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Erscheinen: Dienstag, Donnerstag und Sonnabend «it Ausschluß der Feiertage. Abonnement: Vierteljährlich 1 Mark. Großenhainer UMH Mngs- und AnzchMatt. Amtsblatt Inseratenannahme: Bis Tags vorher spätestens früh 9 Uhr. Insertionsbeträge von auswärts werden durch Postvorschuß erhoben. -er Kömgl. Amtshauptmannschaft, des Königl. Gerichtsamts und Stadtraths zu Großenhain. Redaction, Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. M L. Sonnabend, den 15. Januar 18S« Bekanntmachung. Da einer Mittheilung der Königlichen Amtshauptmannschaft Oschatz zufolge neuer dings ein in der Flur Gohlis verendet aufgefundener, bei der stattgefundenen thierärztlichen Antersuchung als toll erkannter Hund in rechts der Elbe gelegenen Ortschaften des Ver waltungsbezirks Oschatz sich Herumgetrieben, auch in den Dörfern Lorenzkirch und Cottewitz andere Hunde gebissen hat, so sieht sich die unterzeichnete Königliche Amtshauptmannschaft veranlaßt, für sämmtliche Ortschaften des Gerichtsamtsbezirks Riesa, sowie für die Ort schaften Kleintrebnitz, Gohrisch, Tiefenau, Lichtensee, Wülknitz, Streumen, Peritz, Mark- siedlitz und Roda des Großenhainer Gerichtsamtsbezirks Hundesperre bis zum I. April d. I. hiermit anzuordnen. Bis zu dem festgesetzten Tage sind daher innerhalb des vorbeschriebenen Territoriums alle Hunde eingesperrt zu halten, oder nur mit einem vorschriftsmäßig construirten und gut befestigten Maulkorbe versehen freizulassen, zu Vermeidung einer Geldstrafe bis zu Dünfzehn Mark. Die Gemeindevorstände der betroffenen Ortschaften haben über genaue Befolgung dieser Anordnung zu wachen, auch dafür Sorge zu tragen, daß während der Dauer der Hundesperre durch den Caviller oder die sonst hierzu bestimmten Personen die gesetzlich vorgeschriebenen Umgänge gehalten werden. Großenhain, am 8. Januar 1876. Die Königliche Amtshauptmannschaft. Pechmann. Bchnr. In der Nacht vom 27. bis 28. December vorigen Jahres sind von einem zum Rittergute Zschieschen gehörigen, oberhalb des Dorfes Zschieschen an der nach Pristewitz führenden Straße gelegenen Felde aus einer Kartoffelfeime circa 4 Scheffel Kartoffeln gestohlen worden. Zur Ermittelung des Thäters und Wiedererlangung des Gestohlenen wird dies hier durch bekannt gemacht. Großenhain, am 1l. Januar 1876. Das Königliche Gerichtsamt. SchrSder. Größel. Die englische Handelspolitik. In der Regel segelt das stolze Albion unter der kosmo politischen Flagge des Freihandels, namentlich wenn es sich darum handelt, den eigenen Fabrikaten die Staaten des Continents zugänglich zu machen. Ist doch England in dieser Beziehung mit gutem Beispiele vorangegangen, und hat alle feine Häfen geöffnet, damit auch die anderen euro päischen Länder ihre Fabrikate auf den englischen Markt bringen können. Freilich giebt es auch Leute, welche be haupten, es sei dies nur eine Lockspeise; denn der gewiegte Brille wisse sehr wohl, daß er bei Herstellung des Frei handels nichts einzubüßen habe. England sei allen Staaten der Welt durch seine Kapitalmacht, durch die günstigsten Productionsbedingungen, durch einen Höhepunkt der Fabri kation, dem kein Land der Erde sich vergleichen könne, so weit überlegen, daß Niemand mit ihm concurriren könne, und daß Niemand daran denken dürfe, mit ihm auf seinem eigenen Boden zu rivalisiren. Man hat darauf hingewiesen, daß England auf dem Gebiete der Industrie ein -Riese sei, mit dem verglichen alle anderen Länder nur als Pygmäen erschienen, die un gestraft mit ihm die Concurrenz nicht aufnehmen könnten. Es wird hervorgehoben, daß die englische Eisenindustrie unter den vorzüglichsten Bedingungen mehr producire, als alle übrigen Länder der Welt zusammengenommen, und in der Lage sei, mit Leichtigkeit seine Production noch zu ver doppeln; daß es mehr als das Doppelte so viel Spindeln für die Baumwollenproduction in Bewegung setzt, als alle Länder der Erde, und keines in diesem Zweige auf die Länge ihm gewachsen sei. Man weist ferner darauf hin, welche Vortheile England bisher aus der Durchführung des Freihandels in den Ländern des Continents davongetragen habe, wie es beispielsweise Deutschland, das einst in der deinen- und Wollmanufactur den höchsten Rang einnähm, ebenso wie alle anderen Länder überflügelt und gegenwärtig in Deutschland einen bedeutenden Absatzmarkt für die Pro ducts dieser Fabrikation gewonnen, während umgekehrt Deutschland von dem Freihandel Englands so gut wie gar keinen Nutzen gehabt habe. So stehen also die Grundsätze des Freihandels im Dienste der englischen Handelspolitik, um England zur Werkstätte der ganzen Welt zu machen und den andern Völkern die arkadischen Beschäftigungen zu überlassen, Korn und Wein zu bauen, während es selbst das schmutzige und mühselige Geschäft übernimmt, Eisen und Stahl zu fabriciren, und sich damit belastet, Kleider stoffe für alle Völker der Welt zu weben. - Nicht wahr, das ist praktischer Humanismus, den das fromme England an seinen Mitmenschen zu üben bereit ist? Nur Schade, daß es noch Leute giebt, die hinter dieser kosmopolitischen Larve nur den krassesten Egoismus sehen und darin die Begierde erkennen, alle Völker sich tributär ,zu machen und sie wie eine Citrone auszupressen. Hin und wieder tritt ein Kennzeichen der wahren eng lischen Handelspolitik zu Tage, entkleidet von dem Flitter staat der humanistischen Phrase! Jedes Mal, wenn Eng land seinen Colonialbesitz, das Fundament seiner Macht und Manufactursuprematie, auszudehnen im Begriff ist; wenn es mit echter Krämerschlauheit sich in den Besitz der Suez- Canal-Actien setzt, um zunächst den Handel von Egypten an sich zu reißen; wenn es dann die Ausfuhr von Tunis monopolisirt und den andern Völkern die Thür vor der Nase zuschlägt, um nach und nach Afrika für sich aus zubeuten, wie es jetzt Indien , Australien, Canada, Süd- Amerika ausbeutet; wenn es in jenen Ländern entweder die blühende Industrie vernichtet, wie in Indien, oder sie im Zustande von Weiden- und Agriculturländern erhält, um allein das Monopol dieser Märkte zu genießen und so auch fernerhin ihnen seine Jndustrieproducte aufzwingen zu können — dann immer kommt das wahre Gesicht Englands ohne die verhüllende Larve zum Ausdruck; jenen Ländern Hetzt es einfach die Pistole auf die Brust, während es für Europa sich als Menschenfreund gerirt und von Gleich berechtigung und Freihandel spricht. Tagesnachrichten. Sachsen. Das k. Ministerium des Innern veröffent licht das Verzeichniß über die diesjährige Besetzung der Beschälstationen rc. (Die Station Großenhain wird hier nach mit den Hengsten „Centaur", „Vernet" und „Xeno" besetzt; das Aufbrennen des Landgestützeichens erfolgt da selbst am 20. März von Vormittags 9 bis 11 Uhr.) Dem am Spätabend des 10. Januar in Leisnig infolge eines Schlaganfalles verstorbenen Ludwig Würkert widmet die „D. A. Z." folgende Worte: Es ist mit ihm ein Mann dahingegangen, der lange,Zeit im öffentlichen Leben thätig gewesen ist und auf dem Kampfplatze gestanden hat. In jüngeren Jahren war er als erzählender Schriftsteller in weiten Kreisen beliebt; er wirkte dann als Pfarrer erst in Mittweida, später in Zschopau. Weil er in feuriger Rede für die provisorische Regierung 1849 eingetreten, ward er wegen Unterstützung des Dresdner Maikampfes verurtheilt und verbrachte wohl über sechs Jahre im Zuchthause. Zu Anfang des vorigen Jahrzehnts war er Pächter des Hotel de Saxe zu Leipzig, in dessen Saale er mindestens einmal in der Woche eine oft sehr zahlreiche Hörerschaft durch Vor träge über die verschiedensten Gegenstände aus der Geschichte, Literatur und Politik zu unterrichten suchte. In der letzten Hälfte der sechsziger Jahre übernahm er das Amt eines Sprechers der freien Gemeinde zu Hanau und war als solcher trotz seines vorgerückten Alters mehrere Jahre in Westdeutschland thätig. Eine gleiche Stellung war ihm noch in den letzten Monaten wieder von einer freien Ge meinde in Preußen angeboten worden, er widmete jedoch seine letzten Jahre, in seine hiesige Heimath zurückgezogen, nur einer vielseitig schriftstellerischen Thätigkeit; unter an derem gründete und leitete er eine höchst freisinnige Zeit schrift „Freie Glocken", welche in der kurzen Zeit ihres Bestehens einen ganz namhaften Aufschwung erlangte, ihn aber auch als 75 jährigen Greis nochmals auf die Anklage bank führte und ihm eine Verurtheilung zu Gefängnißstrafe einbrachte, der sich nicht zu entziehen er fest entschlossen war, von der aber nun der Tod ihn befreit hat. In Bezug auf einen in den Blättern so oft erwähnten Vorfall in Bautzen hat das kgl. Gericht der 1. Infanterie- Division Nr. 23 jetzt folgende Bekanntmachung erlassen: Am Abend des 11. vor. Mon. sind in der Nähe von Bautzen, auf dem Wege von der Dresdner Straße nach dem Scharfen stege, ein junges Mädchen und ein junger Mann von zwei Soldaten mittelst hinterlistigen Anfalls schwer mißhandelt, namentlich aber das Mädchen lebensgefährlich durch Seiten gewehrhiebe verwundet worden. Nachdem es trotz umfas sender und sorgfältiger Erörterungen feiten der Militär- wie Civilbehörden bisher nicht gelungen ist, die Urheber jener rohen Gewaltthat zu ermitteln, so ergeht hiermit an Jedermann die dringende Aufforderung, etwaige Verdachts momente unverweilt bei der Bautzner Militär- oder der dortigen Stadtpolizeibehörde zur Anzeige zu bringen. Die Stadt Bautzen hat eine Belohnung von 300 Mark Dem jenigen zugesichert, welcher Umstände zur Anzeige bringt, die eine Ermittelung der Thäter herbeiführen. Am 11. Januar ist. wie man aus Bautzen meldet, aus dem Wege zwischen Cosel und Großcunitz ein 37 Jahre alter Mann aus letzterem Orte, der eine Frau und drei Kinder hinterläßt, erfroren aufgefunden worden. In einem Steinkohlenschachte zu Zwickau wurde am 12. Januar ein in Niederplanitz wohnhafter 21 jähriger Fördermann infolge plötzlichen Hereinbrecheus von Kohlen und Gestein verschüttet und augenblicklich getödtet. Deutsches Reich. Die preußische Regierung hat beim Bundesrathe beantragt, derselbe wolle seine Zustimmung ertheilen, daß beim Reichstage ein Antrag eingebracht werde, wonach der Reichskanzler ermächtigt wird, zum Zwecke der Errichtung des Reichstagsgebäudes über die Erwerbung der Grundstücke des Kroll'schen Etablissements in Berlin und einer angrenzenden Fläche des Thiergartens durch das Reich mit den Betheiligten in Verhandlung zu treten. Die Gründe für die Wahl dieses Bauplatzes erscheinen gegenwärtig um so durchschlagender, da alle übrigen Projecte sich als nicht ausführbar etwiesen haben. Die Vertheilunz der Bestände des Dotationsfonds an die Provinzialverbände und die Stadt Berlin wird noch im Lause dieses Monats erfolgen. Diese Bestände belaufen sich im Ganzen auf etwas mehr als 19 Millionen Mark. Bayern. Der wegen Einführung des Reichsgesetzes über die Civilehe in Bayern vom Papst erhobene Protest bezieht sich auf die Bestimmung im Art. 12 des Concordats, welcher von den geistlichen Ehegerichten handelt und welcher nach der Ansicht des Papstes durch das erwähnte Reichsgesetz verletzt sein soll. Sachsen-Weimar. In dem Rhöndorfe Frankenstein ist eine Typhusepidemie ausgebrochen, welche fast den vier ten Theil der Bevölkerung ergriffen hat; nahezu 4 Procent der Einwohnerschaft des kleinen Orts, der nur 566 Seelen zählt, sind gestorben. Die Armuth der Bevölkerung befördert das Umsichgreifen der Krankheit, obwohl die Ernteverhält nisse gerade in den letzten Jahren ziemlich gute gewesen sind, so daß von einem Hungertyphus nicht die Rede sein kann. Die Behörden und die Bevölkerung der Nachbarorte sind bemüht, den Nothständen möglichst Abhilfe zu schaffen. Schweiz. Dem deutschen Gesandten in Bern, Ge nerallieutenant v. Röder, ist es endlich geglückt, die Unter handlungen über einen allgemeinen Niederlassungsvertrag, welche auf die Initiative Deutschlands schon im Jahre 1868 angeknüpft worden waren, zum Abschlusse zu bringen, so daß die Unterzeichnung des Vertrags wohl schon in den nächsten Tagen stattfinden dürfte. Frankreich. Am 13. Januar ist eine vom gesammten Cabinet gebilligte Proclamation des Marschall-Präsiventen an das französische Volk erschienen, welche die aufrichtige Handhabung der constitutionellen Gesetze durch den Senat, die Deputirtenkammer und den Präsidenten der Republik betont; eine Revision derselben dürfte nicht stattfinden, be vor ihre loyale Handhabung erfolgt sei. Letztere erfordere eine conservative und doch liberale Politik. Mac Mahon fordert die guten Patrioten auf, sich um die Regierung zu schaaren; es gelte, Solche zu entwaffnen, die thatsächlich die öffentliche Sicherheit gefährdeten, und Jene zu entmuthigen, die durch der Gesellschaft feindliche Doctrinen und revolu tionäre Programme die Zukunft bedrohten. Der Marschall- Präsident schließt: „Ich strebte nicht nach der Gewalt, werde sie aber ohne Schwäche ausüben und rechne auf den Beistand Gottes und die Unterstützung der Nation." England. Die Eröffnung des auf den 8. Februar einberufeneu Parlaments findet diesmal durch die Königin in Person statt. Die Königin wird dabei von der Prinzessin v. Wales begleitet sein. Belgien. Die Nachrichten aus den Bergwerksdistricten sind keineswegs so alarmirend, als verbreitet worden ist. Allerdings sind 800 Mann Militär von Brüssel nach Charleroi abgegangen und anderen Truppen ist der Befehl zur Marschbereitschaft bereits ertheilt. Doch scheint es zum Aeußersten nicht kommen zu sollen, und auch die telegraphisch gebrachte Nachricht von dem bereits erfolgten Ausbruch von Feindseligkeiten, von Todten und Verwundeten, hat nach der „Jnvvpendance belge" noch keine Bestätigung erhalten. Allerdings ist von einem gegenseitigen Entgegenkommen noch nicht die Rede gewesen. Die Grubenbesitzer wie die Arbeiter halten an ihren Forderungen fest, nur in einzelnen Gruben ist die Arbeit wieder ausgenommen. Aber auch da, wo der Sinke noch in seiner ganzen Schärfe währt, verhalten sich die Arbeiter ruhig, selbst die Meetings werden nur sehr schwach besucht. Es sollen namentlich fremoe Arbeiter sein, die die einheimischen aufstacheln und ihre Köpfe mit socia-