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MeMner Tageblatt -ft Amtsblatt für den Verwaltungsbezirk des Stadtrathes zn Hohenstein. Freitag den 8. Juli 1892 42. JahrgKng Str. 156 jeden Wochentag abmds für den folgenden MH H nehmen die Expedition bis Borm. 10 Uh, Tag nnd kostet durch die Austräger pro «HAK W SHWAH N 8 HH8L, s°w,e für Auswärts alle Austräger, de^l. "Quartal Mk 1.40- durch die PostMk. 1.50 « U alle Annoncen-Expedltlvnen zu Original ster'ins Haus. k 7 Preisen entgegen. Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Luga«, Hermsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Rußdorf, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Leukersdorf, Seifersdorf, Erlbach, Kirchberg, Pleißa, Reichenbach, Grumbach, Callenberg, Tirschheim, Kichschnappel, St. Egidien, Hüttengrund u. s. w. Bekanntmachung. Die Maler- und Anstreicherarbeiten im Rathhause und in den Schulgebäuden sollen vergeben werden. Hiesige Bewerber wollen sich Blanquctte im Bauamte entnehmen, die bis Montag den 11. d. M., Nachmittag 6 Uhr mit Preisen versehen wieder einzureichen sind. Hohenstein, den 5. Juli 1892. Der Stadtrat h. vr. Backofen. Bekanntmachung. Mit Ausführung der Beschleufungsarbeiten in der Weinkellerstratze wird voraussichtlich am 18. Juli 1892 begonnen und sodann die Straße bis auf Weiteres für den Fährverkehr gesperrt werden. Die Anwohner werden hiermit besonders darauf aufmerksam gemacht. Hohenstein, den 6. Juli 1892. Der Stadtrat h. vr. Backofen. Hohensteiner Jagdbezirk. Die Besitzer jagdbarer Grundstücke werden unter Bezugnahme aui den AuShang im Rathhause und das an sie ergangene Circular nochmal« aufgefordert, sich Montag, den 11. Juli d. I., nachmittags 5 Uhr im Saale der Webermeisterhanses zu HvycnstM einzufinden oder sich durch gehörig legitimirte Bevollmächtigte vertreten zu lassen. Hohenstein, den 6. Juli 1892. Der Stadtrat h. vr. Backofen. Bekanntmachung, betreffend den Gottesacker. ES wird daran erinnert, 1. daß auf hiesigem Gottesacker die Anbringung von Glaskugeln an Kreuzen oder Stäben nicht gestattet und dcr Tootenbeumeister angewiesen ist, solche, wo sie sich finde», zu entfernen; 2. daß unbeaufsichtigten Kindern, sowie Personen mit Kindern auf dem Arm oder im Wagen der Zutrttt zum Gottesacker, insbesondere bei Begräbuißfeierlichkeiten, untersagt ist; 3. daß das Mltbringen von Hunden, das Tabakrauchen, das Abpflücken von Blumen rc. und die Beschädigungen von den Denkmälern aui beiden Gottesäckern strengstens verboten ist; 4. daß die Errichtung von Grabdenkmälern irgend welcher Art nur auf Grund eines ErlaubnißscheineS geschehen darf, welcher vor Aufstellung (und im Interesse der Betheiligten vor Bestellung beim Verfertiger) unter Angabe der Form und Höhe des betr. Denkmals, sowie der darauf zu setzenden Inschrift bei dem Pfarramte cinzuholen ist. Die dabei an die Kirchgemeindekasse zu entrichtende, im vorigen Jahre ermäßigte Gebühr beträgt für Kreuze in Höhe bis zu 1 in: 2 Mk., über 1 m: 5 Mk , für Denkmäler in Höhe bis zu 80 cm: 2 Mk., bis 1 w: 5 Mk., über 1 m: 8 Mk. Gleichzeitig werden die lieben Gemeindeglieder — mit Hinweis auf die Menge ein gesunkener,. fast spurlos verschwundener, oder mit Unkraut bewachsener Grabhügel, verwitterter, vefccter oder schiefstehender Denksteine und Kreuze, welche das Auge jedes pietätvollen Be suchers unseres Friedhofes verletzen muß, — herzlichst gebeten, die Gräber ihrer Ange hörigen in Stand zu letzen und zu halte», dar Verfallene zu erneuern, das Verwitterte auf- zufrischen, Unkraut zu entfernen, verdorrte Kränze, Topf- und Glasscherben wegzuräumen und nach Kräften dafür zu sorgen, daß unser Gottesacker mit seiner herrschen Lage immer mehr eine Zierde und Schmuck der Kirchsahr! werde. „Die Art, wie eine Gemeinde den Ruheplatz ihrer Todten hält und pflegt, ist mit bezeichnend für die in ihr herrschende sittliche Bildung". Hohenstein, den 7. Juli 1892. Der Kirchenvorstand. Pfarrer Albrecht, Vors. Bekanntmachung, die Sonn und Festtagsruhe im Handelsgewerbe betreffend. Nachstehend« werden der hiesigen Einwohnerschaft die für den Beziiksverband Glauchau erlassenen und demnach auch für den hiesigen Ort giltigen statutarischen Bestimmungen über die Sonn- und Fcsttagsruhe im Handelsgemerbe zur Nachachtung mit dem Bemerken bekannt gemacht, daß Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmungen mit Geldstrafe bis zu 600 M. —- oder mit Haft geahndet werden. Oberlungwitz, am 5. Juli 1892. Der Gemeindevorstand. Oppermann, t Statutarische Bestimmungen, die Sonn- und Festtagsruhe im Handelsgewerbe betreffend. Für den Beziiksverband der Königlichen Amtsbauptmannschaft Glauchau wird auf Grund von Z 105b Absatz 2 des Reichsgesetzes, betreffend die Abänderung der Gewerbe ordnung vom 1. Juni 1891, bestimmt: 1. An Sonn- und Festtagen, mit Ausnahme der ersten WeihnachtS-, Oster- und Pfingsttage, dürfen, insoweit an diesen Tagen der Handel auf Grund des Säch sischen Gesetzes über die Sonn-, Fest- und Bußtags'eier vom 10. September 1870 überhaupt nachgelassen ist, Gehülfcn, Lehrlinge und Arbeiter im Detailhandel regelmäßig nicht länger als vier Stunden nach beendetem Vormittagsgottesdienste, keinesfalls aber länger als bis 3 Uhr nachmittags beschäftigt werden, auch darf außerhalb dieser Zeit ein Gewerbebetrieb in offenen Verkaufsstellen nicht statifinden. 2. Ausgenommen hiervon ist der Handel mit Etz- und Materialwaaren, z. B. Brod, Butter, Milch, Fleisch, Grünwaaren, DeUcateßwaaren, Colonialwaaren, Cigarren), ingleichen der Kleinhandel mit Heizungs- und Beleuchtungs material. In diesen Handelszweigen ist, sofern nicht weitere Ausnahmen auf Grund von § 105c des Rcichsgesetzes vom 1. Juni 1891 genehmigt worden sind, eine fünfstündige Beschäftigung des HülfSpersonal» in der Weise, daß eine zweistündige Beschäftigung vor dem Vormittagsgottesdienste und eine drei stündige im unmittelbaren Anschluß an denselben statifinden darf, sowie ein entsprechender Gewerbebetrieb gestaltet. Doch sind die Beschäftigung des HülfS- personals und der Gewerbebetrieb spätestens eine halbe Stunde vor Beginn des VormittagSgotteSdievstes und am Nachmittage spätestens um 2 Uhr cinzustellcn. 3. Werden in VerkausSgeschäften neben den unter 2 fallenden Waaren auch noch andere, nicht hierunter fallende Waaren seilgehaltcn, so gilt iür diese Geschäfte lediglich die Bestimmung unter 1. 4. Die Beschäftigung des kaufmännischen Hülfspersonals in den Comptoireu de» Großhandels und der Fabriken ist an Sonn- und Festtagen mit Ausnahme der ersten WeihnachtS-, Oster- und Pfingsttage außerhalb der Zeit des öffentlichen Gottesdienstes und innerhalb der Zeit von Vz7—'^9 Uhr vormittags, sowie von 11 Uhr vormittags bis 2 Uhr nachmittags, abgesehen von den Fällen der M 105c, 1056 und 105k des Rcichsgesetzes vom 1. Juni 1891, für die Dauer zweier Stunden gestattet. 5. Der Erlaß der zur Ausführung dieser Bestimmungen erforderlichen Vorschriften bleibt den OktSpolizeibehörden Vorbehalten. Glauchau, den 28. Juni 1892. Die Bezirksverlammlung. Amishauptmann vr. Rumpelt. Der Knabenmord in Xanten vor dem Schwurgericht. Cleve, 4. Juli. Erster Verhaudlnngstag. (Schluß.) Der folgende Zeuge ist der Handelsmann Junkermann (Lauten): Ich muß voransschicken, daß ich mit Buschhoff sehr befreundet war. Wir dutzten uns und nannten »ns beim Boruamen. Am 29. Jnni Abends gegen 7 Uhr hörte ich, daß in der Küppersschen Scheune der kleine Johann Hegmann aufgefnnden wurde. Ich ging sehr bald da rauf bei Bnschhoff vorüber. Buschhosi und Frau standen vor der Thür. Ich trat an die Leute heran und sagte: Bnschhoff, der Mord ist doch in Deiner nächsten Nähe passirt, Du mußt doch etwas davon wissen? Frau Bnschhoff sagte: Wie soll mein Mann etwas davon wisse»? Buschhosf selbst aber antwortete mir gar nicht, sondern drehte mir den Rucken und ging ins Haus hinein. Bon diesem Augenblick sie! mir etwas ans. Präs.: Was fiel Ihnen aus? Zeuge: Daß Buschhosf der Mörder sei. Sollst war er immer so gesprächig gewesen. Die Sache regte mich sehr ans, und ich stand am andern Morgen früh ans, um Spuren zn finden. Ich habe alle Zugangswege abgesucht, und am zweiten Tag danach, am Mittwoch, war ich auch am Fnudort. Ich habe aber weder Fuß- uoch Blntspnren gefunden. Dann hörte ich, daß bei dein Abschlachten von Vieh ohne Betäubung der Bluterguß sehr stark ist. Steinhauer Weseudrup meinte, das Blut könne ja in die Erde gesickert sein. Wir gruben nach, sanden aber keine Spnr von Blut. Auch die Leiche habe ich nicht gesehen. Aus dem Bahnhof in Cleve wurde mir später gesagt vom Handelsmann Samsou: Was haben Sie gemacht, daß Sie sich um den Mord in Xanten gekümmert haben? Sie werden sehen, was passirt. Ihr Stand auf dem Bichmarkte wird schon gezeichnet werden. Seitdem sah ich die Sache mit anderen Augen an. Den» daraus erkamite mau doch ein sehr großes Interesse der Juden an dem Morde. In der That ist mein Biehstand von den Juden gemieden worden. Früher habe ich nie an einen Ritualmord geglaubt. Erste Staatsanwalt: Haben Sie sich nicht später noch um die Sache gekümmert? Zeuge: Ja doch, ich bin zn dem Bürgermeister gegangen, und er hat mir für meine Mit theilungen gedankt. Erster Staatsanwalt Banmgart: Sie haben also mir nach dem Hörensagen geurtheilt? Zeuge: Ja! Rechtsanwalt Stapper (Düsseldorf): Sind Sie nicht verschwägert mit Wesendrup? Haben Sie nicht am 30. Juni erklärt: Sie kennen den Mann, der das Kind er mordet hat, und Sie wüßten von Ihrem Sohne, der Mediciner sei, ans dem Talmud, daß die Juden Blut brauchten ? Zeuge: Ich erinnere mich nicht. Ich bin nicht verschwägert mit Wesendrup; er hat nur eine Halbschwester von mir. Rechtsanwalt Fleischhauer: Haben Sie nicht gesagt: „Wenn ich Polizei wäre, würde ich ganz anders Vorgehen!"? Haben Sie nicht gesagt, cs sei ei» „Meschuggener" in der Familie, und hat Buschhoff nicht gleich zn Ihne» gejagt: „Wenn Sie wissen, wer der Mörder ist, dann sollen Sie cs anzcigen!"? Zengc: Ich kann mich nicht erinnern! Rechtsanwalt Fleischhauer: Wissen Sie nichts von dem Artikel mit dem Gutachten, der am 3. März 1391 in der Nnmmer 18 des Boten für Stadl und Land erschien, worin gesagt ist, daß der Knabe durch einen Schächtschnitt gemordet sei nnd Dr. Steiner habe es erklärt; worin auch gesagt ist: „Ich bezeuge hiermit, daß ich mir von mehreren Angenzeugcn den Schnitt habe beschreiben lassen, und nach dieser Be schreibung muß ich als Sachkenner erklären, daß dieser Schnitt dem sv- genannten Schächtschnitt ähnlich sein muß."? Haben Sie das Gutachten unterschrieben, Zeuge Junkermann? Zengc: Ncin! Ich habe den Artikel erst nach seiner Veröffentlichung kennen gelernt! Rechtsanwalt Fleisch hauer: Sie haben den Artikel also nicht geschrieben und nicht unter schrieben? Er ist doch mit Ihrem Namen unterschrieben! Habe» Sie sich nicht erkundigt, wer Ihren Ramen in so furchtbarer Weise gemißbrauchl hat? Zeuge: Ich habe nur unterschrieben, daß, weil» der Schnitt so ist, wie er mir beschrieben worden ist! R.-A. Fleischhauer verliest den Artikel nochmals. Haben Sie das nicht unterschrieben? Zeuge: Ja wohl! N.-A. Fleischhauer: Wer hat diesen Artikel geschrieben? Ich werde beantragen, den Kaplan Bresser als Zeuge vorzuladcn! Zeuge: Ich glaube, daß der Kaplan Bresser ihn geschrieben Hal! Rechtsanwalt Gammersbach (Köln): Wir müssen beantragen, den Kaplan Bresser als Zeugen zu laden, nm jestzustclle», wie und zn welchem Zwecke dieses Gutachten entstanden ist, ob Kaplan Bresser es wirklich versaßt hat, oder, ob nicht doch der Zeuge selbst der Versasser ist, oder ob es nicht ans Veranlassung dieser Zeugen gemacht ist. Ter Gerichtshof beschließt: den Kaplan Bresser ans Freitag um 9'/, Uhr zu lade». Ter Erste Staatsanwalt legt dem Zeugeu Junkermann ein ano- nhmcs Schriftstück vor. Zeuge betrachtet cs lange mid aufmerksam und erklärt dann, es nicht geschrieben zn haben. R.-A. Fleischhauer: Wissen Sie nicht, wer es geschrieben hat? Zeuge: Nein! R.-A. Fleischhauer: Hat eS nicht einer Ihrer Söhne geschrieben? Zeuge: Nein, ich weiß cS nicht sicher. R.-A. Fleischhauer: Es steht doch darunter „H. Junker mann". Das muß doch einer Ihrer Söhne geschrieben haben ? Zeuge: Nein, ich kenne die Handschrift meiner Söhne nicht so genau. Rechts anwalt Stapper (Düsseldorf) znm Zengen: Haben Sic nicht erklärt, Sie würden sich schriftlich über den Fundort äußern ? Präsident: In der Voruntersuchung haben Sie gesagt, Sic wolltcn sich schriftlich äußern? Was wollten Sic damit jagen? Zengc: Ich wollte jagen, daß Bnschhoff so nahe wohm nnd ein Menger ist nnd daß er darum verdächtig er scheint. Bcrlheidiger: Das schreiben ist an demselben Tage der Polizei zngcgange», an dem der Zengc crklärt hat, er wolle sich schriftlich angern. Präsident: Haben Sie darauf nicht den Brief geschrieben, der Ihnen vorgelcgt ist? Zeuge: Es kann sein, daß ich ihn meinem Sohne dictirt habe! Zeuge sieht sich den Bries noch einmal genau an und er klärt dann: „Ja, das kann einer von meinen Söhnen geschrieben haben. Ich weiß es aber nicht sicher!" In Bezug aus die andere Frage über sei» Benehmen bei der erste» Begegnung mit Buscyoff, crklärt Zeuge: „Ich kann gesagt haben: Das ist eine schöne Polizei, wen» ich die Polizei wäre, hätte ich den Mörder schon lauge heransgeftmdeu." Der Ange klagte Bnschhoff erzählt ein Gespräch, welches er mit dem Zeugen Jnnkermanu an der Pumpe gehabt hatte nnd welches ihm (dem Busch.