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Sächsische Elbzeitung Sächsische Schweiz 71. ^akrgang Bsü Scüandau, Montag, üen 15. August 1927 z und Wissen« llnterkaltungsb^ Lgg LeböN ilN Bild Welt der Frau". Illustrierte Sonntagsbeilage 2 WMSMSSLS-NMLK Ständige Wockenbeilsgen: köberer Gewalt. Ctrcik. «u.spcrrung, Betrltbsstörung usw, berechtigt nicht zur Kürzung des Bezugspreises oder zum Anspruch aus Lieferung der Zeitung Tageszeitung für die Landgemeinven Altendors, Kleingießhübel, Klcinhcnneri. darf, Krippen. Lichtenhain. Mittelndorf, Ostrau, Porschdorf, Postclwitz, Prossen, Nathmannsdorf. Ne in Hardtsdorf, Schmilka, Schöna, Waltersdorf, Wendischfähre, sowie für das Gesamtgebict der Sächsischen Schweiz Druck und Verlag: Sächsische Elbzeitung, Alma Hieke, Inh. Waller Hieke Verantwortlich: K. Nohrlapper Anzeigenpreis (in RAU: Die 7gcspaltene 35 mm breite Pctitzeile 20 Pfg., für aus wärtige Auftraggeber 25 Pfg., 85 mm breite Reklamezcile 80 Pfg. Tabellarischer Catz nach besonderem Tarif. — Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt. Anzeigenannahme für alle in- und ausländischen Zeitungen «jchicrscheincn einzelner Nummern Nr. 18Y- Tageblatt für die LatbSlt die amtlichen Bekanntmachungen für den Stadtrat, da»_ lernspr.cher: Bad Schandau Nr. 22 - Drahtanschrift: Elbzeitung Bad Schandau Für elllge Lefee. * Dem Reichs-Innenminister Dr. Stresemann, der seit vier Jahren die auswärtige Politik Deutschlands lcitct saudte »n Gedenktage der Reichskanzler im Namen der Neichsregie- rnng ein herzliches Glückwunschtelegramm. * Das sranzöstschc Handelsministerium VeröstentUchte ein Konnnuuiguü über die hohe Bedeutung des >n Aussicht stehen den deutsch-französischen Handelsabkommens. * Im Engadin erfolgten einige Erdstöße, die aber keinen Schaden anrichteten. * In Portugal ist ciu Putschversuch, der mit einem Attentat gegen den. Staatspräsidenten begann, im Keime erstickt worden. * Bei einem über Wittenberge niedergehenden kurzen Ec- wiltcr wurden drei Personen durch Blitzschlag getötet. Eine Frau und ein Knabe wurden ebenfalls durch Blitzschlag schwer verletzt. * In der Nähe von Cannes stürzte ein Auto von der Küstcn- straßc aus 50 Meter Höhe ins Meer. Da den Verunglückten vom Land aus keine Hilfe gebracht werden konnte, wurden mehrere Marineflugzeuge an die Unfallstcllc gesandt. Den Fliegern ge lang cs, die Leiche des Chauffeurs und die beiden schwer verletzten Insassen zu bergen. * Nach einer Meldung aus Nervi,ork, erklärte Präsident Coolidge Mitgliedern des republikanisch-nationalen Ausschusses nachdrücklich, er beabsichtige unter keinen Umstndcn für die Prä- srdcnienwahl des Jahres 1928 zu kandidieren und gestatte nicht, daß seine Kandidatur von anderer Seite ausgestellt werde. M-Neulrmtl Mareüonien. Von Dr. I u l. N u d. K a i m -Uthest. Es ist mir keine ins Auge springende, großartige Ver- ändernng eines Landes bekannt, die so schnell durchgcführt wvsdcn wäre, wie die Griechisch-Mazedoniens, und kaum eine durch Siedlung herbcigeführtc hat mit gleich geringen Mitteln io ausfallende Erfolge erzielt wie diese. Auch das palästinen sische Siedlungswerk der Zionisten kann nicht zum Vergleich herangezogcn werden, denn andere Mittel, andere politische Voraussetzungen standen ihm zur Verfügung. Man muß. sich daran erinnern, wie das alles gekommen ist, welches Massen schicksal der neuen Entwicklung zu Grunde liegt: Der Weltkrieg, in den Griechenland noch im letzten Augenblick hineingezogcn wird, ist „gewonnen". Griechenland erhall erheblichen Besitz an der anatolischeu Küste, erhält ein Mandat über Smyrna, nnd sein Uebcrnationalismus läßt sich verleiten, daranshin Besitzrechte geltend zu machen; denn, fo sagt cs sich, Kleinasien ist ein nnr zur Hälfte von Türken be wohntes Land, die andere Hälfte stillen fast ganz die Griechen aus, die zum Teil hier leit den Machtzeiten Ostroms Hausen. Doch es kam anders: Mustafa Kemal, der Türkengeueral, stellt ein Freiwilligenheer ans, erklärt den Sultan zu Kon- stantinovel für abgesctzt, bildet eine Nationalregierung zu An gora und schlägt das griechische Heer trotz der englischen Hilfe in die Flucht. Es ist eine verheerende Flucht zur Küste, auf die Schiffe. Vor dem rasenden Haufen türkischer Schönten nnd Freischärler flieht auch ein großer Teil der griechischen Zivilbevölkerung; noch auf der Flücht werden Hunderte er- schlagen. Der Rest gelangt nach Griechenland, ermattet, ver wildert, wirtschaftlich zugrunde gerichtet; kommt in ein Land voller Empörungen, vom Krieg erschöpft und ohne Geld. Es folgen die Friedcnsverhanolnngen von Lausanne. Es wird bestimmt: Alle Griechen haben Kleinasien zu ver lassen, alle Türken ans griechischem Boden sollen in die Türkei nbwandern. Eine Völkerwanderung beginnt. Die Straßen der griechischen Städte, halb noch voll vom ersten Schub der Flüchtlinge, füllen sich, knapp ein Jahr später, mit neuen Hunderttausendcn. Anderthalb Millionen Menschen sind ins- gesamt während eines Jahres in ein Land von fünf Millio nen gekommen: das heißt nichts anderes, als ob nach Deutsch, land Plötzlich ein Heer von über zwanzig Millionen Arbeits losen käme. Zehn Millionen Pfund Sterling, also rund zweihundert Millionen Mark, werden Griechenland als „FlüchttingS- anlechc" gegeben. Etwas über hundert Mark also würde auf den einzelnen Flüchtling kommen, wollte man die Summe einfach verteilen. Aber man ist klug genug, dieses Almosen nicht zu geben, sondern beginnt mit produktiver Arbeit. Das Siedlungswerk setzt ein; Tausende von neuen Dörfern ent stehen; Hunderttausende eingewandertcr, verzweifelter Men schen findet wieder Arbeit und Lebenssinn. Andere Hundert tausende aber darben in kläglichsten Verhältnissen, leben noch nnmer in schauderhaften Hütten, wissen rrvtz aller privaten und amtlichen Fürsorge oft nicht, wovon sie leben sollen, und warten auf die neue Anleihe, die dem Staate gewährt wor- Ä.^d 'wch in diesem Jahre zur Auszahlung gelangen soll. Nicht die Schuld des entkräfteten, kleinen Griechenland ist es, daß sie hungern und wie Tiere in Käfigen leben: es ist die große Schuld zener Nationen, Englands vor allem, die den Uebernatwnalismns Griechenlands damals benutzen Woll- ten, die Turke, vollends zu vernichten. Noch also warten Hunderttausende. Aber was will das besagen gegen die Leistung, die schon vollbracht ist? Mit diesen geringen Geldmitteln, unter Zuhilfenahme deutscher Nevara- UvnSlelitungcn, die nicht allzusehr ins Gewicht fallen, sind die großartigsten Siedlungen entstanden, vor allem im hciß- nmstriltenen Gebiete Mazedoniens. In die Bewunderung dieser Leistung hinein fällt aber die Erkenntnis eines euro tz ä i s ch e n P r v b l e m s v v l l e r G e f a h r e n : Man erinnert sich noch aus der Vorkriegszeit der maze- dvnischcn Freiheitskämtzfc, der blutigen Unruhen, der revolu- tivnärcn Komitees. Ein Nachkriegsabkvmmen zwischen Sofia und Athen setzt den Anstausck der Mazedonier gegen die in Bulgarien lebenden Griechen fest — doch noch sitzen Tau/cnde von Mazedoniern in ihren alten Dörfern auf griechischem Boden. Daß ihnen trotz der staatlichen Abmachungen die Mi- noritätenrechte nicht gewährt werden, in deren Anerkennung Griechenland sonst nicht der geringste Vorwurf gemacht wer den kann, hindert sie nicht: Sie harren auf dem angestamm ten Boden aus, wie es das Mazedonische Komitee in Sofia gern sicht; und es mehren sich die flüsternden Stimmen, die behaupten, daß serbische Agenten jenen Mazedoniern zuratcn, den Platz nicht anfzngcbcn. Serbische Kreise, heißt cs, erst«, ben eitte Art Schutzherrschaft über die slavischcn Minderheiten Mazedoniens; ob es wahr ist, kann niemand wissen; daß die Möglichkeit beunruhigend ist, wird jeder verstehen, wird eS umso mehr verstehen, wenn er weiß, daß zwischen Griechen- land und Serbien in der Frage der serbischen Freizone in Saloniki noch immer keine Einigkeit besteht. Ein früherer Vertrag zwischen der Belgrader Regierung und dem griechi- scheu Diktator Pangalos wird von Griechenland nicht an- erkannt; ob mit Recht oder Unrecht, bleibe dahingestellt. Daß aber Serbien gern auf seinem Schein bestehen mochte, wird jeder etnsehen, der diesen Vertrag kennt! dec als Staatsmann unfähig» General hatte der zugostavtschen Regierung Zu- geltändnisse gemacht, deren Verwirklichung das griechische Ho- heitSrechi in Mazedonien in kläglichem Licht« erscheinen ließe. Die mazedonische Frage, die Hafcnfragc in Saloniki, die Ansprüche Bulgariens auf einen Ausgang zur Acgäis, alles dies ist noch nicht geregelt (obwohl die griechischen Vorschläge annehmbar erscheinen); mit einem Wort, der Wctterwinkcl hat sich trotz aller gegenteiligen Beteuerungen noch nicht be ruhigt und ist nach wie vor voller Gefahren für den euro päischen Frieden. Nur eine baldige Einigung der Beteiligten, s nur das rasche Eingreifen der Großmächte bei der Regelung der schwebenden Fragen kann ein Unheil verhüten, das jeden Tag entstehen und die Welt vielleicht noch mehr bcnnrnhigcn kann als die ja auch noch nicht geregelte albanische Frage. Griechenland hat Vorschläge gemacht, welche die anderen Staaten nicht annehmcn wollen; guter Wille aber würde auch hier zur Einigung und zum Anerkennen der politischen, wirt schaftlichen und — nicht zuletzt — menschlichen Notwendig keiten führen. Das große Siedlungswerk, die gewaltige Leistung Grie chenlands, verlangt Frieden und Ruhe. Das mazedonische Element verlangt einsichtige Erzieher, die ihm nicht nur die Minoritätcnrcchle zugestchcn, sondern cs so behandeln, daß cs aus sich selbst heraus Bürger des Schutzstaates schasst. Europa aber endlich verlangt, daß balkanische Fragen nicht immer wieder seinen Frieden gefährden; cs hat daher nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, sich über den „Wetter- Winkel" so genau wie möglich zu nnterrichtcn. Der Abflug der deutschen Ozeanflieger Die Stadt Dessau hatte die Journalisten des Jn- und Auslandes zu einem Tee in das schöne Messehaus ein- gclade». An dein Empfang nahmen auch teil der an halt i s ch e M i n i st c r p r ä s i d e n t D c i st, die Staats- ministcr Müller und Weber, Professor Junkers und andere bekannte Persönlichkeiten. Rach freundlichen Be- grüßungswortcn des Bürgermeisters Hesse nahm Pro- sessor Junkers das Wortj um der Presse seinen und seiner Mitarbeiter Daul auszusprechen für die Unter stützung, die sie dem Unternehmen des Ozcanflugs ange- Leihen lasse. „Wir bauen Flugzeuge nicht nur," sagte Professor Jnnkcrs, „damit Lustlinien inBetrieb gesetzt werden. Die Ausgabe der Luftfahrt ist auch nicht crschöfpt mit den großen volkswirtschaftlichen Zielen, die mit ihr verbunden sind. Das Flugzeug soll vielmehr auch eine vermittelnde Ausgabe im allgemeinen haben. Poli tischer Kampf ist oft unfruchtbar; wir wollen einen frucht baren Kampf. Deutschland ist durch den sogenannten Fricdensvertrag entwaffnet, namentlich zur Luft. B e - nutzen wir darum die Waffen der Mensch, lichkcitnnd des friedlichen Verkehrs, um u n s e r e I n t e r e s s e n z u w a h r c n." «k Ner Start. Am Sonntag kurz vor 19 Uhr konnten wir durch Aushung iu unserer Geschäftsstelle folgende Meldung vcroffenll'chcn' Dessau, 14. August. Die Ozeauflicgcr sind so eben 18.21 Uhr gestartet, und zwar zuerst die „Bremen". Die „Bremen" kreist nicht mehr über dem Flugplatz, sondern ist sogleich abgeflogen. Soeben, 18.25 Uhr ist auch die „Europa" gestartet. Dessau, H. August. Der Augenblick, auf den hüben und drüben Millionen von Menschen so lange gewartet haben, ist gekommen. Ganz Dessau ist auf den Beinen. Tausende um lagern den Platz. Nicht nur Dessauer sind es, viele sind von außerhalb gekommen, um den Start zum ersten deutschen Ozean flug zu sehen. Tausende starren bewaffneten und unbewaff neten Auges hin zu dem grauen Streifen, der sich in der Ferne hell vom Grün abzeichnet, der Startbahn, ohne deren feste Unter lage und Gefälle so schwer belastete Maschinen, wie cs die Ozean- flugzeuge sind, nicht vom Boden wcgkämen. Die Flugplatzpolizei hält die Neugierigen weit zurück. Nur wenige Auscrwählte, Professor Junkers und die Seinen, Ingenieure des Werkes, die Angehörigen der Flieger und Vertreter der Behörden dürfen dicht an die Startbahn heran. Bei den Journalisten herrscht ner vöses Hin und Her. Die Telefone liegen außer Sicht der Bahn und fo heißt cs, laufen, um jede Etappe wahrzunehmen und der erste zu sein, der den gelungenen Start meldet. Das Wetter über dem Ozean. H a m bürg, 11. August. Die Deutsche Seewarle gibt über die augenblicklichen Wetlerocrhältnisse über dem Atlantik folgen den Bericht heraus: Der Kern des Tiefs, der den Flug zunächst verzögerte, läuft bei 55 Grad nördlicher Breite und 7 Grad West längen. Unter seinem Einfluß ist in Irland nnd England starker böiger Siidwest- bis Nordwcstwind. In Schottland herrscht west liche Luftströmung von 15—20 üm die Stunde. Diese Witterungs- Verhältnisse herrschen bis 12. Grad Wcstlänge. Zwischen 12. und 13. Grad ist eine außerordentliche Nordwcst-Luftströmung ein- gctrcten, die Regenschauer mit sich bringt. Noch weiter westlich dreht der Wind aus Nord und Nordwcst. Die vomusfichttiche Flugroute. Dessau, 11. August. Das Vegleitflugzeug wird nach den letzten Dispositionen nur bis Amsterdam mitfliegcn und dort landen. Es scheint, daß das Risiko eines Fluges mit so schwerer Belastung bis nach England zu groß war. Der Vertreter der TU. hatte kurz vor den Starlvorbcreitungen noch eine kurze Unter redung mit Hauptmann Köhl. Aus seinen Erklärungen ist zu entnehmen, daß die Wetterlage sich zurzeit erheblich gebessert hat. Es ist beabsichtigt, zunächst Kurs nach Bremen zu nehmen, Bremen nördlich zu umfliegen und die Nordsee zu überqueren, um etwa bei Edinburg Schottland zu erreichen. Ar MW der SzmMer: der mMstW Klirr. Dessau, 11. August. Die letzten Wetternachrichtcn veran laßten die Flieger, ihre Kurse abzuändcrn. Sie werden den nordöstlichsten Kurs über dem Atlantik zustcuern und werden von Dessau zuerst Bremen ansteuern, von dort Helgoland und über die Nordsee nach Hull und von dort weiter über Schottland und die nördliche Spitze Irlands den Atlantik ansliegen. Die Flieger über Hannover. Hannover, 11. August. Nachdem die „Bremen" in etwa 100 Meter Höhe bei günstigem klaren Wetter Braunschweig über flogen hatte, wurde die „Bremen" um 19.31 Uhr vom Flugplatz Hannover aus gesichtet. Die Maschine slog in mittlerer Höhe mit dem Kurs auf Bremen z». Der Flugplatz Hannover hatte besondere Vorbereitungen getroffen, um den Ozcanflicgcrn mittels eines ziffernreichcn Zahlensystems die Luftstärkc und den Abstand der beiden Maschinen bekannt zu geben. Das Veglcitflugzeug G. 31 gelandet. Wremen, 11. August. Das Ozeanflugzcug „Europa" überflog um 20.15 Uhr den Flugplatz Bremen. In unmittel barer Nähe überflog auch das Beglcitflugzeug „G. 31" die Stadt und landete dann auf dem Bremer Flugplatz. Die „Europa" setzte ihren Flug fort. Bremen, 11. August. Wie der an Bord des Beglcitflug- zeugcs „G. 31" befindliche Berichterstatter der Telcgraphen- Union meldet, mußte das Veglcitflugzeug wegen schweren Nebels in Bremen nicdergehen. Es scheint aber auch, daß man ange sichts der Wetterverhältnisse cs für ein zu großes Risiko hielt, die schwere Junkersmaschine nach England über das Wasser fliegen zu lassen. Auf einem Streifen zwischen Bremen-Rotterdam einer seits und England andererseits, herrschen schwere Gewitter. Die „Bremen" ist daher nach Süden abgebogen, während die „Europa" nördlich ausbog und möglicherweise über Mitlclcngland—Orkney- Inseln fliegen wird. Der Flug beider Ozeanstugzcuge ist er-