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Wichemllch kM»inkn drei Nummern. Peznumerallon«- PreiS 22; S°e. (j Tklr ) »tertetjSdrNch, 3 Zklr. für da» ganze Jahr, ahne Er- tidnnq, in allen Teilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man prLnmnerir« auf diese« Literatur-Btan in Berlin in der Exredition der Allg. Pr. Sraai».Leitung s3ri»driw«ste. Nr. 72); in der Proninz so wie im Auslände dei den Wohllödi. Pog - Aemlern. Literatur des Auslandes. ««MiLMLMl Berlin, Mittw sch den 9. Dezember 184V. Rußland. Die Reise zwischen Lübeck und St. Petersburg mit dem Dampfschiffe. Die Landrcise von Tauroggen, der Preußisch-Russischen Gräuze, nach St. Petersburg wird von Allen, Vie sie zurüctgelcgt, von allen Reise-Handbüchern, die sich darüber auslasscn, "als eine höchst be schwerliche dargestellt. Auch scheint cs keinem Zweifel zu unterliegen, daß für diejenigen, welche keinen eigenen Wagen besitzen und der Russischen Sprache unkundig sind, der Ito Deutsche Meile» lange Weg vielfache Beschwerden varbielcn mag; denn bis jetzt fehlt noch jede regulairc Post-Berbindung, wie sic in Deutschland und anderen Ländern üblich ist. Dantbarr Anerkennung verdient eS daher, daß sich vor etwa zehn Jahren eine Actien-Gesellschaft bildete, die eine Vereinigung zwischen Lübeck uud St. Petersburg, oder genauer zwischen Travemünde und Kronstadt, mittelst Dampfschiffe, hcrstcllte und die unbequeme Landreisc in eine sehr bequeme Seereise umge- sormt hat. Drei Dampfschiffe: die „Alcranvra", Capitain Schult, »er „Nicolai l.", Capitain Bos, unv der „Naslcvnik", Capitain Heitmann, verrichteten in dem abgcwichcncn Sommer den Dienst, so daß an jedem Sonnabende eines derselben, sowohl von Lübeck wie von St. Petersburg, abgcferligt wurde. Die Kosten der Ucbersahrt, ohne Beköstigung, betrugen für den ersten Platz: 2U Dukaten oder e<> Rubel Silber; für den zweiten: lü Dukaten oder R. S„ und kür den dritten: IN Dukaten oder 3» R. S. Meldungen wurden beziehungsweise in Lübeck und Petersburg im Compioir der Damps- schifffahrtS-Gescllschast angenommen. Für die Reise von Lübeck nach Traremünde lst ein eigenes kleines Dampfschiff bestimmt, welches Passagiere uns Frachtgüter bcsöcderl; doch wird man besser lbun, sich der, in großer Zahl vorhandenen, Wagen zu bedienen, da der Aufenthalt auf dein Deck des kleinen Fahrzeuges, unter vielen Passa gieren, ihren Effekten unv Packereien aller Art, weder bei schlechtem Wetter noch bei starkem Sonnenschein, ein angenebmer ist. Obgleich erst am Nachmittage die Anker gelichtet werden, so herrscht doch schon vom Morgen üb auf dem Dampfschiffe, am Ufer und auf der Brücke, die dieses mit jenem verbindet, die größte Regsamkeit, die immer zunimmt, je näher die Stunde der Abfahrt heranrmkt. Da werben die Güter, die zu Lande und zu Wasser ankommcn, an Bord geschafft. Die Passagiere suchen, nach den Nummern der erhaltenen Billets, ihre Lagcrstellen auf und sorgen für Unterbringung ihrer Rersegeräthe, wobei sic wohl darauf" zu achten haben, daß von den flinken Matrosen keine Gcgcustäuve, die Ke während der Uebcrsahrt zur Hand wünschen, in die unteren Schiffsräume begraben werden. Freunde uud Angehörige der Rei senden besehen kaS Schiff in allen Theilen, bis das erste und zweite Zeichen der Schiffsglocke sic zum eiligen Entfernen auffordcrt. Mit dem Glockenschlage drei erschall: das letzte Abfahrtszeichen. Augen blicklich werden die Anker gelichtet. Das Schiff setzt sich in Bewe gung, verläßt die Ucbcrgangs-Brückc, an der cs lag und von weicher die Zurückbleibende» den Reisenden nur noch die letzten Abschicds- worte und AbschiedSzeichen znrufcn und zuwinkcn können. In den folgenden Momenten ist die Schiffsmannschaft in größter Bewegung; die Anker, die Ketten und Taue, welche das Schiff hielten, werden an ihre Aufbewahrungs-Orte gebracht. Der Capitain hat einen erhöhten Pnnkt, gewöhnlich auf cinim der Kasten, die das Wasserrad umschließen, oder auf der Brücke, die beide verbindet, ein genommen und leitet, mit Hülfe der Lootsen, die Abfahrt. Hierbei herrscht die größte Stille, da das Rusen, welches früher üblich war, durch sichtbare Zeichen ersetzt wird, die der Capitain dem am Steuer ßchendcn Matrosen mit der Hand gicbt, während der Maschinist mittelst eines Sprachrohrs die Befehle zum Anlassen und Stopfen der Maschine erhält. Bald verlassen auch die Lootsen das Schiff. Die Treppe, die sie zu ihrem Boote brachte, wird aufgezogen, die Ver schanzungen werden zugesetzt, und die Gesellschaft, die sich jetzt am Bord befindet, wird für Vic nächsten Tage, »»vermehrt unv ungc- trennt, zusammen bleiben, denn nur sein „ trifft cs sich, daß ein oder der andere Passagier von der Insel Rügen her ausgenommen oder dorthin entlassen wird. ' Es ist daher jetzt Zeit, sich mit dem Schiffe bekannt zu machen. Da- größte von allen ist der „Nicolai" mit einer Maschine von 24« Pferden Kraft und auf dem Decke etwa Fuß lang bei cincr mittleren Breite von einigen dreißig Fuß. Nicht viel kleiner ist die „Alcrandra"; da aber die Maschine nur eine Kraft von 140 Pferden hat, so bewegt sic sich langsamer, während der „Naslednik", gleich falls mit einer Maschine von ISO Pferden Kraft versehen, bedeu tend kleiner ist und daher dem „Nicolai" an Schnelligkeit nichts nachgiebt. Den Hinteren Raum der Schiffe nimmt die Männer-Kajüte ein. Den hauptsächlichsten Theil derselben bildet ein geräumiger, von oben erleuchteter «aal, an dessen Langen-Wänden sich die kleinen Zimmer befinbcn, von denen jedes zwei über einander stehende Briten und vas. sonst erforderliche Mobiliar enthält. ES sind zehn bis zwölf solcher Zimmer vorhanden, die durch Schubthiircn vom Saale getrennt sink, unv in demselben, am Spiegel des Schiffes, in drei Etagen tcrrassen- artig über einander, außcroem noch Sophas angebracht, von denen jedes zweien Reisenden zum Lager dienen kann, so daß für etwa 2ü bis männliche Reisende der ersten Klaffe Lagcrstellen vorhan den sind. Die zierliche Treppe, die zu der gevachlc» Kajüte hinab- führl unv auf vcm Deck mir einem kleinen Pavillon überbaut ist, bildet auch den Zugang zur Damen-Kajüte. Sie enthält etwa lü Lagcrstellen und ein gemcuffchastlicheS Ankleidezimmer. Zwischen beiden Kajüten befindet sich, auf der einen Seite Vic des CapitainS und aus der anderen das Büffet, in welchem die zierliche und gegen die Schwankungen des Schiffes gesicherte Aufstellung aller zur Tafel crforverUchen Utensilien einen angenehmen Anblick gewährt. Der Damen-Kajüte folgt der Maschinen-Raum, diesem die Separat-Kajüten, von denen etwa vier (jede für vier Passagiere ciiigcnchtct) um ein gemeinschaftliches Zimmer liegen. Dann folgen die «atme» zweiter uns dritter Klaffe, gleichfalls für Männer und Frauen getrennt, so wie die Räume für die Matrosen. Unter den Kajüten liegen die Packkammern; daun ist auch wohl noch ei» Raum dis zum Kiele, in welchem Steinkohlen als Ballast verladen, wer den, während die für den nächsten Gebrauch an den Seiten deü Maschineu-Raums sich befinden. Der Hintere Theil des Decks bleibt für die Passagiere erster Klasse frei, während der vordere durch Schiffs-Utensilien aller Art, besonders aber durch die für die Ueber- fahrt bestimmten Wagen, mehr over minder beengt wird. Aus der Mitte des Decks, in der Näbe der Maschine und zum Theil von dieser mit Dämpfen gespeist, befindet sich die Küche und liefert den Beweis, mit wie geringem Raume man sich behelfen kann. Denn obgleich sic nur ltl Fuß lang und brcit und 7 Fuß hoch ist, werde» an manchem Tage in ihr für UM bis lüll Personen die Speisen be reitet, die ihrer Zahl und Güte nach kaS wirkliche Vedürfniß, vor nehmlich beim Mitlagstisch, bedeutend überschreiten. Zu diesem wird für die Passagiere zweiter und dritter Klasse unmittelbar nach der^ Abfahrt und für die der ersten Klaffe eine Stunde später bas Signal gegeben. Hast du bereits eine Bekannt schaft gemacht, oder kannst du sie noch in Eil machen, so führst du wohl eine Dame zn Tische und vergißest, daß du nicht in einem Salon, sondern auf dem Schiffe dich befindest. Nur daSSchwankcn desselben wird dich daran erinnern, und daher werden auch die nächsten Gespräche die gefürchtete Seekrankheit behandeln. Jever wird dann die Mittel rühmen, worin er oder Andere einen Schutz gegen das Uebel erprobt haben. Dieser will cs im reichlichen Ge nüsse von Nahrungsmitteln und schweren Weinen gefunden haben; cm Anderer umgürlct sich mit cincm Riemen und will nüchtern, ein Dritter nur auf dem Verdecke bleiben oder in der Kajüte nur liegen. Kurz, Jever hat eine andere Meinung, wie er der Krankheit zu ent gehe» glaubt. Bei verschiedenen NaMrcn mögen auch die Schutz mittel verschieden sepn, doch zeigen sich im Sturme die wenigsten haltbar, unv daher ist es am rathsamstcn, die gewohnte Lebensweise so wenig wie möglich zu ändern, nicht zn wenig und nicht zu vicl zu essen und fest den Glauben, daß man nicht erkranken könne, in sich wurzeln zu lassen. Der Beweis von dcr Zweckmäßigkcit dieses Glaubens wird zunächst auf negative Weise geführt; denn kaum haben die Aengstlichsten ihr Augenmerk auf das Schwanken des Schiffes und das der freihängenden Utensilien gerichtet, so glauben sie sich auch schon krank, suchen ciligst das ihnen angewiesene Lager ober lassen sich eines auf dem Decke zurichten, von dem sie während dcr ganzen Fahrt cnweder gar nicht oder erst dann wickcr ausstehcn, wenn die ruhige See ihnen die Ucberzeugung verschaffte, daß ihr Uebelmur ein eingebildetes, die Langeweile aber etwas Reelles sey. Zerstreuung ist daher ein sicheres Schutzmittel, aber auch ein schwer zu erreichendes. Frühstück, Mittag- und Abendessen nehmen zwar einen gromn Theil der Zeit ein unv halten sür mancho Stunde die Gesellschaft beisammen,^aber cs reichen diese matcrirllc»