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MdmfferTageblatt Nr. 21 — 92. Jahrgang Mittwoch, den 25. Januar 1933 Postscheck: Dresden 2040 Wilsdruff-Dresden Telegr.-Adr: „Amtsblatt" Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt > , * für Lürgettum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20 Rpsg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs-- Pfennige, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RM. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Vorge schriebene Erscheinungs. . cm tage und Platzvorschristen werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wllsdruff Nr. b berücksichtigt. Anzeigen annahme bis vorm.10 Uhr. ' " " ' ' . Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. 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Selbst der frühere französisch« Außenminister Briand, dem von mancher Seite ein größeres Entgegenkommen Deutschland gegenüber nach gesagt worden ist, hat in Genf auf dem Völkerbund sick einmal sehr unwirsch gegen die „fortdauernden lästige « Beschwerden" namentlich der deutschen Minder- heiten geäußert. Auch der deutsche Versuch, 1930 im An schluß an die Annahme des Young-Planes mit Polen z« einer Verständigung zu kommen, durch die die Deutsche« lenseits unserer Ostgrenze wenigstens einigermaßen vo« den Polonisierungsmaßnahmen geschützt werden sollen scheiterte sehr bald. Neue deutsche Protestnoten mußte« im Völkerbund überreicht werden, und so ganz vergesse« ist es doch noch nicht, daß Ende des Jahres 1930 di, Reichsregierung wieder in Genf über die Wahlbeein flussung, über Gewaltakte, und vor allem über das Ver- sagen des behördlichen Schutzes in Polen gegenüber de« deutschen Minderheit Beschwerde erhoben worden ist Erst dauerte es aber wieder in halbes Jahr, ehe man sich 'n Genf dazu entschließen konnte, diesen deutschen Be schwerden recht zu geben; die Rolle, die der damalig« Polnische Außenminister Zaleski vor dem Völkerbund spielen mußte, war wirklich nicht sehr beneidenswert! Außerdem mußte deutscherseits der International« Schiedsgerichtshof im Haag unaufhörlich an gerufen werden, der aber auch schließlich nur zugunsten der Deutschen Recht sprechen, ihnen aber kein Rech! verschaffen konnte. Die sogenannte Agrarreform gibt seit Jahre« den polnischen Behörden die Möglichkeit, deutsch« Güter zu enteignen, um sie zur Aufteilung zu bringen. Alle deutschen Proteste hiergegen haben zu nichts geführt, obwohl die Listen der zu enteignenden Güter in Pole« fast ausnahmslos deutsche Ramen aufwiesen. Beim Völkerbund hat man für die Behandlung der Minderheiten beschwerden vor einigen Jahren, angeblich zur Beschleu nigung der Prozedur, einen Ausschuß von drei Delegierte« gebildet, der aber auch nicht schneller arbeitet, als sei« Vorgänger, der Völkerbundrat, selbst es tat. Nun schlägi eine deutsche Note an alle Ratsmächte in Genf vor, „die ge samten seit Jahren vor dem Völkerbundrat anstehenden, das Deutschtum in Polen unmittelbar berührenden Frage« nunmehr zur endgültigen Entscheidung direkt vot den Internationalen Haager Schieds gerichtshof zu bringen". An und für sich bedeutet dieser deutsche Antrag nichts anderes als die Feststellung: Es istzwecklos geworden, in Genf den Minderheiten ihr Recht verschaffen zu wollen, denn dort spricht nicht das Recht das entscheidende Wort, sondern diePolitik. Als Deutschland vor sieben Jahre« Mitglied des Völkerbundes wurde, ist dies nicht zuletzl deswegen geschehen, weil die deutsche Regierung vor dem Forum in Genf den Übergriffen gegen die deutsche« Minderheiten entgegenwirken wollte. Wir haben dabei Enttäuschungen über Enttäuschungen erlebt, nicht bloß immer wieder mit den Polen, sondern mit einer noch weil empfindlicheren Form, z. B. in der Mem el frage. Ferner ist gerade jetzt in einem Prozeß, der in Warschau Segen einen bekannten polnischen Politiker geführt wurde, Massenhaftes Material darüber vor die Öffentlichkeit ge bracht worden, wie die polnischen Behörden, an ihrer Spitze der ostoberschlesische Woiwode Graczhnski, de« Kampf gegen das dortige Deutschtum führen. Alle deutschen Anstrengungen, über den Völkerbund unseren Volksgenossen jenseits der Grenze zu helfen, sind Zur Erfolglosigkeit verurteilt, weil selbst die Entscheidun gen des Haager Schiedsgerichtshofes von den polnische« Behörden oft genug einfach beiseitegelegt wurden. Dan« erscheint der betreffende „Fall" von neuem beim Völker bundrat und kann dort wiederum eine lange, aber ver gebliche Leidenszeit der „Behandlung" durchmachen. Zu dieser Art, das Recht der Minderheiten zu miß- bandeln, obwohl es im Völkerbundstatut und zahlreichen Verträgen feierlich „niedergelegt" ist, paßt es ganz aus gezeichnet, wenn im Präsidium der Abrüstungskonferenz ber tschechische Außenminister Benesch die gegen die Regierungen ihres Landes beschwerdeführenden Minder heiten mit jenen Landesverrätern auf die gleiche Stufe stellte, die dem zukünftigen internationalen Kontroll- uusschuß über geheime Rüstungen des eigenen Landes Mitteilungen machen und dafür — Straflosigkeit haben würden! Die Millionen Deutscher, die durch die Grenzziehungen der Pariser „Vororts"-Verträge von der deutschen Heimat abgerissen worden sind, erfüllen ihre staatlichen Pflichten aufs peinlichste: doch was sie auf Grund der „Ver träge" zu fordern haben, ist die Möglichkeit, an der deutschen Sprache und der deutschen Kultur festzuhalten, w der sie geboren sind. ^WMMMMWWWIWNWMWMMWWlllMUWWWWIWMWMlM Gebt zu der Winterhilfe! Ms-Mimle Absage aa Weicher. Sie Verhandlungen der Parteien. Bleibt es bei der Reichstagssitzung? In Anbetracht des Zusammentritts des Ältestenrats des Reichstages am kommenden Freitag bemühen sich dir Reichstagsfraktionen, nach Möglichkeit eine Klärung der politischen und parlamentarischen Lage bis zu diesem Zeitpunkt herbeizuführen. Au diesem Zweck haben auch am Dienstag weitere Verhandlungen zwischen Vertreter« der Nationalsozialisten und der Deutschnationalen au! der einen Seite und von Nationalsozialisten und Ab geordneten des Zentrums auf der anderen Seite statt gefunden. Hitler, der Berlin bereits wieder verlassen hat, hat den nationalsozialistischen Reichstagsabgeordnete« Göring und Frick Berhandlungsvollmachtcn erteilt. Aller dings werden die Erfolgsaussichten zur Bildung eine« parlamentarischen Regierung noch immer sehr gering ein geschätzt. Bei den Besprechungen zwischen den Parteien spiel: auch die Frage eine Rolle, ob etwa die für den 31. Janua« angesetzte Vollsitzung des Reichstages nochmals verschoben werden könnte. Die Reichsregierung hat zwar in ihre, letzten Sitzung des Ältestenrats erklären lassen, daß sie un bedingt auf die Klärung des Verhältnisses vom Reichstag zur Reichsregierung Wert lege, und daß sie einer längere« Verschiebung der Reichstagssitzungen nicht zustimmen könne. Doch tauchen neuerdings wieder Gerüchte auf, daß das Reichskabinett sich vielleicht doch noch mit dem Vor schlag einverstanden erklären würde, die nächste Sitzung des Reichstages erst dann abzuhalten, wenn der Reichs haushalt für 1933 mit zur Beratung vorliegt. Diesen Vor schlag haben bekanntlich die Nationalsozialisten in der letzten Sitzung des Ältestenrates gemacht, ohne daß er aller dings bei den anderen Parteien auf Gegenliebe gestoßen wäre. Weiterhin wird auch wieder der Gedanke eines Burgfriedens erwogen, der in Kraft treten soll, falls die Verhandlungen der Mehrheitsparteien doch wieder scheitern sollten. Durck einen solchen Burgfrieden will man evtl Neuwahlen hin ausschieben, falls der Reichstag bei Annahme eines Miß trauensvotums gegen die Negierung Schleicher aufgelöst werden sollte. Alle diese Pläne befinden sich aber noch im Stadium der Beratung. Unterdessen wird in der Öffentlichkeit weiter leb haft über die Frage des Staatsnotstandes diskutiert, der dann eintreten würde, wenn sich im Reichs tag keine Mehrhk?t zu praktischer Zusammenarbeit finden würde. In der Presse der Rechten wird die Meinung ver treten, daß bei einer solchen Lage der Reichspräsident berechtigt sein würde, den Reichstag nach Hause zu schicken, ohne vor der Hand Neuwahlen auszuschreiben, da ein arbeitsfähiger Reichstag nicht zustande komme In den Blättern des Zentrums und der Linken wird indessen gegen solche Pläne lebhafter Widerspruch laut da sie nach Auffassung dieser Kreise mit der Verfassung nicht zu ver einbaren wären. Die Reichsregierung läßt im übrigen betonen, daß sie keine Erwägungen über die Erklärung eines Staatsnotstandes anstelle. Aus sonst gut unterrichteter Quelle verlautet indessen, daß im Schoße der Reichsregierung, falls alle anderen Möglichkeiten versagen würden, die Erschließung eines neuen verfassungsmäßigen Weges erwogen wird, wobei man sich nicht an den Begriff Staats notstand zu halten brauche. An welche neuen Wege hierbei gedacht ist, wird noch nicht verraten, doch ist es nicht aus geschlossen, daß man vielleicht an ein Volksbegehren oder ähnliches denkt. Absage der Oeuischnationalen an Schleicher. Die deutschnationale Reichstagsfraktion veröffentlicht zur innenpolitischen Lage eine Entschließung, deren wesent licher Inhalt bereits am Sonnabend dem Reichskanzler von Schleicher bekanntgegeben worden war. In der Ent schließung heißt es: Die Reichstagsfraktion der Deutschnationalen Volks partei ist der Auffassung, daß eine grundsätzliche Ent scheidung in einer Reihe von Lebensfragen der Nation, insbesondere eine durchgreifende Lösung der schwebenden Wirtschaftsfragen erforderlich ist, um der unerträglichen sozialen Not zu steuern. Dazu mutz in erster Linie eine vollständige Neubildung des Kabinetts erfolgen, um die erforderliche Schlagkraft und die Einheit lichkeit der Rcgiernilgsführung, und zwar namentlich der Wirtschaftspolitik, sicherzustellen. Allzu lange dauern schon jetzt die mit der Demission des Papen-Kabinetts be gonnene«« Verhandlungen und Besprechungen in Berlin, um noch Verständnis beirn Volle zu finden. Die an sich schon so großen Gegensätze im Lande ver tiefen sich immer weiter. Der unnatürliche Gegensatz zwischen Stadt und Land wird vertieft, während eine wahrhaft fruchtbare Wirtschaftspolitik nur auf der Grundlage des Bewußtseins geführt werden kann, daß Stadt und Land eine un* trennbare Schicksalsgemeinschaft bilden. Ohne ein Wiederansteigen der nationalen Güterproduktion und damit der Arbeit und der Kaufkraft ist die Lage des deutschen Volkes nicht zn verbessern. In der Wirtschafts politik wird ein neues Abgleiten in sozialistisch- internationale Gedankengänge immer deutlicher. Eine besondere Gefahr bedeutet es, wenn man Gegensätze zwischen groß und klein vor allem in der Landwirt schaft entstehen läßt und dadurch die Gefahr eines Bol schewismus auf dem flachen Lande hervorruft. Überall taucht der Verdacht auf, daß die jetzige Reichs regierung nichts anderes bedeuten werde als die L i q u t- dation des autoritären Gedankens. Von dem Zeitpunkt der Demission des Kabinetts Papen hat die Deutschnationale Volkspartei vor einer solchen Entwicklung ständig gewarnt. Die deutschnationale Reichstagsfraktion gibt erneut ihrer Überzeugung Aus druck, daß die Staats- und Wirtschaftskrise nur durch eine starke Staatsführung überwunden werden kann. ck Sie Reichsrealeruna zur Absaoe der DkuWnationalen. Wie von zuständiger Stelle mitgeteilt wird, wird die Negierung aus die heutige vcutschnationale Erklärung bei passender Geleaenbeit antworten. In Kreisen, die der Regierung nahestehen, erklärt man, die Erklärung sei Wohl die Quittung daraus, daß der Kanzler nicht bereit sei, die Deutschnationalen in die Regierung hineinzunehmen. Was die Bemerkung über sozialistisch-internationale Ge- dankengänge der Regierung anbelresse, so frage man sich ob damit vielleicht die Lösung von Zollbinvungen ge meint sei. Jnsoiern sei die Erklärung allerdings zu be grüßen. als dadurch eine wenn auch negative Klärung der politischen Lage eingetreten sei, da die Deutschnatio- nalen nunmehr der Regierung eine Absage erteilt hätten. Weitere SV Millionen für Hausreparaturen« Kn der am Dienstag stattgefundenen Kabinettssitzung ist beschlossen worden, weitere 5V Millionen Mark fÄ Hausreparaturen zur Verfügung zu stellen. Der Reichsminister für Ernährung und Landwirt schaft wird nunmehr in Übereinstimmung mit dem Rcichskommissar für Arbeitsbeschaffung weitere 2ll Millionen Mart zur Ausführung von landwirt schaftlichen Bodenverbesserungsarbeiten im Rainnen des Arbeitsbeschaffungsprogramms zur Ver teilung bringen. Insgesamt sind demnach auf Grund der Notverordnung vom 14 Juni 1932 für landwirtschaftliche Meliorationen 45 Millionen bereitgestell« worden. Für den gesamten Kreditbetrag von 45 Millionen Mark ist es durch Entgegenkommen des Reichsministers der Finanzen möglich geworden, die Darlehensbedingungen auf 3 Pro zent Zinsen, 0,5 Prozent Verwaltungskosten und 3,24 Pro zent Tilgung (nach drei Freijahren), d. h. um insgesamt 3!^ Prozent, zu ermäßigen. Anfang Februar Vergebung von Aufträgen aus dem Sofortprogramm. Die ersten Aufträge aus dem 500-Millionen- „Sofortprogramm" des Reichskommissars werden in der ersten Februarwoche vergeben werden. Die von der Reichsbahn vorgesehenen 280 Millionen sind bereits vergeben worden, davon 132 Millionen an die Reichsbahn- direktionen, während der Rest zentral vergeben worden ist. Auch die R e i ch s p o st, die für das Arbeitsbeschaffungs- Programm 34 Millionen angesetzt hatte, hat ihre Aufträge bereits vergeben. Dazu kommen noch die weiter be schlossenen, jetzt bewilligten 50 Millionen Mark für die Hausreparaturen. Ser.WuWlan' RmSnienr mit dem Dölberbmd MaWert. Genf, 24. Januar. Die seit dem September vorigen Jahres geführten Verhandlungen zwischen der rumänischen Re gierung und dem Finanzausschuß des Völkerbundes habe« nunmehr zur Paraphierung eines Abkommens geführt, das in den nächsten Tagen dem Völkerbundsrat vorgelegt werden wird.