorf, Führer der Berliner SA., unterrichtet worden. Beide waren auch beimRcichs- wehrministcr gewesen, ebenso bei dem Chef des Neichs- präsidcntcnbüros, Staatssekretär Meißner. Hitlers Bestich in der Reichskanzlei sollte die Entscheidung bringen. Der Reichspräsident selbst drängte auf schnellen Abschluß der Verhandlungen. Die ersten Nachrichten über Hitlers Aussprache mit dem Reichskanzler gaben wenig Hoffnung auf eine Einigung. Hitler, so wurde mitgeteilt, sei in der Unter redung bei der Forderung geblieben, die seine Presse schon seit Tagen ankündigte, bei der Forderung, daß ihm, dem Führer der Nationalsozialisten, das K a nz l e r a m t über-. geben werde und daß er eine ausschlaggebende Stellung in der Reichsregierung erhalten müsse. Der Reichskanzler erklärte, nicht in der Lage zu sein, diese für ihn zu weit gehende Forderung anzunehmen, und machte Hitler Ge genvorschläge. Er schlug vor, Hitler solle den Posten eines Vizekanzlers übernehmen und gleichzeitig das Amt des preußischen Ministerpräsidenten. Diese Vorschläge Papens wurden aber von Hitler abgelehnt. So war der Stand der Dinge, als Hitler in den Nachmittagsstunden zum Reichspräsidenten fuhr . . . * Hitlers Empfang bei Hindenburg. Uber die mit Spannung erwartete Unterredung, die der Reichspräsident mit dem Führer der Nationalsozia listen, Hitler, hatte, wird nunmehr folgende amtliche Darstellung gegeben: Reichspräsident von Hindenburg empfing in Gegen wart des Reichskanzlers von Papen den Führer der NSDAP., Adolf Hitler, zu ciucr Besprechung über die politische Lage und die Frage der Umbildung der Rcichs- regicrung. Der Reichspräsident richtete an Hitler die Frage, ob er bereit sei, selbst sowie mit anderen gegeigncten Per sönlichkeiten der NSDAP, in die von dem Reichskanzler von Papen geleitete Regierung einzutrcten. Herr Hitler verneinte dies und stellte an.den Herrn Reichspräsi denten die Forderung, ihm die Führung der Reichsregie rung und die gesamte Staatsgewalt in vol lem Umfange zu übertrage«. Reichspräsident von Hindenburg lehnte diese Forderung sehr bestimmt mit der Begrün dung ab, daß er es vor seinem Gewissen und seinen Pflichten dem Vaterlande gegenüber nicht verantworten könne, die gesamte Regierungsgewalt ausschließlich der nationalsozialistischen Bewegung zu übertragen, die diese Macht einseitig anzuwenden gewillt sei. Er bedauerte, daß Herr Hitler sich nicht in der Lage sehe, entsprechend seinen vor den Reichstagswahlcn abgegebenen Erklärungen eine vom Vertrauen des Herrn Reichspräsidenten berufene nationale Regierung zu unterstützen. Die Aussprache schloß alsdann mit einer ernste« Mahnung des Reichspräsidenten an Hitler, die von ihm angckündigtc Opposition der NSDAP, ritterlich zu führen und seiner Verantwortung vor dem Vaterlande und vor dem deutschen Volke sich bewußt zu bleiben. Vor dem Empfang bei dem Herrn Reichspräsidenten hatte im Laufe des Vormittags eine Aussprache des Reichskanzlers mit Herrn Hitler stattgefunden. In dieser Aussprache hatte sich der Reichskanzler erboten, dem Herrn Reichspräsidenten Herrn Hitler als Vizekanzler in der gegenwärtigen Regierung vorzuschlagen und ferner einige weitere geeignete Persönlichkeiten aus der natio nalsozialistischen Bewegung mit wichtigen politischen und fachlichen Ministerien zu betrauen, um dieser Bewegung einen ihrer Stärke entsprechenden Einfluß auf die Staatsführung einzuräumen. Aus gut unterrichteter privater Quelle verkantet, daß das Auftreten des Reichspräsidenten in der Be- sprechung mit den nationalsozialistischen Führern sehr be stimmt, würdig und klar war. Der Reichspräsident habe auch durchblicken lassen, daß »r gewillt und in der Lage sei, jeden etwaigen Versuch einer gewaltsamen Neuregelung der Machtver- hältnisse z u r ü ck z n s ch l a g en. -K Sefchleunigte Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Der Reichspräsident brachte, wie weiter amtlich nitgcteilt wird, vor seiner Abreise nach Neudeck gegenüber dem Reichskanzler, der sich von ihm ver- abschiedet, zum Ausdruck, daß — nachdem nunmehr Klarheit über die politische Lage geschaffen sei — mit der größten Beschleunigung die zur Behebung der ArbeitslosigkeitvordringlichenAusgaben gefördert werden müßten. Der Reichspräsident erklärte hierbei dem Reichskanzler;, daß er seiner tatkräftigen Unter stützung bei der Erledigung dieser Aufgaben gewiß sein könne. Eine Erklärung der Nationalsozialisten. Die Pressestelle der RcichSleitung der NSDAP, teilt mit: „Der Führer wurde zu Besprechungen zum Reichs kanzler von Papen und im Anschluß daran zu Reichs präsident von Hindenburg gebeten. Auf die ihm vor gelegten Fragen, ob er und die Partei bereit seien, in eine Regierung von Papen zur Mitarbeit einzutrcten, er klärte der Führer: Wir sind gewillt und entschlossen, die volle Verantwortung für die deutsche Politik in jeder Be ziehung zu übernehmen, wenn man uns dafür die ein deutige Führung der Regierung anvertraut. Ist das nicht der Fall, so kann die nationalsozialistische Bewegung weder an der Macht noch an der Verantwor tung teilnehmen. Insbesondere kommt ein Eintritt in die Regierung Papen für die Partei nicht in Frage. Da aber der Reichspräsident von Hindenburg es ab- lchnte, die nationalsozialistische Bewegung als stärkste Partei mit der Führung der Regierung zu betrauen, wur den die Verhandlung als ergebnislos abgebrochen. Die nunmehr getroffenen Maßnahmen für die weitere Fortführung des Kampfes der nationalsozialistischen Be wegung werden in einer in der kommenden Woche statt findenden Führertagnng bekanntgegeben werden. Der Führer verließ noch am Sonnabend Berlin. ' Zn dem amtlichen Kommnniquö über die Zusammen kunft Hitler-Hindenburg-Papen, das in manchen Punkten nickt unbedeutende Unrichtigkeiten enthält, wird die NSDAP, noch Stellung nehmen." * ilnierhaltungen mit Papen und Schleichen Was dänische Blätter erzählen. Ein dänisches Blatt bringt eine Unterhaltung des englischen Oberst Stirling mit dem Reichskanzler von Papen. Papen äußerte, er glaube, daß das deutsche Volk müde sei, von Parteien regiert zu werden. Er halte es nicht für notwendig, daß eine Negierung bestimmte Par-^