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z-nch>r-ch-r k Wochenblatt für Wilsdruff und ftmgegend p.stfch««m^ Sre«»m r«4» Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts zu Wilsdruff, des Stadtrat» zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt nnd des Finanzamts Nossen. Verleger >m» DruSer: Arthur Asch —»e in Wüs»r»ff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide 1« Wilsdruff. Nr. 128 Sonnabend Len 3. Juni 1922. 81. Jahrgang Kleine Zeitung für eilige Leser. * Die Revarationskommission hat die deutsche Note mit der Mitteilung beantwortet, daß das teilweise Moratorium für Deutschland unter gewissen Vorbehalten bis Ende des Jahres verlängert wird. * Nach Pariser Meldungen beabsichtigt der Anleiheausschuß vor seiner Entscheidung neue Erhebungen über die wahre Zah lungsfähigkeit Deutschlands anzustellen. * Lloyd George hielt im Unterhause eine Rede über das Reparationsproblcm, worin er zugleich den Friedensverlrag und eine Politik der Mäßigung gegen Deutschland verteidigte. * Die meisten Mitglieder der Reichsregierung haben Berlin zu einem kurzen Pfiugsturlaub verlassen. Der Reichskanzler hat sich nach Freiburg i. Br. begeben. * Bei einer Grubenexplosion in der Nähe von Essen fanden 18 Bergleute deu Tod, 30 wurden schwer verletzt. Ser Zahlungsaufschub für 1922. Die Entscheidung der Reparationskommifsion. — An« nähme der deutschen Note mit Vorbehalten. — Aufschub auf Widerruf. Obwohl -re deutsche Note an die Reparationskom- Mission, in der wir Ausgleich des Haushalts, Festlegung der schwebenden Schuld, neue Steuern und eine Finanz kontrolle (also im wesentlichen alle seinerzeit abgelehntett Forderungen vom 21. März) zugestanden haben, der Re- parationskommission eigentlich keine Wünsche mehr uner füllt ließ, um so mehr, als Minister Hermes diese deutsche Note in Paris verabredet hatte, ist man in Paris doch der Ansicht gewesen, daß hier und da doch noch eine Kleinig keit an der deutschen Antwort auszusetzen sei und daher die selbstverständliche Zustimmung nur mit Vorbehalten gegeben werden könne. In einer neuen Note vom 31. Mai hat die Kommission der deutschen Regierung ihre Ent scheidung mitgeteilt. Sie spricht zunächst ihre Aner kennung (!) dafür aus, daß das, was die deutsche Re gierung bereits getan hat, und die neuen Maßnahmen, zu deren Ergreifung sie sich verpflichtet, eine ernstliche Anstrengung bilden, um den Forderungen der Kom mission zu entsprechen. Infolgedessen beschließt sie, den am 31. März bewillig ten vorläufigen Aufschub für einen Teil der wäh rend des Jahres 1922 zu bewirkenden Zahlungen zu b e - (tätigen; dieser Aufschub für das Jahr 1922 wird also mit dem 1. Juni endgültig. Die Kommission nimmt davon Kenntnis, daß wegen verschiedener Abmachungen eine Fühlungnahme zwischen der deutschen Regierung und dem Garantiekomitee statt finden wird. Sie vermerkt andererseits, daß die Vor schläge hinsichtlich der schwebenden Schuld von der deut schen Regierung nur für den Fall als geeignet betrachtet werden, in die Praxis umgesetzt zu werden, daß Deutschland eine ausreichende Unterstützung durch eine auswärtige Anleihe erhalten kann. Dieses an scheinende Anerkenntnis des deutschen Vorbehaltes, näm lich, daß unsere Zugeständnisse von der Anleihe abhängig sind, wird jedoch sofort wieder eingeschränkt. Es wird nämlich erklärt, daß der hiermit bestätigte Aufschub in jedem Augenblick widerrufen werden kann, falls die Kommission später zu der Überzeugung gelangt, daß Deutschland es an der Erfüllung der festgesetzten Be dingungen fehlen läßt, oder falls Deutschland in Er ma n g e l u n g der auswärtigen Anleihe die Maßnahmen zur Begrenzung der schwebenden Schuld nicht ausführen sollte. Diese Erklärung bedeutet ganz zweifellos eine Ver schärfung der Situation und man wird versuchen, auf dem Wege mündlicher Verhandlungen in Paris diese Härten zu beseitigen und eine Anzahl anderer Zweifel zu klären. * Die Bedenken der Bankierkonferenz. Nach der Auffassung der in Paris tagenden Bankierkon, ferenz ist die deutsche Note zwar eine Grundlage für die Anleihe, jedoch müsse man sehr feste Garantien for dern. Anschließend kommt das Komitee Morgan zu der Über zeugung, daß es schwierig sei, einem Staat Vorschüsse zu geben, aus dessen Gesamtvermögen eine erste Hypothek von 132 Goldmilliarden laste, die noch durch die Kosten der Besatzungsarmee vermehrt würde. Das Komitee Morgan müsse deshalb die Gesamtheit der Neparations frage prüfen, befürchte aber natürlich, daß Poincars ihm ein neues „Verboten" entgegensetzen werde. Poincars hat bereits einen Brief an den Wiedergutmachungsausschuß ge richtet, um allerlei Bedenken gegen die deutsche Note geltend zu machen. Er bezeichnet die deutschen Zusagen als zu wenig präzis und wünscht, daß Deutschland die Ausgaben für die Wiedergutmachung in sein ordentliches Budget einstellt, statt sie durch Verweisung in einen Budgetanhang „sozusagen in zweite Linie zu schieben". Md George über die ErWuWNsM. Eine billige Anerkennung. — Amerika fehlt. Im englischen Unterhause hat Lloyd George eins große Rede über das Reparationsproblem gehalten, wobei er besonders eingehend auf die deutsche ErfüllungspolM! zu sprechen ram. Er freue sich, daß die deutsche Negierung lim wirklich bemühe, den Wünschen der Neparationskom mission entgegenzukommen. Die jetzige deutsche Regierung habe sich verpflichtet, ihr Bestes zu tun, um den Friedens- Vertrag auszuführen, und er glaube, sie bemühe sich ehr lich um seine Ausführung. Sie habe erheblichen politischen Schwierigkeiten entgegcnzutreten, und wenn sie diesen Schwierigkeiten begegne, wie sie es tatsächlich tue, so habe sie Anspruch auf jede Rücksicht und jeden Respekt, den man gewähren könne. Eine Politik der Nichterfüllung des Frisdensvertrages würde eine Politik des sofortigen Unheils für Deutschland sein. Ohne Frage würde Frankreichalleinvorgehen, wenn Deutschland dem Versailler Vertrage gegenüber irgend eine Mißachtung zeigen würde. Wenn eine deutsche Regierung an das Ruder käme, die dem Friedensvertrage Widerstand leisten wolle, so würde Frankreich bei der Aus führung seiner Bestimmungen nicht allein gelassen werden, sondern England und Frankreich würden zu sammen Vorgehen. Großbritannien trete ein für eine Politik der Mäßigung und auch für eine Politik der Erfüllung des Vertrages. Jedes isolierte Vorgehen seitens eines der Verbündeten würde unheilvoll sein für die zwischen ihnen bestehende Entente. Dann beklagte Lloyd George, daß Amerika sich seit Versailles gänzlich von der europäischen Politik zurückgezogen hat. Dadurch, daß Amerika dem Mechanismus des Versailler Vertrags fcrnblieb, sei das Gleichgewicht gestört worden, die Ma schinerie sei weniger wirksam geworden. Es sei dadurch ein Maß von Reibung entstanden, das nicht vorhanden ge wesen wäre, wenn die Vereinigten Staaten entweder dem Völkerbunde oder der Reparationskommission angehört hätten. Oösrschlesrscher Hilfsbund. Erhaltung deutscher Wirtschafts- und Kulturwerte. Vor einer Versammlung von Pressevertretern in Berlin hielt der Oberpräsident von Oberschlesien Bitta eine Ansprache über die Bedeutung des kürzlich gegründe ten Oberschlesischen Hilfsbundes. Dem Bund gehört eine Reihe hervorragender Persönlichkeiten an. Er hat die Aufgabe der Aufrechterhaltung, der Förderung und Stär kung aller deutschen kulturellen Bestrebungen in Ober-- schlesien, insonderheit aber des Schutzes des deutsch ver bliebenen Teiles von Oberschlesien gegen die Gefahren der gewaltigen von Osten herandrängenden Propaganda. Der Oberpräsident bezeichnete Vie sofortige Einleitung einer großen finanziellen Stützungsaktion aus allen Kreisen der Industrie, des Handels, der Finanz und der Landwirtschaft ganz Deutschlands als unerläßlich, falls nicht unwiederbringliche deutsche Wirtschafts- und Kultur werte endgültig und für immer verloren sein sollen. Hierbei unterließ es der Oberpräsident nicht, unter aus drücklicher Verweisung auf die bekanntlich eingelegte Rechtsverwahruug dennoch den unbedingten Willen der Reichsregierung zur loyalen Erfüllung des soeben ge schloffenen Genfer Abkommens, nachdrücklich und wieder holt zu betonen. Oberpräsident Mtta richtete einen dringenden Appell an die Vertreter der Presse, die Not Oberschlesiens niemals mehr zu vergessen und die gesamte Öffentlichkeit zur Un terstützung Oberschlesiens und zum Eintritt in den Ober- schlesischen Hilfsbund aufzurufeu. politische Rundschau. Deutsches Reichs Die Regierung in den Pfingstserien. Nachdem der Reichstag in die Ferien gegangen ist, verläßt jetzt auch die Mehrzahl der Mitglieder des Ne ich s- kabinetts Berlin zu kurzem Urlaub. Reichskanzler Dr. Wirth tritt eine Reise nach Konstanz und Freiburg an, von wo er voraussichtlich Mitte nächster Woche zurückkchrt. Auch Dr. Hermes geht einige Tage auf Urlaub. Das Ka binett hielt noch eine Chefbesprechung über das Nepara tionsproblem ab. Wann der Reichskanzler die Erklärung über die Reparations- und Anleiheverhandlungen im Reichstag geben wird, steht noch nicht fest, sondern hängt von dem weiteren Verlauf der Pariser Verhandlungen ab. Das Kabinett beschäftigte sich ferner mit dem Gesetzent wurf zur Behebung der Notlage der deutschen Presse, der der Reichsregierung schleunigst vorgelegt werden soll. Deutschland und Polen. Der neue Gesandte in Warschau, Ulrich Rauscher, überreichte sein Beglaubigungsschreiben mit einer deut schen Ansprache, in welcher er auf deu „Wunsch und Wil len der deutschen Regierung" hinwies, „Wege zwischen den Leiden Völkern zu bahnen, wie sie notwendig sind, im Interesse beider Teile". Das nachbarliche Verhältnis zwischen Deutschland und Polen bedürfe noch in zahlrei chen Fällen einer als gerecht empfundenen Regelung. Marschall Pilsudski drückte in seiner Antwort die Uberzempmg aus, der jetzige Augenblick lege zweifellos die Verpflichtung auf, für ein nachbarliches, friedliches Zu sammenleben endgültige Grundlagen zu schaffen. Er hoffe. Schweres Grubenunglück. Essen, 1. Juni. Auf dem Schacht Amalie der Gewerkschaft Helene und Amalie ereignete sich gestern abend ein Grubenunglück, oas auf eine Explosion zurückzuführen ist. Die Zahl der ver unglückten Bergleute beträgt nach den bisherigen Zählun gen 18 Tote und 30 zumeist nicht lebensgefährlich Verletzte. Acht Verunglückte befinden sich noch in der Grube. Die Rettungsarbeiten, zu denen eine ganze Anzahl von Rettungsmannschaften und Sanitätsabteilungen aus der näheren und weiteren Umgebung herbeigeeilt ist, ge stalten sich außerordentlich schwierig, da die Explosion in die Hauptrichtstrecke hineingetragen wurde und starke Zer störungen angerichtet hat. Es konnte daher nicht mit vcm Frisch-Wetter-Zug vorgedrungen werden. Die Ursachs der.Explosion ist noch nicht bekannt. Rach wie vor kein Zucker. Das Trauerspiel ohne Ende. Die Freigabe der Zuckereinfuhr aus dem Auslands hatte bei vielen notleidenden Familien die schwache Hoff- . nung aufleimen lassen, daß nun endlich im zuckerreichsten Lande der Erde, in Deutschland, auch auf sie ein paar Körnlein des so schwer entbehrten Stärkungs- und Nah rungsmittels fallen könnten. Diese Hoffnung scheint aber für absehbare Zeit wieder erlöschen zu müssen. Der Auslandszucker fließt keineswegs den bedürftigen Verbrauchern zu, während die Schokoladen- und Schnaps fabriken immer noch fröhlich und nach Kräften einzulagern vermögen. Wie in Berliner Blättern zu lesen ist, sind die in Hamburg lagernden großen Mengen amerikanischen Zuckers burtia von Agenten aufgekauft worden, ehe sie in daß die in Kürze beginnenden potnyiy-veuiMen Wirr- schaftsverhandlungen diese Grundlagen schaffen werden. Private Stellenvermittlung. Im Sozialpolitischen Ausschuß des Reichstages wurde das Arbeitsnachweisgesetz erledigt. Schwierig keiten ergaben sich noch in der Frage des Weiterbestehcns der privaten Stellenvermittlung. Die Sozialdemokraten wollen sie Lis spätestens 1931 wegfallen lassen, die Demo kraten sind dagegen der Meinung, daß man die bisherigen Stellenvermittler in ihrem Gewecke belassen müsse, aber keine neuen Konzessionen erteilt werden sollen. Das Ge schick des Gesetzes ist noch ganz unsicher, da mit zahlreichen AbäUderungsanträgen bei der Verhandlung im Reichstag selbst zu rechnen ist. Die Deutschenversolgungen in Oberschlesien. In Kattowitz kamen die Gewerkschaften allLr Richtun gen, polnische wie deutsche, in einer Sitzung zu sammen, um zu der durch den Ausruhr geschasfenen Lage Stellung zu nehmen. Es wurde übereinstimmend zum Ausdruck gebracht, daß die Terrorakte unter allen Umstän den zu verurteilen seien. Aus Vertretern der deutschen und der polnischen Gewerkschaften soll eine ständige Kom mission gebildet werden, die in engstem Zusammenwirken mit den in Frage kommenden Behörden und mit den be teiligten Arbeitgeberverbänden die Verhinderung der Terrorakte anstreben soll. Den Flüchtigen soll die Rückkehr an ihre alte Arbeitsstätte ermöglicht werden. In Laura- Hütte wurden Deutsche wiederholt beschossen. Deutsch-Osterreich. X Der neue Bundeskanzler zur Anschlußfrage. Der Nationalrat wählte die neue Regierung Mit Bundeskanz ler S e i p e l au der Spitze mit 101 Stimmen der Christ« lichO der Großdmtschew und der Bauernpartei gegen Stimmen der Sozialdemokraten. In seiner Pro- grammrede betonte Seipel, er sei den Anschlußabstimmun gen in einzelnen Bundesländern immer entgegengetrcten. Ob jemand meint, so sagte er, das deutsche Volk in Öster reich werde in der ihm durch den Staatsvertrag von St. Germain zugesicherten Selbständigkeit weiter leben, oder ob jemand glaubt, es werde iu eine größere nationale Einheit aufgehen — weiterleben müssen wir alle zusam- men, und wir müssen alles tun, was in unserer Macht steht, daß unser Volk leben bleibe. ' ' Aus Zn- und Ausland. Berlin. Der Gesetzentwurf betreffend die Erhebung einer Zwangsanleihe ist dem Reichstag zugegangen. Breslau. Die Übergabe Oberschlesiens wird etwa um den 10. Juni beginnen, und vorausgesetzt, daß keine Zwischenfalle eintreten, ungefähr vierzehn Tage beanspruchen. Die Grenze wird aber erst etwa am 1. Juli gezogen sein. Köln. Die Hauptversammlung des Katholischen Lehrer- Vereins der Provinz Rheinland hat gegen die wieder hervor- tretcnden Loslösungsbestrebungen im Rheinlands eine Erklärung beschlossen, wonach sie fest und unwandelbar zum Deutschen Reiche steht und die Jugend zur wahren Vol- kervcrsöhnung erziehen will. Newyork. Das amerikanische Staatsdepartement hat mit- «eteilt, daß die amerikanische Regierung unter Wiederholung ihrer Ansicht, daß der Haag nur die Fortsetzung der Genueser Konferenz fei, keine Möglichkeit sehe, eine Einladung dorthin anzunehmen.