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Dresdner Journal. » l »: :: Verantwortlicher Redacteur: I. G. Hartmann. ^3»8. Erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich Abend« und ist durch alle Postanstalten zu beziehen. Dienstag, den 28. Deren,ber. Prei« für da« Bierteljahr Isü Lhaler. Insertion»-Gebühren für den Raum einer gespaltenen Heile i Reugroscheu. 18S7 -Nichtamtlicher Lheil Nedersicht. Tage-geschtchte. Telegraphisch, Nachrichten. — Wien: Kaiserlich,- Handschreiben bezüglich der Erweiterung der Stadt. Eine „Triester Commerzialdank" p:«jcetirt. — Berlin: Fremde- Papiergeld zug,lasten. Bekanntmachung der Hauptbankdirection. vr. Schönlein. Die Lübecker Anleihe rückgängig geworden. — Kassel: Vermählung der Prinzessin Marie. — Weimar: Ein außerordentlicher Landtag einberufen. — Gotha: Da- Gesetz über die Or ganisation de- Staat-ministeriumS publicirt. — Pari«: Staat-rath-sttzung wegen der lanbwirthschaftlichen Ver sicherung. Da- kaiserliche Asyl von Taverne. Eisen- bahneinnahmen. Mehlaufspeicherung. Der Senat einberufen. Vermischt,-. — Brüssel: Au» den Kammern. Der Kirchhofsstreit im Communalrathe. Rom: Großfürstin Helene. — Turin: Anlehen. Au den Wahlen. — Genua: Mordanfall. Postberaubung. De- firit im Staatsbudget. — Neapel: Nähere- über da- Erdbeben. — London: Di« Abschaffung der indischen Doppelregirrung. Miß White. Besserung im Geldmärkte. Aollerleichterung für Mustersendungen. Truppen nach In dien. Bankausweis. — Konstantinopel: Au- der neuestrn Post. — Von der türkischen Grenze: Kämpfe zwischen Ehristen und Türken in der Herzegowina — O stin dien : Auszug au- der neuesten Ueberlandpost. Local- und Provinzialaugelegeuheiten. Dresden: PreiSvertheilung an Dienstboten. Christbescheerung — Aittau: Amt-jubiläum. — Löbau und Roßwein: Ehristdeicheerungen. Tagesgeschichte. Telegraphisch« Nachrichten. Paris, Montag, 28. Deeember. Der „Moni teur" zeigt <m, daß gestern der dänische Gesandte dem Kaiser den geheimen Rath v. Scheele sorge- stellt hat. Man versichert hier, die neuesten in London ein- aegavgenen Depeschen Lord Canning'S enthielten die Anzeige, daß nächsten» 2»v« Manu Truppen von Kalkutta nach China abgehen würden. LLten, 25. Dec. Dir „Wiener Atg." enthält ein aller höchste- Handschreiben an den Minister de- Innern bezüglich der Erweiterung der innern Stadt Wien. Es ist der Wille Sr. Majestät, daß die Erweiterung der innern Stadt Wien mit Rücksicht auf eine entsprechende Verbindung derselben mit den Vorstädten ehemöglichst in Angriff und dabei auf die Regulirung und Verschönerung der Residenz- und ReichS- hauptstadt Bedacht genommen werde. Die Umwallung und Fortificationen der innern Stadt, so wie die Graben um die selbe werden ausgelassen. Da- dadurch gewonnene Areal wird größtentheil- al- Baugrund und der daraus gewonnene Erlös zur Bildung eine- Baufond- verwendet, au- welchem die durch die Maßregel dem Staatsschätze erwachsenden Auslagen, ia-besondere auch di« Kosten der Herstellung öffentlicher Ge bäude, so wie die Verlegung der noch nöthigen Militär anstalten bestritten werden sollen. Das allerhöchste Hand schreiben bestimmt die Gesichtspunkte, welche bei der Ent werfung d»S bezüglichen GrundplaneS nach der Genehmigung Sr. Majestät festzustellen sein werden. Danach ist mit der Wegräumung der Umwallung der Fortificationen und der Aus füllung der Stadtgräben in der Strecke von der Biberbastei bi- an die Umfassungsmauer deS VolkSgartens in der Art zu beginnen, daß läng- dem Donaucanale »in breiter Quai her- grstellt und der vom Schott,nrhore hi- zum Volksqarten ge wonnene Raum thrilweise zur Regulirung deS ErercirplatzeS benutzt werden kann. Zwischen diesen gegebenen Punkten hat zunächst die Erweiterung der innern Stadt in der Rich tung gegen die Rossau und di« Alservvrstadt zu geschehen, einerseits dem Donaucanale, andererseits der Grenzlinie des ErercirplaheS folgend, jedoch mit Bedacht auf die entsprechende Einschließung der im Bau begriffenen Votivkirche. Bei dec Anlage diese- neuen StadttbeileS ist zuvörderst auf dir Er bauung einer befestigten Easern», in welcher auch di, große Militärbäckerei und da- StabSstockhauS unkerzubeinqen sind, Rücksicht zu nehmen, und hat diese Eas,rne80Wien«rKlaft,cvon der Augartenbrücke nach al wärt- entfernt, in der verlängerten Achse der dorthin führenden HauptumfaflunqSstraß, zu lieaen zu kommen. Der Platz vor der Burg nebst den zu beiden Seiten desselben befindlichen Gärten hat di-auf weiterrAnordnung in sei nem gegenwärtigen Bestand» zu verbleiben. Auf die Herstellung öffentlicher Gebäude, namentlich eine- neuen Generalcom- mandoS, einer Stadtkommandant»», ein,- Opernhaus»-, einr- ReichSarchiveS, einer Bibliothek, eines Stadthauses, dann der nöthigen Gebäude für Museen und Galerien ist bei der Re gulirung Bedacht zu nehmen. Nicht minder ist auf die Er richtung von Markthallen und deren entsprechende Verthei- lung Bedacht zu nehmen. Für die Beurlhejtung der ein- gelangten Grundplän, ist eine Commission zu bilden und sind drei von dieser Commission als die besten erkannten Grundplän« mit Preisen und zwar i»4 den Beträgen von zweitausend, eintausend und fünfhundert Stück k. k. Münz- ducaten in Gold zu betheilen. — Se. k. k. apostolische Majestät haben mit der aller höchsten Entschließung vom 13-December d. I. der HandelS- und Gewerdekammer in Triest dir Ermächtigung zu den vorbereitenden Maßregeln für die Bildung einer Actienge- sellschaft unter dem Namen: „Triester Commerziakbank" zu ,«heilen geruht. DaS Grundkapital der Triester Commerzial- bank ist auf 10 Millionen Gulden festgesetzt. Sie wird ihre Operationen vorerst mit 5 Millionen Gulden beginnen, wofür 10,000 Aktien ü 500 Gulden auSgeqeben werden sollen. Nach erfolgter definitiver Genehmigung wird sie be rechtigt sein, Kaffenanweisungen mit einer bestimmten Verfall zeit von wenigstens 14 Tagen und iz» ,^trägen von njcbk weniger als 100 Gulden auSzugeben. Berlin, 26. December. Der „St. A." enthält einen allerhöchsten Erlaß des Inhalts, daß das Gesetz vom 14. Mai 1855, betreffend die Beschränkung der Zahlungsleistung mit telst fremden Papiergeldes, bei solchen Zahlungen, welche mit den von der großherzoqlich sächsischen Regierung und von der herzoglich sachsen-koburg- und gothaischen Regierung für das Herzogthum Sachsen - Gotha auSgeq,denen Kaffenanwei sungen geleistet werden, bis zum 1. Januar 1859 außer An wendung bleibt. — Das königliche Hauptbankdirectorium macht unterm 22. December bekannt: „Zur Erleichterung deS Geldverkehrs haben wir angeordnet, daß die Noten der inländischen Privatbanken fernerhin nicht nur von drn Bank stellen der Provinz, in welcher jene Banken ihren Sitz habep, sondern auch von allen übrigen Filialanstallen der preußischen Bank in Zahlung angenommen werden. Ausgenvmmen hiervon ist jedoch die Magdeburger Privatbank, welche die Annahme ihrer Noten bei den Bankkaffen nicht wünscht." — Der wirkliche geh. Obermedicinalrath Vr. Schönlein, der, wie di, „N. Pr. Ztg." sagt, früher beabsichtigte, schon zu den nächsten Ostern Berlin zu verlassen, um sich in seiner Va terstadt Bamberg niederzulassen, hat, dem genannten Blatt zufolge, jetzt diese Absicht aufqegeben und gedenkt mindestens noch ein Jahr lang hier zu verbleiben — Die „Zeil" schreibt: Die „Hamburger Nachrichten" berichten in Betreff der von verschiedenen Seiten gemachten Mittheilung über eine An leihe der Stadt Lübeck in Berlin, „daß nach anderweitig ihnen zugehenden verläßlichen Nachrichten diese Anleihe in der Thal nicht zu Stande gekommen sei, die preußische Re gierung habe dieselbe Nur unter Modalitäten bewilligen wol len, welche man in Lübeck nicht acceptiren zu dürfen geglaubt hätte." Ob die« der zutreffend, Grund, oder ob richtiger ist, daß, wie man sagt, die Verlegenheiten, welche Lübeck zu Ver handlungen über eine Anleihe Veranlassung gaben, beseitigt wären, müssen wir dahingestellt sein lassen; im klebrigen aber wird unS die Mittheilung der „Hamburger Nachrichten" von unterrichteter Seite bestätigt. v Kassel, 27. December. Heut, Nachmittag 3 Uhr fand im kurfürstl chen PilaiS die Vermählung der butten Tochter des Kurfürsten, der Prinzessin Marie, (geb- 22. Au gust 1839) Mit dem Prinzen Wilhelm von Hessen-Pkilipps- thal Barchfilb, Capi'än in der königlich preußischen Marine, statt. DaS junge Ehepaar beabsichtigt, sich in den nächsten Tagen nach Italien zu begeben. LÜeiinar, 23. December. (Z) Die großherzozl. StaatS- regierung hat einen außerordentlichen Landtag auf den 3- Januar k. I. berufen, um über die Gewährung einer Unterstützung an den von der HandelSkrifiS schwer betroffenen Fabrikstand in Apolda zu berathen. Gotha, 23. December. Das am heutigen Tage auS- gegebene Stück der Gesetzsammlung für das Herzogthum Gotha enthält das Gesetz in Betreff der Organisation des StaatSministeriumS. Nach demselben zerfällt das Staats ministerium in zwei Abtheilungen, von denen die »ine für die besondern Angelegenheiten de« Herzogthums Koburg, di« andere für die besondern Angelegenheiten des HerzogthumS Gotha bestimmt ist Erstere hat in Koburg, letztere in Gotha ihren Sitz. Die das Interesse beider LandeStheile berühren den Angelegenheiten, insbesondere diejenigen Angelegenheiten und Einrichtungen, welche tz. 71 des StaatsgrundgesetzeS vvnl 3. Mai 1852 als beiden Herzoqthümern gemeinsame bezeichnet, werden derjenigen Abtheilung zugewi-sen, welcher der Staatsminister vorsteht. Di, HauS - und Famikl,n- gngelegenheiten des Herzogs, ingleichen die oberste Aufsicht über da« Hofwesen und die Orden-fachen werden nach dem Eern:ss«n de- Herzog- mit der esnen oder der andern Ab- khesimig verbunden. — Die neue Einrichtung tritt mit dem 1. Januar 1858 in Kraft. ss Paris, 25. Dec. Vorgestern meldete der „Moniteur", daß der Kaiser und die Kaiserin den Prinzen Friedrich Wil helm von Kurhessen nebst dessen Gemahlin, der gebornen Prinzessin Anna von Preußen, empfangen haben. — Am 23. fand eine Sitzung deS StaatSraths statt. DaS amtliche Blatt meldet darüber: „Heute um 2 Uhr versammelte sich der Staatsrath in den Tuilerien unter dem Vorsitze deS Kai sers. Der Gegenstand der Derathunq war ein projectirteS Decret wegen der landwirlhschaftlichen Versicherungen. Alle Minister waren gegenwärtig. Der Generaldirector der direkten Steuern, Vandal, und der Sectionschef im Staatsministe rium, Perron, Verfasser einer Schrift über die Frage wegen der landwirthschaftlichen Versicherungen, waren zu der Sitzung zugezogen worden, und der Letztere hatte die Ehre, sein Sö st,m vor dem Kaiser und dem Staatsrath zu entwickeln. Der Schluß der Sitzung fand halb 6 Ubr statt." — Der Beschluß des Municipalraths von Paris, die Miethsteuer für 1858 in der Wesse zu vertheilen, daß Wohnungen unter 250 Fr. frei ausgehen, die von 250 bis 499 Fr. 3^>, von 500 bis 999 Fr- 5"o, von 1000 bis 1499 Fr. 7"u und di, über 1500 Fr. 9?o zahlen müssen, hat die kaiserliche Genehmigung erhalten. DaS betreffende Decret ist im „Moniteur" zu lesen. — Den Bäckern von Paris und denen innerhalb der Bann- Feuilleton. Contraste. Don Moritz Hartmann. (Forts, au« Nr. 2S8.) „Ist diese» Ihre Wohnung, Miß?" fragte ich und setzte schnell hinzu: „Ich frage nur, um zu wissen, ob ich bei Ihnen, ob ich Ihr Gast bin?" „Ja, Sir!" antwortete sie mit irischer Grazie, „ich habe die Ehre, Sie al« meinen Gast zu begrüßen. Sie find in meiner Wohnung; diese« HauS gehört Dick O'Reil, meinem Vater, der jetzt auf dem See ist. Ich heißt Honnor O'Reil, Tochter Dick's O'Reil, Euer Ehren zu dienen." „Ich freue mich," sagte ich, indem ich mich verneigte, „Miß Honnor O'Reil kennen zu lernen." „Sie find sehr gütig!" erwiderte fie und verneigte sich eben- fall«. Sie schlug, in Nachdenken verfinkend, die Beine über einander; über dem Knie schlang fie die Finger ineinander und wiegte sich auf ihrem Sitze hin und her. Nach einigem Nach denken fragte fie: „Sir, Sie kommen wohl au» weiter Ferne?" »Au« sehr weiter Ferne, Miß!" „Haben Sie schon in Ihrer Heimath von den O'Reil'S ge hört?" . „Gewiß, Miß Honnor, hab« ich in meiner Hrimalh und in andern Ländern von den O'Reil« gehört. „Da« habe ich wohl gedacht," antwortete Honnor mit stolzer Ruh« — „die O'Reil« waren die mächtigsten Könige der Welt, ganz Ulster gehörte den O'Reil«. Ich, Sir, stamme von den Königen von Ulster — Alle«, wa» hier O'Reil heißt, stammt von diesen Königen ; der Lord O'Reil, der dort in diesem Schlosse wohnt, stammt vom ältesten Sohne deS König- — da- ist der einzige Unterschied zwischen ihm unv den andern O'ReilS. „Miß Honnor O'Reil, ich bin glücklich, den Sprossen eine- so mächtigen Königshauses kennen zu lernen." Honnor wollte mir eben mit einem freundlichen Lächeln ant worten, al- der Topf am Feuer mit seinem dunkeln Inhalt« zu brodeln und übrrzulaufen begann. Sie sprang erschrocken auf, faßte ihn mit Hilfe deS Rocke- am Henkel und zog ihn von der Flamme zurück. Sie verbrannte sich ein wenig die Finger, doch beachtete sie da- nicht und rief, noch erschrocken, die Hand auf die Brust legend: „Vor lauter Plaudern habe ich den Topf ver gessen! St. Patrick, wenn ich den Topf hätte anSlaufen lassen, drei Tage lang hätten wir wieder hungern müssen! St. Patrick und St. David und all' ihr Heiligen Irland-, ich danke Euch!" . Sonderbar rührend klang mir diese fromme, au- tiefstem Herzen kommende Danksagung für die Rettung deS Topfe- au- demselben Munde, der eben von seinen königlichen Ahnen und Verwandten gesprochen. Honnor setzte sich wieder auf ihren Baumstumpf, nahm ein alte- Netz, da- ihr zu Füßen lag, in die Hände und kehrte, während sie zerriffenene Maschen wieder zu knüpfen suchte, mit offenbarer Liebe zum Gegenstände unser- Gespräche- zurück. „Haben Sie, Sir," hob fie an, „in Ihrer Heimath auch ge hört, auf welche Weise die O'ReilS diese- Land gewonnen haben?" „Nein, Miß O'Reil!" antwortete ich, „ich gesteht mit Be- schämung, daß ich da- nicht gehört habe. Ich weiß wohl, daß die O'Reil'S dieses Land mächtig und mit Ruhm beherrscht, aber wir fir rS gewonnen haben, habe ich nie erfahren." ' „Ich will eS Ihnen erzählen," sagte Honnor und ließ da zerrissene Netz wieder fallen. Als vor langer, langer Zeit, kein Mensch kann es mehr berechnen, wie lange da- her ist, die ersten Menschen, die allerersten Menschen in diese- Land kamen, fanden sie hier einen König." „Wie, Miß O'Reil?" fragte ich, „al- die allerersten Men schen in- Land kamen, fanden sie hier einen König?" „Ja," sagte Honnor ganz ruhig, „so ist eS. Sie fanden hier einen König. Der sagte: Dem soll da- Königreich Ulster ge hören, der da- Land, der Erste von Allen, mit seiner Hand be rührt. Da nun diese ersten Menschen über's Meer und Jeder in einem Kahne ankamen, fingen sie auf das Wort deS Königs Alle gewaltig zu rudern an, denn Jeder wollte der Erste da» Land mit seiner Hand berühren unv König werden. Da war Einer unter ihnen, der hieß O'Reil. Der hätte gern das König reich gewonnen; aber eS »raren Andere da, die eS auch gern ge wonnen hätten, und die waren ihm weil voran- gerudert. WaS thut O'Reil? Er zieht sein Schwert, Hauk sich eine Hand ab und wirft sie aufs Land. So hat er mit seiner Hand zuerst da« Land berührt, und so war er König von Ulster, und dieser Helv ist unser Stammvater." , Honnor sah mich fragend an, al- ob sie auf diese Erzählung Etwa- erwartete. Um nur Etwa- zu erwidern, sagte ich, eS sei eine wunder bare Geschichte. „Eine wunderbare Geschichte?" rief Honnor — „Sir, eS ist die wunderbarste Geschichte der Welt! Und daß sie wahr ist, be- weist die „Hand", welche Lord O'Reil noch heute in seinem Wappen trägt. Da-Wappen," fügte sie hinzu, „gehört un»