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Oertliches und Sächsisches. Vttendorf-Dkrilla, Zo. Januar 1804. — Ende Januar sind die kürzesten Tage nunmehr überwunden. Die Zeit, in welcher die Sonne am meisten mit dem Lichte kargte, liegt wieder hinter uns. Von Tag z-r Lag steigt die Sonne höher am Himmel empor und ver weilt immer länger über dem Horizonte. In unserer Stube Einsamkeit dringt wieder goldner Sonnenstrahl, und mir dem Lichte zieht wieder Lebenslust in unsere Brust. Und d bat der Wmler noch so sehr, es muß doch Fiüyling werden! Wir haben letzt schon wieder neun Stunden Tag, und die Mittagshöhe der Sonne ist Ende Januar wieder aus mehr als 20 Grad gewachsen, oder auf 6 Grad meha als zu An fang des Monats. — Zur Warnung sei folgendes mitgeteilt: Ein Freiberger Einwohner ist einem Betrüger zum Opfer gefallen nnd durch denselben um 100 Mark gebracht worden. Der Betrüger hatte ein Inserat veröffentlicht, in welchem ein Vertreter für einen leicht verkäuflichen Artikel gesucht und gu er Verdienst in Aussicht gestellt wurde. Es handelle sich um den V-rkauf von patentierten Schnellwäschern, die dec Geprellte verkaufen sollte und auf die er 100 Mark an zahlen müßte. Die Sendung von 10 Dutzend Schnellwäsche: u, tue der Verräter inneryaid 8 Tagen zu jchuten versprach, ist bis heute noch nicht eingeiroffen, auch seine übrigen Angaben haben sich als unwahr herauSgestellt. — Zur Beseitigung von Kurzschluß-Gefahren soll eine Erfindung gemacht worden sein. Ei nem Breslauer Ingenieur, W. S., ist es, wie der „Breslauer Morgen-Ztg." mitgeteilt wird, ge lungen, einen Apparat zu konstruieren, mit dessen Hllfe die Entstehung eines Funkens infolge von Kurzschlüssen oder ähnlich wirkenden Erscheinun gen ausgeschlossen jein fou. Die Übrigens be reits zum Patent angemeläete Vorrichtung ist die denkbar einfachste und die mit ihr ange- stellten Versuche sind angeblich in jeder Be ziehung als gelungen zu betrachten. Sollte sich die vorstehende interessante Tatsache in volle,n Umfange bestätigen, so wäre allerdings eins Er findung von unschätzbarer Bedeutung geschaffen. Dresden. In der Siemens'schen Glas fabrik zu Löbtau geriet heute früh ein Arbeiter in die Transmission, wobei er tödlich verun glückte. — In Dresden wird am 1. Februar unter dem Titel „Lachfenstimme" eine neue Wochen schrift zum ersten Male erscheinen. Die Sache geht von Nationalsozialen aus. Redigiert wird das Blatt von dem Schriftsteller LebiuS wer den, welcher aus der sozialdemokratischen Partei ausgetreten ist. — Hier ist in den letzten Tagen ein raffi nierter Schwmvter aufgetreten, der insbesondere sozialdemokratische Parteigenossen um «heimche Summen betrogen hat. Der sich August He ring nennende Mann behauptet, zum Begräbnis seiner Schwester in FreiVerg gewesen zu sein und sein Billet wie Portemonnaie verloren zu haben. — Durch den Konkurs der Krankenkasse „Wettin" büßen viele nicht mit überflüssigem Gelds gesegnete Mitglieder beträchtliche Beträge, die sie in die Kasse gesteuert Haven, ohne jede Gegenleistung ein. Sie sind auch verpflichtet, bis Ende März die Kassenbeürüge wener zu steuern. Spurlos verschwunden mit einer großen Die „Vttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Host bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi, vormittag m Uhr. Inserate werden mit 40 Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be- sonderen, Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 13. Sonntag, den 3l. Januar 1904. 3. Jahrgang. Freibank Ottendorf-Moritzdorf. Montag, d. 1. Februar d. I., nachm. 3 Uhr gelangt das Fleisch eines Rindes in gekochtem Zustande zum Verkauf. Preis pro Kilo 40 Pfg. Grund der Beanstandung: Tuberkulose. Ottendorf-Moritzdorf, am 30. Januar 1904. Der Grmeindevorstand. Summe Geldes ist seit einigen Tagen der Mit inhaber der Firma Nierth L Ko., Bernhard Max Nierth, Konservenfabrik in Dresden, Mar- schallstraße. Sein Kompagnon war deshalb ge zwungen, den Konkurs anzumclden. Nierth machte sich der Wechselfälschung in verschiedenen Fällen schuldig. — Durch einen zu hoch geladenen Stroh- wagen, dessen Ladekette mit den Drähten der Straßenbayn-Slarkstromleitung an der Unter führung der Freiberger- und Bauhofstraße in Berührung kam trat Kurzschluß ein, wodurch ine Ladung in Brand gesetzt wurde. Die kurz nach 5 Uhr nachmittags alarmierte Feuerwehr konnte nickt verhindern, daß die gegen 60 Zent ner Stroh enthaltende Ladung völlig vernichtet wurde. Auch der Wagen wurde größtenteils zerstört und elektrische Leitung sowie verschiedene Teile der Eisenbahnbrücke u. a. mehr beschä digt. Der eine fürchterliche Glut entwickelnde Braud konnte mit Hilfe von vier Schlauchlei tungen bald gelöscht werden. Der während des Brandes gestörte Straßenbahnbetrieb konnte, da schnell eingetroffene Beamte des BttriebSam'es die an der Lenung eingetretenen Störungen in kurzer Zeit behoben wurden, bald wieder aus genommen werden. Sacka. In dem Kirchdorfe Sacka wohnten bis vorige Woche die beiden Arbeiter Gotthelf Richter und Friedrich Witzschel. Sie waren treue Kameraden und gingen seit 36 Jahren regelmäßig jeden Morgen auf das Rittergut Tauscha zur Arbeit. Beiden wurde vor meh reren Jahren an ein und demselben Tage das Ehrenzeichen für langjährige treue Dienste ver liehen. Richter, schon seit einiger Zeit kränklich geworden, wurde am Dienstag voriger Woche in die Ewigkeit abberufen, während Witzschel noch immer auf dem Platze war. Als nun letzterer die Nachricht von dem Tode seines Freundes erhielt, traf ihn ein Herzschlag und so kam es denn, daß Richter am Sonnabend und Witzschel am Sonntag dem Schoß der Erde übergeben wurde. Gemeinsam im Leben, ge meinsam im Tod! Königsbrück. Am Sonnabend verstarb un erwartet rasch der Oberstabsarzt z. D. Herr Dr. med- Kretzschmar hier. Kamenz. Ein größeres Schadenfeuer brach am Montag Nachmittag gegen 5 Uhr im Grund stücke der Chamotte- und Tonwerke, A.-G., in Thonberg aus. Dasselbe ergriff zunächst das Scheunengebäude, wo es an den bedeutenden Erntevorräten reiche Nahrung fand, den Pferde stall und später das Wohngebäude; der Fabrik- detrieb wurde dadurch nicht betroffen. Eisenberg-Moritzburg. Der Frauen- und Jungfrauenverein hier, der unter der trefflichen Leitung der Gräfin Maria zu Münster steht, jewrte um Dienomg sein zehnjähriges Stiftungs fest. Der Saal des Gasthofs au dou uaarelrö war dicht gefüllt. Selbst von auswärts waren Gäste gekommen. Das Fest wurde durch die Gegenwart der Frau Prinzessin von Schönburg- Hermsdorf ausgezeichnet. Weiter gewahrte man sie Herren Amtshauptmann v. Kraushaar, so wie Kammerherr v- Spörcken-Berbisdorf mit Familie und die gräflich zu Münstcrschen Herr schaften. Die Darbietungen, die zum größten Teile von Damen des Vereins gegeben wurden, fanden großen Beifall. Ü b i g a u. Die auf der Werft der Verei nigten Elbeschisfahrts-Gesellschaften neuerbaute Schiffszugversuchsanstalt ist fertiggestellt und Anfang dieses Monats im Beisein von Ver tretern der Königlich sächsischen Staatsregierung in Benutzung genommen. Vorbildlich für diese Anstalt ist die bereits im Jahre 1891 von den verdienten Generaldirektor Bellingrath einge richtete Versuchsanstalt gewesen. Die neue An stalt besteht im wesentlichen aus einem 88 m langen Becken in Mauerwers hergestellt, besten obere Breite von 6,5 m nach der Sohle zu etwas abnimmt. Die Sohle selbst ist nicht ho rizontal, sondern fällt von beiden Seiten nach der Mitte zu etwas ab. Die größte Wasierücfe in der Mitte beträgt 3,5 w, der Flächenquer schnitt 20,16 gin. Auf den Längswänden des Beckens liegen Schienen, auf welchen der elek trisch angetriebene Wagen, welcher das Schiffs modell zieht, läuft. Zu beiden Längsseiten der Kammer befinden sich vertiefte Seitengänge, welche es dem Beschauer ermöglichen, den Wasser spiegel in beqmmer Augenhöhe zu beobachten Außerdem sind in den Seitenwänden einander gegenüberliegende tief hinubreichende Glasfenster angebracht, so daß man auch die Bewegungen im Innern Les Wassers verfolgen kann. Da die Versuchsanstalt nicht nur den Zwecken der „Kette", oder vielmehr der Vereinigten Elbe- schiffahrts-Gesellschaft, sondern auch allgemein Forschungs- und Versuchszwecken der Technische Hochschule in Dresden die-en soll, ist sie mit Unterstützung der sächsischen Staatsregierung erbaut, welche zu den 120000 Mk. betragenden AusführungSkosten einen entsprechenden Beitrag geleistet hat. Außer dieser soeben dem Betriebe übergebenen Anstalt besitzt Deutschland noch zwei v i:e> e, in Berlin und B>-'merhaven, welche sich dadurch gegenseitig in vorteilhafter Weise er gänzen, daß sie in verschiedenen wichtigen Punk ten verschiedenartige Anordnungen besitzen. Großharthau. Einem geriebenen Kaunei zum Opfer gefallen ist eine hiesige Gutsbesitzers- ehefrau, deren Mann gegenwärtig eine mehr jährige Zuchthausstrafe wegen verschiedener Be trügereien verbüßt. Im November v. I. stellte sich ein angeblicher Gutsbesitzer bei ihr ein mit der Angabe, er habe zufällig von der schweren Strafe ihres Mannes erfahren und er könne bewirken, daß derselbe aus dem Zuchthause her auskäme, nur brauche er hierzu einige Hundert Mark. Die Frau ließ sich auch betören und händigte dem Gauner 40 Mark sofort aus. 160 Mark wurden an eine von ihm angege bene Adresse nackgesandt. Ende Dezember kam dieser freche Schwindler zum dritten Mal in die Wohnung der Frau, diesmal mit der frohen Botschaft, daß seine Bemühungen Erfolg gehabt hätten und der Ehemann demnächst entlasten werden würde, er brauche aber nun noch 600 Mark zur Regelung der Sache. Wegen Man gel an Bargeld händigte die Frau dem Manne ein Sparkastenbuch mit ca. 1200 Mk. Einlage aus, womit derselbe schleunigst das Weite suchte. Erst nachdem nun mehrere Wochen vergangen sind und die Rückkehr ihres Mannes aus dem Zuchthause nicht erfolgte, hat sie Anzeige er stattet. Pirna. Wenn der Hahn falsch kräht! In dem Dorfe K. soll sich dieser Tage in dem B.'- schen Gute der bei der jetzigen morgendlichen Dunkelheit erklärliche Fall zugetragen haben, daß der Großknecht seine Mitbediensteten einige Stunden zu früh geweckt hat. Alles machte sich, wenn auch etwas wenig „ausgeschlafen", auf die Beine. Plan griff nach dem Dresch flegel, fütterte die Pferde und begann zu kochen und zu melken. Die Kühe aber gvaren diejeni gen, welche die Unordnung aufdeckten. Sie machten einfach nicht mit und gaben keine Milch, und dieser Umstand führte dazu, daß man ge nauer nach der Uhr sah. Sie zeigte auf 10 Minuten über Mitternacht! Nach solcher Ent deckung beeilte man sich natürlich, die glücklicher weise noch warmen Lagerstätten wieder aufzu suchen. An einigen nachträglichen Neujahrs wünschen für den Großknecht, soll es aber nicht gefehlt haben. Mühlberg a. d. E. Heute vormittag er eignete sich in der hiesigen Zuckerfabrik ein be dauernswerter Unfall mit tödlichem Ausgange. Der Siede meister Scheuer wollte in der Kalk station in einem Fenster eine zerbrochene Scheibe verstopfen. Dabei stürzte er aus einer Höhe von 3 Metern von der Leiter und zog sich bei dem jähen Sturze einen schweren Schädelbruch und schwere innere Verletzungen zu; der Tod trat auf der Stelle ein. Der Verunglückte der im Anfänge der sechziger Jahre stand, war ei ner der ältesten Beamten der Zuckerfabrik und bereits 30 Jahre — seit Errichtung der Fabrik — in derselben als Siedemeister angestellt. Er galt als ein sehr tüchtiger Beamter, welcher na mentlich auch bei seinen Untergebenen allgemein beliebt und geschätzt war. Ost ritz. Infolge von Kohlenoxydgas-Ver giftung ist in der Nacht zum Dienstag der 40 Jahre alte Tierarzt Hay gestorben. Er war in der Nacht gegen 12 Uhr nach Hause ge kommen und hatte in dem in seinem Bureau stehenden eisernen Ofen Feuer angezündet. Lugau. Nachdem schon in letzter Zeit wie derholt Erdrutichungen und Erdsenkungen vor gekommen waren, brach am Montag abend auf dem alten „Karlschacht" plötzlich der „Förder schacht" unter fürchterlichem Getöse zusammen. Dabei wurde das ganze große Fördergebäude bis auf 2 Seitenwände völlig mit hinabgeristen. Da immer mehr nachstürzt, ist der weitere Ein bruch der noch stehenden Gebäudereste zu er warten. Crimmitschau. Den letzten Feststellungen zufolge sind noch über 1800 Arbeiter ohne Be schäftigung. Sie gehören zum größten Teile der Webereibranche an, Leider werden die meisten dieser Arbeiter zunächst noch für einige Zeit nicht eiNiwstellt werden können, doch steht > hoffen, daß sie in größerer Anzahl in den nächsten Wochen noch untergebracht werden. In dm Webereien liegen jetzt nur noch sehr ungenügende Aufträge vor, so daß es nicht mög lich ist, den Betrieb im früheren Umfange so fort wieder aufzunehmen. Die Spinnereiarbei- ter sind hingegen zum größten Teile wieder in Arbeit, namentlich die männlichen und weib lichen Arbeiter. Diesen kommt zu statten, daß vor dem Ausstand schon eine größere Anzahl Arbeiter aus diesen Klassen hier gefehlt hat. Plauen i. V. Über die noch im Bau be findliche Brücke über das Syratal, die aus ei nem einzigen 90 Meter weiten Bogen bestehen soll und die nach ihrer Fertigstellung das ein zige derartige Bauwerk Deutschlands sein wird, hat der hiesige Brandversicherungsinspektor Hol der eine die Einwohnerschaft beunruhigende Mei nung kundgegeben, daß die Brücke nicht halten werde und daß die Herren Oberbürgermeister Dr. Schmid und Stadtbaurat Fleck einen fal schen Bericht über die Haltbarkeit der Brücke den Ratsakten beigelegt hätten, um die Ein wohnerschaft zu beruhigen. Hierzu ist ein Ober gutachten des Sachverständigen Professor LukaS an der Technischen Hochschule zu Dresden über die Haltbarkeit des Riesenbauwerkes eingeholt worden, das beruhigend lautet. Der Königliche Brandversicherungsinspektor Holder wurde we gen Beleidigung des Herrn Oberbürgermeisters Dr. Schmid und des Stadtbaurates Fleck zu 150 Alk. Geldstrafe verurteilt. Das Bauwerk wird von der Firma Liebold L Ko. Langebrück ausgeführt.^ — Die Crimmitschauer Fabrikanten planen, um die Arbeiterverhältniste zu verbessern, die Errichtung von Arbeiterhäusern. Bei einem Fabrikanten brach, als der volle Betrieb wieder ausgenommen werden sollte, die große Dampf maschine zusammen, sodaß die Fabrik den Be trieb abermals und zwar auf 14 Tage unter brechen muß. Das ist ein schlimmer Zufall für die, die eben erst Arbeit erhalten hatten, und noch mehr für die, die sehnsüchtig auf Be schäftigung warten.