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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.02.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-02-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000222011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900022201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900022201
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-02
- Tag 1900-02-22
-
Monat
1900-02
-
Jahr
1900
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Jndoce ist einer der mächtigsten Radschputstaaten, das während des Aufstandes im Jahre 1857 eine große Rolle spielte. Der Herrscher von Jndoce, der Maharadscha Holkar, ist schon seit Jahren wegen seiner der britischen Regierung direkt feindlichen Ansichten bekannt, und dies hat bereit» zu mehrfachen Conflicten, über die allerdings nichts an die Öffentlichkeit drang, geführt. Der Maharadscha soll nun an geblich aus seiner Hauptstadt entflohen sein, und das Gouverne ment of Jndia den Staat unter eigene 'Verwaltung genommen haben. Ersteres wird dementirt, aber sicher ist, daß die indische Regierung demnächst in Jndoce einschreiten wird; in welcher Weise steht allerdings noch nicht fest. Wahrscheinlich wird der unbotmäßige Maharadscha „krankheitshalber" pensionirt werden. Ein nicht minder bedeutsames Zeichen ist die Nachricht von einem Aufstande der Moondaks und KolS in Chota Nagpur, Provinz Bengalen. Diese Stämme gehören zu den großen Völkerfamilien der nicht-arischen Ureinwowrer Indiens, die heutzutage hauptsächlich noch in den waldigen Berggegenden des südlichen Indien, namentlich aber in Chota Nagpur, ein ziemlich primitives Leben führen. Die Ursachen deS Aufstande» sind sicherlich agrarischer Natur, und die Ausbeutung der armen Teufel durch den indischen Wucherer liegt ganz ohne Zweifel auch diesen Ursachen zu Grunde. Der Aufstand wird ja unterdrückt werden, denn diese halbwilden Stämme sind zu schlecht be waffnet — meist mit Bogen und Pfeil —, um irgendwie Aus sicht auf Erfolg zu haben, allein eine erhebliche Menge von Blut wird vergaffen werden, bevor die Ruhe wieder hergestellt ist. Ueber diese Beweise von „Loyalität" schweigt man sich na türlich aus, jedenfalls werden sie von den englischen Zeitungen vollständig ignorirt. Ein weiteres Zeichen starker Erregung sind die in letzter Zeit geradezu in erschreckender Weise zunehmenden Er mordungen von Pflanzern und Fabrik beamten. In vielen Theilen Indiens, besonders in Bengalen und -m Pandschab, können englische Soldaten sich nicht einzeln sehen lassen, weil sie dann sofort von Pöbelhorden angegriffen und thätlich mißhandelt werden. Diese Erregung wird durch die immer trostloser werdenden Ernteaussichten in einem Agrarstaate wie Indien naturgemäß gesteigert. Die Baumwollenernte ist gänzlich mißrathen; im besten Falle beträgt die Schätzung etwa 600000 Ballen (ü 400 Pfund) gegen 1300 000 des Vorjahres; Leinsaat ist ebenfalls total mißrathen, desgleichen Sesam. Große Befürch tungen existiren in Bezug auf die Weizenernte in Pandschab; bis jetzt, gegen Ende Januar, sind die Winterregen noch auLgeblieben, einige leichte Schauer abgerechnet, die jedoch kaum irgendwie von Einfluß sind. Wie gewaltig die Hungersnoth, sich bereits fühl bar macht, wird durch den Aufschwung des Häuteexports am besten illustrirt. Im December 1898 wurden von Kalkutta 1200000 Stück Rohhäute ausgeführt; im gleichen Monat des Jahres 1899 betrug die Zahl 7 500 000 Stück. Diese gewaltige Zunahme ist nicht etwa einer Seuche zuzuschreiben, sondern sie ist eine direkte Folge der Futter- und Waffernoth, die über ganz Indien herrscht. Das Rindvieh geht zu Tausenden zu Grunde, und in den mohamedanischen Theilen Indiens ist die Bevölke rung genöthigt, dasselbe zu schlachten, um ihr Leben zu fristen. Erfreulich lauten nur die Berichte aus Birma, wo die größte Reisernte, die seit Jahren zu verzeichnen ist, erwartet wird, so daß das für den Export verfügbare Quantum Reis höher ge schäht wird als jemals. Wie kommen nun trotzdem die oft erwähnten Loyalität»- kundgebungen zu Stande? All die Beweise von Loyalität, die mit solchem Pomp in die Welt hinausposaunt werden, sind mehr oder weniger bestellte Arbeit, die dem Wissenden ein Lächeln abnöthigen. Die Sache ist so einfach; der einem jeden indischen Fürsten von der Regierung beigegebene „Vor mund", beschönigender Weise „Resident" genannt, sagt zu seinem Mündel: Da hast Du jetzt die schönste Gelegenheit, Dich bei der Regierung lieb Kind zu machen, vielleicht giebt's dann einen Orden, oder Du wirst in eine höhere Kanonenclasse verseht. (Zur Erläuterung sei bemerkt, baß bei der Ankunft und Abreise indischer Fürsten in einer Residenzstadt ein Salut gefeuert wird, der je nach der Rangclasse zwischen 7 und 15 Schüssen schwankt. In eine höhere Rangclasse zu gelangen, ist deshalb das Streben vieler indischer Fürsten.) Wenn e» der Resident auch nicht aus spricht, so denkt er es, und der betreffende Maharadscha, oder was immer sein Titel sein mag, weiß, daß er so denkt, und handelt danach. Als Zeichen der Loyalität wird nun wohl auch die begonnene Anwerbung eines indischen Freiwilligencorps angesehen wer- den. Diese indischen Freiwilligen sind nichts Anderes als mise rabel bezahlte Europäer, die sich bet den schlechten Zeiten hier nicht haben ernähren können, und die Gott danken, eine Gelegenheit gefunden zu haben, um den Staub Indien» von ihren Füßen schütteln zu können, umsomehr, als Jeder in der Hoffnung lebt, am Ende de» Kriege» ein Stück Land al» Eigen- thum überwiesen zu erhalten. Ihr Oberst LuncSden, ursprünglick Theepflanzer, dann Commanveur de» Voluyteer-Regiment» „Surma Valley Light horse", hat schon ganze 250 Mann zu- sammsgebracht, deren Abreise nach dem Kriegischauplatz mög lichst beschleunigt wird. Der Krieg in Südafrika. —p. Die Spannung ist wieder auf» Höchste gestiegen, da an drei Stellen de» Krieqsschauplatze» Entscheidungen er wartet werden: im Westen östlich von Jacob-dal, im Süven bei Naauwpoort und im Ost«n am Tugela. Gestern war in London da« GerScht »am Entsätze Latzysmitt verbreitet, wurde aber, obwohl es mit großer Bestimmtbeit auftrat, nicht für glaubwürdig gehalten. Man berichtet uns: * Windsor, 21. Februar. (Telegramm.) Inder heutigrn Sitzung deS Stadtraths wurde mitgetheilt, im Schloß vou Windsor, wo die Königin gestern «tagetroffen ist, sei die Nachricht eingetroffen, Ladysmith sei entsetzt. * London, 21. Februar. (Telegramm.) An der hiesigen Börse lief dar Gerücht um, Ladysmith sei entsetzt worden. Es liegt jedoch gar keine Bestätigung des Ge- rüchts vor. * Londou, 21. Februar. (Telegramm.) Auf eine Nach frage im Kriegsamt wegen der Meldung aus Windsor vom Entsatz von Ladysmith wurde geantwortet, dem Kriegsamtr sei kein« Bestätigung zugegangen, und der Meldung werde kein Glauben beigemeflen. k. London, 21. Februar. (Privattelegramm.) Die Meldungen, der Lordmayor, da« Kriegsamt -der die Königin hätten die Nachricht vom Entsätze Lady smiths empfangen, dernhcn auf Erfindung der Eonlifse zum Zwecke von Börsenmanövern. Keinerlei derartige Depesche, weder officiell noch privat, ist ein gegangen. So schnell kann die Sache auch nicht gehen, vorausgesetzt, daß die Boeren die Belagerung deS Platzes aufrechterhalten, da Buller seinen ganzen Train nachholen muß, ehe er etwa« Ernstliches gegen die Boerenstellungen nördlich deS Tugela unternimmt- Aus Brüssel wird gemeldet, der Boerenkriegsrat h habe angesichts der veränderten Kriegslage die Aufhebung der Belagerung von Ladysmith, die Räumung Natals und den Rückzug aller Streitkräfte an die Transvaalgrenze beschlossen. General Buller dürfte noch im Laufe dieser Woche in Ladysmith einziehen. Sollte sich diese Meldung bewahrheiten, so würde die von unS schon wiederholt erörterte Eventualität eintreten, daß die Boeren ich darauf beschränken, die in den Transvaal- und den Oranjestaat führenden Flüsse zu vertheidiaru und da- GroS ihrer Streitmacht nach dem Westen und dem Süden werfen. Jene Pässe — Engpässe im wahrsten Sinne deS Worte«, Tintwa-Paß, Van Reenen-Paß, Botha- Paß, Majubahill rc., sind leicht und mit einem verhältniß- mäßig geringen Truppenaufgebot zu halten. Daß eine Con- centrirung der Boeren auf dem westlichen Kriegsschauplätze und an der Nordgrenze der Capcolonie im Werke ist, wird noch durch die folgende Meldung der „Münch. N. N." »rstätigt: * Brüssel, 20. Februar. Die Gesandtschaft Tran«. Vaals erklärt gegenüber englischen Nachrichten, daß da- Heer Eronje's auf seinem Rückzug von Kimberley keinerlei Ber- luste erlitt, dagegen erhebliche Verstärkungen auS dem Oranje.Freistaat und Transvaal erhielt, so daß Cronje über 35 000 Mann verfügt, wodurch die Berthridigung der Straße nach Bloemfontein gesichert sei. Der Gesandte deS Oranje-FreistaateS, Müller, erklärt, Präsident Steijn werde die Aufforderung Robert«', sich von Transvaal zu trennen, mit Entrüstung zurückweisrn. Ueber die Operationen der NobertS'schen Armee wird uns folgende- Nähere berichtet: * London, 21. Februar. (Telegramm.) Der „Standard" berichtet aus Modder-River unter dem 18. d. M.: Ueber die Verfolgung Eronje's wird gemeldet: Am Freitag Morgen begann die 13. Brigade den Angriff auf den Nachtrab deS Feindes. Ungefähr 2000 Boeren hielten einige Kopjes nordöstlich von Klipdrift besetzt, von denen aus sie den Rückzug des Haupt- truppS deckten. Zwei Kopjes wurden erstürmt, doch die Boeren vertheidigten ein drittes mit der äußer sten Hartnäckigkeit durch ein furchtbare» Feuer. Es wurde auf jede Weise versucht, den Hügel zu stürmen. Unsere Truppen hielten sich glänzend. Die Boeren behaupteten ihre Stellungen bis zum Dunkelwerden, sie wurden dann durch da- Feuer der 84. Batterie vertrieben. In- zwischen gelang e- der Hauptmacht der Boeren, Klip kraaldrift zu erreichen, wo sie den Fluß nach Süden zu überschritten. Eine kleine Abtheilung berittener Infanterie und eine Batterie waren über Klipdrift zurückgezogen worden und wurden nach dem Südufer de» Klip-Flusses gesandt, um den Uebergang unmöglich zu machen, sie sahen aber, an Ort und Stelle angelangt, daß bereits so viele Boeren über den Fluß gegangen waren, daß sie ihre Stellung dort vertheidigen konnten. Unsere Geschütze feuerten bi< zum Dunkelwerden weiter. — Gestern früh befanden sich die Boeren unter Lronje im vollen Rückzüge südlich des Modder.Flusse-. Dir Generale Kitchener »nd Kelly Kenny folgten ihnen dicht auf den Fersen. — Die letzte Nacht machte Macdonald mit der Hochländrr.Brigadr einen Gewaltmarsch von 20Metlen, um Koodoo«rand Drift (westlich von Modder-River-Statton) so rechtzeitig zu erreichen, daß er dort den Feind abschneiden kann. Da« Letztere ist ihm nicht gelungen. Cronje stebt jetzt östlich vom Modder auf der Straße nach Bloemfontein. Robert« folgt ihm langsam. Von einer Umgehung der Boeren und einer Abschneidung derselben von Bloemfontein ist heute in den englischen Meldungen nicht mehr die Rede. Unser Londoner Eorrespondent berichtet un« noch vnterm 20. Februar: Von General Robert« fehlen seit drei vollen Tagen wieder einmal alle Nachrichten, und wa« rnglischersett« in dieser Zeit an Meldungen von der Modder auSaegebea worden, bezieht sich entweder auf längst Passirte« oder aber e« dient lediglich zur Ausschmückung älterer Ereignisse und zur Be ruhigung der Ungeduld de» Publicum«. So vergrößert fast jede neue Ausgabe der Blätter di« Zahl der angeblich Cronje abgenommenen Ochsenkarren, obwohl keine« derselben auch nur zu sagen weiß, wo diese weggrnommen sind, ander« lassen Lord Kitchener gleichzeitig an d«n verschiedensten Stell a auftaucden, während die meisten dasselbe mit de» einzelnen Divisionen Robert«' tbun. Nur Ein« geben Alle zu, daß nämlich der „siegreiche Vormarsch" des britischen Feldmarschalls auf allen Seiten zum Stillstände ge- kommen und die Lage der Division Kelly Kenny'S auf der Straße von Bloemfontein eine so bedrängte geworden, daß Kitchener in Person ihm mit der 9. Division zu Hilfe eilen mußte. Ein eigene« Kabel unsere« Correspondenten batte un« das schon gestern Morgen gemeldet; heute geben die englischen Blätter unumwunden zu, daß Kelly Kenny offenbar schwer bedrängt war. Er soll sich „stark verbissen" haben und in ein größeres Nachhutgefecht mit dem Commando PrinSloo'S verwickelt sein. Es ist das ebenso verdächtig, wie daS Fehlen aller zuverlässigen Nachrichten über die Bewegungen Cronje'S im Norden, resp. im Nordwesten Kimberleys und über die Thatcn oder die Untbätigkeit deS Generals French. Gerüchtweise verlautet, French kämpfe bei Dronfield, wo er ein Boerenlager bom- bardire, der Ort liegt 14 lrm nördlich von Kimberley. Die vielerbeuteten Ochsenkarren Cronje'S waren, wie sich jetzt herausstellt, lediglich leere zurückgelassene Wagen, deren Ochsen gefallen waren und keineswegs dem Feinde manu militari abgenommen ' Alles Uebrige ist Con- junctur, man weiß hier nicht einmal, resp. auch heute noch nicht, welchen Plan Lord Robert« verfolgt und ob er wirklich auf Bloemfontein marschiren will, jedenfalls liegt er vor läufig noch zwischen Modder und Magersfontein und wartet auf den AuSgang deS Kampfe« unter Kelly Kenny und Kitchener, welcher um die Stellungen bei Pardeberg, nahe der Klipfurth, geführt wird. Wie stark die Befestigungen der Freistaatler auf dem Wege nach ihrer Hauptstadt sind, ist den Engländern auch nicht bekannt, sie wissen nur, baß, wenn sie Pardeberg genommen, auch noch der AaSvogelkop mit schwerer Artillerie genommen und gestürmt werden muß, ehe sie Bloemfontein zu Gesicht bekommen können. (In Pardeberg ist Roberts mittlerweile angekommen. D. Red.) Bet Arundel sind die Boeren noch in der Offensive. Es wird berichtet: * Arvntzel, 21. Februar. (Telegramm.) Die Boeren sind in der Umgegend thätig und unterhalten ein lebhaftes Artillerie- und Grwehrfeuer. Da die auf 200 Mann ge» schätzt» Streitmacht der Boeren die Verbindung mit Naauw- poort bedrohte, wurden von britischer Selle 200 australische Soldaten mit zwei Feldgeschützen abgesandt, die jede« Kopje beschossen, auf dem sich der Feind blicken ließ. (Reutermrldung.) Naauwpoort ist also hart bedrängt. Hoffentlich gelingt Schoemann die Einnahme deS Orte« und die Wegnahme deS dort aufgestapelten massenhaften Proviant«. Dann wäre die Bahnlinie nach de Aar frei und Robert« hätte alle Ursache, um seine rückwärtige Verbindungslinie besorgt zu sein. Nicht besonders günstig für die Boeren brurtheilt da« Mtlitärwochenblatt die Lage. In einem Artikel: „Der Boerenkrieg und die europäische Kriegskunst" beißt eS u. A.: Eine Thatsache vor Allem ist «S, die unter den Erscheinungen deS interessanten Kampfe- in die Augen springt, die scheinbare Unmöglichkeit nämlich, bei modernen Waffenverhältnissen be festigte Stellungen mit Erfolg in der Front anzu greifen, die Unmöglichkeit, selbst eine schwächere Ver- theidigungSarttllerie niederzukämpfen und eine stand hafte Bertheidigungsinkanterie durch Artilleriefener derart zu er schüttern, daß die AngrifsSinfanterie sich ohne allzu große Verluste auch über freies Gelände heranzuschieben vermag und den Sturm wagen kann. In dem Kampfe bei Magersfontein scheinen die Engländer auch an Infanterie nicht unerheblich stärker gewesen zu sein alS ihre Gegner, an Artillerie waren sie ihnen jedenfalls vielfach über legen. Die Stellung der Boeren wurde lange Zeit mit Heftigkeit beschossen, ehe der Angriff versucht wurde, und der Erfolg war der, daß die Boercninfanterie, deren Verluste nicht bekannt sind, jeden- falls moralisch ganz unerschüttert blieb, was schon daraus hervor- geht, daß sie die feindliche Infanterie auf nächste Nähe herankommen ließ, ehe sie das Feuer eröffnete. In dem Kampf um Lolenso scheint sich die Sache ganz ähn lich abgespielt zu haben. Mangelhafte Aufklärung und überschätzte Artillrriewirkung sind vielleicht auch hier von entscheidender Be deutung gewesen. Ebenso erwieS sich in den langwierigen Kämpfen am oberen Tugela, am Svionskop und neuerdings am Vaajkrantz die numerisch weit überlegene englische Artillerie vollkommen unfähig, die des Gegners niederzukämpfen. Dagegen kann man wohl an nehmen — besonders am Baolkrantz — daß dos Vordringen der englischen Infanterie allein schon durch daS feindliche Artillerie feuer verhindert worden ist. Diese Erfahrung scheint alle unsere gewohnten modernen Anschauungen Lügen zu strafen. Wir denken uns im Allgemeinen und bringen da- ja auch in unseren Manövrrn zum Ausdruck, daß »- die erste Aufgabe des Angreifer« ist, die feindlich« Artillerie niederzukämpfen und dann olle artilleristische Feuerkraft gegen die Bertheidiguno-- Jnfanterie einzusetzen, so daß in dem letzten Stadium de- Angriffs Infanterie und Artillerie gegen die ihrer Artillerie beraubte Ver- theidigungs-Jnsanterie mit überwältigender Wucht zusammrnwirken, und nun sehen wir, daß die VertheidigungS-Artillerie vollkommen in der Lag« ist, sich dem Niedergekämpftwerden zu entziehen, um im EntscheidungSstadium de- Kampfe- mit ungebrochener Kraft gegen die Angriff-infanterie wieder aufzutreten, wie da« übrigen« auch 1870—71 vielfach der Fall gewesen ist. Da« ganze gewohnte Angrisfsfchema wird damit über den Haufen geworfen, und eS ent- steht die Gefahr, daß au« dieser Erfahrung ein« unbedingte Ueber- (egenheit der taktischen Defensive gefolgert werden wird. Alle diejenigen Leute, die gewohnt sind, die Dinge immer nur im Einzelnen zu betrachten, ohne die Gesammtverhaltniss« zu. er wägen, und di« oo« solchen Einzrlergebntsseu allgemeine Schlüsse ziehen, werdrn geneigt fein, dir Erfahrungen de« südafrikanischen Kriege« iu diesem Sinne zu deuten. Schon lassen sich auch in unserer Armee gewichtige Stimmen dahin vernehmen, wenn auch noch nicht öffentlich, so doch in mündlicher Meinungsäußerung. Der Gefahr, daß eine solche Anschauung um sich greifen und weitere -reis« in ihr« Anstrckungtsphär« »t«h«n, ja vielleicht sogar in mehr oder weniger maßgebend«» Kreisen Eingang finden könnt«, muß aber mein«« Erachten« unbedingt vorgrbeugt werden, wenn nicht militärisch und damit auch politisch dir unglücklichsten und verderb lichsten Folgen sür unser Vaterland entstehe,, sollen. Ich will die Näh» dieser Gefahr nicht übrrichäv«», aber bet ihrer Größe und Tragweite heißt r« doch: prineipüa odsta. Meine« Erachten« kann »« überhaupt keinen schlagenderen Beweis für die Roth- Wendigkeit d«r Ofseusive geben, wir die Erfahrungen de- südafrikanischen Kriege«. Betrachtet man die Ereignisse zunächst local, so siebt man. daß die Unfähigkeit der Boeren zur taktischen Offensive ihre Kräfte vor Ladysmith und am Modder-River in einer Weise fesseli, welche die ernstesten Gefahren in sich birgt. Sei es nun, daß sie Menschenleben sparen wollen, sei es, daß ihre militärische Aus bildung sür den zusammenhängenden entjcheidungsuchenden Angriff nicht ausreicht — jedenfalls haben sie sich bisher weder im Staude gezeigt, Ladysmith zu nehmen, noch den vor ihren Stellungen blutig zurückgewiejenen Engländern durch den Uebergang zum Gegen angriff entscheidende Niederlagen beizubringen. Die Folge davon ist, daß trotz aller ihrer Siege und Ruhinesthaten ihre Kräfte durch die geschlagenen Schaaren Buller's, White's und Methnen's derart gefesselt werden» daß sie nicht im Stande sind, diese durch schwächere abgezweigte Theile in Schach zu halten und ihre Gesammtmacht auf dem nunmehr entscheidenden südlichen und west- lichen Kriegsschauplatz zu vereinigen. Wäre cs ihnen gelungen. White zur Copitulation zu zwingen und Buller bei seinem Rück züge an den Usern und in den Wellen des Tugela zu vernichten, so würde ein solcher Erfolg, wenn er auch blutig erkauft werden mußte, doch von der entscheidendsten Bedeutung gewesen jein, sowohl in rein militärischer, wie auch in moralischer Beziehung, denn sie könnten jetzt mit ganz anderer Macht gegen Lord Roberts auf treten, und die Wogen der Begeisterung unter den Capboeren würden mit ganz anderer Gewalt gegen die Felsen der englischen Macht schlagen als nun, wo auf unmittelbare Unterstützung eines etwaigen Ausstandes so bald gewiß nicht zu rechnen ist. Noch schlagender tritt vielleicht die Nothwendigkeit der Offensive hervor, wenn man die Gesammtlage der Boeren in Bezug auf einen entscheidenden Erfolg ins Auge saßt. Ein solcher liegt offenbar nur dann in den Grenzen der Möglichkeit, wenn es ihnen gelingt, so weit im Eaplande selbst vorzudringen, daß die gesamm le holländische Bevölkerung den Muth findet, sich ihnen anzuschließen, und dadurch eine Krastsleigerung erreicht wird, die es ermöglicht, die Engländer vollständig aus dem Lande zu drängen. Nur das würde als ein wirk licher voller Erfolg angesehen werden können; denn die Er. bittrrung des Kampfes hat die Rassengegensätze schon jetzt offenbar so gesteigert, daß die Frage, ob Südafrika englisch oder niederdeutsch werden soll, bereits wieder auftaucht. Ein solcher Erfolg ist aber lediglich durch eine strategische Offensive im großen Stil zu erreichen; können die Boeren eine solche nicht in die Wege leiten, dann haben sie es überhaupt nicht in der Hand, einen endgiltigen Erfolg zu erzwingen. Daun bleibt Las Ergebnis: des Krieges von einer Aenderung der allgemeinen Weltlage zu Gunsten der Republiken oder von der Ermüdung Englands abhängig und würde für die Boeren im besten Falle aus einen Frieden heraus, kommen, der eigentlich nur ein Waffenstillstand wäre, der die Entscheidung hinausschöbe, aber nicht brächte. Die Sache kann dann aber auch eine andere Wendung nehmen. Gewinnt Eng land Zeit, mit seinen unerschöpflichen Hilfsmitteln seine Streit kräfte so zu vermehren und zu organisiren, daß sie Len An- forderungen de- südafrikanischen Krieges gewachsen waren, dann könnte sich schließlich auch der taktische Ersolg aus ihre Seite neigen, und auch der heldenmüthigste Widerstand iönnte gebrochen werden. Wir sehen also, daß selbst in einem Itrieqe, der so offen bar die taktische Ueberlegenheit der Defensive zu predigen scheint. Las Element der Offensive ein nothwcndiges Eorrelat auch der strate gischen Vertheidigung ist. Wollen wir Deutschen aber aus diesen Verhältnissen eine Lehre ziehen, so kann es nur die sein, daß wir Alles daran setzen müssen, das offensive Element in unserer Armee und in unseren Kriegsabsichten so hoch zu steigern wie nur irgend möglich. Denn bei der geographischen und politischen Lage Deutschlands kann, wenn wir uns auf ein rein defensives Verhalten verlassen wollten, der Moment, wo trotz hart näckigster localer Gegenwehr die numerische und operative Ueberlegen« hrit deS Angreifers sich mit unüberwindlicher Gewalt geltend macht, für uns viel rascher und vollständiger eintreten als für die Boeren in Südafrika. Tie Gegner stehen fertig organisirt und kampfbereit an unseren Grenzen, und unser einziges Heil beruht darin, daß wir den nächsten und gefährlichsten zu Boden schlagen, ehe sich vielleicht neue Feinde in den Krieg mischen können." Protest Leytzs gegen österreichische PserSelicferungcn in Englaud. * Wien, 21. Februar. (Telegramm.) Wie in Fiume ver lautet, soll vr. Leyds Namens der Transvaalregicrung gegen die Lieferung von 3000 ungarischen Pferden für England an das Ministerium deS Aeußeren nach Wien eine Protestnote ge richtet haben, da durch die Lieferung die Neutralität Oesterreich-Ungarns verletzt würde. Diplomatische Ver handlungen sollen im Zuge sein. (Voss. Ztg.) Tartarennachrichten. * London, 18. Februar. In den letzten Wochen bat hier die sensationelle Geschichte von drei Engländern, welche am WeihnachtStage iu Harrys mitb im Oranje Freistaat von den Boeren auf dem dortigen Marktplatze erschossen sein sollten, weil sie sich geweigert hätten, gegen ihre Landsleute zu kämpfen, viel Aufsebcn erregt nne viel patriotisches Blut in Wallung gebracht. Das Colonia! amt hat vor einigen Tagen schon ein beschränktes Dcmenu gegen diese Geschichte publicirt. Nun theilt der „Manchester Guardian" mit, daß die im Stadttbeile Westbourne Park in London lebende Mutter von Arthur RobbinS, welcher einer der drei angeblich am WeihnachtStage erschossenen Eng länder ist, einen Brief von diesem erhalten hat, in welchem er am 30. December, also fünf Tage nach der angeblichen Erschießung, schreibt, er habe „eia ruhiges und angenehmes WeibnachtSfest verbracht", er habe Weihnachten seinen Laden vier Tage geschlossen gehabt, und er beabsichtige, zu Neujahr seinen Laden wieder für vier Tage zu schließen. Daß ihn die Boeren zum Kriegsdienst gezwungen und im Falle der Weigerung mit Erschießen bedroht hätten, davon erwähn/ RobbinS rn seinrm Briefe mcht«. Deutsches Reich. -i- verlin, 2l. Februar. (Die Gewerkschaften uno die Socialdemokratie in den Vereinigten Staaten Die „Deutsch-amerikanische Buchdrucker-Ztg." veröffentlich: über die letzte Jahresversammlung des amerikanischen Gewerks chaftSdunde« (^merioan kockorLticru ok labor einen Bericht, der für die Beurtheilung ver Frage von Interesse ist, ob der SocialiSmu« unter den a mexika nischen Gewerkvereinlern Fortschritte macht oder nicht. Der genannte, rund 300 000 Mitglieder zählende G«werkschafl«bund bat noch auf dem amerikanischen Arbeiter- congreß in Denver (December 1894) die von den Socialisten geforderte Politik nach lebhaften Auseinandersetzungen ver-
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