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Schönburger Tageblatt ««d «r. 21 s. Donnerstag, den 14. September 1922 »tgrlln'dtt 1878. F-ml'pr-cherNr'^'''^ fach Nr. 8. PoftfchkKonto Amt Leipzig Nr. 4488, mann and in Ziegelheim bei Herrn «ouard ttirstem BanUonto: Beretnrbanl zu Toldttz Sefchäfwstev» Waldenburg Sa. Demeindegirolonto Waldenburg 1I< Walienburger Anzeiger. Dies«- Blatt euthAt die amtlichen Bekanntmachungen de- Amt-gerichtS lmd de- StadtratS zu Waldenburg. Berantwottlich für Redaktion, Druck und Verlag L. Kästner in Waldenburg. Anzeigsnannahmefchlud Vorm. S Uhr GeMftrfteUe in Waldenburg Sachfe G-schLstrzrit: Vormittag 7—1, Filialen: in Altstadt Waldenburg bei Herrn Ott» Dö« ster; in Tallenüerg bei Herrn Strumpfwirker Artedr« Hermann Richter; in Langenchursdorf bei Herr» Hermann Esche; in Penig bei Firma Wilhelm Dahler; in Wallenburg bei Herr» Lina» Fried* «^bericht ausgenommen am 1S. September, Mittag« 12 Uhr: Bar.»eterst««d 746 mm reduziert auf den Meeresspiegel. r»er»o»eterfta«» -f- 12° c. (Morgen« 8 Uhr 5 -f- 11,» L.) Kem-tt-lettS-ehaH der Luft nach Lamprecht» Polymeter SO*/». Taupuutt -f- 10*. Wiud richt»»- West. Riederfchla-»»«»-« M letzten 24 stunden dl» früh , Uhr: 30,, mm. Daher «ittenr»-»a»»fichte> für den 14 September: Neigung zu Niederschlägen. Erscheint täglich mit «"»ahme der Lage nachTonu- and Festtagen. Annahme von Inseraten bi, Borm. S Uhr r» Ausgabetag«»- Bezugspreis monatlich 70 Mk., ohne Bringerlohn, durch die Post bezogen monat. Ilch 70 Mark Einzelne Nrn. 3 Mark. Inseraten- prei, 1 Zeile 6.— Ml., Reklamezeile 88 mm breit 18 Mark, die dreigespalten- Ze»« im amtlichen Teil« 18.50 Mk. ö^ette aus Anzeigen und Lingesandt« 1 Petit-Zeile 2 Mk. Nachweisungsgebühr 2 Ml. ,: am Auogabeta« Sachsen, Obrrgafse Rk , Nachm. 2-5 Uhr ^^dreitet in dm Ortschaftm der StaudeSamtSbezirke Altstadt Waldenburg, BrSunSdorf, Tallenberg, FrohnSdorfl hatten, Srumbach, Ä-mfungeu, Laazenleuba- vneoeryarn, ^angeuleuba-OberhatN, LangmchurSdors, Mederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Reichenbach, Remse, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. Kriegszustand in Konstantinopel. Ter Reichskanzler gab zu -e« Sarautieverhaudluugeu Wichtige «rklärnnge« ab. Stresemann hielt am «onntag in Königsberg eine be merkenswerte pslitische Rede. «n der Berliner Börse waren gestern bennrnhigende Gerüchte verbreitet. Ler frühere Reichsminister Wissel hielt in München eine Rede über »e«tschl«n-s Zukunft. Beim Untergang der .-ammonia' solle« 1VV Men schen ertrunken sei«. Li« belgische« Forderungen werden in Berlin für «»- annehmbar erklürt. Lie «erwendnng von Zucker, Berste «nd Obst wird eingeschränkt. Der Lollar notierte gestern 148k Mark. Lie sächsische Eemeindereform ist vertagt worden. Neber Kattowitz wurde der Belagerungszustau- ver hängt. Die französische« Geschädigte« wolle« mit den dentschen Ardeitervertreter« verhandel«. Tie englische Prefle verurteilt die SonutagSrede Poi«- earös. Da» «en« griechische Kabinett ist gebildet. In Pera fanden Ausschreitungen gegen Ausländer statt. Lie türkische Rationalistenbewegung macht «ngehenre Fortschritte. Kemal Pascha verlaugt völlige nationale Freiheit, '««lvenburs, 13 September 1SSL. Der Arbeitsausschuß deutscher Verbände hat im Namen seiner Mitglieder die Erklärung abgegeben, daß er sich zur außenpolitischen Einheitsfront hinter eine zur Abwehr feind licher Vergewaltigung entschlossene« Regierung stellt. Sehr zu begrüßen wäre es, wenn nun auch die Gesamtheit der Arbeitnehmer eine« Schritt in gleicher Richtung unter nähme. Nur wenn die ReichSregierung und das Ausland weiß, daß sich ganze deutsch« Volk wider di« Verge- waltignng und das Unrecht von Versailles auflehnt, kann etwa» erreicht werden. Der innerpolitische Zwist, dir gegenseitigen Beschimpfungen und der das deutsche Volk aufreibende «lafsenkampf müssen wen« nicht aushören, so doch wenigsten« gegen wichtigere Außenpolitik zurück treten. Die Frag, ist nicht mehr, ob Recht», Mitte oder Link» den Staat leiten soll, die Frag« ist, ob überhaupt der Staat Deutschland bestehe« bleibe« soll oder nicht. Daß diese Erkenntnis auch bereits bei einem großen Teil der Arbeitnehmer klar erkannt worden ist, ersieht man a«S eine« Flugblatt, das von H Thal, Vorstands mitglied im Gewerkschaftsring deutscher Arbeiter-, Ange- stellte«, und »eamtenverbände verfaßt worden ist. Nach kurzer Schilderung der Not unseres Volkes und dem Stand der deutschen Wirtschaft kommt er zu dem Satz: „Die Ursache dieser Eniwicklung liegt außerhalb der deutschen Wirtschaft Di, Ursache liegt dort, wo blindwütiger Haß rücksichtslos gegen Millionen deutscher Arbeitnehmer die Geißel schwingt.' Und dann ferner: „Der grausame Haß des veranwortlichen französischen Ministerpräsidenten Potn- cart und dir Unsähigkeit seiner Kollegen im Aeindbund haben die Krise herbetgeführt, die unser Familienleben ver nichtet und unsere Existenz unterwühlt... Man droht mit neuen Sanktionen, will die Hand auf urdeutsches Land legen, in dem Mill one» von deutschen Arbeitnehmern schufte«, will deutsch, Wälder, deutsche Bergwerke beschlag nahme« u»d selbst ausbeute«. Man treibt deutsche Familien aus Heim und Hof und jagt sie als Bettler über die Grenze. Und wir selbst wissen nicht, woher das Holz, die Kohle«, die Wohnungen nehmen für jene, die im übrig gebliebenen Vaterland friere« und obdachlos find .. . Die deutsch« Bolkwirtschaft muß zugrunde gehen, wenn die i« London vorgelegte« Pläne Tatsache werde«. Wir Arbeit- «ehmer aber st«d ein ausschlaggebender Teil dieser Volk»- wirtschast, und weil wir da» find, gehen auch wir vor die Hunde, wen« uns von außen her die Wirtschaft zerschlage« wird... Der Versailler Vertrag hat das Recht ge schossen, unter dem unser, weiß Gott, schon trübe» Dasein zur Unmöglichkeit gemacht werden soll. Und der Versailler Vertrag wird ans die alleinig, Verantwortung Deutschland» sür den Krieg gestützt. Unsere angebliche Alleinschuld am Krieg« ist der Ausgangspunkt für all da» Furchtbare, d«m wir gegenüberftehen... Die moralischen Voraussetzungen des Versailler Vertrag«- sind längst als falsch erwies«». Deshalb erhebt Ture Stimme und ruft der Welt zu: „Nicht wir find die Alleinverantwortlichen, dir Schuld am Kriege liegt im ungeheuren Ausmaß außerhalb Deutsch lands. Dan« kommt, we«« alle ei«eS Sin«eS und eine» Wollen» find, doch noch einmal das Recht zu «ns. Und dann «erden wir wieder leben können!' Hoffentlich werde« sich noch recht viele, ja alle eiufichti- gen Arb«it«ehmerführer, di« nicht nur auf Parteiagttation und Verhetzung eingestellt find, bereit finden, ihre Stimme gegen das erdrosselnde Versailler Diktat zu erheben. Wenn sich erst einmal überall bei de« Arbeitnehmern die logisch« Erkenntnis drrchgerunge« hat, daß nicht deutsche Kapitali sten an derj gegenwärtig«« Rot die Schuld tragen, son dern nur der haßerfüllte französische ThauviniSmuS, dann wird unser Aufstieg beginnen. politische Nun-schau. Deutsche» «eich. Reichskanzler Or. Wirth erklärte in «in«» Interview mit de« Vertreter de» „Malin', daß er jetzt seine ganze Hoss nung auf die Reparation-kommission setze. Lie deulsche Regierung hätte in gutem Glauben versucht, den Vorschlägen der Reparationökommissien eine konkrete Form zu geben. Unverzüglich seit« Verhandlungen mit den Vertreter« der belgischcu Regierung eingelritet und Vorschläge gemacht wor den, um dir für Belgien bestimmten Schatzwechsel zu garan tieren. Da» sei nicht leicht gewesen, da die deutsche Regie rung als solch« üb«r keine besonderen Garantien verfüge. Aber di« autonome Reich»b«nk hätte sich in loyaler Weise zur Verfügung gestellt und ihre Bereitwilligkeit zur Zeichnung der Schatzwechsel erklärt unter der Bedingung, daß die sechs monatige Zahlungsfrist verlängrrt werde. Diese Bedingung sei unerläßtich, weit das genannte Kreditinstitut gemäß den Gebräuchen de» Handel» nicht in der Lage wäre, innerhalb sech» Monaten die Summe von 270 Millionen Goldmark autzubringcn. Die belgischen Delegierten betonen selbst, daß sie da» größte Jnterefse hätten, den Markßurz auszuhalten. Air legen auch Wert ans diese Versicherung, aber «an muß unverzüglich handel«, sofern dieser Mißersolg nicht unheilbar »erden soll. DI« Berliner Regierung wird diejenigen Ab machungen annehmen, di« sie vor dem deutschen Volk« ver- antworten kann: sie muß e» jedoch ablthnen, Verpflichtungen einzugehen, von denen sie die «eberzeugung ha», baß sie diese nicht halten kann, und daß sie un» nicht dem Hauptzwecke näher bringt, nämlich der endgültigen Lösung de« Reparationlprob lem« und damit auch der seit lange« in Europa und in der ganzen Welt erwarteten Befriedung. Die ReichSregierung trat gestern zu einer Kabinetttsitzung zusammen. Der Reichskanzler hotte eine Besprechung mit dem Vizekanzler Bauer über die bevorstehenden Verhandlungen mit den Gewerkschaft««. Der Reichskanzler will einige Tage aus Urlaub gehen. An der Berlin«r Börse war da« Gerücht verbreitet, „'ne belgische Rote s«i nach Berlin unterwegs, in welcher die deutsch« Regierung aufgefordert «erde, innerhalb 24 Stunden 100 Millionen Goldmark in bar zur Deckung für die Raten vom 1b August und 1S. September bei der belgisch«» Na- tionalbank zu hinterlegen. Ler deutschen Regierung ist davon nicht« belannt. Der frühere Reichtkanzer Or. Michaeli« sprach sich be «irrer Konferenz de« Weltbünde« der christlichen Studenten- ver«inigungen in Peking über die Kriegrschuldlüge au«. Er brtonte, daß w«nn Deutschland den Krieg gewollt hätte, e« sich mit Lebe««»itteln versorgt hätte. Ueber Kattowitz ist wegen der Tenerungtkrawalle der Aus nahmezustand »erhängt worden. Eine« Mitarbeiter der „Voss. Ztg.' erklärte Filene, Be gründer der international«, Handelrkammer Organisationen, der sich augenblicklich in Berlin befindet, nachdem er eine Studienreise durch Frankreich, England, Oesterreich und Deutsch land gewacht hat, u. a, Deutschland selbst könnte viel dazu beitragen, die Beseitigung der Revanche furcht in Frankreich herdeizuführen, wenn e« von sich »u« die Frag» der Sicherung Frankreich« gegen eine meinetwegen eingebildete Bedrohung aufwerfen wollte. E« sei keinetweg» unbedingt nötig, daß solche Garantien einen militärischen Charakter tragen. Lie Anwendung der »irt- schastlichen Mittel und einer etwaigen Blockade gegen den Friedenlstörer würden durchau« genügen. Die Nationen de» Völkerbünde« könnte« zur Sebernahme der Sicherheitsleistungen hiuzuzezogen «erden, weil sie unter dem gegenwärtigen Zu stand mit leiden. Die deutsche Regierung hat de« Völkerbünde die angekün- digte Note überreichen lassen, in dem sie gegen die polnische» Anschuldigungen, in Deutsch-Oberschlefien »erde die pol nische Minderheit unterdrückt, protestiert. Rach der Großhandelr-Jndexziffer de» Statistischen ReichS- amts erreichte da» deutsche Preisniveau im August daß ruud 180fache de« Friedenlstande«. Am Sonntag hielt Or. Stresemann in König«berg eine scharssinnige Rede über den gesamten Fragenkomplex der gegenwärtigen Politik: Die schwere Krise, die bei Er örterung de« deutschen Moratoriumtersuchen« aurgebrochen «ar, habe durch den Vertrag Stinne» Lubersac eine erkenn- bare Entspannung erfahren. Eine bedeutsame Folge habe der Vertrag bereit« jetzt gezeitigt: die Aufgabe der „Retor sionen' und weiterer von PoincarL geplanter Zwang-mafi- nahmen. Der Vertrag könne auch heilsame politische Wir kungen haben. Wenn er auf lange Dauer durchgrführt wer den solle, dann müsse die Herabsetzung der Reparation»!«-« und die sukzessive Aushebung der Besetzung der Rheinland« folgen. Zu de« innerpolitischen Fragen übergehend, betonte Stresemann die Notwendigkeit freudiger Staatöbejahung. G« sei falsch, in negierender Opposition zu verharren, wo der Staat die Mitarbeit aller notwendig habe. De« Schutzgesetz habe sein« Partei erst zugestim«t, al« seine unparteiische An wendung gewährleistet «ar. Darauf verteiditzte Stresemann seine Partei gegen den Borwurf schwächlicher Ks»pro«ibpo- litik. Da keine Partei eine auöschlaggrbende Mehrheit habe, sei Ko»pro«ißpolitik die einzig «»gliche Art der Politik. In der Festhalte der Deutschen Sewerbrschau in München sand am Sonntag der Allgemeine Deutsche Werkmeistertag statt. Der frühere Reichsminister Wissel hielt dabei eine Red« über Deutschland» Zukunft. Wissel erklärte: Heute feiern auf der ganzen Welt 11 Millionen Arbeitslose. Da» bede«tet einen Jahreiaurfall von 26 Milliarde« Arbeits stunden und eine Produktiontminderung von 16 Milliarde« Friedentmark. Ueberall, nicht nur in Deutschland, steigt die offene und verborgene Not. Dazu kommt eine Verschuldung der ganzen Welt von 800 Goldmilliarden. Die Arbeiter werden mit Schmerz und Bitterkeit erkennen, daß mit de« Zusammenbruch der Weltwirtschaft auch die ArbeitSsolidarittt zerrissen ist. Geholfen kann der Welt nur werden, wenn die Kaufkraft der vielen Millionen in Mittel und Osteuropa wieder hergtstellt wird. Heute befindet sich Deutschland i» einer Preiörevolution, wie sie ihresgleichen in der ganze« Weltgeschichte noch nicht hatte. E« wird die Zeit komme«, wo der Herr i» Deutschland nicht Ludendorff, nicht Koch, fand r» Hunger heißen wird. Wenn wir nicht zu eine« Ge-