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1871. Schandau, Mittwoch, den tl). Mai MjWe Llbieilmig. Amts-und Anzeigeblatt für das König!. Gerichtsamt nnd den Stadtrath zu Schandau und den Stadtgememderath zn Hohnstein. Die „Sächsische Elb-Zcitimg" erscheint Mittwoch nnd Sonnabciid und ist durch Nile Pofianfialten, sowie durch t'w »eeitaa'frich 0 Uhr er. Irlich ,u beziehen. - Inserat- Nir das Mit.wochSbtat. werde» bis Dienstag früh » «hr, fiir da» Sonnabend blatt Pa ^ cheien; später eingehende Inserate können erst in der darauf folgenden Nummer Aufnahme finden. - Auswärts werden Inserate iir '"m g " vc'ivüa. stein bet Hrn. Hesse, tu Dresden in den Annoncen-Bureaur der Herren W. Saalbach und M. Nuschplcr, und Haasenfiein L Vogler i. H- g Die Zustände in Frankreich. Voraussichtlich werden gegenwärtig vor Paris die Entscheidungsschlachten des enlsetzttchen Bürger- IriegrS geschlagen, der die große Stadt nm gänz- licher Zerstörung bedroht. Die Geschichte wirb cmst zu prüfen haben, durch welche Kette von Fehlern und Schwächen die französische» Zustände auf den Punkt gebracht worden sind, auf dein sic sich seh, befinden. Ohne Jemand anllagrn und ohne em vor eiliges Urthcil fällen zu wollen, dürfte eS indessen heute schon erlaubt sein auSzuiprechen: daß in ge wissen kritische» Momente» Une»lschlosse»heit der ärgste aller Fehler ist; zu weit getriebene Langmuib artet in Schwäche aus und übertriebene Vorsicht wird Thorheit. Um die Situation ganz richtig zu bcuriheilt», müßte ma» sich der unfruchtbaren Auf- regung, den nutzlosen DiScussioncn cnljieheii können, die in gleich ephemerem Hoffnungen oder Befürch. langen ihren Ausdruck finde», müßte man sich aber namentlich vor dem Kreuzfeuer falscher oder wider sprechender Nachrichten schührn könne», die ans Frank reich zu u»S herüderdriugen. Die öffentliche Mei> nttng von Europa ist sehr begreiflicher und ganz gerechtfertigter Weise gegenwärtig auf Franlrcich nicht gut zu sprech-», st--».. «... rur v-""- zvsen von feher de» großen Fehler, sich um die Meinung deS Auslandes wenig ober gar nicht zu kümmern: sic lesen keine fremden Zeitungen, sonst würden sie bald erfahre», wie übel eS i» de» Auge» der Welt um sic bestellt ist und wie der Abscheu, bei, ma» vor der Pariser Eommunc empfindet, lanm stärker ist als baS Mißtrauen, das unS das gc- sammtc Frankreich cinflößt. Die Franzosen sind »och nicht im Stative gewesen, alle» ihre» Verpflichtungen gegen Deutschland »achzukommen; die Zeil, die man ihnen dazu läßt, haben sie deutscher Gnade zu ver danken; wie eö ebenfalls nur ein Act demscher Gnade ist, daß 15,0,000 Franzosen sich haben um Paris concenirircn dürfen, um die daselbst auSgebrochene Revolution zu bekämpfen. I» diese Lagc Hal die französische Negierung sich selbst gebracht durch ihre versöhnliche ZögerungSpolitik. Der Admiral Saisset, indem er die ireugcbltebeiten Nalionalgardcn ent waffnen ließ, der General Vinoy, mdcm er die Forts ausgab, die Deputiricn von Paris, indem sic von Paris nach Versailles Botschaften herüber und hin über trugen, die MaireS von Paris, indem sie sich zu Zwischenhändlern der Commune machten, die De- legiricn aller Art und Farbe, indem sic in Versailles gegen den Bürgerkrieg predigten, haben sämnulich — und wahrscheinlich mit der besten Absicht von der Welt — Frankreich Schrill für Schritt in dic de- mülhigcndste und gefahrvollste Lagc gebracht. Wie soll sich nun das Land aus dieser Krisis retten? Hierzu giebt eS ein einziges Mittel: treues Festhal- ten an der Nationalversammlung und energische U». tcrstühung dieser Versammlung, dic noch die einzige Lebenskraft deS Landes vertritt. Diese Versamm lung hat allerdings auch ihre erheblichen Fehler und Schwächen; eS mangelt ihr an Erfahrung, sic ist durch Partcicn gcspalten, denen eS an Führern fehl«, sic besitzt nicht Energie genug, um ihrer souvcräneii Gewalt Achtung, ihrem Willen Nachdruck zu ver schaffen. Troy alledem bleibt dem Lande doch nichts übrig, als sieh dieser Versammlung anzuvcrtraucn, die sich ihrerseits auf dic Provinzen stützen muß, von denen sic gewählt ist und dic sich nach Fricdcn, Ordnung und Nuhc sehnen. Nächstdem kann diese Versammlung, die Alles in sich schließt, waS Frank reich noch an politischen Capaciiätcn besitzt, nicht verantwortlich gemacht werden für dic Leichtfertigkeit, mit welcher man Paris den Händen der Co,»- munistcn überlasse» Hal. Man macht der Ver sammlung den Vorwurf, daß sic reaktionär sei — meiner Meinung nach kann man aber Män nern gegenüber, wie Delcöcluze, Pyal, Cluscrct und Consorie», gar mchl rcacüonär genug sein. Nein, der einzige Vorwurf, der dic Versammlung trifft, ist: daß sie den Wünschen deS Landes nicht genug Rech nung getragen hat; sic war in Bordcaur zusammen- geircie», nicht allein um den Frieden zu schließen, wildern auch, um der heillosen Wirthschaft des Herrn Gambetta und seiner Lumpanc ein Ende zu mach««. Die Völker sind wie einzelne Individuen, sic beurihcilen die Bäume nach ihren Früchten; so wird dic dritte Republik im Geiste deS französischen Volkes ewig verwebt bleiben mit der Erinnerung an militärische Schmach und an tausendfaches Unheil aller Ar«. Die Nationalversammlung Hal sich grvß- mülhig gezeig« gegen dic Männer, dic vor ihr dic Gcwatt in Händen hatten; sic hätte dic Mach« und das Rech« gehabt, streng zu sei», sic ist eS nicht ge wesen, weil man ihr mit dem Phantom deS Bür gerkrieges drohte. Trotzdem ist dieser Bürgerkrieg entbranm, und zwar viel schrecklicher als dic düsterste Phamasie cü sich hätte einbildcn könne». Ma» hat es aller Welt recht mache»»wollen und Hal dadurch Niemanden befriedigt. Wenn Frankreich nun nicht ui sich selbst die Krasi^ndtt^kinc^GefA^ zügel», so werde» fremde Hä»dc dieses Geschäft be sorge» müsse»; wen» Europa sieht, daß dic Herr schaft der Natwualvrrsammluttgcn in Frankreich im mer nur zu Katastrophen führt, daß das eigene Voll nicht z» seiner Versammlung steht, so ist für Frank reich an eine nationale, freie und constilutiouelle Monarchie nicht zu denlcn und das Land kann sich nur wieder auf dic bonapartistischc Dictattir vorbe- rcitcn. (L. Z.) Tagcsgcschichtc. Sachsen. Die Sächsische Bank zu Dresden hat die Chemnitzer sünfproccnligc Slavtanlcihc von einer Million Thaler übernommen, und wird dieselbe in dcn nächsten Tagen zum Eoursc von 07«/, "/» hier und bei ihren Filialen zur öffentlichen Sub scriptton auflcgen. — Wie dic „Dr. N." vernehmen, ist nunmehr dic Erweiterung der Kcttenschifffahrtölime, die bisher an der sächsisch-böhmischen Grenze ihren Endpunkt hatte, von Schandau bis Melnik seitcn der Prager Oampfschlfffahris-Gcscttschast definitiv und zwar der artig beschlossen, daß »och in diesem Jahre ein Theil dieser Linie betriebsfähig wird. Dic hierzu nölhi- gen Ketten sind in England bestellt und die zugehö rigen Ketlcndampfcr der Schiffsbau-Anstalt von Otto Schlick in Dresden in Auftrag gegeben worden, welch letztere Firma zur Zeit noch zwei andere Kcl- tcndampser für die untere Elbe zwischen Dresden und Magdeburg im Bau hat. Leipzig, 4. Mai. (L. Tgbl.) Infolge dcö langandaucrnde» NegcnwcttcrS sind die Flüsse in unsrer Stadt und ihrer Umgebung beträchtlich an- geschwollen und hat das Wasser überall dic Hoch- fluihfarbc angenommen. Dic Landlrute fangen an, sich lebhaft wegen der herrschenden ungünstigen Wil- tcrmigSvcrhältnissc zu beklagen und soll dic Fcldbc- stellung wcscntlich dadurch gehemmt werden. Aus Chemnitz vom 5. Mai berichten dic „CH. Nachr.": „Vor cinigcn Tagen ist eine hier bckanmc weibliche Person, Inhaberin einer sogenannten Wein- Handlung, gefänglich eingezvgen worden, und zwar wegcn Mordversuchs gegen ihren Ehemann. Wie man vernimmt, soll Eifersucht das Motiv hierzu gc, wcscu sein; auch verspricht die vcrmuihlich statlfin- dcndc öffentliche Schwurgcrichtösitzung interessant zu werden." In der Wohnung dcS Gpmnasiallchrcrö vr. To ¬ bias in Ziitau wurde in einer der vergangenen Nächte das im Studirzimmcr befindliche Schreibpuli gewaltsam erbrochen und dic Gpmnasialschulgcldlaffc mit dem Betrage von 450 Thlrn. entwende,. (UnglückSfällc.) Am i. Mai sind in Sei- tendors bei Zittau die dem Gutsbesitzer C. G. Burkhardt gehörige» Wohn- und WirthschaflSgebäudc total medcrgebranm. — Am 5. kam im Bahnhof zu Priestewitz ein Arbeiter zwischen dic Puffer zweier zusammenstoßcnder Lowries und erlitt dadurch so er hebliche Quetschungen, daß cr bald darauf starb. — Au demselben Tagt fiel in Rottwerndorf bei Pirna der Fuhrmann Heymann von einem Wagen und wurde so unglücklich überfahre», daß er schon auf dem Transporte nach dem Krankenhaus scinen Geist ausgab. Preußen. Berlin, 8. Mai. Der Reichs- tag nahm in seiner hcutigen Sitzung in zweiter Les ung das Gesetz an, wonach das norddeutsche Straf gesetzbuch für das bcutschc Reich vom i. Januar 1872 an i» Wirksamkeit tritt. Ferner nahm der Reichstag in zweiter Lesung de,, Gesetzentwurf, be treffend die KricgSdenkmünzc für das NeichSheer, nit einem Amendement des Abg. v. Bernulh an, sa.tt.bcS MchfcS^.Mchsn^ä^g»^ iimmtc dirscm Amendement zu. — Das General.Postamt hat die Postanstalle» darauf aufmerksam gemacht, baß der Mißbrauch mit der Versendung von Gegenstände» wie Cigarren, Tabak, Kaffee, kleinere» Würsten, Wurstabschnittcn, Brodabschnttten u. s. w. als Einlage von gewöhn lichen Feldpostbriefen wieder überhand nehme; ebenso mehren sich die Fälle, in welchen einzelne Correspon- dciuen dic Vorschriften wegen Beschränkung deS Gewichts gewöhnlicher Feldpostbriefe auf 4 Loth durch gleichzeitige Absendung mehrerer Briefe im Gewichte bis zu 4 Loth an einen und denselben Empfänger zu umgehen suchen. Dic Postanstallcn sind angewiesen, unbedingt alle Scndimgen zurückzu- weisen, welche wie nach Form und sonstiger Bc- ichaffcnhcii, so besonders mit Rücksicht auf ihren Inhalt zur Beförderung als Briefe sich nicht eignen und dem Mißbrauche gleichzeitiger Abfcndtmg meh rerer Bricfe mit aller Etiergie cnlgegeuzuwirlc». — Die beim Berliner Stadtgericht erhobene Klage der rumänischen Negierung gegen vr. StrouS- bcrg, Graf Lchndorf, Herzog v. Ufest -c. lautet auf 7'/2 Millionrn Thaler. DaS Gericht Hal einen Kvstcneinschuß von 17,000 Thaler verlangt. Der Proceß wird natürlich Jahre lang dauern, und in zwischen erhalten dic Besitzer der Obligationen — nichts. Franksurl a. M., 7. Mai. (Fr. I.) Die erste Sitzung der Coufcrcnz dcS Fürsten BiSmarck nnd JuleS Favre'S dauerte gestern von 1 bis 'ZF Uhr Nachmittags, die zweite von 8 Uhr Abends dis 12 Uhr Mitternacht. Heule soll das Schlußproto- koll dieser Verhandlungen unlerzeichnet werden. Oesterreich. Wien. Dic Erzherzogin Maria Annunziata, Gemahlin dcS Erzherzogs Karl Ludwig, Bruders dcS Kaisers, ist am 4. Mai gestorben. Die Erzherzogin war eine Tochter des verstorbenen Königs Beider Sicilicn, Ferdinand'«! II., und geb. am 24. März 1843. Nicht ein gewöhnliches Aufsehen erregt in Bo denbach ein Eisenbahndiedstahl, der einem dortigen Bahnbcamten zur Last gelegt wird. Letzterer soll ich auf einen bereits im Gange befindlichen Eisen- 'Ohnzug geschlichen und eine als Frachtgut ausgegc. >cnc Reisetasche, in der ein hoher Geldbetrag bc- indlich, entwende, haben, und darauf mi, der Tasche vom Zuge hcrmttergcsprungcn sein. Zum Glück Hal der Packe,meister noch rech,zeitig dcn Abgang der Tasche bcmcrkt und dadurch, daß er dcn Zug zum