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Wchmh-MiW Dienstag, den 24. März 1891. 57. Jahrgang. Verantwortlicher Redacteur: Päul Ichne in Dippoldiswalde. Mit achtseitigem „Jllustrirten Unterhaltungsblatt." Mit land, «nd hauSwirthschastlicher Monatsbeilage. „Weißeritz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 28 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Inserat«, welch« bet d« bedeutenden Auflage des Blaues ein« sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im reoaktionechm Theil«, die Spaltenzeile 20 Pfg. Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein löt' dio lUmbomb-lloilttAa" nehmen an: in Dippoldiswalde: die Expedition, — in Altenberg: Buchbindermstr. Schütze, — in Aranenstein: Nadlermstr Hardt!. FßlflSU»« flll Vir mann, —inGlashütte:Buchbindermstr.Schubert, —inKreischa: Buchbinder Berger, — in Potschappel: Kaufmann Th eu erkauf. Nr. 36. Parlamentarische Ostern. Der Reichstag wie das preußische Abgeordneten haus haben in der abgelaufenen Woche ihre Oster ferien angetreten, welche beiden Parlamenten eine sehr nothwendige Ruhepause nach überaus angestrengter Thätigkeit bringen. Denn seit Mitte November sind nun die Reichsboten in Berlin versammelt, auch die preußischen Volksvertreter tagen schon seit vorigem Spätherbste, und von genanntem Zeitpunkte ab ist in beiden parlamentarischen Versammlungen bis jetzt fast ununterbrochen gearbeitet worden, sieht man von der Weihnachtspause und einigen ganz kurzen Vertagungen ab. Diese in den parlamentarischen Annalen Deutsch lands außergewöhnliche Inanspruchnahme der physischen wie geistigen Kräfte der Abgeordneten hat sich in den letzten Wochen immer fühlbarer gemacht und stellen darum für sie die nun eingetretenen Osterferien eine im höchsten Grade willkommene Erholungspause dar. Blickt man aus das im Reichstage und im Abgeord netenhause bis zum österlichen Ruheabschnitte Geleistete zurück, so überwiegt dort wie hier die Qualität der Leistungen die Quantität. Denn beide Körperschaften wurden durch Vorlagen in Anspruch genommen, deren Durchberathung schon wegen ihrer äußerlichen Größe lange Wochen erforderte und es liegt darum an voll ständig fertiggestelltem Material verhältnißmäßig noch wenig vor. Immerhin ist es im preußischen Abgeord netenhaus« wenigstens gelungen, die Resormvorlagen auf steuerpolitischem Gebiete gänzlich zu erledigen und das will angesichts des geradezu riesenhaften Arbeits materials, welches die Vorlagen über die Erbschafts steuer, die Gewerbesteuer und die Einkommensteuer zusammen darstellen, schon etwas besagen. Was den Reichstag anbelangt, so hat derselbe bis jetzt den Etat fertiggestellt und daneben die überaus umfangreiche Arbeiterschutz-Vorlage in der zweiten Lesung zur größeren Hälfte durchberathen, außerdem mehrere kleinere Vorlagen erledigt. Aber noch giebt es für Reichstag, wie Abgeordnetenhaus tzkch nach der Oster- pause der Arbeit genug. Im ersteren muß haupt sächlich das Arbeiterschutzgesetz unter Dach und Fach gebracht werden, welches den Reichstag schon fast ein Jahr hindurch beschäftigt, und sicherlich heißt es da noch manchen Stein des Anstoßes aus dem Wege räumen. Daneben harren andere, in ihrer Art eben falls wichtige Gesetzentwürfe der Erledigung, nämlich die Novellen zum Branntweinsteuergesetz und zum Krankenkassengesetze, sowie die Zuckersteuerreform-Vor lage, und auch hier sind noch ernste Schwierigkeiten zu überwinden. Im Abgeordnetenhause hingegen werden nach Ostern die zweite Lesung der Landgemeindeord nung, sowie die Fortsetzung der Etatserörterungen im Vordergründe der Verhandlungen stehen und hierbei steht auch kein glatter Verlauf der Dinge zu erwarten. Daran allerdings, daß auch noch das Volksschulgesetz in dem Sessionsabschnitt nach Ostern fertiggestellt werden sollte, ist freilich nicht mehr zu denken, auch heißt es immer bestimmter, der neue preußische Kultus minister Graf Zedlitz-Trützschler beabsichtige, den Volks schulgesetzentwurf seines AmtSvorgängerS von Goßler zurückzuziehen. Kurz vor dem Eintritte der diesmaligen Parlamentarischen Osterferien hat sich mit dem Tode des Abgeordneten Windthorst ein Ereigniß vollzogen, welches seine Nachwirkungen auf unsere Parlamente noch für längere Zeit äußern dürfte. Windthorst war als Führer der CentrumSpartei unstreitig die einfluß reichste Persönlichkeit im Reichstage und in der preu- ßischep Volksvertretung Und dieser sein Einfluß ist ja in d«, verschiedensten Fragen in der verschiedensten Weise zur Testung gekommen. Jetzt ist der klügste parlamentarische Taktiker, den wir in Deutschland je gehabt, heimgegangen, und sein Fehlen in unseren beiden ersten Parlamenten wird nicht nur von der eigenen Partei Windthorst«, sondern zu Zeiten auch von den übrigen Parteien, wie von der Regierung selbst in verwickelten Fällen sicherlich empfunden werden. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 23. März. „Palmsonntag" — welche Bilder zaubert das Wort vor die Seele! Unter der glühenden Sonne des Morgenlandes Schaaren des Volks, grüne Zweige vom Baume des Friedens schwingend und mit jauchzendem Hosiannah entgegen ziehend dem ersehnten Erretter! Und nun bei uns? Wieder eingehüllt in die weiße Decke des Winters die noch schweigende Flur, nur auf Augenblicke beleuchtet von den aus grauem Gewölk hervorbrechenden Sonnen strahlen ! Aber an Schaaren, die dem erhofften Heile entgegenwallen, fehlt es nicht. Es sind die jungen Mitchristen, die, ihrer Aufnahme in ven Schooß der Gemeinde gewaltig, geführt von ihren bisherigen und den künftigen Seelsorgern zum Gotteshause ziehen, geladen von hehrem Glockenklange. Solches Bild bot auch bei uns der gestrige Sonntag. Das Gotteshaus war gefüllt von Eltern, theilnehmenden Freunden und Gemeindemitgliedern. Herr Diakonus Büchting hielt auf Grund des SchriftworleS Joh. 6, 66—68 die ergreifende Konfirmationsrede, die Frage Christi: „Wollt ihr auch weggehen?" und die Antwort: „Herr, wohin sollen wir gehen, du hast Worte des ewigen Lebens" auf den Konfirmationstag der Kinder anwen dend. Die Einsegnung der (42) Knaben und der (59) Mädchen erfolgte sodann abwechselnd durch den Redner und Herrn Superintendent Meier. Die von Letzterem gehaltene Abendpredigt war ganz dazu angethan, den Eindruck des festlichen Tages auf die jungen Christen herzen zu verstärken. — Nachdem bereits am 16. d. M., dem Todes tage des Stifters, des ehemaligen Amtschirurgus Jo hann David Kiebsch, zweien der hiesigen Aerzte für unentgeltliche Armenpraxis und Geburtshülfe stiftungs gemäß je 150 M. zugegangen waren, sand gestern die Verloosung der von demselben gestifteten Aussteuer für unbescholtene Jungfrauen, die Töchter hiesiger Bürger, statt. Da sich im vergangenen Jahre 4 der bereits zur Loosziehung zugelasienen Angemeldeten verheirathet hatten, so waren diesmal anstatt drei, sieben Jungfrauen neu zu wählen gewesen. Diese sammt den fünf aus vorigem Jahre Uebriggebliebencn versammelten sich gestern Vormittag 11 Uhr im Raths sessionszimmer, wo dann die Loosziehung in durch das Testament bestimmter Weise vorgenommen wurde. Die 3 Treffer wurden der Reihe nach gezogen von Jo hanne Martha Uhlig, Marie Martha Nobis und Clara Bertha Mende. Der auf jede Einzelne fallende An- theil des Zinsertrags der Stiftungsgrundstücke beträgt 595 Mark, welche in der Sparkaffe solange angelegt werden, als bis die betreffende Gewinnerin sich ver heirathet, wo sie dann das Kapital ausgezahlt erhält. Die Zinsen können jährlich erhoben oder zu weiterer Verzinsung in der Sparkasse belassen werden. — Die Deutsche Müllerschule hatte gestern und heute im Zeichensaale derselben eine Ausstellung von Fachzeichnungen und Heften der Schüler, soweit sie nicht bereits abgegangen sind, veranstaltet, welche sowohl von den anwesenden Ausstellern, als auch von den Herren Lehrern bereitwilligst erläutert wurden. Außer den Projektionen von Maschinentheilen, wie sie in der Müllerei vorkommen, interesfirten besonders die Ent würfe zu Mühlenanlagen von verschiedener Leistungs fähigkeit, so zu einer Mühle von 30 Centner, zu einer dergleichen von 60—75 Centner, endlich zu einer von 300 Centner täglicher Leistung. In Bezug auf diese Entwürfe bemerken wir, daß dieselben zunächst im All gemeinen besprochen, von jedem einzelnen Schüler selbstständig concipirt, dann gemeinschaftlich besprochen und beurtheilt und endlich von dem Betreffenden mit Benutzung der bei der Beurtheilung gewonnenen Ideen, genau auf dem Papiere ausgesührt wurden. Was diese Entwürfe, überhaupt sämmtliche Zeichnungen an« langt, so zeugten sie nicht nur von außerordentlichem Fleiße, sondern auch von einer Akkuratesse und Sauber keit, die aufrichtige Anerkennung verdient. Auch die ausgestellten Hefte waren höchst lobenswerth. — Wir machen hierdurch noch besonders darauf aufmerksam, daß am bevorstehenden Gründonnerstag; in unserer Stadtkirche nicht blos Vormittag S Uhr Beicht- und Abendmahlsgottesdienst für die Neukonfir- mirten, deren Angehörige, sowie für Alle, die sich ihnen anschließen wollen, sondern auch früh Uhr in der Sakristei stille Kommunion abgehalten werden soll. — Anläßlich der Schulentlassung und deS damit im Zusammenhangs stehenden Eintritts junger Leute in Arbeits- und Lehrverhältniffe machen wir darauf aufmerksam, daß alle Arbeiter unter 21 Jahren und insbesondere auch Lehrlinge zur Führung eines Ar beitsbuches verpflichtet sind. Die Ausstellung des Arbeitsbuches erfolgt kostenfrei durch die Polizeibehörde — Stadtrath oder Gemeindevorstand — desjenigen Ortes, an welchem der Arbeiter oder Lehrling zuletzt seinen dauernden Aufenthalt gehabt hat. Zur Aus stellung des Arbeitsbuches ist mündliche oder schrift liche Zustimmung des Vaters oder Vormundes und die Vorlegung des Schulentlaßscheines erforderlich. Diejenigen jungen Leute, welche ihren Wohnort ver lassen, um auswärts in die Lehre oder in ein Ar- beitsverhältniß zu treten, haben sich daher schon-in der Heimath mit einem Arbeitsbuchs zu versehen, in dem andernfalls sowohl für den Lehrmeister, als auch für die Eltern oder Vormünder Weiterungen uud Un kosten entstehen. Hierbei bemerken wir, daß die noch vielfach bestehende Ansicht, daß erst nach Ablauf der Probezeit der Lehrmeister das Arbeitsbuch einzufordern hat, irrig ist und der Gebrauch einer derartigen Aus flucht nicht vor Strafe schützt. Gleichzeitig empfehlen wir denjenigen jungen Leuten, welche auswärts in einen Gesindedienst treten wollen, sich noch vor ihrem Weggange bei ihrer Wohnortsbehörde das vorgeschrie bene Dienstbuch unter Vorlegung des Schulentlaß- scheines und des Nachweises der Einwilligung der Eltern, bez. des Vormundes, ausfertigen zu lassen. Schmiedeberg. In diesem Jahre sind hier 19 Kinder, 9 Knaben und 10 Mädchen, aus der Schule getreten, von denen am Palmsonntag 15 in hiesiger und 4 in der Kirche zu Sadisdorf feierlich konfirmirt wurden. An der am Gründonnerstag stattfindenden Abendmahlsfeier, bei welcher in der Regel eine größere Anzahl Erwachsener theilnimmt, werden sich auch die Konfirmanden unserer Gemeinde erstmalig betheiligen. — Der Verschönerungsverein hat in seiner letzten Sitzung die an ihn ergangenen zahlreichen Wünsche in Folge seines Kaffenbestandes größtentheils berück sichtigen können und eS sollen die beschlossenen Arbeiten bald nach Ostern in Angriff genommen werden. Bei Gelegenheit dieser Versammlung sprach man sich von verschiedenen Seiten sehr mißbilligend darüber auS, daß an den im Walde aufgestellten Tischen und Bänken mehrfach grobe Ungehörigkeiten vorgekommen seien, die von rohen Menschen verübt worden. Der Verein wird in Zukunft ein schärferes Auge auf seine Werke richten und ist Jedem dankbar, der dergleichen Ruchlosigkeiten bei dem Vereinsvorstand, Herrn Otto Straub«, zur Anzeige bringt.