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Verantwortlicher Redakteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde Politische Wochenschau Me oder deren Amtsblatt für die Königliche WnlshaupLmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Städtische zu Dippoldiswalde und Irauenstein billigten aber die Redner die Haltung Italiens gegen über Deutschland und Oesterreich; namentlich legte der Senator Caracciolo die Vortheile der Aufrechterhaltung der guten Beziehungen zu den mitteleuropäischen Groß mächten dar, betonte jedoch, daß sich Italien die Freiheit der Initiative wahren müsse. nicht ausgeschloffen — gegen eine derartige Zustutzung des Volksschulgesetzes erhoben hat, soll und muß die Majorität für die Novelle zusammengeschweißt werden, und es ist sehr erbaulich, wie die Parteien der Rechten des Abgeordnetenhauses mit einander hierüber im Handeln begriffen sind. Wie es heißt, rechnet die Re gierung zuversichtlich auf eine, wenn auch nur kleine Majorität für die Vorlage. — Die Mörder Georg v. Majlaths sind noch immer nicht ermittelt, und haben sich die Mittheilungen eines Pester Telegraphenbureaus über die angeblichen Geständnisse einiger wegen Ver dachtes der Mitschuld an der Ermordung Majlaths verhafteten Personen als erfunden erwiesen. Frankreich. In Frankreich ist der vielerörterte Zwischenfall Thibaudin-Galliffet einstweilen vorüber gegangen, ohne daß der befürchtete oder gewünschte Ausbruch einer Krisis im Kabinet Ferry erfolgt wäre. Dennoch scheint die Frage der Kavallerie-Manöver, welche zur Entwicklung der Affaire Thibaudin-Galliffet den Grund legte, zu einer bleibenden Mißstimmung zwischen dem Kriegsminister Thibaudin und einigen andern Mitgliedern des französischen Ministeriums ge legt, und diese Spannung dürfte wohl um so eher zum Ausbruch kommen, als Thibaudin, im Gegensatz zu seinem Minister-Kollegen, entschieden im Fahrwasser der Radikalen schwimmt. Vorläufig indeffen ist in dieser.Angelegenheit Ruhe eingetreten, ßumal die so unvermuthet aufgetauchte Tripelallianz zwischen Deutsch land, Oesterreich und Italien die Aufmerksamkeit der Franzosen nach einer ganz andern Richtung gelenkt hat. In den französischen Blättern ist noch immer zwischen den Zeilen zu lesen, daß trotz aller gegen- theiligen Versicherungen dieses Bündniß gegen Frank reich gerichtet ist, und hieran knüpft die französische Presse die merkwürdigsten Kommentare. Auch der be kannte Artikel der „Nordd. Allg. Ztg.", in welchem versichert wird, daß, falls eine solche Allianz bestünde, dieselbe nicht im Entferntesten einen offensiven Cha rakter tragen würde, findet bei den tonangebenden Pariser Blättern eine sehr kühle Aufnahme. England. England steht mehr als zuvor unter dem Banne des „Dynamitschreckens", denn kein Tag vergeht jetzt, an welchem nicht in London oder den hervorragenderen englischen Küstenplätzen und auch im Innern des Landes Höllenmaschinen, Petarden, ganze Fäff.r mit Dynamit und Nitroglyzerin und andere unheimliche Funde entdeckt werden. Infolge dessen hat sich die Regierung des Herrn Gladstone zu einer weiteren außerordentlichen Maßregel veranlaßt gesehen, indem sie im Parlamente die Verschärfung der be züglich der Fabrikation und des Verkaufs von Spreng stoffen erlassenen Bill beantragte. Beide Häuser haben dieser Maßregel ohne Widerspruch zugestimmt und be anspruchten sämmtliche Lesungen der Bill im Ober- wie im Unterhaus nur einen Tag. Auch sonst thut die englische Regierung ihr Möglichstes, um ferneren Attentaten der irisch-fenischen Dynamitverschwörer zu vorzukommen. Die Garnison von London ist um 400 Mann Marinetruppen, welche als besonders tüchtig und zuverlässig gelten, verstärkt worden, und außerdem sind an die sämmtlichen Schildwachen der Hauptstadt scharfe Patronen zur Vertheilung gelangt. Rußland. Die Angaben über den Tag der Kaiserkrönung in Moskau lauten zwar noch immer schwankend, aber das schon zuerst genannte Datum, der 27. Mai (neueren Stils), scheint doch die meisten Aussichten zu haben. Wie es heißt, gedenkt das Kaiser paar vor seinem feierlichen Einzuge in Moskau noch eine Rundreise durch einige Provinzen anzutreten. Italien. Im italienischen Senate finden anläßlich der Berathung des Budgets des auswärtigen Amtes schon seit voriger Woche lebhafte Debatten über die auswärtige Politik des Kabinets Depretis - Mancini statt. Die Politik Mancinis in Egypten und Tunis wurde hierbei von der einen Seite getadelt, von der andern dagegen in Schutz genommen. Uebereinstimmend Deutsches Reich. Prinz Friedrich Karl von Preußen dürfte zur Stunde wieder von seiner Orient reise nach Berlin zurückgekehrt sein. Die Reise, welche den Prinzen durch das alte Wunderland der Pharaonen nach den geweihten Stätten Palästinas, durch die Ebenen Syriens und über die schneebedeckten Pässe des Libanon hinweg nach den Inseln des griechischen Archipels und von da über Athen und Brindisi wieder der Heimath zuführte,' hat des Schönen und In teressanten außerordentlich viel aufzuweisen gehabt, so daß sie in den Erinnerungen des hohen Reisenden einen bleibenden Ort finden wird. Die Aufnahme, deren sich der Prinz überall seitens der Behörden wie der Bevölkerung zu erfreuen hatte, bewies, in welch' hoher Achtung der sieggekrönte Neffe des deutschen Kaisers auch bei den Völkern des Orients steht und daß der Ruhm des Hohenzollernhauses sich auch bis in jene entlegenen Lande verpflanzt hat. Vorläufig gedenkt Prinz Friedrich Karl seinen Aufenthalt ab wechselnd in Berlin und auf seinem Jagdschlösse Hohen linden zu nehmen. — Eine volle Woche beschäftigt sich nun der Reichstag mit der zweiten Lesung der Novelle zur Gewerbeordnung und noch läßt sich nicht mit Ge wißheit voraussagen, wann er diese Arbeit, welche jedenfalls auch einen Theil der nächsten Woche in Anspruch nehmen dürfte, beendigt haben wird. Dieser langsame Fortgang der Verhandlungen liegt theils in der Natur des zu behandelnden Gegenstandes selbst, theils in den massenhaft zu den einzelnen Artikeln und Paragraphen gestellten Gegen-, Zusatz- und Unter anträgen, welche oft in einer einzigen Sitzung mehr malige namentliche Abstimmungen nothwendig machten. Im Allgemeinen ist zu konstatiren, daß die bisher be- rathenen Paragraphen der Gewerbeordnungsnovelle meist den Wünschen der Negierung gemäß genehmigt wurden, wenn auch einzelne Bestimmungen nicht un erheblich modifizirt wurden. In dieser Woche beschäf tigte sich das Haus zunächst mit den Bestimmungen über das Hausirgewerbe und die Wanderlager. 8 55, welcher von der Einführung des Wandergewerbescheins handelt, wurde nach langwieriger Debatte in der Kom- missionsfaffung genehmigt. 8 56, welcher das Verbot des Ankaufes und Feilhaltens gewißer Gegenstände betrifft, fand gleichfalls die Zustimmung des Hauses. Die Bestimmung, daß der Kolportagehandel gänzlich untersagt wird, wurde dahin abgeändert, daß nur solche Druckschriften von der Kolportage auszuschlisßen seien, welche mittelst Zusicherung von Prämien vertrieben werden, falls diese nicht in Schriften und Bildwerken bestehen. Ferner genehmigte das Haus die Para graphen über Wanderauktionen resp. Wanderlotterien und Verbot des Gewerbebetriebes für Ausländer nach den Kommissionsanträgen. — Die Unterhandlungen wegen Abschluß eines neuen Handelsvertrages zwischen Deutschland und Spanien, welche schon dem Abbruche nahe schienen, sind in jüngster Zeit wieder lebhaft ausgenommen worden. Da auf beiden Seiten der gute Wille, zu einer Verständigung zu gelangen, vor handen ist, so ist man zu der Hoffnung berechtigt, daß die Verhandlungen zu dem gewünschten Resultate führen werden, was ja auch nur im Interesse der beiden Kontrahenten liegen kann. Oesterreich-Ungarn. In Oesterreich konzentrirt sich das Interesse an den parlamentarischen Vorgängen gegenwärtig ausschließlich auf die Berathung der No velle zum Volksschulgesetze, in welche das österreichische Abgeordnetenhaus eingetreten ist. Die zwei hervor ragendsten Charakteristika des genannten Gesetzentwurfs sind die Herabsetzung der Schulpflicht von acht auf sechs Jahre und das Anfgeben des interkonfessionellen Charakters der Volksschule, wie dies den Wünschen der klerikalen Partei entspricht. Trotz der energischen Opposition, welche sich aus den intelligenten Kreisen der Bevölkerung — auch die czechischen Wählerschaften „«ei-eritz-Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. SS Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie oie Agenten nehmen Be- Jnserate, welche bei der bedeutenden Auslage des Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. di« Spalteiueile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und eomplicirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im revaktionellm Theile, di« Spaltenzeile SO Pfg. Wie ein Wirbelwind ist in der letzten Woche noch einmal die Nachricht von einem deutsch - österreichisch italienischen Bündnisse durch die Zeitungen geflogen, doch wurde dadurch weder etwas Neues der Welt ver kündet, noch dem Vorhandensein einer wirklichen Allianz zwischen Deutschland, Oesterreich und Italien auf die sichere Spur gekommen. Das schon lange eine be deutsame Annäherung zwischen diesen drei Mächten stattgefunden habe, wußte man bereits vor Jahr und Tag, und erfuhr es auch im vorigen Monate durch eine Rede, welche der italienische Minister des Aus wärtigen, Mancini, über die auswärtige Politik Ita liens vor den Kammern hielt, indeffen befinden sich in den gegenwärtigen Erörterungen über diese Frage doch einige wichtige neue Momente, welche ganz wesent lich zur richtigen Beurtheilung der Sachlage beitragen. Die Diskussion über die deutsch-italienisch-italienische Allianz ging diesmal van Paris aus und wurde unter großem Allarmgeschrei darauf hingewiesen, daß die Spitze dieser Allianz gegen Frankreich gerichtet wäre. Man fühlte sich in Paris in einer diplomatischen Be klemmung wegen des vollständigen Alleinstehens Frank reichs und steckte deshalb einen Fühler in Form jener Anschuldigung heraus, wonach Deutschland, Oesterreich und Italien im Vereine Böses gegen Frankreich im Schilde führen sollten und über diesen Plan sogar einen förmlichen Vertrag abgeschloffen hätten; man benutzte die in der Diplomatie nicht seltene Methode, Falsches zu behaupten, um Wahres zu erfahren und bis zu einem gewissen Grade ist dies den Franzosen auch gelungen, aber nicht nur zu ihrer Beruhigung, sondern auch zu ihrer Warnung. Die mit den leitenden Staatsmännern Deutsch lands, Oesterreichs und Italiens Fühlung habenden Blätter haben ganz positiv die Existenz einer Allianz, welche ihre Spitze gegen Frankreich oder sonst einen Staat richte, in Abrede gestellt und betont, daß ge nannte drei Staaten mit allen übrigen Mächten und zumal auch mit Frankreich auf Grund der bestehenden Verträge in Frieden leben wollen. Deutschland, Oester reich und Italien hätten das gemeinsame Bedürfniß, den europäischen Frieden zu erhalten, weil jede dieser Mächte durch einen neuen Krieg, der in Europa ausbreche, ernstlich in ihren Interessen bedroht würden. Am stärksten werde eine solche Bedrohung hervortreten, wenn von Frankreich aus irgend etwas gegen den europäischen Frieden unternommen würde, denn Ver änderungen an Frankreichs Ostgrenzen könnten doch nur durch eine Demüthigung Deutschlands oder Ita liens, der der Natur der Dinge nach auch bald eine solche Oesterreichs nachfolgen müsse, erkauft werden. Von dem jetzigen Frankreich fürchte man indeffen eine solche Eventualität nicht, trete indeffen in Frankreich in Folge einer inneren Revolution oder sonst einer Verletzung der französischen Verfassung ein Regierungs wechsel ein und versuchten alsdann die neuen Macht haber die innere Schwäche ihrer Regierung durch einen auswärtigen Erfolg zu verdecken, dann werde wahr scheinlich an Deutschland, Oesterreich und Italien die Frage herantrelen, ob ein Sieg Frankreichs über einen dieser drei Staaten nicht auch eine Demüthigung und schädliche Beeinflussung der anderen beiden nach sich ziehe und weil diese Frage nach den Erfahrungen der Geschichte der Napoleons nur zu sehr mit „Ja!" be antwortet werden müsse, deshalb sei auch eine gemein same Abwehr Deutschlands, Oesterreichs und Italiens in diesem Falle Frankreich gegenüber wahrscheinlich. Frankreich ist also diplomatisch in Schach gestellt.