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ZlhSnbiiM Tageblatt und Waldenburger Anzeiger —— Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg Donnerstag, den 26. Mai 1881 120 unter Be- hierdurch st. Hllbr. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tagt nach Sonn- und Festtagen. Beitrage sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für d,e nächster- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. Von dem unterzeichneten Königlichen Amtsgerichte soll den SS. Juli 1881 gewürdert worden ist, nothwendiger Weise versteigert werden, was zugnahme auf den an hiesiger Gerichtsstelle oushängenden Anschlag bekannt gemacht wird. Waldenburg, am 20. April 1881. Königliches Amtsgericht daselb Baumbach. das dem Oekonom Friedrich August Fiedler in Niederwinkel zugehörige Hand gutsgrundstück Nr. 3 des Katasters, Nr. 3, 100, 101, 112, 113, 114, 116, 117, 118, 126 und 127 des Flurbuchs und Nr. 2 des Grund- und Hypo thekenbuchs für Niederwinkel, welches Grundstück am 13. April 1881 ohne Berücksichtigung der Oblasten auf 15000 Mk. - - Der auf den S7. Juni 1881 anberaumte Termin zur nothwendigen Versteigerung des dem Ztmmermann Carl Friedrich Lorenz in Langenchursvorf zugehörigen, auf Folmm 585 des Grund- und Hypothekenbuchs für die Stadt Waldenburg eingetragenen Haus und Feldgrundstücks wird nach erfolgter Rücknahme des bezüglichen Antrags hiermit aufgehoben. Waldenburg, am 21. Mai 1881. Königliches Amtsgericht. Baumb ach.F- Der Abonnementspreis betrLqt vierteljähr lich 1 Mk. 5« Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Ein gesandt 20 Pf. "Waldenburg, 25. Mai 1881. Die drohende Judeneinwanderung. Eine Viertel-Million deutscher Männer verlangte jüngst vom Reichskanzler, daß die Einwanderung ausländischer Juden, wenn nicht gänzlich verhindert, so doch wenigstens eingeschränkt werde. Leider hat sich dieses Verlangen nur zu bald als höchst gerecht fertigt herausgestellt. Die Juden im Süden und Westen Rußlands bereiten sich, veranlaßt durch die in der letzten Zeit zu Tage getretenen Verfolgungen, zum weitaus größten Theile zur Auswanderug vor. Und wo wollen sie hin? Ist es nicht leicht erklärlich, wenn sie sich nach Deutschland wenden, wo sie sich voller staatsbürgerlicher Freiheiten, der vollen Frei zügigkeit und der mächtigen Unterstützung ihrer Glaubensgenossen zu erfreuen hätten? Aber was veranlaßt das russische Volk denn, die Juden auszutreiben? Daß die russischen Juden als schuldlose Opfer fanatischer Verfolgungswuth anzu sehen sind, diese Ansicht wird sich wohl nur ein befangener Mensch von den Judenblättern einreden lassen. Alle Berichte aus Rußland stimmen viel mehr darin überein, daß die Juden dort durch ihre Unredlichkeit, ihre Zanksucht, Geldgier und Frechheit, ihr Pflegen und Ausbeuten der Volksschwächen, ihre Aufkäuferei und ihre Beförderung des Branntwein genusses und anderer Ausschweifungen (die Freuden häuser sind fast ganz in jüdischen Händen) mit zur Demoralisation des russischen Volkes, namentlich in den niederen Klaffen der Bevölkerung beigetragen haben. „Der russische Bauer," so heißt es, „ver kauft seine Stiefel und läuft barfuß nach Hause, wenn es gilt, seiner Trunksucht zu stöhnen, und der jüdische Schankwirlh zieht sie ihm aus und freut sich des Gewinnstes." Das hier gezeichnete Bild ist im großen Ganzen für alle Juden zutreffend, lehrt doch die Erfahrung, daß das Speculiren auf die Schwächen Anderer, wovon leider auch die Christen nicht freizusprechen sind, wiewohl es von der christlichen Religion aufs schärfste verdammt wird, in der Judenschaft die tief sten Wurzeln geschlagen hat. Die Ruffen wollen also, was wir ihnen auch gar nicht verdenken, die Juden los sein; das ergiebt sich auch schon aus der Art der Verfolgung, die sich in einer furchtbaren Zerstörungswuth äußert. Selbst freisinnige Organe der russischen Presse, wie die „Nowoje Wremja" (Neue Zeit), sprechen diesen Ge danken aus. So sagt das letztere Blatt, daß die Juden, wenn ihre Zahl nicht über einige Hundert lausende hinausginge, Rußland namentlich auf dem Gebiete de« Handels von Nutzen sein könnten, ihre Zahl aber betrage bereits mehrere Millionen und würde, sobald man ihnen Freizügigkeit und Gleich berechtigung einräume, alsbald durch Zuzug aus Rumänien und Galizien auf zehn Millionen an wachsen. Dieser Gefahr dürfte sich Rußland nicht aussetzen, es bleibe daher kein anderes Mittel, als den Juden den Aufenthalt in Rußland so unbequem und unvortheilhaft zu machen, daß sie selbst zu dem Entschlusse gelangen, nach Deutschland, Oesterreich oder Amerika ouszuwandern." Berücksichtigt man noch die Lässigkeit der rus sischen Behörden bei Unterdrückung der Judenver folgungen, so darf man wohl annehmen, daß man in Rußland nicht daran denkt, das Loos der Juden zu verbessern und darin wird auch die jüngste israeli tische Deputation beim russischen Kaiser schwerlich eine Aendrrung herbeigeführt haben und da ist denn wohl die schon oben ausgesprochene Annahme gerechtfertigt, daß die Verfolgten sich in großen Schaa- ren über Deutschland ergießen werden, in der Hoff nung, dort einen gut bebauten Weinberg für ihre Tä tigkeit zu finden, weshalb es wohl angebracht ist, der Forderung der Viertelmillionen deutscher Männer zu entsprechen und so schleunig wie möglich ein neues Reblausgesetz hiergegen zu erlassen. Mit schein bar Humanitären Phrasen komme man dieser Ge fahr gegenüber nicht mehr. Wollen die Juden oder die „Alliance Jsraelite" etwas für ihre verfolgten Brüder thun, was sogar ihre Pflicht wäre, so ist dagegen nichts einzuwenden, das mögen sie aber auf ihre Kosten und nicht auf Kosten anderer Nationen thun. Wenn die Judenschaft, die sich ja mit Glücksgütern überreich versorgt hat, etwas recht Segensreiches für die ganze Menschheit thun will, so mag sie der Türkei, die so immer in der Geldklemme steckt, die Provinz Palästina ab- kaufen und die verfolgten Glaubensgenossen dort sammeln und ein geordnetes Staatswesen gründen lassen. Die Türkei wird's billig machen und die europäischen Großmächte werden mchtsdawider haben. Die Juden werden ja auch durch die Satzungen ihrer Religion und die Traditionen Israels darauf hin- gewiescn. "Waldenburg, 25. Mai 1881. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Reichskanzler hat auf eine Resolution des conservativen Bürgervereins im Oranienburger Be zirk zu Berlin eine Antwort ertheilt, die mit den bedeutungsvollen Worten schließt: „Sie wollen sich überzeugt halten, daß ich mich in der Förderung unserer Wirthschaftspolitik nicht irre machen lassen werde und die eingeschlagene Richtung fest hallen werde, soweit meine Kräfte reichen. Es wird angenommen, daß der Reichstag am 21. Juni geschlossen werden kann. Ein Reichstagsabgeordneter soll zu einem Mit- gliede der nach Berlin gekommenen Deputation aus Glauchau und Meerane auf die Bitte, für die Petition aus Meerane zu stimmen, gesagt haben: „Meine Wähler sind Konsumenten und die wollen billig kaufen. Ich bin Freihändler." Später soll er jedoch versprochen haben, sich zu Gunsten der sächsischen Weber etwas mehr auf den rein praktischen und menschlichen Standpunkt zu stellen. Das heißt so viel, als daß ein Frei händler nicht immer auf dem rein praktischen und menschlichen Standpunkt steht. Das muß man sich »ä notam nehmen. Frankreich. Die Nachrichten aus Algerien lauten keineswegs beruhigend, die Regierung läßt aber keine directen Depeschen passiren. Sicher ist, daß die ganze Region von Geriville sich in vollem Aufstande befindet und daß das am Donnerstag erfolgte Gefecht mit einer vollständigen Niederlage der Colonne des Obersten Jnnocenti geendet hat, welche in förm licher Auflösung zurückweichen mußte. In der französischen Deputirtenkammer stand der mit dem Bey von Tunis abgeschlossene Ver trag auf der Tagesordnung. Clemenceau (In transigent) kritisirte den Vertrag, welcher die diplo matische Lage Frankreichs verändere, die alten Freundschaften erkalte und Mißtrauen Hervorrufe. Ornano (Bonapartist) beantragt, die Discussion zu vertagen, damit die Regierung einige Artikel des Vertrages unterdrücken könne. Dieser Antrag wurde mit 363 gegen 111 Stimmen abgelehnt. Der Ministerpräsident Ferry stellte dem Deputirten LenglL gegenüber in Abrede, daß der Bey von Tunis gegen den Vertrag protestirt habe und er klärte, der Bey habe den Vertrag in sehr loyaler Weise ausgeführt. Schließlich wurde der Vertrag mit 453 gegen 1 Stimme angenommen. Belgien. Durch ein königliches Decret werden in Belgien Postsparkassen eingeführt. Wer davon Gebrauch machen will, klebt 2- oder 5- oder 10-Centimes- Postmarken auf ein ihm von der Post geliefertes Formular, und enthält das Formular 1 Frank, so wird dasselbe als baares Geld bei allen Sparkassen angenommen. Der Gebrauch der 2-Cenlimesmarken ist nur für Kinder bestimmt und zwar sollen die Marken den Lehrern zur Verfügung gestellt werden. Rußland. Es scheint leider, als ob im russischen Offiziers- Corps die Pest des Nihilismus weit um sich gegriffen habe. Es sind kürzlich abermals zwei Offiziere verhaftet worden, die der Theilnahme an nihilistischen Bestrebungen verdächtig sind. Sie heißen v. Stromberg und Gustav Hasoff. Wie wenig der Kaiser sich auf seine Umgebung verlassen kann, beweist fernerhin die Thatsache, daß der Chef der Sicherheitswache von Gatschina, Oberst Antonoff, Knall und Fall entlassen werden mußte, weil durch eine vor einigen Tagen in Gatschina eingetroffene hohe Persönlichkeit, die Antonoffs Vergangenheit zu fällig kannte, festgestellt wurde, daß dieser Oberst als Polizeimeister von Odessa sehr unsaubere Ge schichten getrieben. Man hatte Woronzoff Daschkoff, der, ebenso wie der Kaiser selbst, von der Ver gangenheit Antonoff's nichts wußte, zu bewegen ver mocht, diesem Manne den verantwortlichen Posten