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1908 Freitag, St« 2. Oktober seinerzeit Azemmur unter flagrantem Bruch der Algesiras- französischen Regierung erscheint deshalb wenig angebracht, manchmal daran gedacht, daß mir die Ablösungsrente nach weil die Pariser Verantwortlichen Stellen bis jetzt auch nicht einem Preise von 240 Mk. berechnet war und wie schön es einen einzigen Beweis von einwandfreier Loyalität gegenüber doch eigentlich sein müsse, wenn man dem Berechtigten an- *Waldenburg, 1. Oktober 1908. Der Zwischenfall in Casablanca, in welchem drei deutsche Deserteure, die sich unter den Schutz des deutschen Konsulats. begeben hatten, von den Franzosen gefangen genommen wur- ! den, hat die internationale Lage erheblich verschärft. Die ganze Angelegenheit fordert gebieterisch die Betätigung der größten Energie von deutscher Seite. Unser nationales An sehen ist dabei in so starker Weise beteiligt, daß wir die Wirkung in unserer gesamten Wellpolitik früher oder später 4-schrim täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Amiichme von Inseraten für die nächster« jOnnrnde Nummer bis Vormittags*/,11 Uhr. Di» NbonnementSvreis beträgt Vierteljahr U 1 Mk. «V Pf., monatlich 55 Pf. Ritzeln« Nrn. 10 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., für auswärts 15 Pf. zu kosten bekämen, wenn von deutscher Seite nicht mit der größten Bestimmtheit auf einer völlig ausreichenden Sühne für diesen Rechtsbruch bestanden würde. Nach dem bisher bekannt gewordenen, von den deutschen Konsulatsbeamtcn und fremden Prcsseberichterstattern bestätigten Hergänge der Angelegenheit ist französischerseits zweifellos ein Rcchtsbxuch begangen worden. Nachdem einmal die deutschen Deserteure auf dem deutschen Konsulat in Casa blanca eingetroffen waren und dort Aufnahme gefunden hatten, befanden sie sich nach den anerkannten völkerrechtlichen Bestimmungen über die Exterritorialität auf deutschem Boden und genossen fortan das deutsche Schutz- und Asylrecht, von dem sie auch auf dem Transport zum Hafen zum Zwecke der Einschiffung auf dem deutschen Dampfer umfaßt wurden. Die Franzosen halten daher keinesfalls ein Recht, sich der Italien. Tittoni und Iswolski, der italienische und der russische Minister des Auswärtigen, haben in Desto lange und viel saft abgelöst; aber nocy ehe das ganz der Fall ist, will man schon dafür sorgen, daß es dem Bauern ja nicht etwa zu wohl wird. Die Nachlaßsteuer, die — darüber sind sich wohl alle, besonders aber ihre Freunde klar — in der Hauptsache von dem bis auf den Quadratmeter nachgemessenen Grund und Boden zu tragen ist, die bietet die prächtigste Gelegenheit, eine neue Rente aufzuerlegen. Die neueste Steuerweisheit gipfelt in dem Satze: Die Rente ist tot, es lebe die Rente! Der Zusammentritt des Reichstags mußte bis zum 4. November verschoben werden, weil die Arbeiten des Bundes rats bis zum 20. Oktober, dem ursprünglich für die Wieder aufnahme der Reichstagsverhandlungen ins Auge gefaßten Termin, nicht hätten beendigt werden können. In welcher Gestalt die einzelnen Steuervorlagen an die Volksvertretung gelangen werden, steht in allen Details bis zur Stunde noch nicht fest. Es verlohnt sich daher auch nicht, auf immer wieder auftauchende Angaben über Einzelheiten einzugehen. Das Wesentliche ist bekannt. Oesterreich-Ungarn. Der Kampf im böhmischen Landtag hat am Mittwoch wieder begonnen. Die Deutschen protestierten gegen die Giltigkeit der Sitzung. Der tschechische Abgeordnete Schwechla hielt eine Brandrede gegen die Deutschen und beschuldigte die Regierung und den Statthalter, die Partei der Deutschen zu ergreifen. Es kam wiederholt zu Zwischenrufen. Das spanische Königspaar hat München verlassen und trifft am heutigen Donnerstag zum Besuch des Kaisers Franz Josef in Budapest ein. Die Empfangsvorbereitungen find großartig, die Stadt ist herrlich geschmückt und die Bevölke rung in erwartungsvoller Stimmung >— wenn nur die anar chistische Gefahr nicht wäre! Jedenfalls sind die umfang reichsten Vorsichtsmaßregeln getroffen worden. Frankreich. An dem deutschen Konsulatsgebäude in Bordeaux wurde ein in einen Leinwandlappen eingcwickeltes Quantum Pulver gegen Mitternacht zur Explosion gebracht. In folge des starken Luftdrucks zersprangen alle Fensterscheiben des Hauses. Personen wurden nicht verletzt. Wahrscheinlich handelt es sich um einen Streich von dummen Jungen. Die Polizei forscht gleichwohl danach, ob im Konsulate vielleicht in jüngster Zeit von einem abgewiesenen Petenten Drohungen ausgestoßen wurden, oder ob es sich um die Tat eines durch die Lektüre chauvinistischer Blätter irregeleiteten Individuums handelt. Politische Bedeutung hat die Sache nicht. Frankreich fordert von Mulay Hafid nicht mehr den amt lichen und ausdrücklichen Widerruf des heiligen Krieges, sondern nur noch eine gleichwertige Kundgebung zum Schutze der Europäer gegen Fanatiker. Ferner wird Frankreich gemäß dem von mehreren Mächten geäußerten Wunsche die Kosten für die französische Schauja-Expedition nicht in Rech nung stellen, wodurch die Geldforderung bedeutend niedriger wird. Damit ist die Einigung zwischen Frankreich und allen übrigen Mächten über die Bedingungen für die Anerkennung Mulay Hafids erzielt, so daß diese selbst nur noch eine Frage der Zeit ist. Diese erfreuliche Beschleunigung und versöhnliche Erledigung der Angelegenheit ist zum guten Teil dem Umstande zu danken, daß die Depu tiertenkammer am 13. d. Zusammentritt. Ihre Stimmung gegenüber der Regierung kann durch nichts günstiger beein flußt werden als durch die Tatsache, daß der Marokko-Wirr- war beendigt ist. gewaltsam befreit werden. Die ganze Angelegenheit, so bemerken dazu die „Dr. Nachr.", schreit förmlich nach einer deutschen amtlichen Haltung, die die äußerste Festigkeit in der Vertretung der deutschen Genugtuungsforderungen crkennenläßt. Wie aber behandelt unsere offiziöse Presse den Fall? Sie geht von vornherein darauf aus, der Sache ein .minder wertiges Aussehen zu geben, indem sie die Ausschreitungen untergeordneten Elementen zur Last legt, für deren Vorgehen ^nzösischxn Regierung keine Verantwortung aufgebürdet e^en könne. Etwas energischere Töne und namentlich das das Bestehen auf einer ausreichenden Sühne hätte von Nativnalempfinden in einem so schweren Falle wobl" "'""'°ualer Rechtsverletzung von offiziöser Seite doch varten dürfen. Auch die voreilige Entlastung der Witterungsbericht, ausgenommen am 1. Oktober, Nachm. 3 Uhr. Varometerstand 770 MW reduziert auf den Meeresspiegel. Thermometerstand -s- 20° O. (Morgens 8 Uhr -f- 10° 6. Tiefste Nacbttemperatur -s- 7,5» 0.) Feuchtigkeits gehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 56»/^. Taupunkt -ff 11,z° 0. Windrichtung: Süd. Niederschlagsmenge in den letzten 24 Stunden bis früh 7 Uhr: 0«, rnw Daher Witterungsaussichten für den 2. Oktober: Meist heiteres Wetter. Akte besetzt hatte, wurde er auf die deutschen Vorstellungen hin zwar von Paris aus formell desavouiert. Gleich darauf erhielt er aber eine hohe Ordensauszcichnung und von seiner zuerst in Aussicht gestellten Abberufung war keine Rede mehr. Unsere Offiziösen hätten also wohl erst einmal die weiteren Schritte der französischen Regierung abwarten sollen, ehe sie nach Paris hin ihren Kratzfuß machten. Vor allem aber möchten die nationalen Kreise nun endlich einmal etwas von der nachdrücklichen Betonung der deutschen Sühneforderungen hören, und nicht bloß immer das matte Gerede von der beiderseitigen Geneigtheit zu einem gütlichen Ausgleich. Deutschland muß unbedingt fordern: 1. Die Herausgabe der widerrechtlich Verhafteten. 2. Die strenge Bestrafung des schuldigen Offiziers. 3. Offizielle Entschuldi gung in Berlin. Das Unrecht auf feiten der Franzosen ist so offenkundig, daß Deutschland die moralischen Sympathien bei diesem Zwischenfall zweifellos auf seiner Seite hat. Um üalm. in Bttstadtwaldmburg bei Herr? to Förster; in Callenberg bciHrn.Slr»«- > Wirker Fr. Herm. Richter; in Kaufungen Sri Herrn Fr. Janalchek; m LangenchE dori tei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herrn W : .- helm Dübler; in Wolkenburg bei Herr» Herm Wildenhain; in Ziegelheim bei Herrs Eduard Arsten. WMendnrßer Anzeiger Die Franzosen hatten daher keinesfalls ein Recht, sich der so mehr werden wir nun auch die Gelegenheit ergreifen aus der Fremdenlegion desertierten deutschen Staatsuntertanen müssen, um die Räumung Von Casablanca gemäß der Algesiras- unter solchen Umständen zu bemächtigen. Der von französischer Seite begangene internationale Rcchts- bruch verschärft sich noch bedeutend durch den damit ver bundenen Gewaltakt gegen deutsche Konsulatsbcamte und durch den weiteren Umstand, daß gewisse Begleiterscheinungen auf einen von langer Hand vorbereiteten Plan der franzö sischen Militärbehörde, in Tanger hindeutcn. Es würde sich danach also nicht bloß um ein plötzliches impulsives Vor gehen einzelner untergeordneter Elemente, sondern um einen regelrechten Anschlag höherer Stellen handeln. Gerade der letztere Punkt wird schonungslos klargestellt werden müssen. Schon längst sind schwere deutschfeindliche Ausschreitungen französischer Offiziere in Marokko bekannt geworden, ohne daß unsere Regierung mit der nötigen Energie dagegen ein- geschrittcn wäre. Deutsche Schutzbriefe sind zerrissen und mit Füßen getreten, ihre Inhaber mißhandelt, deutsche Hoheits zeichen verunglimpft worden; und zu alledem hat sich jetzt auch die Bedrohung eines deutschen Konsulatsbeamtcn durch einen französischen Offizier gesellt, der ihm die Mündung eines Revolvers auf die Stirn setzte, aus keinem anderen Grunde, als weil der Vertreter der deutschen Hoheitsrechte in Casablanca gegen den willkürlichen Vvlkcrrechtsbruch der Franzosen energische Verwahrung erhob. Das Maß ist also doll. Die französische Presse setzt sich ebenso wie der General d'Amade bei alledem auch noch auf das hohe Pferd und ^llcirt, in Casablanca herrsche Kricgsrccht und „deshalb" E°«nc der deutsche Hoheitsanspruch nicht anerkannt werden. Das ist natürlich eine ganz unmögliche Beweisführung, denn °df keinen Fall dürfen deutsche Konsulatsbcamte von fran zösischen Offizieren mit dein Revolver bedroht, deutsche Konsulatssvldatcn mißhandelt und deutsche Schutzbefohlene begründeten Forderungen geliefert haben. Man denke nur! statt der blanken Zwanzigmarkstücke das fast unverkäufliche au General d'Amade! Als dieser französische Befehlshaber Getreide in natura hinfahren könnte. Noch klarer aber wird " ' mir die Meinung jenes alten Bauern jetzt. Die Renten sind —«spreche- Amtsblatt für das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Waldenburg. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstein-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standcsamtsbezirke: Allstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langenleuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhai« Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. Akte in kürzester Frist zu fordern und damit einem Zustande ein Ende zu machen, unter dessen Herrschaft sich die Franzosen als die unumschränkten Diktatoren Marokkos gebärden und alle fremden Rechte mißachten. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Das Kaiserpaar besichtigte in Szittkehmen das Johanniter- Krankenhaus. Zum Schluß erfolgte auch die Vorführung des von dem Kaiser geschenkten Röntgenapparats, wobei die Kaiserin ihre Hand durchleuchten ließ. Auf der Rückfahrt, auf der die Majestäten von dem russischen Gouverneur Stremouchoff begleitet wurden, besuchte der Kaiser die Schule von Rominten und erkundigte sich nach der Benutzung der von ihm geschenkten Volksbibliothek, ob sie in den Winter monaten viel benutzt worden sei. Weiter wurden das Kinder heim, das neuerbaute Gendarmenhaus und einige Arbeiter häuser besichtigt. Im preußischen Abgeordnetenhause wollen die Polen (15 Mitglieder) und die Sozialdemokraten (6 Mitglieder) in Zukunft sich gegenseitig unterstützen. Sie unterhandeln augen blicklich in diesem Sinne. Die beiden Fraktionen wünschen, weder vom Zentrum noch vom Freisinn abhängig zu sein. Bekanntlich kgjm ein Antrag nur gestellt werden, wenn ihn mindestens 15 Mitglieder unterstützen^ Zum Einbringen von Interpellationen aber, die mindestens von 30 Mitgliedern unterstützt werden müssen, sind beide Parteien zu schwach. Noch ehe das Enteignungsgesetz angewendet wird, sinken die Güterpreise in der Ostmark. Bei dem Verkauf einer 200 Morgen großen Wirtschaft in Duschno wurden nach der „Ostd. Korr." noch nicht 300 Mk. für den Morgen bezahlt gegen 500 bis 600 Mk. bisher in jener Gegend. Ein 120 Morgen großes Gut in Schlowitz, für das von polnischer Seite vor nicht langer Zeit 110,000 Mk. geboten wurden, kam für 86,000 Mk. zum Verkauf. Zu der geplanten Nachlaßsteuer schreibt ein alter, hoch angesehener Landwirt dem Organ des Bundes der Land wirte u. a.: Als ich vor nunmehr 35 Jahren den väter lichen Besitz antrat, war das Ablösen der Naturalabgaben in vollem Gange. Natürlich war ich in meinem jugendlichen Eifer auch sehr für das Ablösen. Ein alter, tüchtiger Bauer aber fragte mich: „Glauben Sie wirklich, daß das Ablösen der Abgaben auf die Dauer nützt? Wo Lasten sind, scheut mau sich, solche dazu zu legen: wo keine sind, werden neue er funden und aufgelegt!" Als der Weizen dann dank den Caprivischen Handelsverträgen auf 135 Mk. sank, habe ich