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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da» .WU-bruffer Tagrdlatt» erscheint an allen W-rdta.en nachmittag« S Uhr. Be,u,»preis: Bei «bhalun, in der BeschSsi-stelle und den Ausgabestellen 2 AM. >m Monat, bei Zuftellun, durch die Bote» L,3u AM., bei Postdestellung 2 «W. zuzüglich Abtrag- , . gebühr. Einzelnummern 15Aps,.AlleP°st«nstaltcn Tvochenolatt für Wrlsoruss u. kfmaeaeno Postboten UN» unirrcAus. träger und «ctchiistsstcsten —— U nehmen zu scder Feil Be. stellungc» entgegen. Im Faste höherer D-malt, Krieg ober sonstiger LetriebsstSrungen besteh: drin Anspruch aus Lieserung der Jet tun, oder Kürzung de- Bezugspreises. — «üchsenbun, eingesandter Schrijtstüchc ersolgt nur, wenn Port» bestiegt. für Lürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8iespaltene Raum-eile 20Rpfg., die IgespaHene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs- Pfennig, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nacheoeisungsgebühr 20 Reichspfennige. Vor- gesckr,ebene Lrsckeinu«,s- 5 ee tage und Platz»Urschriften werden nach Möglichdrst kN sp r L Ä Lk : Amt WilsdpUff Nv. 6 berücksichtigt. Anzeigen, annabmebis orm.iltUbr. " Für die Richtigkeit der durch Fernrus übermittelten Anzeigen übernehme» wir keine Dar antik. I.-der Rabat, ansprn ch ernscht, wenn dcrBetrag durch Klage eingezo.e, »erde» must oderderAuftrag,cberin Konkurs,erät. Anzetgennehmen alleDermitstungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts- gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstreniamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Montag, den 6 Mai 192S Rr 104 — 88. Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt' Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Politik im Frack. Der Vorgänger des jetzigen deutschen Botschafters in -Washington war ein Mann, der schon selbst über sehr große finanzielle Mittel verfügte, außerdem durch seine Heirat mit der Tochter eines der bekanntesten deutschen Großindustriellen die goldene Basis seiner (Listen; noch stark verbreitert hatte. Und doch hat er, der Freiherr v. Maltzan, der in einem Flugzeugunglück zum Opfer fiel, einen längeren Urlaub genommen, um, wie er selbst erzählte, sich von seinem Washingtoner Botschafterposten „finanziell zu erholen". Die Ansprüche repräsentativer Art, die an ihn als Vertreter Deutschlands in dem dollar- schweren Amerika gestellt wurden, waren so hoch, daß selbst das überaus hohe Gehalt, das er bezog, längst nicht mehr ausreichte. Man hat jetzt im Haushaltsausschuß des Reichstages bei der Beratung des Etats des Auswärtigen Amtes allerhand gehört über die Gehälter nicht bloß der deut schen Botschafter und Gesandten im Auslande, sondern auch ihres Nachgeordneten Personals. Hatte staunend ver nommen, daß selbst Legationsräte ein höheres Gehalt — lies: Repräsentationskosten — beziehen als der deutsche Außenminister, also ihr höchster Vorgesetzter. Der übri gens darob weiter nicht böse ist, denn er weiß ganz genau daß in Amerika z. B. der Dollar nicht viel mehr bedeutet als m Deutschland die Mark. Der deutsche Botschafter dort drüben aber in Dollar bezahlen mutz, wenn er Deutschland repräsentiert. Die Repräsentation — das war der Punkt um den sich die Debatte drehte. Ist doch seit.vier Jahren der Etat des Auswärtigen Amtes auf das Doppelte an gewachsen, so stark, datz er jetzt die 70 Millionen erreicht. Allerdings seien etwa ein Drittel davon Ausgaben, die rein kulturpolitischen Zwecken dienen, äußerte der Minister Dr. Stresemann, stellte aber auch gleich fest, daß die Repräsentation im Auslande durch die Vertreter aller Mächte die vernünftigen Grenzen weit über schritten hätte. Und da müßten eben die deutschen Gesandten mitmachen. Sie und ihr Personal. So daß ein Witzbold schon geäußert hat, daß die Gesandtschafts- attaches, namentlich die jüngeren, vor allem — vorzüglich die Tanzt un st beherrschen müßten! Ändern läßt sich nicht viel daran, denn die „primi tiven" Zeiten sind vorbei, da ein preußischer König seinem finanziell nicht aus Rosen gebetteten Gesandten in London aus sein Gesuch um Gehaltserhöhung wegen der notwen digen Repräsentation geschrieben hatte, er solle nur immer ruhig darauf Hinweisen, daß hinter dem preußischen Ge sandten der König und ein Heer von hunderttausend Bajonetten stehe. Das sei genug „Repräsentation". Wir Deutsche haben es schmerzvoll erfahren, was es heißt, nicht Fühlung genug gehabt zu haben mit allen Kreisen des Landes, wo deutsche Botschafter saßen. Haben es im Weltkriege feststellen müssen, wie überall die goldene Saat aufging, die von den Ge sandten der Ententemächte ausgestreut wär. Die vielen Millionen die aus London, Paris und Petersburg zu jenen Stellen flossen, haben sich vielfältig gelohnt. Noch heute haben dort die Auswärtigen Ämter Geheim fonds im Betrage von gleichfalls vielen Millionen, über die den Parlamenten Rechenschaft nicht abgelegt zu wer den braucht, und das Wort von der „Abschaffung der Ge heimdiplomatie" ist nie mehr als nur unausgeführtes Versprechen geblieben. Und daneben gibt es zahllose „zivile" Einrichtungen, die, mit Unterstützung der Staats- regierung ihres Landes, im Auslande eine „Kultur propaganda" allergrößten Stiles treiben — als Vorposten späterer auch politischer Einflußnahme. Da kommt Deutschland nicht mit. Poincarö hat zwar vor kurzem das Gegenteil behauptet und erklärt, Deutsch land wende so etwa 16 Millionen Mark für „Geheim zwecke" im Ausland auf, hat sich aber den Nachweis gefallen lassen müssen, daß davon kein Wort wahr sei. Etwas anderes freilich ist es, ob die Millionen, die für die Repräsentation hingegeben werden, den Aufwand lohnen. größereSparsamkeit mög- l-siuc hat es beklagt, daß sogar in Berlin selbst die Versuche einer Einschränkung dieser Ne- praientatlon^pfllchten gescheitert sind. Daß vielmehr die dazu Verpflichteten WZ tief ygs Frühjahr hinein so zusagen aus dem Frack gar nicht herauskommen und von Sparen gar keine Rede ist. So muß der Reichstag seufzend bewilligen, was die Außenpolitik an Kosten jeglicher Art dem deutschen Steuerzahler auferlegt. ' Wenn sich's wenigstens lohnen würde Deutschlands Protest in Genf. Erklärung der Reichsregierung. Nach dreitägiger Debatte in Genf über die Frage der direkten oder indirekten Begrenzung desHeeres- materials hat der Vorbereitende Ausschuß für die Ab rüstungskonferenz folgende von Frankreich, den Vereinig ten Staaten und England gemeinsam emgebrachte Ent schließung in namentlicher Abstimmung mit 22 gegen 2 Stimmen (China und Sowjetrußland) bei Stimment haltung Deutschlands angenommen: „Nachdem der Vorbereitungsausschuß für die Abrüstungskonferenz die Systeme zur direkten Beschränkung des im Dienst ver wendeten und des lagernden Heeresmaterials ausaeschle- den und sestgestellt hat, datz das System der indirekten Be schränkung (Beschränkung der Materialausgaben) nicht dke allgemeine Zustimmung finden konnte, beschließt er, daß die Beschränkung und Herabsetzung des Materials aus dem Wege der Publizität der Ausgaben gesucht werden muß, die bei der Prüfung des entsprechenden Artikels des Vorentwurfs aus der ersten Lesung behandelt werden wird." Nach der Abstimmung verlas der deutsche Vertreter Gras Bernstorff im Auftrag der Reichsrcgie- rung eine grundsätzliche Erklärung, mit der klar abge rückt wird von dem Programm der Mehrheit des Vor bereitungsausschusses und diesem „von jetzt ab die volle Verantwortung für die Vorbereitung der Abrüstungs konferenz, wie sie sich jetzt abzeichnet, überlassen" wird. Bernstorffs Widerspruch. In der Erklärung Bernstorffs heißt es noch weiter: „Aufgabe der Abrüstungskommission ist die Vorbereitung eines Abrüstungsplanes, auf Grund dessen die Abrüstungs konferenz einen ersten Abrüstungsschritt tun sollte. Das Maß der Abrüstung soll die Konferenz beschließen. Von den Elementen der Landabrüstung hat man in den letzten Tagen wesentliche Faktoren beiseite gelassen, die nicht fehlen dürfen wenn sie nicht mehr als eine blasse Schein lösung bringen soll. Meine Regierung bat nie einen Zweifel darüber gelassen, daß sie eine Lösung ohne Er fassung aller Rüstungsfaktoren und ohne fühlbare Ver- ringerüng der noch vorhandenen übermäßigen Rüstungen selbst als eine erste Etappe nicht akzeptieren könne. Ich sehe mich daher genötigt, klar abzurüüen von dem Programm. Einigungsaussichten in Paris Ein amerikanischer Vermittlungsvorschlag. Auf der Pariser Reparationskonferenz hat man sich in den letzten Tagen bemüht, doch noch zu einer Einigung zu kommen Der Vorsitzende der Konferenz, der Ameri kaner Owen D. Aoung, hat einen Vermittlungsvorschlag ausgearbettet, der auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein scheint. über eine am Sonnabend abgehaltene Besprechung der Vertreter der Gläubigerstaaten meldet das offiziöse französische Havasbureau, daß in ihr der Vorsitzende der Neparationskonferenz Owen D. Uoung Zahlen und einen Zahlungsplan mitgeteilt habe mit dem Hinzufügen, vaß ihm die deutsche Gruppe erklärt habe, sie sei bereit, diese Zahlen unter ganz bestimmten Bedingungen anzunehmen, ivenn die Gläubigcrgruppen ebenfalls zur Annahme be reit seien. Die Gläubigergruppen haben die Erklärung abgegeben, datz sie den mitgetcilten Vorschlag einer so sortigen Prüfung unterziehen würden Wie Havas hinzu fügt, kann jedoch eine Einigung nicht vor der Rückkehr des ersten französischen Delegierten Moreau nach Paris er folgen, und das ist frühestens im Laufe des kommenden Dienstags. Dr Schacht ist ersucht worden, seine Bedingungen schriftlich zu fixieren, und es ist zu erwarten, daß im Falle einer endgültigen Annahme der neuen Verhandlungsbasic- aurch alle Beteiligten die weitere Diskussion sich vornehm !ich nm diese Bedingungen drehen wird. Die Ziffern des Uoungschen Kompromisses sind bis her von authentischer Seite nicht bekanntgegeben worden Sie beginnen mit einer etwas unter I700 Millionen liegenden Jahresrate, um nach >3 Jahren den Betrag oon zwei Milliarden zu erreichen Ihr Marimum lieg! bei etwa 2,2 Milliarden, so daß die durchschnittliche Jahresleistung sich aus ungefähr zwei Milliarden be rechnet Durch die Heranziehung der von der Repala tionsbank zu erwartenden Gewinne ist vom elften Jahre ab eine Verminderung des deutschen Aus NringungSsolls vorgesehen Der nach dem 37 Jahre noch verbleibende Saldo der alliierten Schulden an Amerika wird ebenfalls durch die Gewinne der Reparationsbani ni decken sein Unter den von deutscher Seite für die Annahme des neuen Zahlungsplanes gestellten Bedingungen soll sich auch,- wie die Voss Ztg mitteilt, die Ausnahme einer Klausel befinden, die die Möglichkeit einer späteren Revi sion offcnhält für den Fall, daß die Belastung die deutsche Leistungsfähigkeit übersteigen und zu einer sichtbaren Herabdrückung der Lebenshaltung des deutschen Volkes führen sollte. * Rich keine ZMmuoi! der EiWM, Miener Md Immer zmi MWi» Wma-CaM Paris, 6. Mai. Den Sonntag «verbrachten die deutschen Sachverständigen zum Teil mit der Ausarbeitung der deutschen Bedingungen, zum Teil haben sie sich Ruhe gegönnt vor der schwe ren Arbeit der nächsten Woche. Die Stimmung ist im allgemeinen unverändert gemäßigt optimistisch, jedoch für alle Möglichkeiten gewappnet. Man weiß, daß erst nach der Rückkehr Moreaus die Entscheidung fallen kann. Auch hütet man sich vor der, durch nicht begründeten Hoffnung auf eine Sprengung der alliierten Front. Nachrichten, die von einer Zustimmung der Engländer, Italiener I und Japaner zu dem Poung-Schacht-Vorschlag wißen wollen, sind verfrüht. Wenn auch nicht geleugnet wird, daß gerade die Ange hörigen dieser drei Staaten mehr Entgegenkommen beweisen, als die Franzosen und Belgier. Wenn auf alliierter Seite eine ver nünftige und ruhige Auffassung der Sachlage Boden gewinnt, so wird man sich sagen müssen, daß die deutschen Sachverständigen weiter gegangen sind, als sie vielleicht vor sich selbst und vor ihrem Volke verantworten können werden. Ruhe im Berliner Kampfgebiet. Tie Opser der Maiunruhen. In den Zentren des Berliner Aufruhrs, in Neu kölln und am Wedding, herrscht jetzt wieder Ruhe Die polizeilichen Sondermaßnahmen, die vor allem jeden Verkehr zwischen 9 Uhr abends und 4 Uhr morgens in ven Unruhegebieten verboten, sind in den betroffenen Straßen überall eingehalten worden; zu Beginn der Sperrstunden um 9 Ühr wurde das Licht in den Wohn räumen nach der Straße gelöscht, und auch die Fenster wurden geschlossen. Die Gesamtzahl der Toten vom 1., 2. und 3. Mai beträgt zusammen nach polizeilicher Mitteilung 18 Dazu kommt noch der von einem Potlzeikrastwagen während eines Zusammenstoßes überfahrene Mann, so datz die Gesamtzahl der bei den Unruhen umgekommencn Per sonen >9 beträgt Unter den Toten befindet sich auch ein englischer Journalist Die Zahl der Schwerverletzten be- trägl 36, die Zahl der Leichtverletzten wird aus über 200 geschönt Die Angabe einer genauen Zahl ist nicht mög lich, weil viele der Verletzten von ihren Genossen in Sicherheit gebracht wurden. Kommunistische MstMerpellatton im Retchstaa. Die Kommunistische Reichstagsfraktion hat wegen der Zwischenfälle bei den Maifeiern eine Interpellation singebracht, in der die sofortige Entlassung des Polizei präsidenten Zörgiebel, Bestrafung der schuldigen Offiziere und Beamien, Freilassung aller Verhafteten und Auf hebung des Demonstrationsverbotes gefordert werden. * Die Münchener Polizei verhaftete 40 Kommunisten, die sich entgegen einem Verbot der Polizei an einer De monstration zu beteiligen versuchten. Ser rille IMtkSWWWd in Preußen verboten Berlin, 6. Mai. Wie die Montagspost berichtet, hat der preußische Minister des Inneren Grzesinskii auf Grund der Vor gänge der letzten Tage den roten Frontkämpferbund für ganz Preußen verboten. Das Verbot tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft. Die amtliche Zustellung an die Leitung des Bundes, in der auch die Gründe für das Verbot enthält, sind erfolgt im Laufe des heutigen Vormittags. Gleichzeitig finden im Reichsministerium des Inneren Beratungen über die Ausdehnung dieses Verbotes auf das ganze Reich statt. Die Entscheidung hierüber wird noch im Laufe des heutigen Tages fallen. das die Mehrheit des Ausschusses hier ausgestellt hat, und ihr von jetzt ab die volle Verantwortung für die Vor bereitung der Konferenz, wie sie sich jetzt abzeichnet, zu überlassen. Angesichts des Ernstes der Lage appelliere ich an alle Regierungen. Mögen sie bis zum Tag des Zu sammentritts der Abrüstungskonferenz den Willen der öffentlichen Meinung und den immer dringlicher werden- oen Ruf der Völker aller Länder endlich verstellen lernen und ihre Delegierten mit anderen Weisungen versehen, als es diesmal geschehen ist. Und zwar mit Weisungen, die wirklich dem Ziel der künftigen Konferenz entsprechen, das wir unter keinen Umständen aus dem Auge verlieren dürfen, nämlich eine tatsächliche Herabsetzung der Rüstungen. ZOO Millionen Inlandsanleihe.-Verkauf von ReichsbahnvorzlWaklien. Durchgreifende Maßnahmen zur Behebung der Kassennot. Die Kassenlage des Reiches steht seit Wochen tm Mittelpunkt der Erörterung. Aus den Ernst der Lage ist oon maßgebenden Stellen, insbesondere vom Reichs minister der Finanzen, immer wieder hingewiesen wor den. D'r Unmöglichkeit, zur Deckung der Ausgaben des außerordentlichen Oats die vorgesehenen Anleihen lang fristig aufzulegen, mußte dazu führen, daß die Zahlungs verpflichtungen des Reiches hinter den laufenden Ein nahmen zurückblieben und die Schwierigkeiten der Fi nanzierung, insbesondere an den Ultimcuerminen, sich häuften. Ein solcher Zustand mutz aber auf die Dauer zu einer Gefährdung der Ftnanzlaae des Reiches und da-