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Dresdner Journal : 18.11.1879
- Erscheinungsdatum
- 1879-11-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187911183
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18791118
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18791118
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1879
-
Monat
1879-11
- Tag 1879-11-18
-
Monat
1879-11
-
Jahr
1879
- Titel
- Dresdner Journal : 18.11.1879
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M 268 Dienstag den 18. November. 187S Im k»n,»m Slnt,cL»L kslek«: .Miii-Iieli: . . 18 ia»rk. j^^Uirliok 4 Ui»rtc KO?s. LiaLLlov Xummvro: 10 kf. Lv»,«rK»IK d<>>> dentsekeo kkiokv» tnit ?o»t- und Htempelrusodlug kinru. I»8er»t<-ai>i-vl8<>r kür Nun kaum einvr xespitlisnen ?<-titrvil6 LV kf. vnter „eiill^oiLndt" Nie 2«>Is bv ?f. Ln8vlivlueut I'L^liod mit Xnsnukms der 8onn- nod keiertsge Abends für den folxendeo 'V«8 ZirMerImmal. ln»er»leni»nn»kme »««»»iiet»» L«ip»ix^ >> Brandstetter, tiuuinuo-ionLr de» ltrssdnvr douruui»; 8»mdur>s-L»rItll Vt>n I.»tpri^ L»«bi -vro,l,u-^r»s>>ltu t ». H: d/aa»e»udein laz/ter, LsrNa Viiu-ULwdllrx- kr»^-I.«Iprjx kr»ulitvrt ». >4. Nünedoul dt«d ^/u»«e,' Lorito: §. /fvrnict, /n r«/,d< ndant, Lreme»: d!. Hc/dott« Lr«»I»a: LtanAe»'« liüreau; 0d«nuu»> /r. krsniltart » 14.: dt d«lA,r^cüe u d f/errmann »cke I<not>t>»iidlno8! Oorlltr: kd ^fü//er 8»nllor»r: 6. k»r>, L«rlul-rr»llkkurt ». ». 8tutt^»rt: />a«de Le S-uQdnrx: d^ XtendAen, ^d Lteiner. Verantwortlicher Redacteur: Im Auftrage Rudolf Günther in Dresden. I>vr»n8xvder: NSniel. Lrpeditioo de» Itre^dnsr dourniti«, I>re»den, Xvin^errir»»»« tio LV. Amtlicher Theil. Dresden, 16. November. Se. Durchlaucht der Prinz Friedrich zu Hohenzollern ist gestern Nach mittag von Berlin hier eingetroffen und in der König- lichen Billa zu Strehlen abgetreten. Aekantttmachunts. Der zum Schwurgerichtspräsidenten für die Sitzungsperiode vom I. October bis 31. December 1879 bei dem Landgerichte Zwickau ernannte Landgerichtspräsident Seifert ist auf sein Ansuchen wegen eingetretener Erkrankung dieser Function ent hoben und an dessen Stelle der Kammcrdirector Or. Wolf in Zwickau zum Vorsitzenden des gedachten Schwurgerichis für die bezeichnete Sitzungsperiode ernannt worden, was hierdurch bekannt gemacht wird. Dresden, den 13. November 1879. Der Präsident des Königl. Sachs. Ober landesgerichts. vr. v. Weber. Nichtamtlicher Theil. U r b? r s i ch r ? e! »graphische Nachrichten. ZeitungSschau. (Wochenblatt der New Mrker StaatS- zeitung.) Tagesgeschichte. (Dresden. Berlin. Köln Koburg. Wien. Prag. Paris. Rom. Lissabon. London. St. Petersburg. Bukarest. Konstantinopel.) Dresdner Nachrichten. Statistik und BolkSwirtbschakt. Lotteriegewinnliste vom 15. November b Z. Feuilleton. LagtSkalender. Inserate. Beilage Ernennungen, Versetzungen ic. im öffentl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. LermisckteS. Statistik und LolkSwirthschaft. Z elegraphiscke Witternngsberichte. BSrsriinachrichten. Inserate. -d e!x§repstischt Nactinchten. Wien, Montag, 17. November. (Tel. d. DreSdn. Jouin.) Das „Kremdenblatt" veröffentlicht einen eiugehendrn Bericht über die Konferenz sämmt- licher Parteiobmänner bei dem Ministerpräsiden ten Grafen Taaffe in Betreff der Wehrfrage. Der Ministerpräsident Graf Taafse betonte, die Wehrfrage sei keine Parteisrage, sondern eine Reichs frage und Existenzfrage. Man müsse über eine schlag fertige Armee verfügen, wolle man einerseits in den orientalischen Verhältnissen Ordnung herbeiführen, an dererseits den Frieden erhalten. Falls der intacte Anneebestand an eine kurze Kündigungsfrist geknüpft wäre, könnte Oesterreich künftig kaum kräftige Alliirte gewinnen, aber auch mächtige Freunde, die in der Monarchie keinen ebenbürtigen Bundesgenossen mehr sehen würden, verlieren, wodurch die Erhaltung des Friedens geradezu gefährdet würde. Der Landesvertheidigungsmin'ster Frhr. v. Horst trat aus daS Nachdrücklichste für die 10jährige Dauer des Wehrgesetzes und für eine unveränderte Präsenz zeit ein; sonst könnte die Regierung die Verantwortung für die Schlagfertigkeit der Armee nicht tragen. Der Minister v. Stremayr betonte auf das Ent schiedenste die Nothwendigkeit der Annahme der Re gierungsvorlage aus politischen und militärischen Gründen. Die Parteiobmänner versickerten, sie wollten die Wehrfrage nicht als Parteifrage und nicht als eine Frage des Vertrauens oder Mißtrauens in ein be stimmtes Cabinet ansehen, sondern objectiv behandeln. Rom, Sonntag, 16. November, AbendS. (Corr - Bur.) GS wird versichert, daß Italien, Oester reich-Ungarn und Deutschland bezüglich AegyptenS vollständig einig sind. Genua, Sonntag, 16. November, AbendS. (W. T. B.) Der König Humbert und Prinz AmadeuS nebst Gefolge find heute Nachmittag kl Uhr zum Besuche des deutschen Kronprinzen- paureS in Pegli eingetroffen. Der König und sein Bruder wurden auf dem Bahnhofe, wo auch der Präfect von Genua und der Syndikus von Pegli zum Empfang erschienen waren, von dem Kronprinzen des deutschen Reichs und von Preußen auf das Herzlichste begrüßt und begaben sich sodann zu Fuß mit dem Kronprinzen nach dessen Ab steigequartier. Aus dem Wege dahin wurden die hohen Herrschaften von der zahlreich versammelten Bevölke rung mit enthusiastischen Kundgebungen begrüßt. Der Bahnhof und die Häuser der Stadt waren mit italie nischen und deutschen Fahnen, sowie mit Blumenguir- landen festlich geschmückt Aus der Umgebung von Pegli und aus Genua waren zahlreiche Fremde einge troffen. Der König und Prinz Amadeus nahmen in der kronprinzlichen Wohnung ein Dejeuner ein und kehrten, von dem Kronprinzen begleitet, gegen 5 Uhr unter unausgesetzten enthusiastischen Kundgebungen der Bevölkerung nach Genua zurück. Dem Kronprinzen, welcher sich von dem Könige und dem Prinzen Ama deus auf das Herzlichste verabschiedete, brachte die Be völkerung bei der Rückkehr nach seiner Wohnung in freudigen Zurufen und unter den Klängen der preußi schen Bolkshymne ihre Huldigung dar. Der König und Prinz Amadeus sind heute Abend in Genua eingetroffen und werden morgen früh von hier aus die Rückkehr nach Rom an- treten. London, Montag, 17. November. (Tel. d. Dresdn. Journ.) „Rruter'S Office" meldet auS Malta von gestern, der Admiral Hornby habe seinen Befehl vom 12. d. MtS. widerrufen, wo nach sich die rnglischc Flotte bereit halten sollte, in 4 Lagen ostwärts zu segeln. Konstantinopel, Sonntag, 16. November, AbendS. (Reuter'S Office.) Der Sultan geneh migte daS ihm von der Pforte vorgelegtr Reform- project für die europäischen und asiatischen Pro vinzen der Türkei. Die Ausführung soll von Pro- vinzialcommissionen überwacht werden. Der Sultan anerkannte das Princip der Verantwortlichkeit der Minister. Der türkische Botschafter in London, Musurus Pascha, telegraphirte der Pforte, der Marquis v. Salisbury sei von seinen Erklärungen befrie digt. Er glaube, Salisbury auch von der Un begründetheit deS Gerüchts, betreffend dir Annähe rung der Türkei an Rußland, überzeugt zu haben. Dresden, 18. November. In den Vereinigten Staaten von Nord amerika ist die Jndianerfrage neueidings wieder entschieden in den Vordergrund getreten. Der Minister des Innern, Schurz, hat mit seiner Jndianerpolitik, in Sachen der Utahs wenigstens, einen bemerkenswerlhen Sieg über Generallieutenant Sheridan davongetragen, welcher als einziges wirksames Mittel gegen aufsässige Rothhäute im Lande blos den Krieg bis aufs Messer und gewissermaßen die Blutrache nach dem alten Recepte: Auge um Auge, Zahn um Zahn, zu ver schreiben wußte. Durch die Weiterentwicklung der Ver hältnisse am White-River hat Sheridan eine Demüthi- gung erfahren, die um so empfindlicher für ihn sein muß, als gerade er es war, welcher der Friedensmission des von Schurz direct ins feindliche Lager entsandten Specialagenten Adam- das verhängnißvollste Fiasco vorhersagte. Nun hat aber der Friedensbote aus Washington den Endzweck seiner gefahrvollen Reise — die bedingungslose Freilassung der von den Wilden als Geiseln gehaltenen Weiber und Kinder aus der zerstörten White-River-Azentur — so vollständig er reicht, daß bei einer diplomatischen Ausnutzung diese- ersten großen Erfolges weiteres Blutvergießen ver mieden und die Ruhe wieder hergestelll werden kann, ohne daß man die an dem Aufstande Schuldigen straf los entschlüpfen zu lassen braucht. Das „Wochen blatt der New-Uorker StaatSzeitung" sagt: Schurz und Sheridan stehen zur Jndianerfrage einan der diametral gegenüber: während der Letztere das Problem nach der Art gelöst zu sehen wünscht, wie Alexander den gordischen Knoten aus dem Wege räumte, sieht der Andere die Möglichkeit, auf dem Wege der Cwilyation das Ziel zu erreichen. Es kann nicht lange dauern, bis die Agitation der ganzen Jndianer frage sich um die Alternative drehen wird: Erziehung, oder Ausrottung. Bislang verfolgte die Regierung die Politik, den verschiedenen Stämmen Land anzu weisen, dafür dem Stamme, nicht aber den Individuen Besitztitel zu geben und die Indianer als Schutzbe fohlene der Nation und nicht als Bürger anzusehen. Das Resultat war eine beständige Entartung und Ver schlechterung dieser Söhne der Wlldniß, eine ebenso beständige Verletzung des für sie reservirten Gebietes von Seiten ihrer schlaueren weißen Nachbarn und endlich eine fast ununterbrochene Reihe von Raub- und Rachezügen der Rothhäute in die Gehöfte und Ansied lungen der Blaßgesichter. Die Entdeckung von Gold- und Silberadern in den Bergen der Indianerreserva tionen üben aus das unstete und „fahrende" Volk an der Grenze eine ebenso unwiderstehliche Anziehungs kraft auS, wie daS Aas auf die Geier. So war es bestimmt in den Black-Hills, und dies war höchst wahrscheinlich auch die eigentliche Ursache des Krie ges mit den Utahs. Die Erfahrung hat gelehrt, daß Gebietsverletzungen diefer Art nicht vermieden werden können, und würde auch die ganze Heeresmacht der Vereinigten Staaten doppelt und dreifach dazu an der Grenze ausgestellt, während andererseits dem in seinem Recht verletzten Indianer kaum etwas Anderes zu thun übrig bleibt, als zu den Waffen zu greifen, denn er kann weder als Geschworener in einem Ge richtshöfe dienen, noch selbst als Kläger daselbst auf treten. Er ist kein Bürger und hat keine nennenS- werthen Rechte, welche sein weißer Nachbar zu respec- tirrn sich verpflichtet fühlt. Wird ihm ein Pferd ge stohlen, so kann er nicht klagend die Hilse des Gesetzes in Anspruch nehmen; treibt er dagegen das Pferd eines weißen Grenzers fort und läßt sich dabei ertappen, so bekommt er sicherlich die ganze Schwere des Strafge setzes zu fühlen, wenn er nicht gleich auf der Stelle mit einer blauen Bohne tractirt worden sein sollte. General Crook, dem eine langjährige Erfahrung in der Jndianerkliegführung zur Seite steht, sagte erst neulich in einem Gespräch mit einem Journalisten in Omaha: es sei geradezu peinlich für die Armee, beständig gegen die Indianer kämpfen zu müssen, denn jeder rechtlich denkende Mensch müsse einsehen, daß bei diesen blu tigen Conflicten das Recht meist aus der anderen Seite zu suchen und zu finden (ei. DaS Bürgerrecht ist der Eckstein der wahren Politik in der Behandlung der Indianer, und das hat nicht nur General Crook schon längst eingesehen. Präsident HayeS, Minister Schurz und andere wohlmeinende Mitglieder des Washingtoner Cabinets und beide Häuser des Congresses wirken längst für die Anbahnung dieser Friedenspolitik. Das Ex periment der Erziehung junger Indianer in der Hamp- toner landwirthschaftlichen Schule unter General Arm strong hat Resultate so erfreulicher Art auszuweisen gehabt, daß in diesem Herbst Capitän R. H. Pratt von der Regierung mit der Vollmacht ausgerüstet wurde, aus Dakota 100 junge Indianer beiderlei Ge schlechts zum gleichen Zweck nach der unter Bundes aussicht stehenden Anstalt in Carlisle, Pa., zu bringen. Der genannte Herr, welcher das Wesen der Indianer so gut kennt wie General Crook, hatte im Ganzen leich tes Spiel, einflußreiche Siouxhäuptlinge dazu zu ver mögen, ihm ihre Kinder anzuvertrauen. Er wußte es den Häuptlingen klar zu machen, daß in einem Lande, dessen Grund und Boden der Cultur dienstbar gemacht werden müsse, unmöglich 10000 Acres für den Unter halt jeder einzelnen Familie hergegeben werden könn ten. 100 Acres unter der Pflugschaar würden eine Familie besser ernähren, als die 50 000 Acres, welche unter dem jetzigen System auf jede Siouxfamilie kom men. Eisenbahnen und Ansiedlungen hätten den Büffel bereits vertrieben, und den Indianern würde bald nur noch die Alternative bleiben: entweder die Sitten und Gebräuche der Weißen anzunehmen, oder aber Hungers zu sterben. „Spotted-Tail" begriff die Situation sofort und vertraute Hrn. Pralt 5 seiner Kinder an, 4 Söhne und 1 junges Mädchen. Andere Häuptlinge und einflußreiche Männer ihres Stammes folgen dem Beispiele deS alten Kriegers, so daß der Capitän vor etwa 14 Tagen nicht weniger als 86 Siouxkinder von 12 bis 18 Jahren in CarliSle abliefern konnte. Durch diese Handlung sehen die Siouxhäuptlinge die ganze Zukunft dieses mächtigen und bislang so kampfeS- lustigen Stammes auf die Sache der Civilifation. Sie bekommen einen Begriff von den Wohlthaten und Segnungen des Bürgerrechtes und erkennen die Noth wendigkeit der Erziehung als die Grundlage jede- bürgerlichen Rechtes und als die erste Vorbedingung der bürgerlichen Freiheit. Sicherlich wird keiner der Häuptlinge, deren Kinder in der Schule zu Carlisle leben, in Zukunft wieder den Kriegspfad beschreiten. Sie wissen, daß ihre Kinder als Geiseln des guten Verhaltens der Väter betrachtet werden können, und der Regierung wird es nicht minder klar, daß e- billiger und klüger ist, die Indianer zu erziehen, aus daß sie sich selber ernähren und gesetzliebende Bürger werden mögen, anstatt sie als „Schutzbefohlene" zu hüten und als Wilde zu bekämpfen. Der Umstand, daß die Ber einigten Staatencasernen in Carlisle, Pa., woselbst früher Reiterregimenter für den Jndianerkrieg besonder- gedrillt und dressirt wurden, jetzt in ein großes Pen sionat zur Erziehung junger Indianer in den Künsten des Friedens umgewandelt worden sind, bezeichnet einen „neuen AuSgang" von großer Bedeutung für die Ent wickelung unseres CulturlebenS und -Strebens. Dieser Wechsel in der Politik ist der herzlichen Zustimmung aller Freunde der Humanität gewiß, und sollte da- Experiment von Erfolg gekrönt werden, so ist zu hoffen, daß auch andere Casernen, die seit der Reducirung der Armee leer gestanden haben, für den nämlichen menschen freundlichen Zweck Verwendung finden mögen. Die Zett wirkt Wunder, doch wenige Wunder sind so be- achienSwerth als gerade dieses Minister Schurz steht an der Spitze der Bewegung, und er verdient dasür den Dank aller gutgesinnten Menschen in den Vereinigten Staaten. Hier wie bei den Utahs am White River in Colorado hat seine Friedenspolitik bessere Früchte ge tragen, als die Argumente mit der Faust auf Sellen der Soldaten. Feuilleton. Redigirt von Lttto Banck. K. Hoftheater. — Altstadt. — Sonnabend, den 13. November, Gastspiel der Frau Adelina Patti und des Hrn. Nlccolini: „Bloletta", Oper von Verdi. Frau Patti bot unS einen unvergeßlichen Genuß. AlS erste jetzige Meisterin vollendeten italie nischen Gesanges, entzückend durch den süßen Zauber und sinnlichen Wohllaut ihrer Stimme — der man nur in den höchsten Tönen einige Einbuße an Frische und weicher Fülle nachfagen kann — und durch wun derbar vollkommene ihr zur eigensten Natur gewordene Beherrschung aller Künste des einfachen und virtuosen Gesanges, gepaart mit reinstem Geschmack, lernten wir sie schon im vorigen Winter kennen. Jetzt erschien sie unS in der vollen Bedeutung ihrer genialen Begabung als Sängerin und Darstellerin in der Oper, in der bestrickenden harmonischen Einiaung ihrer Gesang-- kunst mit einem in jedem, auch dem zartesten Ton be seelten Ausdruck und in jedem Moment charakteristischen, innig empfundenen, fein durchgeführten Spiel, dessen Vollkommenheit durch Reiz der Persönlichkeit und edle Anmuth der Bewegung doppelt fesselt. Ihre Gestaltung der von Lust zu Leid und tragischem Ende geführten Violetta ist von unvergleichlicher Schönheit, so reizvoll als rührend, wahr und zugleich individuell, dramatisch vollendet im Musikalischen, wie in der Darstellung. Und die schöne Leistung erregt jene» seltene, innerste, in der Erinnerung andauernde Wohlgefühl künstlerischen Genusses, weil natürliche Einfachheit und vornehme Grazie in ihr walten, weil ein feinsinniges Maßhallen gewahrt bleibt, in keiner temperamentvollen geistreichen Pointe, in keinem leidenschaftlichen Ausdruck und Seelenlampf oder schmerzvollsten HerzenSton dieser doch rein lyrischen Partie zu einem forcirten materielleren Toneffect gegriffen wird, und ebenso im Spiel jedes conventionell theatralisch erscheinende und durch scharfen Auftrag verletzende Wirkungsmittel entfernt bleibt —, endlich, weil der Gesang plastisch klar und von lieb lichster Leichtigkeit und duftigstem Farbenschmelz in Coloratur, Cantilene und feinen Lonschattirungen, nie die absichtliche technische Mache, die aufmerksam sich mühende physische Thätigkeit, auch nicht in einem Athemzuge bemerken läßt. Der Patti Violetta ist eine berückende poesievolle Jdealisirung dieser Figur und im Sinne der m ihren Haupttheilen genialen Musik Verdi'- wohl seiner an süßer Melodik tiefer und zarter Empfindung reichsten. Her, Niccolini, dessen Gesang e- ja an erregtem, allerdings zu tremulirendem Gefühl nicht fehlt, führte den Alfred Germont auS. Herr Dege le ober sang ganz vorzüglich den Vater Germont, und zwar höchst anzuerkenncnd in italienischer Sprache, wa» für diese dritte Hauptrolle in den Ensemdlesätzen und besonder- im großen Duett mit Violetta ein sehr wesentlicher künstlerischer Gewinn war. Die Gesammtvorstellung nun de in au-gezeichneter Weise gehoben durch meister haft feine und diScrete Ausführung de- Orchester- unter Leitung de- Herrn Kapellmeister» Schuch, welcher die bedenkliche Aufgabe hatte, aber mit umsichtiger Ge wandtheit löste, ohne irgend eine Probe mit Frau Patti zu dirigiren. Frau Patti ist allerdings eine theure, aber eine in ihrer Art einzige Gesang-künstlerm unserer Zeit. Als herumstreifendes Gesangsmeteor ist sie zwar ohne direkten nachhaltigen Einfluß auf die Kunst in Betreff der Opernltistungen großer Bühnen, und zumal der deutschen. Aber sie bleibt auch in ihrem flüchtigen Erscheinen ein im Bereiche ihre» Roüenkreijes vollende tes unwiderstehlich erfassendes Vorbild, in wahrhaft künstlerischer Richtung fördernd, zur Nacheiferung, je nach der Begabung, anregend für strebsame Gesangs kräfte — ja auch für die Mitglieder des Schauspiels — und für den Geschmack des Publicum» leitend und bildend. Und wohl auch in Rücksicht hierauf hat die königl. Generaldirection auf dies Gastspiel nicht ver zichtet und sich durch ihre Einigung mit Hrn. Director Pollini, dem Impresario der Patti, den wärmsten Dank der Musikfreunde verdient, um so mehr, da für die Theaterkasse dadurch eine Schädigung zu befürchten ist. Denn die übermäßig erhöhten Preise, welche in folge der pekuniären Verpflichtungen Hrn. Pollini'S gegen Frau Patti nöthig wurden, können leicht für die nächsten Wochen einige Enthaltsamkeit im Theater besuch veranlassen E» ist zu wünschen, daß die Theaterfreunde mcht die Bühnenkasse mit den Kosten für ihren außergewöhnlichen Genuß belasten, sondern diese selber tragen, indem sie von solcher Enthaltsam- leit absehen. Eine dritte Gastvorstellung der Patti wird dem Vernehmen nach nicht stattfinden. C Banck. Oeffeutttche Vorträge. Am 6 November eröff nete der gemeinnützige Verein im Stadtverord- netensaale die Reihe seiner diesjährigen unentgeltlichen Vorträge. Wie das glänzende Programm zeigt, hat das Unternehmen seine Culmination fast erreicht: Fast nur Fachleute, die aus dem Vollen schöpfen, und wohl geübte Redner sprechen. Wenn daher nur wenige Vor träge hier zur Besprechung kommen können, liegt da» am Mangel an Raum. Ten Reigen begann Ober- bibliothekar Hofrath Förstemann mit: Ein Besuch in Upsala. Vortragender besuchte die alte Universitäts stadt als Mitglied des dort vor einigen Jahren abge- haltenen internationalen archäologischen CongresseS und empfing schon infolge der festlichen Stimmung der leicht erregbaren Schweden einen feierlicheren Eindruck deS sonst nüchternen Städtchens. Dieie Stimmung spiegelte sich im Voitrage wieder. Man meinte die laubgeschmücktcn Straßen zu sehen, den wunderbaren Gesang schwedischer Studenten zu hören, die Be leuchtung deS stillen MalarseeS und seines stolzen KömgSschlosseS noch em Mal bewundern zu können. Doch viel bedeutender wirkte ein zweite- Moment auf den Hörer. Es sprach der Kenner nordischer Verhält nisse. Wie im Spiel folgten flüchtig die mannichsachsten Andeutungen und doch beruhten sie auf zu Fleisch und Blut gewordenem Wissen. Die ältesten Einwanderer Schweden-, die historische Bedeutung von Upsala, die drei gewaltigen Kömg-Hügel in Gamla Upsala und ihre Schätze, die Bibliothek mit ihrem kostbaren oockeu »rzeuteu« und dessen Geschichie, der mächtige Dom mit seinen Gräbern, die Universität und ihre Nationatt- täl-häuser, der botanische Garten und Linne, all' Da wurde berührt und fügte sich, wohl grupp,tt, zum harmonischen Ganzen. Ader ein dritte» Moment deS Vorträge» halten wir für da» durchschlagende. Der
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