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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.08.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-08-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930814028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893081402
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893081402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-08
- Tag 1893-08-14
-
Monat
1893-08
-
Jahr
1893
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vezngA.Pret» t, der tzaupt«kP»dttton »der de» tm Stadt, bezirk »ad de» Borortea errichteten An«, gabestellen ab geholt: vierteljährlich 4^0, hei tweimoliger täglicher Zustellung in« San« 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich L.—. Dtrrcte tägliche Kreuzbandiendung in« Ausland: monatlich 7.50. Die M°rgen-An«gabe erscheint täglich '/,7UH^ die Abeud-AuSgabe Wochentag« k Uhr. Redaktion und Expedition: AatzanneSgasse 8. Di« Erpeditiou ist Wochentag« ununterbroche» geöffnet von früh 8 bi« Abend« 7 Uh«. Filialen: Ott« Lle»m» Sorti«. (Alftcb HahuX UniversitätSstraße 1, L-nt« Lüsche. Aatharinenstr. 14, pari, und Nönigrplatz 7. Abend-Ausgabe. TliMlL Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Anzetgen-Pret- die S gespaltene Petitzeile SO Pfg. Neclamea unter dem Redaction«strich (4ae» K>alten) 50-4, vor de, Familieonachrichtr, (6 gespalten) 40-H. Gröbere Schriften laut »aserem Prri«. verzetchnib- Tabellarischer und Zissernsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), n«r «tt de» Morgen. Ausgabe, ohne Postbeförderao- SO.-., mit Postbesörderuag ^ 70.—» Ännahmeschluß s«r ^azei-en: Abeud.Au-gabe: vormittag« 10 Uhr. Morg«».Au-gabe: Nachmittag« «Uhr. Soun- und Festtag« früh '/,9 Uhr. Set deu Filialen und Annahmestellen je et« halbe Stunde früher. Anzeige» find stet« an dt, EzDehttta» zn richten. Druck und Verlag von L. V ot» t» Leipzig. ^?413. Montag den 14. August 1893. Amtliche Bekanntmachungen. Lekanntmachung. Um I. Oktober d. I. gelangt beim Unterzeichneten Polizeiamt die Stelle eitica Poltjeiassessors andenveit zur Besetzung. Ter Gehalt dieser Stelle beträgt zunächst 3000 Mark und steigt, wenn nicht besondere Gründe dem Aufrücie» entgegenslehen, alle zwei Jahre um je 150 bis zur Höhe von 4500 Mark. Nur solche Bewerber, welche die zweite juristische Staats prüfung mit Erfolg bestanden habe» und bereits bei königlich sächsischen Gerichts- oder Verwaltungsbehörden thätig gewesen sind, wollen ihre Gesuche unter Beifügung von Zeugnissen baldmöglichst bei Unterzeichneter Behörde einreichc». Lechz»:. am 12. August 1800. Las Poltzrtamt der Stadt Leipzig. v. R. 3020: Bretschncider. Politische Tagesschau. * Leipzig. 14. August. Die Caprivi-officiöse „Nordd. Allgem. Ztg." hat den Kummer erleben müssen, daß nicht sie, sondern die demokratische „Franks. Ztg." von Herrn vr. Miguel als ofsiciöse Verkünderm der Resultate der Arankfnrtcr Ftnanz- ministerconsrrenz auserseben wurde. Das ist, wie es scheint, an einer Stelle, welcher der Kummer der „Nordd. Allg. Ztg." zu Herzen geht, unliebsam vermerkt worden; zur Genug- tlmung erbalt das Kanzlerblatt die Erlaubnis!, seinen ober- osficiösen Stempel unter die bekannten Mittheilungen der „Franks. Ztg." zu setzen. Dieser Stempel bat folgende Form: „DaS Ergebnis der Berathungen der Finanzminister in Frankfurt a. M. ist als ein in jeder Hinsicht befrie digendes zu bezeichnen. Die Anschauungen der ver sammelten Staatsmänner über die Nothwendigkeit einer Neuordnung der Reichsfinanzen und der finanziellen Beziehungen des Reichs zu den Einzelstaaten zeigten eine üherraschendeUebereinstimmung. Aber — und dies ist das Bedeutsamere — nicht nur über die Noth wendigkeit einerReform, sondern auch über deren Ziele und Inhalt gelangte man in Frankfurt zur völligen Einigung. Nachdem diese Grundlage gewonnen war, erwiesen sich im weiteren Verlaufe der Verhandlungen die Schwierigkeiten, welche einer Verständigung darüber cnt- gegenstaridcii, auf welchem Wege man zu dem allseitig angestrebten Ziele gelangen könne, als nicht unüber windlich. Gerade in dieser Hinsicht machte sich der Werth des linmittelbaren Gedankenaustausches gellend. Selbstverständlich traten gewisse Verschiedenheiten der Interessen hervor; aber wie die Minister der Einzelstaaten ihre Aufgabe nicht darin erblickten, Sonder- interesseil ohne Rücksicht auf daS Neichsinteresse zu ver treten, so wurde andererseits auch nicht versucht, die Inter essen des Reichs ohne billige Rücksichtnahme auf das Interesse der Einzelstaaten geltend zu machen. Der Aus gleich wurde überall um so leichter gefunden, als bei näbcrer Erwägung überall hervortrat, daß ein Gegensatz zwischen beiden Interessensphären nicht besteht, daß tatsächlich vielmehr die wohlverstandenen Interessen der Einzelstaaten in vollem Einklänge stehen mit den Interessen des Reichs. So halte es anfangs den Anschein, als ob eS vielleicht schwierig sein würde, über die Besteuerung des Weins und des Tabaks eine Verständigung herbcizuführen. Nichts desto weniger ist es gelungen, auch in dieser Be- ziebung die Brücke zwischen Reichs- und Landcsintercssen zu schlagen und die Grundlinien der auszuarbeitenden Gesetzentwürfe festzustcllcn. Es verdient hervorgehoben zu werden, daß die Befürchtung einer zu starken Accen- tuirung des unitarischen Gedankens von keiner Seite in Frankfurt laut wurde. Die geplante Reform, im Großen wie im Einzelnen, steht mit dem Geist und Wortlaute der Verfassung des Reichs nicht nur im Einklang, sie darf viel mehr unbedenklich als ein Versuch bezeichnet werden, solche Ziele zu erreichen, welche von der Verfassung selbst gesteckt sind. Das Gelingen dieses Versuches wird wesentlich da von abhängen, ob die gleiche Ucbereinstimmmig, welche sich zwischen den Vertretern der verbündeten Negierungen in Frankfurt a. M. gezeigt hat, auch mit dem Reichstag zu erzielen sein wird." Neues ist, wie man siebt, in dieser Beglaubigung nicbt enthalten, sie stellt lediglich der „Franks. Ztg." das Zeuguiß aus, daß sie von der „geheimen" Conserenz prompt und zuverlässig unterrichtet worden ist. Ausfallen könnte in der vorstehenden Beglaubigung nur, daß sie die im Laufe der Verhandlungen hervorgetretenen Schwierigkeiten als „nicht unüberwindlich" bezeichnet. DaS sticht etwas von dem gebotenen Tone ab, in dem die Berichte der „Franks. Ztg." gebalten waren. Aber eS bestätigt dock nur die Annahme, daß die in Aussicht stehende Berliner September-Conferenz noch manche schwere Aufgabe zu lösen bat, bevor auf den in Frankfurt a. M. vereinbarten Grundlinien der Aus bau von Gesetzentwürfen errichtet werden kann. Die Ernennung des (Grasen PosadaivSky zum TtaatS- socrctair des ReichsschntzaintS bat, wie schon gestern er wähnt, alle Welt überrascht. Die einzige Ausnahme macht die „Köln. Ztg", die auch in diesem Falle daS Gras hat wachsen hören. Sie schreibt nämlich: „Er erfreut sich wegen seiner umfassenden Kenntnisse, seines Ver- wallungstalcntcs, seiner strengen Sachlichkeit und seiner liebens würdigen Umgangsformcn in der ganzen Provinz Posen eines aus gezeichneten Rufes. Und schon, als in den letzten Tagen der lüngslen Ncichstagssitzungen der bisherige Reichsschatzsccretair Frhr. von Maltzahn-Gülp sein Abschiedsgesuch eingercicht hatte, wurde von mehreren Seiten (?) die Aufmerksamkeit aus ihn als die zur Nachfolge geeignete Persönlichkeit gelenkt. Der Entschluß, aus dem liebgewoniienen, selbstständigen Provinzial dienst zu icheidcn und in den RcichSdienst Uberzutrcte», ist ihm nicht leicht geworden. Wenn er schließlich dem an ihn ergangenen Ruse gefolgt ist, so hat er damit sicherlich ein großes Opfer gebracht. Er hat es erst gethan, nachdem er sich, aS er vor einigen Wochen hier in Berlin war, über die Steuer reformpläne Miquel'S gründlich unterrichtet und sich mit ihnen einverstanden erklärt hatte. Die Ver tretung dieser Pläne, die inzwischen aus der in großer Einig keit abgeschlossenen Ministcrconsercnz in Frankfurt festere Gestalt ge- Wonne» haben, wird bekanntlich im Reichstag aus Wunsch des Reichskanzlers Grafen Caprivi Finanzininister Miguel über nehmen. So gewinnt Gras Posadowsky Zeit, sich in die innern Geschäfte deS Ncichsjchatzamts einzuarbeilcn und sich vor Allem rechtzeitig für die Vertretung des Reichshaushalts im Reichs tage vorzubcreitcn." Die Meldung, daß Graf PosadowSky sich mit den Stener- reformplänen Miquel'S einverstanden erklärt habe, ist selbst verständlich. Hoffentlich wird er sich auch mit dem einver standen erklären, was September-Conferenz und Bundesrath aus diesen Plänen machen werden. Vorläufig intercssirt in politischen Kreisen hauptsächlich die Frage, wie sich im Reichs tag die Co nservativen und das Centrum zu dem Manne stellen werden, der früher der frciconservativen Partei angehört hat. Einen etwas eigenartigen, fü/ den „Gefeierten" nicht gerade besonders schmeichelbasten Erguß widmet die Prager „Politik" dem österreichische» Ministerpräsidenten Grafen Taaffe aus Anlaß der Wiederkehr des Tages seines Amls- antritts. DaS czechische Blatt erinnert in diesem Artikel an die Thronrede des Kaisers Franz Josef vom 7. October 1879 und betont dann, Graf Taaffe müsse bei seiner bekannten Ehrenhaftigkeit selbst rückhaltlos zugestehen, daß es ihm nicht gelungen sei, das Werk zu vollenden, daS er so hoffnungsvoll begonnen. Er habe selbst dasjenige preisgegeben, was er mühevoll aufgebant, und Oe st crre ich stehe heute genau dort, wo eS vor Beginn des Regiments Taaffe gestanden: in sich zerrissen, von Parteiungen zerklüftet, erfüllt von der Unzufriedenheit seiner VolkSstämine und neuerdings von den „HcrrschaftSgelüsten" der Deutschen. Und warum, fragt die „Politik", haben sich die Zeiten wieder so ungünstig gcändcrt?Warllm mußGrasTaaffe sich am vierzehnten Jahrestage seiner Berufung sagen, daß seine Mission gescheitert sei? Hat er vielleicht nicht Glück gehabt, haben etwa schwere Schicksalsschläge, die er nicht zn bindern vermochte, daS Reich heimgesucht? Nein! Die Mission des Grafen Taaffe scheiterte an der Untreue an seinen eigenen Principien. Wenn ein Lichtpunkt die Aera Taaffe überstrahlt, so ist es daS persönliche Glück, daS ihn ganze vierzehn Jahre hindurch umlcuchtete und selbst den Neid der Götter heraufzubeschwören in der Lage war. Was er in Angriff nahm, glückte; aus den schwersten Kämpfen ging er unverletzt hervor. Seine Collegen fielen wie Halme von der Sichel, er blieb stehen und steht beute zu Anbeginn des fünfzehnten Jahres seiner Minister- Präsidentschaft fester denn ;c. Graf Taaffe vermochte nur durch sein früheres System, um welches sich die aulo- nomistische Majorität geschaart hatte, für Oesterreich dasjenige zu erringen, was er tatsächlich erreichte. Aber diese Erfahrung vermochte ihn nicht davon abzuhalten, sein System beiseite zu werfen und sich von der Majorität zu trennen, welche ibm und dem Staate so große Dienste erwiesen. Seit Jahren hat er diesen erprobten Weg verlassen und buhlt um die Liebe der Deutsch-Liberalen. Wie er sich gegen die früheren Vertreter des czechischen Volkes benommen, wie er sich jetzt darin gefällt, das ganze czechische Volk zu ignoriren, welche Auslegung der §. 19 der Staatsgrundgesetze heute nach vierzehnjähriger Herrschaft findet, davon wollen wir am Iubiläumötagc deS Grafen Taaffe schweigen. Wenn dieser aber zurückblickt auf seine mehr als dreijährigen Bemühungen, sich eine neue Majorität zu bilden, so wird er die Ueberzeuzung gewinnen, daß eS viel leichter ist, eine Majorität zu zerreiben, als eine solche neu zu bilden. — Wenn wir von dem Vorwurf der angeblichen Begünstigungen der Deutschen seitens deS Grafen Taaffe ab- scben, welcher Vorwurf sich in keiner Weise sachlich begründen laßt, so müssen wir dem Czechenblatte jedenfalls darin Recht geben, daß Graf Taaffe mit seiner „Bersöhnungspolitik" trotz mancher scheinbarer Erfolge thatsächlich ebensoviel wie der derzeitige Kanzler des Dcutjchen Reiches, Graf Caprivi, der, gleich ehrenhaft, wie Graf Taaffe, aber ohne sich auch nur ähnlicher Scheinerfolge, wie dieser, rühmen zu können, eS auch möglichst mit allen Parteien halten möchte und es deshalb im Grunde mit allen verdirbt, erreicht hat. In den Niederlanden plant, wie bereits gemeldet, die Regierung eine Wahlresorm. Indeß ist cs um dieselbe nickt zum Besten bestellt, und wenn nicht noch ein unerwarteter Zwischenfall eintritt, so steht zu befürchten, daß das neue Wahlgesetz überhaupt von der Zweiten Kammer schließlich ab- gelchnt wird. Schon lange dauert die Redeschlacht, doch hat die Vorlage Tak van Poortvliet's bisher weniger Befür worter gefunden. Tie Altliberalen und die Ultramontanen, Katholiken wie Protestanten, vereinigen sich im Widerstande gegen das allgemeine Stimmrecht; nur wenige, wie derKlerikale Schaepmann, würdigen die Gefahren, die aus einer Ablehnung 87. Jahrgang. entstehen können. Gerade so hervorragende liberale Ab geordnete wie MeeS, de Beausort, Rotzll und van Honten bekennen sich al« offene Gegner deS Gesetzes und sie hoffen, diesem das gleiche Schicksal zu bereiten, wie dem Bergansiu«- schen Kriegsdienstgesetze. ES verlautet sogar, die Zweite Kammer werde sich bis rum 15. September vertagen, ohne ihre Aufgabe erledigt zu haben, und eS wird schon von dem Rücktritte deS Ministeriums gesprochen. Der französische Gesandte in Bangkok, Pavie, ist, Wie bereits telegraphisch gemeldet, am 8. August nach der Haupt stadt des Königreichs Siam zurückgekehrt und hat seine Be ziehungen zur siamesischen Regierung wieder angeknüpft. E« hat hierbei nicht an den üblichen Kanonenschüssen und Em pfängen gefehlt und Alles ist in correcter Weise vor sich ge gangen. Die nun stattfindenden Verhandlungen zwischen Pavie und der siamesischen Regierung nehmen einen glatten Verlauf; letztere hat ohne Zögern Anordnungen getroffen, um die Bedingungen, unter denen Frankreich die Blockade ausgehoben hat, zu erfüllen. Es sind bereit« siame sische Commissäre nach Tschantabon abgegaogen, um die nöthigcn Vorbereitungen für die Occupation der Stadt durch die Franzosen zu treffen, für welchen Zweck die Truppen unter Befehl des Generals Duchemin bereit stehe«. Aus dem großen See, am Mekong, in Angkor und in Battan- bang ziehen sich die siamesischen Truppen langsam und in aller Ordnung zurück. AuS diesen Umständen glaubt man in Paris mit Recht schließen zu dürfen, daß die weiteren Ver handlungen mit Siam glatt verlaufen werden. Wenn man trotz dem den ErgänzungStruppcn, die sich bereits auf dem Wege nach Siam befinden, keinen Gegenbefehl gegeben hat, so läßt sich au« dieser Maßregel noch kein Schluß auf etwaige weitere feind selige Absichten Frankreichs ziehen. WaS die in Cambodscha herrschende Aufregung und die kriegerischen Neigungen des Königs Norodom betrifft, so ist die französische Regierung darüber durchaus beunruhigt, und sie glaubt nicht an die Möglichkeit, daß eS wirklich zum Kriege zwischen Cam- bodscha und Siam kommen werde. Im klebrigen wird, wie man in Paris versichert, Frankreich dem König Norodom nur friedliche Nathsckläge crtheilen, die er zweifellos befolgen wird, denn es ist nicht anzunehmen, daß er sich gegen seinen Pro- tector auslehnen werde. DaS ttalteatsche Bankgesetz ist, wie vorher von der Dcputirtenkammer, so nunmehr auch vom Senat an genommen werden und damit eine Streitfrage, welche die Gemüthcr in Italien lange Zeit heftig erregt hatte, glücklich aus der Welt geschafft. Ueber die Tragweite dieses Gesetze«, die für daS Geldwesen Italien« heilsamen Wirkungen, welche von demselben erwartet werden können, sowie über gewisse diesem Gesetz anhaftende Unvollkommenheiten ist seit dem Zeitpunkte, wo die Vorlage der Ocffentlichkeit übergeben wurde, so viel gesagt und geschrieben worden, daß eS als überflüssig erscheint, neuerdings eine Beleuchtung des Gesetzes zu unter nehmen. Der Anlaß mag vielmehr benutzt werden, um aber mals die wichtige Rolle zu betonen, die der italienische Senat infolge seines Arbeitseifers im parlamentarischen System des Königreichs spielt. Es bekundet unstreitig ein nicht geringes Maß von Opfcrwilligkeit und patriotischem Pflichtgefühl, wenn die zumeist in höherem Alter stehenden Mitglieder dieser Körperschaft mitten in der wahrhaft tropischen Hitze deS Hochsommers, wo Jeder gern Rom fernblcibt, sich in großer Anzahl durch mehr als eine Woche zu lange andauernden Beratbungen vereinigen, um ein ihnen vorgclegteS Gesetz auf- Gewissenhafteste in allen Einzelheiten z» prüfen und mit nicht erlahmendem Interesse überall, wo ihnen die« geboten schien, ihren von den Beschlüssen der Kammer ab weichenden Standpunct zu wahren.Ueber zweihundert Senatoren Feirillrtsi,. In des Reiches Ostmark. 14s Roman von B. W. Zell. Nachdruck Verbote». (Fortsetzung.) „Ich sehe es Ihnen an, lieber Freund, daß cS nicht dieser plötzliche Krankheitsfall allein ist, der Sie bewegt. Es müssen besondere Umstände damit verknüpft sein, und Sie wissen, daß Sie mir Alles sagen dürfen", begann er voll Theilnahme. George hatte sich, erschöpft von seelischer Erregung, müde auf einen Stuhl sinken lassen und starrte vor sich bin. „ES ist so ungeheuerlich, was ich zu berichten habe, daß sich die Zunge sträubt, cS auSzusprcchen", sagte er matt. „Wie klingt es grausam, und doch ist es die volle Wahrheit, dieser zu erwartende Todesfall wird die einzige und beste Lösung der schwerwiegenden Conslicte sein, die Leczynski in seinem gewissenlosen Leichtsinn beraufbeschworen. Könnte er denn welker leben mit dem Wortbruch, dein ganzen schmählichen Verrath gegen Sie?" Als der Graf ihn verstandnißlos anblickte und um eine Erklärung bat, erzählte er dann kurz und klar die Vorgänge der verwichenen Nacht, sowie sein Eingreifen in dieselben. PodbielSki hatte mit zusanimengepreßten Lippen und düster gefalteter Stirn schweigend zugehört. Nur als George deS frevlen Spieleinsatzes, deS eklen Menschenschachers erwähnte, war er flammeud aufgefahren. „Juza, sie! Um Gott, daß sie cS nie erfährt, der eigene Vater! ES ist ja lächerlich, denn Niemand kann sie zwingen, sich zu opfern. Aber schon die Kenntniß dieser ungeheuerlichen Thatsache würde das stolze Mädchen auf- Tiefste verwunden. „Das Ganze ist ja erledigt", entgegnete George ruhig. „Sobald Brzwicki sein Geld erhält, sind seine Ansprüche getilgt, und er wird es erhalten." Sie wollen eS ihm wirklich geben?" „Natürlich. Meine schriftliche Zusage ist in seiner Hand." „Aber Sie sind nicht reich, mein junger Freund. Ihr be scheidenes Vermögen kann einen solchen Ausfall ohne schwerste Folgen für Sie nicht ertragen." „ES wird wohl gehen müssen", sagt« er lächelnd. „Und wenn ich Alle« hingeben müßte — könnte da« in diesem Fall auch nur in Frage kommen?" Der Graf reichte ihm die Hand. „Sie sind brav, George — ich wußte daS. Diesmal aber Werden Sie mir schon erlauben müssen, für Sie cinzuspringen — ich meine doch, ich kann den Schaden eher tragen als Sie." George schüttelte energisch das Haupt. ^ „Nein, Herr Graf, das ist meine Angelegenheit. Wollen Sie mir denn gar nicht ee->ruben, auch etwas für meine Freunde zu thun, nachdem Tie Ihnen ein so großmüthiger Retter und Schützer geworden sind? Und auch an Sie wird noch die Reihe kommen, wie ich sehr fürchte. Was ich quitt machen will und kann, ist doch nur der Spielverlust einer Nacht — Leczynski hat aber erwiesenermaßen seit Monaten mit gleichem Unglück gespielt, und cS ist Ihr Vermögen, daö er verloren." Podbielski zuckte die Achseln. „Es ist gewiß damit nicht leicht zu nehmen, denn auch ick bin schließlich nicht in der Lage, immer und immer wieder Tausende zu vergeuden. Dennoch werben Sie mir glauben, wenn ich Ihnen versichere, daß mich deS Unglücklichen Wort- bruch, sein heuchlerisches Gebcsserlscheinen viel »lehr betrübt. Lassen wir also die materielle Seite deS Geschehenen vorläufig ruhen und denken wir an den Todlkrankcn. Wollen Sie mich zu ihm begleiten oder hier bleiben?" George überlegte. Es war ihm jetzt eine Pein, vor Juza hinzutreten und dock ihren ernsten, fragenden Augen so viel verheimlichen zu sollen. Da er aber genau wußte, daß sie jedenfalls heute noch im Laufe des Tages den Vater zn sehen wünschen werde, hielt er es für geboten, sic lieber auf dem schweren Gange zu begleiten, und blieb deshalb jetzt zurück. Eine Stunde später stand Gras Xaver am Lager deS Jugendfreundes. Ein einziger Blick in daö verfallene Gesicht, das, auch für den Laien erkennbar, den hippokratischen Zug zeigte, belehrte ihn, daß hier an kein Aufkommen mehr ;u denken. Dieser Erkenntniß gegenüber aber schwand aller Groll, die tiefste Empörung, unv nur ein schönes menschliches Mitleid blieb als einzige Empfindung zurück. Leczynski litt unsagbar. Der ganze Körper war bis zur vollständigen Erstarrung, die auch nicht die kleinste Bewegung gestattete, gelähmt, ebenso die Zunge. Der qualvolle LeidenSblick des AugeS aber bewies, daß der Kranke bei vollem Bewußtsein sei und eS besonders schmerzlich empfinde, daß er sich durch gar nicht- verständlich machen könne. Er hörte und verstand Alle-, was man sprach, und doch vermochten nur seine Augen, die plötzlich sehr aus drucksvoll geworden waren, eine Sprache zu reden, die iinmerhin nur zum kleinsten Tbeil für die Umstehenden verständlich war. Als der Graf an seinem Lager erschien, senkte er scheu den Blick und erhob ihn kaum wieder, nur zuweilen entfloh dumpfes, qualvolles Stöhnen seinen Lippe», die man ihm ab und zu mit kühlem Naß befeuchtete, da auch die Kehle den Dienst des Schluckens versagte. Am Nachmittag erschien Juza mit den beiden ältesten Brüdern am Schmerzenslager ihres Vaters. George be gleitete sie. Auch sie erkannte sofort, wie eS mit dem Vater stand, bezwang sich aber mit übermenschlicher Kraft, daß kein Iammcrlaut de» Lippen entfloh und keine Thräne die Wange benetzte. Es war selbstverständlich, daß sie von nun an ihren Platz am Laaer einnahm, obschon, wenn sie die Sprache in dc§ BatcrS Augen recht verstand, dies ihm niehr eine Oual als eine Erleichterung war. Und einmal, als sein Blick wieder mit einem unerklärlichen Ausdruck auf ihr ruhte, sah sie lang sam Tkräncn ihn verschleiern und daö salzige Naß dann un aufhaltsam die erstarrten Wanacn überströmen — ein er schütternder Anblick. Um dieser Thränen willen aber vergab der Graf und auch George dem Sterbenden Alles. Und dann bei anbrechendcm Abend ertönte plötzlich eine fremde Stimme im Gemach, eine schrille, dünne, krähende Stimme. In LeczynSki'S Augen glomm es aus — Schreck, Angst, Haß, Wurh spiegelten sich darin und redeten eine raurnvolle Sprache. Als bann wirklich Brzwicki an das ager trat, trotzdem man ibn zurückzuhalten strebte, drückte deS Sterbenden Blick alle Qualen eines erbarmungslos zum Fczfcuer Verdammten aus. Wild, fiebernd sprühten deS Auges Blitze zwischen Juza und dem kühnen Eindringling hin und her, dann ward der Ausdruck wieder flehend, be schwörend, angstvoll, und auS dieser herzerschütternden Sprache erkannte daS zitternde Mädchen endlich, daS zwischen dem Vater und Brzwicki etwas Ungeheures geschehen sein müsse, in daS sie verwickelt sei, wenn sie auch nicht ahnen konnte, in welcher Weise. Sie bestand dann daraus, daß der Fremde da« Zimmer verlasse, der, die unstätcn, lüsternen Augen wohl gefällig auf die herrliche Mädchengestalt gerichtet, sich mit den Worten zurückzog: „Gehorche, mein gnädige-Fräulein — be greift aber plötzliche Erkrankung nickt. Gestern noch zusammen gekneipt — Leczynski ganz famoS benommen. Wirb nicht ge fährlich sein — morgen wieder wohlauf — sicherlich!" Juza Halle längst nicht mehr gehört. Und dann wich sie nicht mehr vom Bett des Vaters, der noch volle acht Tage m demselben entsetzlich qualvollen Zustande verblieb, bevor der Tod ihn endlich erlöste. Die beiden treuen Freunde hatten das tapfere Mädchen nach Kräften in dem schweren Samariterwerk unterstützt. Aber obschon kein Wort über des Vaters Thun und Treiben über ihre Lippen gekommen war, hatte I»za doch mit dein feinen Instinct der Frauen seele Vieles errathen, und als sie angesichts der Leiche beiden Männern stumm die Hände darrcichtc, wußte sie, daß sie ihnen zeitlebens höchste Dankbarkeit schulde, die sie mit diesem Händedruck zugleich gelobte. Nach der Bestattung deS Vaters übernahm sie mit fester Hand die Leitung der Gutswirthschaft. Vielleicht gibt Gott Kraft und Segen, daß ich einbringe, WaS verloren ging", hatte sie dem Grafen bedeutungsvoll gesagt. Der neigte ehrerbietig daS Haupt vor ihr und ließ sie gewähren. George aber hatte, bevor er zur Universität zurückging, »och eine Unterredung mit Brzwicki. Der Wüstling, ent flammt durch Iuza'S Schönheit, machte wirklich den Ver such, die Zahlung d?r Geldsumme zurückzuweisen und sich aus LeczynSki'S Wort zu berufen, der die Tochter, nicht Geld an ibn, beim Spiel verloren. „Unter Edelleuten gilt ein Versprechen als Gesetz, denn daß ich andere gesetzliche Ansprüche nicht geltend machen kann, weiß ich", halte Brzwicki gekräht, und sich dabei möglichst in Positur geworfen. „Der, welcher da« Versprechen gab, ist todt", entgegnete George ernst. „Aber auch wenn er lebte, würde Fräulein LcczynSka nie gewillt sei», über sich, einer Waare gleich, ver fügen zu lasse». Hier ist das Geld, erklären Sie sich damit nicht befriedigt, würde ich genöthigt sein, Sie wegen Hazard- spielS den Behörden anzuzeigen." .Haben ja sonderbaren Begriff von Cavalierpassiouen und Pflichten", näselte Brzwicki hochmülhig. „Meinetwegen. Fräu lein v. LecynSka weiß jedenfalls gar nicht —" „Um welches Glück ich sie betrüge", siel George mit ver nichtendem Spott ei». „Allerdings nicht, mein Herr. Und ich wünsche in Ihrem eigenen Interesse, daß sie e« nie erfahre, sonst könnten Sie am Ende Beweise Ihrer Unwiderstehlichkeit erhalten, die Ihnen wenig genehm wären." Damit warf er die Brieftasche hin und ging, ohne den Anderen noch eine« weiteren Blicke- zn würdigen. Brzwicki aber zählte eifrig seine Casscnschcine durch und murmelte: „Schade, wirklich schönes Weib! Wird aber noch andere schöne Weiber geben, wollen mal wieder in Paris Umschau halten. Geld reicht gerade zur Reise." (Fortsetzung solgt.)
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