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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 18.04.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-04-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140418013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914041801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914041801
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Bemerkung
- S. 8-9 fehlen, Seiten vertauscht durch fehlerhafte Bindung
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-04
- Tag 1914-04-18
-
Monat
1914-04
-
Jahr
1914
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Morgen - Ausgabe »»iE». kür rapNg UN» v»r»rt« »orch unser« rrla« u«»Sp«0tt«ur«»a,oiragUck>in<hou»g»drochtr m»notil» i rr m., »>«rt«lt»hrUch Z.7S m. Set »er V«jchLft»ft,U«. unser» ZiUole» un» ftu»gad«NeU«n abg«h»lt! monatlich > M., »irrtettührU» IM. vurch »l« Post: lunrrhald veutschlan»» un» »er »««tschen Koloalea mouatllch l^o M., vlrrteliShrllch 4.S« M.. auoschUeßllch postdrsteUgel». va» Lclp-tgerragedlatl erscheint Werktag» rmai.Soan- u.Zetertogs lmai. Ja Leipzig, Len Nachdarorter, un» Sen «vrten mit eigenen Zilialen wir» üie ridenSauogab« noch am stben» üe» Lrschetuen» in» hau» geliesert. Seriiner NeSaktton: In »en Zeiten 17. Zernlprech» ^nschlug: Moabit Nr. «7. /IrrrtsbüM desRakes urrd despolrreicrrrxtes derEtcrdtLerpzrg NeüoMo» un» chefchüftsstelle» ?ohauni»goss« Nr.». * Zernsprech-staschlug Nr. l«S«, ><»»I an» >4»»». ISS. Jahrgang m« Inserat« au» I«ip,i, an» Um,«dun, »i« sLNArkurNsIreif« . i,paut,«P«M,«N«»p».. »i« N«Name>eiie, m., »oa au»w»rt» 1» Pt. Nrklamen i.roM.. Kl««a« stnzrigrn »»«prtitzetie nur 4»p» d.w>«»rrtz»t.Nad ,Inserat« »»irveboroea im amtiicheareu »ir Petit» zeii« r» ps. ch»sch<ts«»aaz«tgrn mit piayoorschritt >m Preis« rrdokt. Nadatt noch raris. v«ilagro S«,amtausl.rM »»»LausrnS auoichi Postgrduhr. stnzeigea.stnnahm«. Zodanniogastrr. d«i sämtlichen jillolrn »eo Leipzig«« ilagedlottr» un» aU«n stnnoa«en»Lxpe»itionrn üe» In. un» siuslnnLr». cheschost»st«U« sür verlin u.Si« pr.0ran»«ndurg vircktionWaltrrZlirgrl, Vrriia D >7 Moraaretbrnstrotz« ». Zrrnsprrch»stnschiug: Lüyow «71 Nr. lS4. Soimsven», üen iS. stpril. ISl-l. Vas wichtigste. * Der Landeskulturrat hielt am Freitag in Dresden seine 5t. Gesamtsitzung ab. (Liehe Ber.) * Das 9 9. Infanterie-Regiment kehrt heute nach Zadern zurück. (Liehe Dtsch. R.) * Bei einer Schlägerei zwischen Lotdaten des in Elatz stehenden 38. Infanterie-Regiments wur den dreiSoldaten verletzt. (L. Pol. Uebers.) » Bei Näzon ville ist am Donnerstag ein französischer Ofsiziersflieger auf deutschem Boden gelandet, aber er ist wieder nach Frankreich zurückgcflogen. (Liehe Dtsch. R.) * Bei dem Eisenbahnunfall bei Stei nach wurden ein Heizer und ein Lokomotivführer getötet und vier weitere Zugbcamte verletzt. (Siehe Nachr. v. Tage und Letzte Dcp.) * Das Eroßherzogspaar von Baden traf zu einem Besuche in München ein. (Siehe Dtsch. R.) * Ms Lieger des Monaco-Stern flug e s ist offiziell der Franzose Roland Garros verkündet worden. (Siehe Sp. u. Sp.) Korfu unst FIbbaria. Wir hören von Korfu von den Spazier gängen Kaiser Wilhelms und seines Kanzlers; wir lesen von den Empfängen und gesellschaft lichen Veranstaltungen, von Ausgrabungen und Besichtigungen und herrlichem Wetter. Aber so reichhaltig die Berichte sind — für die po litische Presse ist die Ausbeute überaus mager. Sie erwartet die Entscheidung über den Statthalterposten in Straßburg, über oas Schick sal des Reichstages und manches andere. Auch die auswärtige Politik könnte recht wohl ge wichtigen Stoff bieten, zumal da in dem nicht allzufernen Abbazia zwischen dem Grafen Bercb- told und Marchese di San Giuliano mehrtägige Verhandlungen stattsinden, über die — man auch nichts weiß. Graf Berchtold und sein Kollege haben dre Vertreter der österreichischen und ita lienischen Presse zwar auf das liebenswürdigste empfangen: sie erfuhren, daß der Marchese un seren Goethe fast auswendig könne, und sie durf ten ihre Meinung aus die Frage des italienischen Ministers: „ob morgen wohl gutes Wetter zu einem Ausflüge nach Lujfinpiceolo sein werde" abgeben. Das war aber auch alles. Die Presse ist ungeduldig, und wie immer in solchen Fallen beschäftigt sie sich mit Ver mutungen. Französischen Ursprungs war die Nachricht von einem Mittelmeerabcommen der Dreibundmächte. Sie wurde von Berlin aus als alte Legende abgetan. Warum eigentlich? Ein solches Abtommen wäre in vieler Beziehung sehr einleuchtend. Als ausgemachte Sache gilt, daß in Abbazia das Verhalten Oesterreichs und Italiens in der albanesischen Ange legenheit so weit festgelegt werden wird, als dies Mch Lage der Dinge möglich ist. Oesterreich-ungarn und Italien wollen die Er- , Haltung von Albanien uno stehen auf dem Boden der zwischen dem Grafen GocuchonhU und dem Marquis Visconti-Venofta geschlossenen Verein-, barung. Weder Oesterreich noch Italien können den Wunsch haben, von diesem Vertrage abzugchen und sich in bedenkliche Abenteuer einzulassen. Jeder Staat hat das Recht durch den Eifer seiner Kaufleute so viel von dem albanesischen Handel an sich zu reißen, als seine wirtschaft liche Tüchtigkeit ihm verschafft. Aber die politi schen Grundsätze, die der Minister Tittoni als die des Nichtanrührens bezeichnete, müssen unge ändert bleiben, weil sie Pfeiler des Friedens und des Dreibundes sind. In Korfu, meint die „N. Fr. Presse", wird hoffentlich cm Weg vereinbart werden, auf dem es möglich wäre, Albanien zu schonen und Griechenland, das durch seine ganze Natur, durch seine Lage und Ver hältnisse in den Interessen mit den adriatischen Großmächten vielsach üoercinftimmt, nicht abzu- ilcksten. Auch die Hellenen tönnen nicht wünschen, daß der Panslawismus gleichzeitig aus den Meerengen ins Mittelmeer vor dringt und sich an der Osttüstc des Adriatischen Meeres fest setzt. Das erwähnte Blatt nimmt dabei an, daß Kaiser Wilhelm wegen seiner verwandt schaftlichen Beziehungen ein Fürsprecher Grie chenlands sein werde; das wird aber nur bis zu einem gewissen Grade zutreffcn. Er ist auch der Freund des Fürsten Wilhelm von Albanien, und es »st bekannt, daß sich dieser auf die An nahme der albanischen Fürstenyerrlichkeit erst einließ, als der Kaiser ihm dazu riet und ihm seine Unterstützung verhieß. Nein, es ist wohl kein Zweifel, daß der Kaiser und Herr v. Beth- mann im Änvcrständnis mit den beiden in Abbazia verhandelnden Staatsmännern blei ben werden. Allerdings hängt viel davon ab, ob sich Gras Berchtold und Marchese di San Giuliano auch über die Fragen verständigen werden, die mit Albanien nichts zu tun habrn, aber für das gegenseitige Verhältnis der beiden Mächte sehr wohlig sind. Es handelt sich da vor allem um die Kmgen der Italiener über die Behandlung in den österreichischen Grenzgebieten. Ein Teil der österreichischen Presse i.t unwirsch darüber, daß diese Dinge überhaupt in Abbazia zur Sprache kamen; allein mit Recht ist darauf zu erwidern, daß es sür die beiden Staatsmänner ein Bedürfnis sein muß, die alten Späne zu beseitigen, weil jvnst die Voraus,.chung für eine volle iecinmütigteit, die doch für dce uccchstc Zeit sehr nottut, fehlen würde. Man ist nun einmal beim Reinemachen, und hat man die Möglichkeit, dies.' Arbeic mit einiger Gründlichkeit zu ver richten, so ist nicht einzusehen, weshalb das ein Fehler sein sollte. * * * Aus Abbazia wird heute der „Voss. Ztg." gemeldet: Die Besprechungen der beiden Minister wurden gestern bis Mitternacht fortgesetzt und sind soweit ge diehen, daß der offizielle Bericht wahrscheinlich schon heute veröffentlicht wird. San Giuliano hat den Grafen Berchtold auf die öffentliche Meinung verwiesen, die dem Bündnis ergeben sei, aber die Erfüllung der berechtigten Wünsche der öster reichischen Italiener dringend erwarte. Graf Berchtold versicherte, daß niemand froher wäre, als er, wenn die Unioersitätsfrage aus der Welt ge schafft werde, und er die österreichischen Italiener be friedigt sehen könnte. Der Bericht wird fe.tstellcic. daß in den auswärtigen Fragen ein festes, un zweideutiges und klares Einverneh men zwischen Italien und Oesterreich b e st e h t. Sächsischer Lanöeskulturrat. (Bon unserer Dresdner Redaktion.) ?. Dresden, 17. April. Der Sächsische Landeskulturrat trat heute mittag 12 llhr hier zu seiner 51. Eesamtsitzung zusammen. Der Vorsitzende, Geh. Oek.-Rat Dr. Hähnel- Kupprtz, eröffnete die Sitzung mit einer kurzen An sprache, worin er darauf hinwies, daß die diesmalige Tagung sie erste nach den Neuwahlen sei. Fünf neue Mitglieder seien cingetreten, die er herzlich willkommen heiße. Die Aufgaben des Landeskultur rates hätten sich erheblich vermehrt, unverändert ge blieben sei aber die Stellung zur Regierung und zur Allgemeinheit. Der Landeskulturrat sei nicht ledig lich eine Interessenvertretung, sondern habe zum Ziele die Förderung des allgemeinen Wahles. Redner schließt init einem Hoch auf den König. lieber die Neuwahlen zum Landes.ulturrat und zum Ausschuß für Gartenbau berichten für den ständigen Ausschuß die Geh. Oekonomieräte Andr ci- Braunsdors und Schubert-Euba und beantragen, die Neuwahlen für gültig zu erklären, was ohne Debatte einstimmig geschieht. Durch Zuruf werden zu ordentlichen Mitgliedern wiedergewählt Geh. Hofrat Dr. Kirchner- Leipzig, Geb Oberforstrat Dr. Neumeister- Dresden, Geh. Hofrat Dr. Stieda-Lerpzig, Prof. Dr. Loges und Geh. Rat Bach. Ebenfalls durch <zuruf werden cic bis.erigen außerordentlichen Mitglieder wiedergewählt. Neu treten ein Veterinär rat Beyer- Dresden und Prof. Dr. Steglich- Dresden. Zum Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzen den werden gleichfalls-durch Zuruf wiedergewählt Geh. Oek.-Rat Dr. Hähnel und Wirtl. Geh. Rat Dr. M e h n e r t, ebenso als Mitglieder des ständi gen Ausschusses die Geh. Oek.-Räte Andrä- Braunsdorf und Schubart-Euba. Sämtliche Gewählten nehmen Sic Wahl an. Die Sonderausschüsse werben nach den gedruckt vorliegenden Vorschlägen zusammengesetzt, wobei die Ausschüsse für Unterrichts- und Versuchswesen, für Verkehrs und Steuerwesen, Rechtsfragen und sür Viehzucht, Versicherungs-, Veterinär- und Arbeiter wesen um je 2 Mitglieder verstärkt werten. Geh. Oelonomierat A n d r ä - Braunsdorf be richtet alsdann für den ständigen Ausschuß über die Vcrsi ch«rungspflicht der Hauskinder und beantragt, das kgl. Ministerium des Innern zu ersuchen, 1. den Verwaltungsbehörden und Kranken kassen im Interesse der Schonung und Erhaltung des Familiensinnes der ländlichen Bevölkerung zu ver bieten, eigenmächtig den Arbeitgebern Verträge vor- zulegen, durch deren Unterschrift formale Ärbeits- verbältnissc zwischen Familienmitgliedern anerkannt werden sollen, oder Kautionen bei Befreiung von Hauskindern zu fordern; 2. cs der freien Entschlie ßung der Arbeitgeber zu überlassen, ohne Rücksicht darauf, ob noch fremde Angestellte beschästigt werden, die im Betriebe tätigen Hauskinder gegen Krankheit zu versichern oder nicht, und, wenn dies nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen nicht möglich sein sollte, im Bundesrat in diesem sinne eine Aen- dcrunq derselben herbeiführen zu wollen. An den Antrag schließt sich eine längere Debatte, in deren Verlauf Oberregierungsrat Wittmaak heroorh«bt, es könne sich nur um die Frage der Durchführung der bestehenden Gesetze handeln, an eine Aendcrung der Rcichsversicherungsordnung sei nicht zu denken. Im übrigen sei in fedem einzelnen Falle nach den jeweils vorliegenden besonderen Um ständen zu entscheiden. Das Ministerium sei zwar bereit, gemeinsam mit dem Landeskulturrat eine Klärung der Verhältnisse herberzuführen. Schließlich wird der Ausschußantrag mit einer redaktionellen Aenderung angenommen. Generalsekretär Dr. schöne berichtet alsdann über die Ausgestaltung der Landwirtschaftlichen Zeit schrift und Oberforstmeister Dr. Neumeister- Dresden referiert über die Bekämvfung der Krähenplage. Hier wünscht er Bekämpfung der Krähen durch Abschuß. Zerstören und Ausnehmen der Nester, evtl, auch Anwendung von Phosphor vergiftung, womit sich der Landeskulturrat einver standen erklärt. 3m aufständischen Epirus. Don Fritz Lorch. Agyrocastro, 3. April 1911. Just am 1. April, einen Tag nach der „Räumung" des albanischen Epirus durch die griech scheu Truppen — tatsächlich stehen heute noch griechische Truppen auf albanistl.em Gebiet — gelang es mi>. sie B.ockadc vor Santi üuaranta zu brechen. Ermöglich: wurde dieser Akt durch die Reise des neuernannlen Gou verneurs von Agyrocastro, Kyrizzis, von Korfu aus nach seinem neuen Wirkungsorte, der Hauptstadt dec epirotischen „Revolutionäre". Herr Kycizzis, ein sehr liebenswürdiger Mann, besorgte das segelbcot. Nachmittags gegen 3 Uhr verließen wir die liebliche Insel der Phciaken und nachts »zil Uhr kamen wir in Santi Quaranta an. Hierher hatte uns der Präsi dent der autonomen Regierung ein Militärautomobil entgcgengeiandt. Am anderen Tage, vormittags 10 llhr, fuhren wir über Delvino und den Muzinopaß im Auto nach Agyrocastro, das wir nachmittags gegen 4 Uhr erreichten. Was wir unterwegs ahen, erfüllte mich mit Staunen. In Deutschland glaubt man, daß der nörd liche Epirus sich in Anarchie befinde. Tatsache ist, daß sämtliche Gebiete, die wir durchfuhren, in völliaer Ruhe sind. Die autonomen Behörden sind wohl organisiert, an ihrer Spitze stehen, wie in Santi Quaranta und Delvino. frühere griechische Off z:e e. die zu den Autonomisten deiertiert (?) sind, in Agyro castro einstige höhere griechische Verwaltunosbeamte und Advokaten, alle ohne Ausnahme gebürtige Epi roten, bereit, für ihr Vaterland zu sterben. Und dann die „Heiligen Bataillone". Sie oc- stehen nicht nur in der Phantasie, sondern in Wirk lichkeit. In Santi Quaranta sah ich 180 kretische Freiwillige, die, wie wir, unter Blockadebruch lei Nacht gelandet worden waren. Und in Delvino mar schierten an mir zweimal 1600, schreibe und sage: eintausendsechshundert, wohlausgerüstete Soldaten vorüber, an ihrer Spitze ehemalige griechische Offi ziere, die den Krieg mitgemacht hatten. Hier in Agyrocastro ist ein großes Kriegslager. Täglich strömen neue Freiwillige herbei, die, mit Wafzen und Munition ver ehen, einexerzie't und nach der Grenze abgesandt werden. Proviant wird aus Mauleseln und vierräderigen Karren herceigeschafft: ich sah Massen gepreßtes Stroh, Dutzende Sccke mit Mehl, Schuhen und Kriegsbrot. An Geld fehlt es nicht. Alle griech jchen S:ädte s mden ihr Scher lein. Arhen hat zwei Millionen Drachmen. Knwela 200 000, Janina 100 OOO Drachmen, gesandt. Außer dem wird von der Regierung die Schafsteuer weiter erhoben. Agyrocastro ist mit Janina, Delvino, Santi Qua ranta und Tepeleni durch Telegraph und Telephon verbunden. Täglich geht von hier aus in Auto mobilen die Post nach Griechenland ab. Die Straßen sind vorzüglich erhalten, nicht nur in der Ebene, son dern auch im Hochgebirge. Eine Stunde nach der Ankunft in Agyrocastro wurde ich von Zographos, dem Präsidenten der autonomen Regierung, empfangen. Se ne Wohnung liegr unterhalb des Kartells in der Nähe des Bcs-yof- sitzes. Der Mann, in dessen Händen heute zu einem guten Teil die Ruhe Europas liegt, ist etwa 55 Jahre alt, von mittlerer Statur. Das bleiche, schön ge formte Gesicht ist umrahmt von einem blonden stark ins Graue spielenden Bart- und Hrupthaac. Von einer epirotischen Familie abstammend. gat Zographos seine Erziehung zunächst in Franke«ich. dann in Deutschland erhalten Er ist vermählt mit einer Münch nerin, die gegenwärtig wie der in ihrer Heimatstadt weilt. Unter Rallis, Mi nister des Aeuhern, wurde Zographos nach der Er oberung des Eprrus durch Griechenland zum General gouverneur der eroberten Gebiete mit dem Sitz in Icrmna ernannt. Von hier aus trat er an die Spitze der revolutionären Bewegung, nachdem die Ent scheidung der Großmächte zuungunsten eines An schlußes des Nordcpirus in Griechenland ausge fallen war. Exzellenz Zographos spricht gut deutsch. Er empfing mrch aufs zreundlichzte und teilte mir fol gendes über die Beweggründe der Ausstanvs- vewegung mit: „Ter nördliche Epirus ist heute noch zweifellos der überwiegenden Mehrheit nach griechisch und war es früher ganz. Geizen Sie selbst hinaus in die Dörfer und juchen Sie die Leute zu sprechen. Selbst die wenigen Mohammedaner auf dem Lande haben noch griechische Gewohnheiten und Sitten. Ihre Bekehrung zum Islam wurde vor hundert Iayren und mehr mit Gewalt durctzgeführt, besonders Ali Pascha Tepeleni hat sich hierin recht übel hervorgetan. Wir alle, besser gejagt, unsere Familien stammen aus dieser Gegend. Sehen Sie, dorther — der Präpvent deutete zum Fenster hinaus auf die gegenüberliegende Seite des Tales — ist meine Familie vor ^0 Jahren gekommen, auch Herr Kyrizzis, der Si- sterhcrbrachce, stammt aus der Gegend, dasselbe .jl der Fall mit dem Kriegs minister, mit allen Herren, die Sie heut« kennen ge lernt haben. Und wir, wir sollen unser Heimatland im Stich lasten? Wir sollen ruhig Zusehen, wie die Albanier, der n Bestialität wir seit Jahrhunderten kennen gel«rn. ,.rden, aufs neue, und endgültig Herren unserer Heimat, unserer Verwandten und Fa milien werden? lieber 50 Dörfer haben die Albanier vor dem Falle Janinas allein in der Umgegend von Delvino nkedergebrannt, die Männer getötet, di« Frauen und Töchter geschändet, die Herden geraubt. Sie selbst haben gefunden, daß die Kultur hier im Epirus höher ist als in Albanien, daß üie Felder bester bebaut werden, die Sitten kultivierter sind. Und man glaubt, wir würden ohne Kampf dieses kultiviertere Land den unkultivierten Allmniern aus liefern? Europa hat verräterisch gehandelt, indem cs ein christliches Volk einer moyammcdanischen Mehrheit unterstellte. Unerhört ist dieser Fall in der Ge schichte. Griechen und Albanier vertragen sich nicht und werden sich nie vertragen, immer haben die letzteren vom Schweiße der ersteren gelebt, sie immer unterdrückt und geknechtet. Aber wir wollen uns dem Willen der Großmächte unterwerfen. Wir sind bereit, unter dem Zepter des Fürsten Wied zu leben, wenn man uns autonome Rechte, eigene Verwaltung uns Schulen gibt. Die Albanier sollen für sich, wir wollen für uns bleiben." Ernst blickte der Präsident voc sich nieder. Auch draußen in dem Vorzimmer waren die Stimmen der Kawassen oerstummc. Ich empfand es: hier war ein Mann, der wußte, was er wollte, und fast wie ein Bedauern kam es über mich, daß das kaum ge schaffene Albanien solche Gegner hatte, haben mußte. „Und wenn Ihre Forderungen nicht angenommen werden, dann kämpfen Sie also?" fragte ich nach kurzer Pause. „Selbstverständlich! Wozu rüsten wir? Si« haben die Soldaten, die Freiwilligen gesehen, di« aus allen Gegenden herbcieilen. Die Albanier haben auch nicht viel Kräfte mehr als wir. Niemand kann sagen, wie das Ende ist, niemand die Folgen des Kriegsausbruches ermessen. Am wenigsten die Großmächte, die zunächst beteiligt sind." Der Telephonapparat an der Wand klingelte. LBeitere Besucher kamen. Ich blieb noch einige Minuten im Empfangszimmer und verabschiedete mich dann, nicbt ohne versprochen zu haben, vor der Abreise noch einmal zu kommen. Heute vormittag war ich beim zzriegsmiirister Demetrios Doulis. Auch er steht in der Mitte der fünfziger Jahre und stammt aus einem Dorfe Lei Lanti Quaranta, das die Albanier nieoergebrannt haben. Bisher Oberst in griechischen Diensten, hat er beide Valkankriege mit Auszeichnung mitgemacht, und im Gefecht «inen Schuß durch die Lunge erhalten. Wie sein jüngerer Bruder, der Gouverneur von Santi Quaranta ist, und den ich dort kennen gelernt habe, macht der Generalissimus der autonomen Re gierung einen vorzüglichen Eindruck Ich stellte an ihn sofort eine recht verfänglich« Frage: „Wieviel Soldaten stehen Ihnen zur Verfügung, Exzellenz?" Der Schuß saß. Als ich mich auch mit einer all gemeinen Antwort zufrieden erklärte, entgegnete der Minister: „Soviel als nötig sind, um jeden Angriff der Albaner erfolgreich zurückzuschlagen." Von anderer Seite habe ich inzwischen erfahren, daß heute schon insgesamt 8000 Mann auf den Beinen sind, außerdem sind zwölf Geschütze und Maschinen gewehre vorhanden. Zwei Gebirgsgeschützc sollen erst dieser Tage bei Nacht von den Griechen zu den Autonomisten „desertiert" sein — ein Beweis Les großen Anhangs der „Heiligen Bataillone" auch im griechischen Heere. Wie General Doulis weiter erzählte, sind Acrzte und Verbandsmaterial iür den Kriegsfall bereits genügend vorhanden. Dieser Tage brachten zwei Damen aus Athen Geld und Verbandsstoffe vom Roten Kreuz. Hier in Agyrocastro sollen im Hospital 3 Aerzt« zur Verfügung stehen, auch Delvino hat ein Krankenhaus mit Aerzten: Krankenpflegerinnen werden und sind schon ausgebildet. Aus all dem wird man ersehen können, daß die epirotischen „Revolutionäre" sehr wohl gerüstet in den Kampf gehen. Ich habe zwei Monate in Albanien verlebt und Durazzo erst vor vierzehn Tagen verlosten: es ist gar kein« Rede davon, daß man dort auch nur entfernt so gut aus kriegerische Zusammenstöße vorbereitet ist wie hier im Süden. Wird Europa wirklich die Kriegsfackel am Balkan sich aufs neue entzünden lasten? Die Epiroten geben, diese Ueberzeugung habe ich, nicht nach. Also lasse man ihnen gewisse autonom« Rechte, gebe ihnen vor allem Selbstverwaltung, hindere sic nicht im Gebrauch der griechischen Sprache. Die Gefahr liegt nahe, daß im Falle eines Kriegsausbruchs di« jetzige griechische Regierung gestürzt und Griechen land selbst mit in den Kampf verwickelt wird. Das weiß man hier sehr gut Eine internationale Be setzung des Landes würde man mit Freuden sehen, jedenfalls der albanischen Herrschaft weit vorzichen. Darum arbeitet auch die autonome Re gierung auf ein Eingreifen Europas h i n. Und diese Einmischung muß früher oder später kommen, falls ein friedlicher Ausgleich zwischen Durazzo und Agyrocastro nicht gefunden wird? 2S.Evangelisch-sozialer Kongreß Hg. Nürnberg. 17. April. Am heutigen Schlußtage des Evangelisch sozialen Kongrcstes erstattet« zunächst Generalseiretär Liz. Dr. S m n e e m e l ch e r - Berlin den Jahresbericht. Die Ausgabe des Evangelisch-sozialen Kongresses ist nicht die Herausbildung eines evangelisch-sozialen Programms, auf das jeder von uns eingescb,waren ,ein muß, sondern die Pflege einer kräftigen, leben Ligen und wirksamen evangelisch-sozialen Gesinnung. Die Tatsache, daß wir ein Gesinnungrverein sind, schließt aber in keiner Weise praktische Arbeit aus. So haben wir uns jetzt der Kundgebung der Gesell ichaft für soziale Rezorm zugunsten der Fort führung der Sozialpolitik ang. chlosten. und wir haben auch, als cs notwendig war, Scellung genommen für die streikenden Hafenarbeiter in Ham bürg und für die streikenden Bergarbeiter im Ruhr revier. Zn giesem Jahre nehmen wir Stellung in der pracktrschen Frage der Sonntagsruhe. Ls
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