Volltext Seite (XML)
Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag!. AbonnementSpreis beträgt vierteljährlich l Mark 20 Pj prs-NttMorLnUn. JmtM für Inserate werden bi» spitestent Mittags de» vorhergehenden Tage» des Erscheinen» erbeten and die EorpuSspaltenzeile mit io Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. 74. Donnerstag, den 28. Juni 1883. 8. Jahra. Bekanntmachung. Der 3. Termin Commuy Anlage ist den 18. dieses Monats fällig und innerhalb 14tägiger Frist an unsere Stadtcassen-Verwaltung abzuführen. Nach Ablauf der Zahlungsfrist ist gegen Säumige das Mahn- bez. Executionsverfahren einWleiten. Zwönitz, am 16. Juni 1883. Der Stadtgemein berat h. Adam. Mit Vierteljahres-Schluß sind die Schulgelder zu berichtigen. politische Aundschau. Deutschland. Fürst Bismarck ist an einem gastrischen Fieber erkrankt und eine falsche Curmethode hat das Uebel nur noch schlimmer gemacht. Es ist unter solchen Umständen sehr zweifelhaft, ob der Fürst in nächster Zeit seine schon vielfach erörterte Bade reise antreten wird. Das preußische Abgeordnetenhaus hat am Montag nach sehr lebhaften Debatten die kirchenpolitische Vorlage in dritter Lesung mit 224 gegen 107 Stimmen definitiv angenommen. Nicht mit Unrecht konnte der Führer des Centrums, Herr Windthorst, die Debatte als einen Extract aller Culturkampfverhandlungen bezeichnen, denn noch einmal lebte der leidige „Culturkampf" in all' seiner alten Bitterkeit und Schärfe auf und mehr wie einmal sah sich der Vorsitzende, Vicepräsident von Heeremann, genöthigt, seine Autorität geltend zu machen und er that dies in einer so unparteiischen Weise, daß selbst dem Fractionsgenossen des Vorsitzenden, Herrn Windthorst, ein Ordnungsruf zu Theil wurde. Auf den Gesetzent wurf selbst wurde in der Discussion fast gar nicht eingegangen, während man die ganze Geschichte und die Zukunft des „Cultur- kampfes" des Langen und Breiten erörterte. Einzelne Episoden der Verhandlungen waren sehr interessant, so namentlich diejenigen, in denen die Abgeordneten Stöcker und Virchow sprachen und wobei es an Anklängen und Reminiscenzen an Judenhetzen, Darwinismus, Thiermenschen, Socialdemocratie und christlich-sociale Wahlagitation nicht fehlte. Die Specialdiscussion, welche mehr als 4 Stunden währte, endete mit einer wahren Springflnth persönlicher Bemerk ungen, in denen die Erregung der vorhergegangenen Debatten sich noch sehr bemerklich machte. Die anderen Gegenstände der Tages ordnung boten nach Erledigung der kirchenpolitischen Vorlage kein Interesse mehr dar; für die nächste Sitzung am Mittwoch, den 27. Juni, standen die erste Berathung des Antrages Zelle, die Ab- änderung der Städteordnung betreffend, und verschiedene kleinere Sachen auf der Tagesordnung. Innerhalb der freiconservativen Partei sollen wegen der Haltung derselben gegenüber der kirchenpolitischen Vorlage Differenzen ent standen sein. Von dem Vorstande der freiconservativen Fraction werden die hierüber in Umlauf befindlichen Gerüchte dementirt, doch ist dieses Dementi, welches die freiconservative „Post" bringt, so kurz und unklar gehalten, daß man vorläufig jene Gerüchte nicht kurzer Hand überweisen kann. Einen Commentar zu den Vorgängen innerhalb der Fraction liefert vielleicht ihre Abstimmung am Montag über die kirchenpolitische Vorlage. Von den Freiconservativen ent hielten sich 8 der Abstimmung, 10 stimmten mit Ja, 23 mit Nein, die übrigen fehlten. Nach dem Fractionsverzeichnisse zählt die Fraction der Freiconservativen im Abgeordnetenhause 59 Mitglieder. Herr von Bennigsen hat an den Vorstand der nationalliberalen Partei ein Schreiben gerichtet, in welchem er die Gründe seiner Mandatsniederlegung mittheilt. Die steigende Verbitterung der Parteien, der immer schärfer auftretende Gegensatz zwischen der Reichsregierung und dem Parlamente, die Spaltung unter den Liberalen sind hauptsächlich die Motive seines Rücktrittes gewesen; trotzdem gedenkt Herr von Bennigsen auch ferner mit seinen politischen Freunden in nahen Beziehungen zu bleiben. In Stralsund ist am Sonntag der 8. Verbandstag deutscher Gewerkvereine (Hirsch-Duncker) eröffnet worden. In der Eröffnungs- Versammlung waren verschiedene fortschrittliche und secessionistische Neichstagsabgeordnete, ferner Mitglieder der Stralsunder Communal- hehörden, hervorragende Arbeitgeber und zahlreiche Bürger und Arbeiter anwesend; beschickt ist der Verbandstag von 630 Orts vereinen, welche 25,000 Mitglieder umfassen. Nach Begrüßung durch den Oberbürgermeister Tamms erstattete der Verbandsanwalt vr. Max Hirsch den Thätigkeitsbericht, zu welchem der Verbandstag einstimmige Zustimmung und Anerkennung aussprach; hierauf referirte Abg. Greve über das Krankencassengesetz. Oesterreich-Ungarn. Die Adresse, welche 63 ordentliche Professoren der Wiener Universität, darunter Gelehrte von euro päischem Ruf, an den Rector derselben, Professor Maassen, gerichtet haben, ist ein bedeutsamer Protest gegen das Eintreten des Rectors zu Gunsten der czechischen Volksschule in Wien. Professor Maassen, welcher die Virilstimme der Wiener Universität auf dem nieder österreichischen Landtage vertritt, hatte bekanntlich die genannte Maß regel in einer Weise vertheidigt, wie es selbst der eingefleischteste Czeche nicht hätte besser thun können. In maßvoller, aber ent schiedener Sprache protestiren nun die 63 Professoren dagegen, als ob Rector Maassen die Anschauungen der Mehrheit der Docenten an der Wiener Hochschule ausgesprochen habe und da sich auch in den Kreisen der Wiener Studentenschaft eine immer lebhaftere Miß stimmung gegen Professor Maassen kundgiebt, so ist es überhaupt sehr zweifelhaft, ob derselbe noch lange.das Rectorat wird behalten können. — Die Verhandlungen in dem Tisza - Eslaer Mordproceß gestalten sich allmählich günstiger für die Angeklagten, da die Aus sagen des vierzehnjährigen Hauptbelastungszeugen Moritz Scharf sich in vielen Punkten als unwahr herausstellen. Frankreich. In den Reihen der Pariser Radicalen hat die Verurtheilung der Louise Michel, des „Heldenweibes" der Commune, zu 6jähriger Einschließung und 10jähriger Stellung unter Polizei aufsicht, große Entrüstung und Aufregung hervorgerufen. 6 Jahre Gefängniß für ein bischen Straßenmeute — das ist allerdings hart und man kann es den Pariser Barricademännern nicht verdenken, wenn sie ihrer Entrüstung über diesen „ungerechten" Urtheilsspruch in mitunter sehr drastischer Weise Luft machen. Neben der „bitteren Louise" sind noch verschiedene ihrer männlichen Schicksalsgenossen zu Gefängnißstrafen verurtheilt worden; als die Verurtheilten abgeführt wurden, riefen ihnen die im Gerichtssaale anwesenden Radicalen tröstend zu: „Wartet nur, sie müssen euch wieder frei lassen, denn wir wählen euch zu Deputirten!" Sehr bezeichnend! Italien. Ueber den der Muse der Kunst geweihten Tempeln scheint ein eigner Unstern zu schweben. Soeben kommt aus Italien die Kunde von einem neuen schrecklichen Theater-Unglück; in dem Theater zu Dervio (Provinz Como) brach am Sonntag Abend während der Theater-Vorstellung Feuer aus, wobei 47 Personen um's Leben kamen, während 10 verwundet wurden. (Nach einer Mittheilung der „Neuen Freien Presse" ist Dervio ein Dorf am östlichen Ufer des Comersees und zählt nur ca. 800 Einwohner. Es handelt sich also schwerlich um ein stehendes Theater, sondern das Unglück dürfte vielmehr bei einer von einer herumziehenden Schau spielertruppe veranstalteten Vorstellung geschehen sein.) Türkei. Berichte aus Constantinopel erklären den Ausstand in Albanien für erloschen. Die Mehrzahl der aufständischen Stämme hat, falls ihnen General-Amnestie gewährt wird, ihre Unterwerfung angekündigt, andere Stämme haben ihre Bereitwilligkeit zu Unter handlungen erklärt. Vorläufig ist auf dem insurgirten Gebiete Waffenruhe eingetreten, welche der Commandeur der türkischen Truppen den darum nachsuchenden Stämmen gewährt hat. Egypten. Ans Damiette (Egypten) kam vor einigen Tagen die Kunde, daß daselbst ein gastrisches Fieber ausgebrochen sei, welches einen typhusartigen Character habe. Die in Alexandrien domicilirendtz