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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Mebcnlchu und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. ^7 13. Freitag, den 21. Februar 1873. Auktion. Nächsten von Vormittags /,S Uhr an, sollen im hiesigen Gerichtsamtshause verschiedene Möbels, Betten, eine Parthie Backgeräthschaft, darunter 2 Backtröge, ferner 2 Kanonenöfen, mehrere Centner Mehl, sowie verschiedene Kleidungsstücke, Haus- und Wirthschaftsgeräthe, sowie eine Drehbank gegen sofortige baare Bezahlung versteigert werden. Königliches Gerichtsamt Wilsdruff, am i8. Februar 1873. Leonhardi. Tagesgeschichte. Aus Dresden berichten die „Dr. Nachr.", daß daselbst eine 13jährige Balletstgurantin des königl. Hoftheaters, welche am Sonn tage einer von einem Unberufenen auf ganz unbegreifliche, jedenfalls vorschriftswidrige Weise auf einem Treppenabsatz gestellten Lampe zu nahe gekommen war und sich hierbei Brandwunden zugezogcn hatte, am Abend darauf leider verstorben ist. Stauchitz b. Riesa, 15. Februar. Ein ähnlicher Naturspiel wie bei den siamesischen Zwillingen ist hier vorgekommen. Gestern hat eine Frau aus hiesigem Orte zwei Knaben geboren, welche in der Gegend des Nabels durch einen Darm von ungewöhnlicher Stärke verbunden sind. Beide Knaben befinden sich bis zur Stunde wohl. Neueren Nachrichten zufolge sind dieselben vorgestern gestorben. Auf den zum Rittergute Mautitz gehörigen Teiche brachen am 9. d. M. die beiden Knaben des Hausbesitzers Made von da durch das Eis. Die Mutter der Kinder kam auf deren Hülferuf herbei, brach aber selbst mit ein. Ein vorübergehender Fremder eilte herbei und rettete die Frau und den einen Knaben, während der andere, ein 7'/, Jahr altes Kind, erst eine halbe Stunde nachher als Leiche aus dem Wasser gezogen wurde. Die spanische Krone, die König Amadeo freiwillig (und doch uicht ganz freiwillig) niedergelegt hat, ist dieselbe Dornenkrone, die 1870 dem Prinzen Leopold von Hohenzollern angeboten war, dieselbe, die für Napoleon zum Vorwande wurde, um Preußen den Krieg zu erklären. In Madrid ist die Republik ausaerufen und in den Provinzen herrscht Verwirrung und Bürgerkrieg. Die Revolutionäre aller Länder stürzen sich auf Spanien, wie Geier auf die Beute. Exkönig Amadeo ist in Lissabon augekommen und Gast des Hofes, bis die abgescndetcn italienischen Fregatten ankommen, um ihn — ohne Krone — in die Heimath zu führen. Sein und Kaiser Max' von Mexiko Schicksal wird manchen Ehrgeizigen abschrecken, die Hand nach fremden Kronen auszustrecken. Nicht übel! Die Spanier haben ihrem Exkönig Amadeo die Bürgerkrone verliehen. In seinen Koffer packen konnte er sie uicht, weil er einen Tag zu früh abreiste, die Nationalversammlung sckickt sie ihm aber nach. Der Abschied war beiderseits etwas frostig, aber anständig. Der König verließ seine Residenz nicht bei Nacht und Nebel, sondern am Hellen Tage; auf den Plätzen und Straßen standen die neuen Republikaner und ließen, als der König langsam vorüber suhr, zwar die Republik leben, zogen aber die Hüte und Mützen und die Soldaten vor den Posten Präseutirten das Gewehr. Madrid, 17. Februar. Der Minister des Auswärtigen, Castellar, hat an die diplomatischen Vertreter Spaniens im Auslände ein Rund schreiben in Bezug auf die Veränderungen in der Negierung erlassen. Das Rundschreiben hebt hervor, daß die Proclamirung der Republik nicht in einer augenblicklichen Ueberraschung, sondern in wohlüber legter Absicht von den Cortes beschlossen worden sei. Das Schrift stück läßt der Loyalität und den constitutionellcn Grundsätzen des Königs Amadeus volle Gerechtigkeit widerfahren; es sei ihm aber nicht gelungen, die stolze Abneigung der auf ihre Unabhängigkeit eifer süchtigen spanischen Nation zu besiegen. Die Gründung der Republik sei ohne jede Pression erfolgt. Die gewählte Regierung sei ent schlossen, mit aller Energie die Ruhe aufrecht zu erhalten. DaS Rundschreiben beauftragt die Vertreter Spaniens, bei den Regierungen darzulegen, daß die spanische Republik Garantien für die Erhaltung der Ruhe biete, nach Innen und Außen den friedlichsten Charakter trage, und fordert auf, irrthümliche Ansichten über die Haltung der Armee zu zerstreuen. Die Armee sei entschlossen, die öffentliche Au torität, welche legitim, weil aus dem Willen des Volkes hervorgegangen, aufrecht zu erhalten. Madrid, 18. Februar. Am Mittwoch wird ein Decret er scheinen, welches den Carlisten eine vierzehntägige Frist und Amnestie anbietet. Nach Ablauf desselben werden sie verfolgt mit aller Energie. Das Wohl der Republik erheischt den Landesfrieden. Paris. Der „Rappel" schreibt: „Aus den Berichten, welche an das Kriegsministerium einlaufen, geht hervor, daß von den durch schnittlich 305,000 Conscribirten, welche vor der Aushebungs-Commission erschienen waren, 7700 nur lesen Und 69,900 weder lesen noch schreiben konnten. Also können nur 74 Procent lesen und schreiben, 3 Procent nur allein lesen und 25 oder der vierte Theil befinden sich in der gröbsten Unwissenheit. „Einer solchen Statistik gegenüber," fügt daS Blatt hinzu, „verweigert man uns den unentgeltlichen und obliga torischen Laienunterricht." Aus Nom, 12. Februar schreibt man: Die Thronentsagung des Königs von Spanien ist allen Kreisen, selbst dem königlichen Hofe und den Ministern, sehr überraschend gekommen und beschäftigt das öffentliche Interesse im höchsten Grade. Die Journale billigen fast einstimmig seine Handlungsweise. „Es war der beste Entschluß, den der König fassen konnte," sagt die „Opinione;" „er hätte zwar die Carlisten nnd alle anderen Parteien überwältigen können, wenn er eben Gewaltmaßregeln hätte ergreifen wollen, aber das wollte und durfte er nicht, weil er die spanische Verfassung einmal beschworen hat. Er ist nach Spanien gegangen, als die öffentlichen und gesetz lichen Kundgebungen des Volkes klar aussprachen, daß die große Mehrzahl desselben ihn zum König wünscht«, und er begab sich mit dem festen Vorsatze hin, nach dem Willen der Nation zu regieren, in dem unglücklichen Lande das Reich dee Freiheit zu gründen und zu befestigen und das ihm anvertraute Volk glücklich zu machen. Er nahm die Verfassung zur Richtschnur seiner politischen Thätigkeit, nahm die Räthe der Krone aus den Reihen der Männer, welche ihm von der Majorität der Cortes bezeichnet wurden, und in zweifelhaften Fällen befragte er das Volk selbst. Er war mit Einem Worte ein echt constitutioncller König." Die clericalen Blätter sind sehr zurück haltend und besorgt über die Errichtung der Republik. Die „Voos äollu vorig." benutzt diesen Anlaß, um wieder einmal über den Zeitgeist und seine revolutionären Folgen zu Gericht zu sitzen: „Schon wieder ein Thron erledigt," ruft sie aus; „Toscana, Modena, Parma, Neapel, Mexico, Hannover, Hessen, Nassau, Isabella, Napoleon und Amadeus, 11 Kronen in 13 Jahren. Den Thron des Papstes rechnen