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MsdrufferTageblalt Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtsharrptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 2ü Rpfg., die 1 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 4ü R^ch», Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisrmgsgebühr 20 Reichrpfennige. geschriebeneErscheinungs- —, , * tage und PlatzvorschnM« Mrrdcn nach MösNch»«,« Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 d»ü-kfich»,l. °nvai>m-bi--'orm.I0Uhr. — — — Für die «ich«,keil Ker durch Fernruf üdermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. JederRabattansprvch erlischt, wen» derBetrag d»rch Klage eingezogen werden muß oder derAustraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, ü-, .Wilsdruff» T-,ebI-tt- -nchtwi -n -llen Wrrdi-x-n nachmittags S Uhr. Bezugspreis: Bei Abhalun, in »n o -schSftsstelle und den Ausgabestellen 2 AM. IM Mo aal, dkl Kuftellun, durch die Boten 2,zu RM., bei PoftbesteUung Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend SienkL^ ^ägrrundGeschäftsstellen ', ", . - nehmen zu jeder Zeit Be- eüuugen entgegen. Im Faue höherer Gewa.t, Kiueg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch aus Lieferung " ntung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Nr. 85 — 88. Jahrgang Lelegr.-Adr.: »Amtsblatt* Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Donnerstag, den 10. April 1S30 » Fördert die Ortspresse Staat und Wirtschaft. Kritische Tage — und das nicht bloß für Kabinett und Neichstag. Kritische Tage — nicht minder für die Wirt schaft, für Arbeitgeber, die auf Besserung der Konjunktur hoffen, und für das Massenheer der Arbeitnehmer, die aus dem Produktions- und Verteilungsprozeß ausscheiden mußten und wieder mit allen Kräften dorthin zurück drängen. Probleme über Probleme verschiedenster Art, Politischer und wirtschaftlicher Natur — und auch diese wieder in- und durcheinandergchend, sich bedingend, von einander abhängend. Verwischen sich die Grenzen zwischen .Staat und Wirtschaft" — ein Thema, über das, ohne sonderlich dadurch erheblich an Klarheit zu gewinnen, so unendlich viel geredet und geschrieben worden ist. Und das um so brennender wird, je mehr allein schon die Wirtschaft oder wichtige Teile von ihr hinausstrebcn, Bindungen eingehen über die Grenzen des eigenen Staates hinaus. Was kann der Staat von „der Wirtschaft" verlangen, was umgekehrt die Wirtschaft vom Staat? Wieder einmal wird dieses schon in seinen Ausgangspunkten wechselnde Schema zum Hauptgegenstand der Verhandlungen gemacht, mu denen die 5 0. Vollversammlung des Deutschen Industrie- und Handelstages, also der Spitzenorganisa- der deutschen Handelskammern, eingeleitet wurde das diese Tagung überschattet. Daß die Verflechtung . dem Staat cils der geformten politischen Einheit ""^ Volles und der Wirtschaft als dem Mittel, Lebens- send° F" für das Volk zu schaffen, zu erhalten mit wach- eno ^evolkerungszahl auszubauen, ganz unzerstörbar g geworden ist, ergibt sich schon aus dem Charakter brnen Staates als eines Wohlfahrts- und vom Aus seinen sozialen Verpflichtungen, die .nehmer wie vom Arbeitgeber zum mindesten in miwiand als selbstverständlich anerkannt werden. Und aus der früheren „N a ch 1 w ä ch 1 e r r o l l e" des übn?/gegenüber der Wirtschaft — einer Rolle, die immer nur theoretische Forderung, nie völlige Wirtlichkeit blieb — fiel Stück um Stück ab, je mehr der Gedanke in Europa, dann in Amerika, jetzt auch n Asien die Wirtschaften der Völker erfüllt. Denn jetzt mit der Staat nach außen hin immer stärker als Vertreter leiner Volkswirtschaft auf und z. B. die Entwicklung der Mseitigen Hochschutzzollpolitik ist, von hier aus gesehen, alt eine Selbstverständlichkeit, der sich ja auch England angst nicht mehr verschloß. Weltwirtschaft wird zum Mls.ch durchtränkten, beeinflußten und schließlich auch vlsweilen regulierten Weltwirtschaftskampf der Staaten gegeneinander. In dieser Regulierung aber tritt auch wieder der Staat als Anwalt der Interessen seiner Volks wirtschaft auf. Auch der eigenen Wirtschaft gegenüber, weg er bei dieser Regulierung wirtschaftlicher Beziehun gen zu andern Völkern sehr oft eigene Widerstreitende Meressen ausgleichen muß zum Besten — oder wenigstens gesollt Besten — des ganzen Volkes und feiner Mit besonderer Deutlichkeit wurde auf dem Jndustrie- and Handelstag aber eine für Deutschland ganz singulär ^waltende Charaktersette des Verhältnisses zwischen ^taat und Wirtschaft berührt: Deutschland ist „Repara- iwnsstaat", hat politische, staatliche Bindungen eingehen Bussen für die Ausführung wirtschaftlich-finanzieller Leistungen. Daraus ergeben sich auch wieder weitgehende g r iff s r e ch 1 e des Staates in die deutsche Volks wirtschaft, haben sich freilich auch Absplitterungen von wfter an sich unbedingten staatlichen Hoheit gebildet in °er Reichsbank und der Reichsbahn. Leider aber ent gehen auch gerade von diesen beiden Seiten her aus Kunden ihrer reparationspolitischen Verpflichtungen Überaus einschneidende und bisweilen sehr wenig erfreu- "che Rückwirkungen auf die deutsche Wirtschaft. ... Und darüber hinaus auf das Leben und die Be engung des Staates als der politischen Organisations- wrm dxs veutschen Volkes selbst. Auf die Regierung, As den Reichstag und seine Parteien. Wenn zu den an wh schon vorhandenen Schwierigkeiten auch noch irgend- ^Ucher wirtschaftspolitischer Dogmatismus und unge- 'Under Egoismus hinzukommt — und beides erfolgt all- Mst —, dann messen sich die Kräfte dieser vorstoßenden ^Ue mit denen des übrigen Ganzen. Und jene siegten s? manches Mal — zum Unheil des wirklich Ganzen. die Frage ist ja ganz falsch gestellt: Staat oder Ortschaft? Denn der Mensch ist nicht nur Lebewesen, dem^^tt" nicht nur, sondern ist Teil seines Volkes, in hak lE. Beides überschneidet sich, aber beide Seiten äak ""dH die jeder von ihnen „eigentümlichen" Auf- öaä ' die aber wieder jedes von den beiden nicht ohne 's andere lösen kann. Am wenigsten in Deutschland. . »Ich vergleiche die Wirtschaft mit dem Herzen, das l-k durch die Adern des Staates treibt und ihn lebensfähig erhält," äußerte auf dem Industrie- und Pandelskammertag in treffendem Bilde der Reichs- "erkehrsminister Dr. v. Guörard, um mit Recht hinzu- Mgen: „Daraus folgt die absolute Verbundenheit von «>taat und Wirtschaft!" Ei«« SteMmMW der Regierung Sie diersteuererhöhung abgelehnt. Die Neichsregierung aus der Dcckungssuche. Für die Reichsregierung haben sich die Schwierig keiten, die notwendigen Mittel zur Balancierung des Etats zu verschaffen, abermals verstärkt. Der Steueraus schutz des Reichstages hat nach kurzer Aussprache die Biersteuererhöhung mit grotzer Mehrheit abgelehnt. Für dieVorlage stimmten nur das Zentrum, die DeutscheVolks- partei und die Demokraten. Die übrigen hinter der Re gierung stehenden Parteien lehnten gemeinsam mit den Sozialdemokraten, den Dcutschnationalen, den Kommu nisten und Nationalsozialisten die Vorlage ab. Nachher wurde die Vorlage über die Jndustrie- belastung für 1930 in Höhe von 350 Millionen (Fällig keitstermine 15. August 1930 und 15. Februar 1931) an genommen. Ein sozialdemokratischer Antrag, der Auf bringungsvorlage einen Artikel ll anzufügen, der für 1930 einen zehnprozentigen Einkommenzuschlag für Einkommen über 8000 Mark vorschreibt, wird mit sehr knapper Mehr heit (14 :13 bei einer Stimmenthaltung) abgelehnt. Da mit ist die Ausschußberatung der Deckungsvorlagen be endet. Außer den im Ausschuß abgelehnten Vorlagen über die Tabaksteuer und die Mineralwassersteuer ist nun also auch das Hauptstück des Steuerprogramms, die Bier steuer, deren Gesamtwert 370 Millionen Mark ausmachte, wovon 240 Mill. Mark das Reich und 130 Mill. Mark die Länder erhalten sollten, gefallen. Wie die Vollversammlung des Reichstages sich zu der Biersteuer stellen wird, bleibt noch abzuwarten. Allgemeine Beachtung rief der Empfang des Parteivorsitzenden der Bayerischen Vollspartei, Oberregierungsrats Dr. Schäffer, beim Reichspräsidenten in parlamentarischen Kreisen hervor, über das Ergebnis des Empfanges wurde kein amtlicher Bericht ausgcgcbcu. Bei der Unter redung zwischen dem Reichspräsidenten und Dr. Schäffer soll es sich in der Hauptsache um die Stellungnahme der Bayerischen Bolkspartei zur Bier steuer gehandelt haben Einerseits soll der Reichspräsi dent den Versuch unternommen haben, die Zustimmung der Bayerischen Volkspartei zur Bicrstcuer zu gewinnen, andererseits soll Dr. Schäffer dem Reichspräsidenten die Gründe dargelegt haben, derentwegen eine Annahme der Biersteuer für seine Partei unter keinen Umständen in Frage kommt. Das Reichskabinett ist am Mittwoch abermals zu einer Sitzung zusammengetreten, um sich mit der Frage zu be schäftigen, wie der durch Ablehnung der Biersteuer erhöhung entstandene Steuerausfall wieder eingebracht werden kann. Die Reichsregierung soll hierbei an eine stärkere Heranziehung der Umsatzsteuer denken. Ob ihr die Durchdringung dieses neuen Planes gelingen wird, bleibt noch abzuwarten. Jedenfalls war man am Mittwoch in parlamentarischen Kreisen nach wie vor recht pessi mistisch und das Wort Reichstagsauflösung schwirrte noch immer durch die Wandelhalle des Wallot baues. Das neue Steuerkompromltz Berlin, 9. April. Die Verhandlungen der Regierungs parteien mit dem Reichskabinett über die Finanzreform führten am Mittwoch abend zu einer Verständigung. Nur die bayrische Vvlkspartei hat sich dem Kompromiß nicht angeschlvssen. Das Kompromiß sieht die Erhöhung der Biersteuer um 50^ unter Freilassung der kleineren Brauereien bis zu 10 000 Hekto liter vor. Der Ertrag wird mit 148 Mill. Marl berechnet, wo von 93,2 Mill, an das Reich und 54,8 Mill, an die Länder gehen sollen. Die allgemeine Umsatzsteuer soll von 0,75^ auf 0,85?L erhöht werden. Hier wird mit einem Ertrage von 110 Mill, ge rechnet, wovon 77 Mill, das Reich und 33 Mill, die Länder er halten sollen. Schließlich soll eine Sondersteuer auf die großen Umsätze der letzten Hand, also eine Warenhaussteuer erhoben werden, und zwar in Höhr von 0,5 was einen Ertrag von 27 Mill, ergeben soll, wovon 19 Mill, auf das Reich und 8 Mill, auf die Länder entfallen. Die Steuer beginnt bei Umsätzen von einer Million Mark. Die übrigen Deckungsvorlagen werden auf recht erhalten und zwar die Tabaksteuernovelle in der Fassung, die sie vor der Ablehnung im Ausschuß erhalten hat, also Zah lung von A Vewaltungskostenbeitrag für die Zigarrensteuer- läger. Insgesamt wird mit einem Ertrage von 532 Mill, gerech net, wovon das Reich 356Z Mill, und die Länder 175,8 Mill, erhalten sollen. Auf die Länder entfallen also 5,8 Mill, mehr als nach dem ursprünglichen Deckungsprogramm. Das neue Kompromiß wird am Donnerstag von den Partei führern unterzeichnet werden und soll um 15 Uhr dem Reichstag versiegen. SeuWnaüonale und ReWregierung. Stellungnahme der deutschnationalen Partetvertretung. Im Anschluß an die Vorstandssitzung trat die Partei- Vertretung der Deutschnationalen Polkspartet zusammen. In den Vorstand wurden neu hinzugewählt: Graf Westarp, dessen Mandat mit seinem Rücktritt als Vorsitzender der Retchs- tagsfraktion erloschen war, Bürgermeister Berndt, M. d. R., ferner als Arbeitervertreter Landtagsabgeordneter Martin und Reichslagsabgeordneter Wolf, als Vertreterin der Frauen Frau von Tiling, M. d. L-, und als Jugendvertreter oanck. jur. Sträde. Daraus hielt der Parteivorsitzende einen eingehenden Vortrag über die politische Lage, insbesondere über die Arbeit der deutschnationalen Reichstagsfraktion in den letzten Wochen. Die Verkoppelung des Landwirtschaftsprogramms mit dem Finanzprogramm lehnte die Partei ab. Es kam zum Ausdruck, daß die Er leichterungen, die der Landwirtschaft im Agrarprogramm ge geben werden sollen', durch steuerliche Belastungen und damit durch Verteuerung der Betriebsmittel wieder wettgemacht würden. Die von dem Kabinett geforderten Zölle würden im übrigen im Augenblick nur den Händlern zugute kommen, da die Landwirtschaft kein Getreide mehr in den Händen hat; wer jedoch nach der nächsten Ernte die Be stimmungen über die Gleitzöllc auszuführcn habe, sei gänzlich unbestimmt. Es wurde endlich eine Entschließung gefaßt, in der die Parteivertretung Dr. Hugenberg und Dr. Obersohren ihr Ver trauen aussprach. Vor neuen Politik das Schicksal der Wirtschaft. Jubiläumstagung des Industrie- und Handelstages. Der Deutsche Industrie- und Handelslag trat in Berlin unter dem Vorsitz seines Präsidenten Franz von Mendelssohn zu seiner 50. Vollversammlung zu sammen. Von den Versammlungsteilnehmern sah man den Reichswirtschaftsminister Dietrich, den preu ßischen Handelsminister Schreiber, den Reichsbank präsidenten Luther, den Generaldirektor der Reichs- bahn, Dorpmüller, sowie zahlreiche Vertreter der Landesregierungen, des Reichsrats und des Reichstages, der Reichs- und Staatsbehörden, der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft, der Presse sowie endlich der deut schen Industrie- und Handelskammern und der deutschen Auslandshandelskammern. In seiner Begrüßungsansprache betonte Franz von Mendelssohn, daß der Pessimismus, der vielfach hinsichtlich der wirtschaftlichen Zukunft bestehe, nicht recht zu behalten brauche, wenn endlich ein fester, erfolgverbürgender Wille der politischen Führung die große Wendung zu einer folgerechten Politik der Wirtschastsstärlung zugunsten aller Volksgenossen finde. Statt der oft gebrauchten Antithese „Die Politik ist das Schicksal" oder „Die Wirtschaft ist das Schick sal" gelte gerade jetzt der Satz: „Die Politik ist das Schicksal der Wirtschaft" und damit des ganzen Volkes. Reichswirtschaftsminister Dietrich, der nach Franz von Mendelssohn das Wort ergriff, überbrachte die Glück wünsche der Reichsregterung. Er führte aus, daß die Tagung unter eigenartigen Verhältnissen stattfinde, da sic nicht nur in eine starke Depression, sondern auch in Aufgaben eine schwere politische Krise falle. Er sei der Meinung, daß wir zu einer dauernden Senkung der direkten Steuern, insbesondere der Realsteuern, nur dann kommen können, wenn die Besteuerung des entbehrlichen Konsums in Deutschland aus der ganzen Linie ausreichend ausgebaui sei. Völlig unmöglich sei es, daß die Biersteuer nur 400 Millionen Mark bringe. Die Arbeitslosen müßten gegen Hunger und Noi geschützt werden. Trotzdem müsse aber festgestellt werden daß ein Teil der heutigen Arbeitslosigkeit die Folge des Systems der Arbeits losenversicherung sei Der Minister aing alsdann auf die Notlage der Landwirtschaft ein. Er glaube, daß durch die letzte Zollnovelle vom 26. März ein Schutz der inländischen Körnerproduktion erreicht sei, der ausreiche. Die Ermächtigung, die die Neichsregierung bekommen solle, die Zölle im Bedarfsfälle zu erhöhen oder herabzusetzen, könne nur noch den Zweck haben, dann einzu greifen, wenn die in den Hauptprodukttonsländern aus gestapelten Getreidemengen planlos aus den Weltmarkt gc- worfen werden sollten. Das Entscheidende zur Besserung der Lage der Landwirtschaft liege jedoch bei der Frage der Drosselung der Zufuhren Die Lösung dieses Pro blems werde erschwert durch den Gegensatz zwischen den Interessen des deutschen Ostens und denen des Westens und Südens. Man müsse versuchen, die Produktion des Ostens zu schützen, ohne den Westen und Süden zu schwächen. Der Minister wies dann darauf hin, daß man noch mehr als bisher bei der Handelspolitik das Augenmerk auf die Oststaaten richten müsse, die bereit seien, unsere Waren abzunehmen. Unter diesem Gesichtspunkte müsse man auch unsere Handelspolitik gegen über Polen und Rumänien werten. Der Minister