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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und ^as »Wilsdruffer Tageblatt* erscheint an allen Werktagen nachmittags 4 Uhr. Bezugspreis monatlich 2.— RM. frei Haus, bei Poftbestellung 1,80 RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Postanstalten und Post- Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Gewalt, od. sonstiger _ Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. alle anderen Stände des WWdrnGer ÄWrks Anzeigenpreise laut aufliegendem Tarif Nr. 4. — Nachweisungs-Gebühr<?20 Npfg. — Dorgefchriebene Erschcinungslage und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit berücksichtigt. — Anzeigen « Annahme durch Fernes übermu. Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 mcu wir Knur «ewahr. - Icdcr Siada,lau,pruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogcn werden muh oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Stadt- rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Telegr.-Adr.: „Tageblatt* Nr. 58 — 94. Jahrgang «UMWMWWWWPWWMIWMWI Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 9. März 1935 Währungswirren. War das englische Pfund einst der Inbegriff der Sicherheit, der zuverlässigen Geldanlage, so ist seit 1929 dieser Glanz entschwunden. England war das erste Land unter den großen Goldländern der Erde, das seine Gold währung verließ. Andere Länder folgten dieser Entwick lung. Damit war der Auftakt zu Währungsschwankungen gegeben, die seit 1929 nicht mehr zum Stillstand gekommen sind. Bei einem Stand von ungefähr 12 Mark hielt sich das englische Pfund im letzten Jahr. In der letzten Woche ist es von Tag zu Tag neu gefallen. In wenigen Tagen ist eine Entwertung von über 40 Pfennig eingetreten. Mit dieser neuen Pfundentwertung ist eine Unruhe ohnegleichen in den gesamten modernen Wirtschaftsstaaten entstanden. Furcht, daß das Pfund weiterhin abstürzen werde, geht allenthalben um. Die Ausländer, vor allem die Franzosen, ziehen ihre in England angelegten Kapitalien so schnell wie möglich zurück. Bisher sollen etwa 4—5 Milliarden Francs aus London abgezogen worden sein. Zu diesen Abzügen ausländischer Gelder gesellt sich — und damit wird die Nervosität gekenn zeichnet, die England erfaßt hat — eine ziemlich beträcht liche englische Kapitalflucht. Es heißt vor allem, daß die englischen Versicherungsgesellschaften wegen der Kursentwicklung nervös geworden seien. Ebenso wie Paris halten auch Amsterdam, Brüssel, New York das englische Geld für unsicher, fürchten, daß sie mit jedem Tag, an dem sie ihren Pfundbesitz weiter behalten, Ver luste erleiden werden, fürchten vor allem — und das ist der entscheidendste Punkt in diesem Augenblick — ein über- greifcn der Psundnnsicherheit auf ihre eigenen Währun gen und die Währungen der mit ihnen in Handelsverbin dungen stehenden Länder. So entsteht die bedeutungsschwere Frage, welche Geld anlage heute überhaupt zweckmäßig und empfehlenswert sein kann. Anlagen in Golddollar? Kein Mensch weiß heute, ob Präsident Roosevelt nicht schon in nächster Zeit von dem ihm zustehenden Recht einer weiteren zehnprozenti gen Dollarabwertung Gebrauch machen wird. In fran zösischen oder Schweizerfranken? Auch die waren gelegentlich Schwankungen unterworfen und auf ihre unbedingte Stabilität ist keine Wette abzuschließen. In holländischen Gulden oder belgischen Francs? Die Neigung zur Inflation nimmt selbst in ernsten Wirtschaftskreisen unter dem Druck der handels politischen Schwierigkeiten für die Goldblockstaaten immer mehr zu. Zwar hat der belgische Finanzminister ebenso wie der holländische in diesen Tagen erst erklärt: Die Währung bleibt stabil!, aber ein letztes Wort braucht diese Erklärung nicht zu sein, und eine hundertprozentige Sicherheit schließt sie heute nicht mehr in sich. Tatsache ist, daß die ständigen Währungs abwertungen der letzten fünf Jahre,„ein Moment der Unreellität und Unsoli- dität*, wie Dr. Schacht es in seiner großen Rede auf der Leipziger Messe ausdrückte, in die Beziehungen der Staaten untereinander hineingetragen haben und, wie wir es in diesen Tagen erleben, fortgesetzt weiter hineintragen. Welches sind nun die letzten Gründe, die zu diesem verwegenen Spiel neuerdings geführt haben? Eine end gültige bindende Antwort darauf ist schwer zu finden, denn ein Staat verdächtigt den anderen, seine Hand bei diesem neuerlichen Pfundsturz im Spiel zu haben. Jeder weist natürlich den auf ihn fallenden Verdacht von sich. In London erklärt man, es handle sich um ein politisches Manöver; in Paris, es handle sich um eine wirtschaftliche Spekulation; in den Goldblockstaaten, um einen letzten entscheidenden Versuch Englands, seine Stellung gegen über den Goldblockstaaten noch weiter zu begünstigen, oder die Staaten zum Abgehen vom Gold zu bringen. Sicher ist von all diesen Gründen etwas mit im Spiel. Immer wieder haben wir es in den letzten Jahren erlebt, daß Frankreich in dem Augenblick, wo cs galt politische Ent scheidungen herbeizuführen, mit Hilfe seiner goldenen Macht versuchte, die Währungen des betreffenden Landes, das den französischen politischen Wünschen willfährig ge macht werden sollte, ins Schwanken zu bringen oder sogar sie zu erschüttern, um mit Anleihen zu Hilfe zu eilen und als Gegengabe dafür politische Zugeständnisse entgegen zunehmen. So war es damals im Fall Österreich, so war es mehr als einmal in den letzten Jahren bei den Ncparationsverhandlungen, als England der deutschen Lage gegenüber ein gewisses Verständnis entgegenzu bringen schien, so war es mit den Balkanstaaten, sobald sie Verständigungen mit anderen Ländern eingingen, die den französischen Wünschen nicht entsprachen, so war es mit Italien und mit Polen. Auf der anderen Seite hatEngland ohne Frage im Augenblick nicht nur innerpolitische, sondern auch Wirt schaf t s p o l i t i s ch e S ch w i e r i g k e i t e n. Die größte Sorge sind die zwei Millionen Arbeitslosen. Bisher hat keiner der Regierenden einen Plan gefunden, um diese iwei Millionen, die auf der Straße liegen und eine poli tische Gefahr bedeuten, in Arbeit und Brot zu bringen. Nachdem Jahre hindurch oank der Pfundabwertung die Unterbietung auf den Weltmärkten ein recht ertragreiches Verfolgtes Deutschtum Unerhörte Strafantröge im Memelprozetz. Haussuchungen in Eupen-Malme-y In Eupen-Malmedy setzte unerwartet eine Haus- suchnngsaktion ein und zwar in den Städten Eupen, Mal medy und St. Vith wie auch in verschiedenen Ortschaf ten innerhalb der neubelgischen Kreise. Diese Haus suchungen stützen sich auf eine Anordnung der Brüsseler Behörde, die die Aktion mit dem Gesetz über die Betäti gung der Parteimilizen begründet. Den Personen gegen über, bei denen die Haussuchungen vorgenommen wurden, rechtfertigte man das Vorgehen damit, daß sie unter dem Verdacht ständen, gegen dieses Gesetz verstoßen zu haben. Dieses Gesetz über die Parteimiliz besagt, daß das Tragen von Uniformen verboten ist. Es wurden u. a. 55 Ruck säcke und 55 Brotbeutel — in der belgischen Presse als „Patronentaschen" bezeichnet! — beschlagnahmt. Auch verfielen an einigen Stellen Windjacken und ein paar Stiefel der Beschlagnahme. Irgend etwas Belastendes ist aber nirgendwo zutage gefördert worden. In Eupen ist auch eine Verhaftung vorgenommen worden, und zwar handelt es sich um den Diplomingenieur Neuhaus. Man kann annehmen, das? die Begründung „Verstoß gegen das Gesetz über die Parteimiliz" nur ein Borwand war, um erneut gegen die Heimattreue Bevölkerung vorzugehcn. Als Veranlasser dieser Aktion kommen Wohl be stimmte Personenkreise in Betracht, die es immer wieder für nötig erachten, übergeordnete Stellen in Brüssel und Lüttich zu Maßnahmen zu veranlassen, die vollkommen überflüssig und unbegründet sind. Die Aktion richtete sich fast ausnahmslos gegen Personen, die in der Heimattreuen Bewegung tätig sind, deren Ziel es ist, innerhalb des belgischen Staates, dem Eupen-Malmedy zugeteilt wurde, für die Erhaltung der deutschen Sprache und Kultur und für die sonstigen Rechte der Bevölkerung im Rahmen des Gesetzes einzutreten. Der Bevölkerung hat sich naturgemäß eine große Erregung bemüßigt. * Tod durch Erschießen. Fünf Todesurteile im Memelländ^r- prozeß beantragt. Im Memelländerprozeß in Kowno stell ten am Freitag General Wiemer und Generalstaatsanwalt Monstavicius die S t r a f a n t r ä g e. Es wurde bean tragt: gegen die Hauptangeklagten aus der sogenannten Jesuttis-Gruppe (ein Fall, der bekanntlich durch die Ver handlung nicht geklärt ist, in dem aber die Anklage einen sogenannten Fememord erblickt hat), Prieß, Wannagat, Boll, Gottschalk und Lepa, die Todesstrafe durch Erschießen. Gegen den Mitangeklagten dieser Jesuttis-Gruppe, Jakschtat, und gegen die beiden Angeklagten der sogenannten Wallat-Gruppe wurde lebenslängliches Zuchthaus beantragt. Gegen die Hauptangeklagten, aus der sogenannten Neumann-Gruppe, d. h. die Mitglieder der Sovog, Neumann, Bertuleit, Rademacher und sechs weitere Hauptführer dieser Partei, wurden je 15 Jahre Zuchthaus beantragt, gegen die sogenannten Gruppen führer je 12 Jahre und gegen alle übrigen Mitglieder der Neumann-Partei einschließlich des litauischen Spitzels Molinnus je 8 Jahre Zuchthaus. Gegen die Mitglieder der sogenannten Saß-Gruppe, d. h. die Christlich- Sozialistische Arbeitsgemeinschaft (ESA.) wurden fol gende Anträge gestellt: gegen die Hauptangeklagten Saß und von der Ropp je 12 Jahre Zuchthaus, gegen die Kreisleiter je 10 Jahre Zuchthaus und die Führer der sogenannten Stammeskreise je 10 Jahre Zuchthaus und die anderen von 6 bis zu 9 Jahren Zuchthaus. O- Wie aus der sudetendeutschen Stadt Troppan ge meldet wird, hatte sich vor dem dortigen Gericht der Land wirt Anton Klier aus Groß-Kunzendorf zu verant worten. Klier war zur Last gelegt, an dem anläßlich der Ab stimmung im Saargebiet in Preußisch-Kunzendorf veranstalteten Fackelzug am 15. Januär teilgenommen zu haben. Der Angeklagte führte aus, daß er an dem fraglichen Tage geschäftlich in Preußisch-Kunzendorf zu tun gehabt hätte und lediglich in gleicher Richtung mit dem Fackelzug ge gangen sei, weil der Weg ihn dorthin führte. Der An klagevertreter stellte sich dagegen auf den Standpunkt, daß Klier die Absicht gehabt hätte, den Saarsieg mitzufeiern, und daß er sich dadurch zum nationalsozialistischen Pro gramm bekannt habe. Gemäß Paragraph 17 des tschecho slowakischen Schutzgesetzes wurde der Angeklagte z u fünf Wochen strengen Arrest und 200 Kro nen Geld st rase verurteilt. Freizeit zum Neichsherufswettkampf Ein Ausruf des Rcichsstatthalters an die Betriebs, führer und Unternehmer: In Gemeinschaft mit der Deutschen Arbeitsfront führt die Hitler-Jugend in diesem Jahr den zweiten Ncichsberufswettkampf der deutschen Jugend durch. Das gesamte Volk nimmt an dieser Aktion der Jugend regen Anteil. Von allen Seiten ist der Hitler-Jugend auf Grund der Bedeutung, die dem Reichsberufswettkampf zukommt, Unterstützung zuteil geworden. An die Betriebssichrer und Unternehmer ergeht des halb der Aufruf, die deutsche Jugend bei der Durch führung des Reichsberufswettkampfes weitgehendst zu unterstützen, ihren Lehrlingen und Jungarbei tern die Teilnahme am Wettkampf durch Gewährung einer entsprechenden Freizeit am Wcttkampftag ^n ermög- lichen und den Teilnehmern einen evtl. Lohnausfäll zu ver- güten. Die Aktion der Jugend ist eine Aktion des gesam ten Volkes. (gez.) Martin Mutschmann Venizelos auf der Flucht? Der AufstSnVischcnführcr ernsthaft verwundet Wie der griechischen Regierung durch den Hafcnkapi- tän von Bolo mitgetcilt wurde, ist dort ein südslawisches Torpedoboot cingelaufcn, das einen aufsehenerregenden Funkspruch über den Führer der Aufständischen, Venize los, aufgefangcn haben will. Darnach so« Venizelos ernst haft verwundet sein und gegenwärtig von einem Torpe doboot der Aufrührer nach Alexandrien gebracht werden. Geschäft für England gewesen ist, versagt dieses Mittel neuerdings, da man sich allerorts in der Kalkulation auf die veränderten Wettbcwerbsverhältnisse eingestellt hat. Eine neuerliche Pfundentwertung, so rechnet England, bringt vielleicht für kurze Zeit noch einmal einen beacht lichen Vorsprung auf den Weltmärkten. Darüber hinaus denkt England vielleicht nicht zuletzt daran, auf diese Weise das noch viel zu hohe Lohnniveau künstlich zu senken. Nm ärgsten betroffen durch die neue Pfundentwertung sind ohne Frage die Goldblock st aaten, denen immer wieder von englischer Seite angcraten worden war, dem englischen Beispiel zu folgen und den Goldstandard auszugeben. Die Ursache der neuen Psundeniwertung, so erklären vor allem die niederländischen Zeitungen, liegt ausschließlich in den Schwierigkeiten, denen die englische Wirtschaft begegnet, und die holländischen Finanzsachver ständigen schließen sich dieser Auffassung an, wenn sie erklä ren, daß die furchtbare englische Verarmung, die man so gern nn ^n- und Ausland übersehe, der Urgrund der neuen sei. Die englische Lockung, daß in den Gold- sticht eher eine wirtschaftliche Gesundung möglich sei, bis sie ihre verkehrte Politik des Festhalteus am Golde aufheben, hat bisher ihre Wirkung versehlt. Aber man fragt sich mit Recht: Wie lanae? Tatsacke ist. daß eine ganze Reihe Waren, vor allem Tee, Kaffee, Kakao, überhaupt Kolonialerzeugnisse, in englischen Pfunden ge handelt werden. Mit jedem Pfennig, um den das Pfund billiger wird, wachsen die Schwierigkeiten im Ausfuhr geschäft, zumal heute, wo in der ganzen Welt beim Export mit jedem Pfennig gerechnet werden mutz. Gerade unter diesem Gesichtspunkt ist der neue Pfundstnrz auch fürDeutschland eine ernste Frage. Mit aller Eindeutigkeit hat Dr. Schicht der deutschen Wirtschaft in Leipzig die Aufgabe gestellt, als Gegenleistung für die ihr vom Staat geschaffene Binnen- konjunktur mit allen erdenklichen Kräften die Ausfuhr ui fördern. Der Zeitpunkt dafür konnte bis zur Pfund- cntwertung als besonders günstig angesehen werden, zu mal die die Ausfuhr hemmenden Perrcchnungsvelträgs (Clearing-Verträge) in der Gunst der Welt beträchtlich ver- loren haben, und deutscherseits unzweifelhaft eine Epoche vermehrter Ausfuhranstrengungeu begonnen hat. Wenn jetzt das Pfund, der Dollar und vielleicht nicht in allzu ferner Zeit auch manche andere Währung ins Schwanken gerät werden die Berechnungen des Ausfuhrkaufmanns, des Ansfuhrindustriellen erschwert. Hat er beispiclk-wcise seine Rechnungen auf englische Pfunde ausgestellt, so ist seine gesamte Berechnung über den Haufen gerannt.