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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.09.1891
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-09-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18910929022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891092902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891092902
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1891
-
Monat
1891-09
- Tag 1891-09-29
-
Monat
1891-09
-
Jahr
1891
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Nachrichten (6 gespalten) «O^L. «dtnd-Austzabe: die Sgespalt«,, WUtzchp Reclamen unter dem ReLactionistrtch iä geipaltenl 1 Familiennachrichten und Anzeigen v'rlorener Gegenstände (vgespalten) 20 itz. Gröbere Schriften laut nniereM Pret«. verzeichnch. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. 0rtrt»-vrtla««t (gefalzt), nur mit l»r Morgen-Ausgabe, ohne PvstbesorderNNtz ^l M.—, mit Postbeförderung ^l 7V.—» Ännahmtschluß für Zuserair: Abend-Ausgabe: vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags «Uhr. Sonn- und Festtags früh 9 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je «1>M halbe Stunde früher. Inserate sind stets an die «r»rdlN», zu richten. 296. Dienstag den 29. September 1891. 85. Jahrgang. Zur politischen Lage. Die Bedeutung der Friedenskundgebung, welche in der vom Herrn Reichskanzler gestern in Osnabrück gehaltenen Rede entbaltcn ist. wird allseitig in vollem Maße gewürdigt. Die AuSsilhrungcii de« Herrn von Capri vi werden von Niemandem unterschätzt. Wie wenige Tage vorher der preußische Handelsminister, hal auch Herr v. Caprivi betont, daß die edierenden b den Frieden ungestört, einen europäischen Krieg vermieden zu sehen wünschen. Daß aber die Worte des deutschen Reichskanzlers nicht überschätzt werden können, dafür hat zur selben Stunde Herr Ribot, der französische Minister des Auswärtigen, gesorgt. Die Worte, welche dem Munde des Herrn Ribot ent strömten, sind keineswegs, wie eS mehrfach in der demokratischen Presse geschieh!, ebenfalls als eine überzeugte Friedenskundgebung ausznfasseii. Der französische Minister wieö mit ebensovict Geschick wie Betonnng auf die >» Kronstadt erfolgte Ver brüderung hin, und wenn Herr v. Caprivi in der Annäherung Frankreichs an Rußland nur den Ausdruck schon vorhandener Verhältnisse, lediglich die Feststellung eines europäischen Gleichgewicht« erkennt, wie es berei'S früher bestanden habe, so constatirt dagegen Herr Ribot als das Ergebniß von Kronstadt, daß sich Frankreich in einer neuen Lage befinde. Man darf au- diesen Worten Wohl das Zu- gcständniß herauslesen, daß rin bestimmter Vertrag mit Rußland abgeschlossen worden ist, und daß dieser lediglich friedliche Zwecke verfolge — crockat äuckaeiis Xppella! — Wir wolle» übrigens bei dieser Gelegenheit daran erinnern, daß die Meldung verschiedener Blätter, durch das französische Geschwader seien dem russischen Bundesgenossen auch nicht unbedeutende Mengen rauchschwaches Pulver al« „Gast geschenk" überreicht worden, bisher weder von französischer »och von russischer Seite bestritten worden ist. Gleichwohl darf man Herrn Ribot glauben, daß die französische Regierung „zunächst" den Frieden nicht gefährden wird. Denn der Zar hält den Zeitpunkt noch nicht für gekommen, man ist i» Rußland noch nicht vorbereitet genug und in dem republikanischen Frankreich will man heute nur dasselbe, was der Zar und die Russen wollen, die französischen Armeen werden marschiren, sobald von Petersburg der Befehl an sie ergeht. , Dieses Urtheil spiegelt sich auch in den Auslassungen der gesanimlcn deutschen Presse wider, welche darum mit einer seltenen Einmüthigkeit daS Vorgehen der Berliner Bank häuser verurthcilt, welche sich bereit finden lassen, sür die KriegScasse unseres östlichen Nachbarn zu wirken. Freilich geht der russische Patriotismus der Herren Mendelssohn und Warschauer nickt so weit, daß sie ihr eigenes Geld dazu hergehcn. Sie „legen nur ans" in Berlin, daS heißt, sie fordern die deutschen Bürger auf, ihr Geld den Russen zu borgen. Tie Herren Mendelssohn und Warschauer wollen die Vermittelungögebühr verdienen, die Russen sollen das Geld bekommen, welches die Deutschen ver lieren und mit dessen Hilfe daS Deutsche Reich bekriegt werde» soll. Die Lüge, daß die deutsche Regierung den Wunsch aus gesprochen bade, daß in Berlin die russische Anleibe aufgelegt werde, hat sich unsere Regierung beeilt, al« eine Verleumdung zu bezeichne». Aber daß die betreffenden Bankhäuser diese Unwahrheit verbreiten ließen, zeigt das Bewußtsein des unpatriotischen Vorgehens. Die deutschen Bankiers, welche die russische Anleihe unterstützen, entbehren völlig dcS deutschen Nationalgcfühl«— das ist eine erwiesene Thatsache; der Geldgewinn geht ihnen weit über den Patriotismus, und der gemeine Vorthcil läßt sie die Stimme der öffentlichen Meinung, der allgemeinen Verachtung überhören. In Frankreich wäre ein ähnlicher Vorgang unmöglich. Aber wir fürchten, auch bei uns wird dieser Vorgang nicht so bald vergessen werden und vielleicht in ungünstiger Stunde die Empörung weiter Kreise sich derart Luft machen, daß der Unschuldige mit dem Schuldigen getroffen wird. Wenn übrigens die „Freisinnige Zeitung" behauptet, die dcutscke Regierung „vertlieidige" ihr „neutrales Verhalten" gegenüber den beiden Bankhäusern, so ist das eine völlig schiefe Auffassung der Lage. Hier hat und hatte die Re gierung keine Macht, die Regierung konnte nicht ander- bandeln, für die Bankhäuser mußte das Nationalgefühl die Schranke sein, welche daS Criminalgesetz nicht vorgesehen hat. * In der Stellliiigiiahmc zu der russischen An leibe zeigt die deutsche Presse eine erfreuliche Einmüthigkeit; mit Ausnahme einiger ganz vereinzelter Stimmen wird die Nichtbetheiligung deS deutschen PublicumS als selbstverständ lich betrachtet. Daran bat indcß im Ernst auch vorher kaum Jemand gezweiselt, und wenn die Thatsache, daß zwei Ber liner Firmen sich an der Auflegung der Anleibe betbeiligen, einen allgemeinen Entrüstungssturm entfesselt hat, so ist daran weniger diese Thatsache selbst, als die Weise schuld, wie sie in Scene gesetzt wurde. AuS der Bclheiligung an sich den Häusern Mendelssohn und Warschauer ein Verbrechen zu machen, ist übertrieben; wir leben mit Rußland in Frieden und Niemand ist verpflichtet, an kriegerische Absichten desselben »uS gegenüber zu glauben. Aber wenn die öffcnl- licken Wortführer jener Firmen für dieselben gar nock ein großes patriotisckcS Verdienst in Anspruck nehmen wollten, so mußte da- allerdings die sckärssle Zurückweisung herauS- svrdern. Ter Grund, wc-halb der russische Finanzininister die Mitwirkung der beiden Berliner Firmen für wünschenSwcrtb dielt, liegt zu klar zu Tage, als daß sich Jemand darüber täuschen könnte. Dem kleinen Capilalisten in Frankreick, der trotz Kronstadt wenig Neigung bat, sein Geld für eine russische Kriegsanleihe berzugeben, sollte durch ein „so eminent friedliches Symptom" M»Ib gemackt werden; auf »ennenSwerlbeZeichnnngen in Deutschland hat Herr v. Wischne gradSky ebenso wenig gerechnet wie seine Bankiers. Ob es dem Anseben der genannten Firmen nickt besser entsprochen balle, die Theilnabme an diesem Spiele zu versagen, ist ihre Sache; aber die- Spiel dadurch aus die Spitze zu treiben, daß «au da« deutsche Publicum an einen tiefgrrisenden Um schwung der europäischen Lage in der Richtung des gesicherten Friedens glauben machen wollte, muß schon an sich ans da« Schärfste gerügt werden, noch mehraber wegen der Art, wie man unsere Leitung der anSwärtigen Angelegenheiten i» die Sache hineingezogc» hat. Zuerst hieß eS an der Börse, die deutsche Regierung habe die Auflegung der Anleihe in Berlin „genehmigt", dann sprach man von einem internationale» Meinungsaustausche, infolge dessen unsere Regierung „sich sür die Sache interessire"; schließlich sollte sie gar die Be» thciligung des deutschen Capitals an der russischen Anleihe „dringend wünschen". Und das Alles war rein erlogen! Die Regierung bat sich einfach neutral verhalten; zu „genehmigen" hatte sie überhaupt nichts! In solcher Weise wird au der Börse Politik gemacht. So lange es sich dabei um kleine Kunstgrisse der einander im Börscnspicl bekämpfenden Parteien handelt, pflegt man sich draußen wenig darum zu kümmern; hier aber liegt ei« TäuschungSverfahrcn vor, welches, wenn ihm Glaube» geschenkt würde, daS Vertrauen zu der Ruhe und Stetigkeit unserer auswärtigen Politik im deutschen Volke hätte schwer erschüttern müssen. „Grober Unfug" würde unseres Erachten- für diesen Vorgang noch eine sehr gelinde Bezeichnung sein. Leipzig 2S. September. * Der Kaiser hat während seine- Aufenthalte- i» Rominten wirderbolt Jagden abgchalten. Täglich erledigt der Monarch daselbst die lausenden RegicrungSgeschäste, wls er auch regelmäßig Vorträge entgcgennimmt. Ueber di« Rückkehr des Kaisers nach Berlin bezw. Potsdam liege« cndgiltige Bestimmungen noch nicht vor. * Montag Abend gab der Reichskanzler v. Caprivi im Hotel Schaumbnrg in Osnabrück ein Souper, zu welchem etwa SO Einladungen an Militairpersonen und an die Spitzen der Behörden ergangen waren. * Nach aus Cannes eingetroffrnen Nachrichten hat dtr Großherzog von Mecklenburg-Schwerin die Reise sehr gut uberstanden; dieselbe hat auf sein Befinde» keinen ungünstigen Einfluß gehabt. * Der Viceprästdent de- preußischen Staatlministeriu»«, Staatsminisler v. Bötticher, welcher sich zur Zeit in Frankfurt a. M. aushält, wird am 30. d. M. von seinem Urlaube nach Berlin znrückkchren. * Im nächsten Etat dcö Auswärtigen Amtes ist, so wird aus Berlin gemeldet, für geheime Ausgaben eine erhebliche Mebrforderung gestellt, da der Welsenfonk« hierfür nicht mehr verwendet werden soll. Ueber die künftige Ver wendung desselben soll »och kein Beschluß gefaßt sein. * Zur Anwesenheit deS Zaren in Berlin wird nnS geschrieben: Die Anwesenheit des Zaren in Berlin gicbl stosfarme» und sensationslüsternen Correspondenten Gelegen heit zn allerlei möglichen Erörterungen. Wer Zeuge jenes Empfange« ans dem Stettiner Bahnbof gewesen ist, wird zugebc» müssen, daß derselbe sich wesentlich anders abgespielt hat, als wen» sonst ein gekröntes Haupt in Berlin emlrifft. Der jubelnde Ton, welchen die Begeisterung des Volkes hineinträgt, fehlte ganz. Der Zar, welcher an dem ganzen mit Menschen besetzten Zug, welche freilich von zahlreichen Schutzleuten am AuSsteigen verhindert wurde», vorbei mußte, blickte reckt ernst darein. Mit dem Prinzen Friedrich Leopold, der an seiner Seite schritt, sprach er anscheinend sehr wenig. Erst in> Fürstenzimmer, in deni daS Souper eingenommen wurde, wurde der Zar gesprächiger; es wurde Deutsch ge sprochen nnd das ganze Gespräch drehte sich »m die Reise und den Tod der Großfürstin Alexandra. Daß politische Gegenstände berührt oder gestreift wurden, war schon durch den Zweck der ganzen Reise ausgeschlossen. Die Zarin war anscheinend durch die Reise ermüdet, der Trauerfall hatte sie auch tics erschüttert, nnd so war ihre Bclheiligung am Ge spräch nur gering. Wer den Zaren und die Zarin wicder- holentlich gesehen, wird nicht bestreiten können, daß er gealtert ist, namentlich sah man dies, wenn er de» Hut lüstete: das Haar ist dünn, ganz dünn geworden, die liebliche Schönheit der Zarin besteht noch unverändert fort. *Die Episode Mendelssohn-Warschauer kann bereits als überwunden gelten: Die Herren werden den übernommenen Verpflichtungen gemäß die russische Anleihe in Berlin auflegc»; eine Unterstützung seitens des PublicumS aber finden sie nicht, und ebensowenig werden sie darauf rechnen können, von der Regierung gefördert zu werden. Die öffentliche Meinung hat ohne jeden Unterschied der Parteien i» so ent schlossener Weise da« Vorgehen der beiden Bankhäuser vcr- nrthcilt, daß sie und die anderen Herren der hoben Finanz daraus hoffentlich sür die Zukunft die Lehre ziehen, daß sic da- nationale Gefühl zu respcctiren haben. So ist die spontane Acnßcrnng des Widerspruches gegen die Theil- nahmc deutsche» Capitals an der russischen Anleihe zu gleich eine Kundgebung des patriotischen Empfindens der Nation geworden, und darüber kann man sich nur freuen. Ein stillschweigender Protest ist kein Protest, nnd wer dir Faust nur in der Tasche zu ballen pflegt, kann sich nicht wundern, wenn seine Stimmungen wenig Beachtung finden. Herr Eugen Richter freilich nennt eS EbanviniSmnö; aber die übrigen Organe der freisinnigen Partei haben dies mal ihre» Meister im Stich gelassen, und zumal die „Bossiscbe Zeitung" läßt in der Entschiedenheit ibrer Haltung nichts zu wünschen übrig. Wahrscheinlich wird der EmissionScourS der Anleihe, der noch immer nicht fcststebt, durch die Ereignisse der letzten Tage berabgedrückt werden Man nimmt hier an, daß auch die an der Anleibe betbciligtc Londoner Firma i» England wenig Tbcilnabmc findcn wird, so daß schließlich jene 560 Millionen so gut wie vollständig von Frankreich zu beschaffe» sein werden Taß ist auch ganz in der Ordnung und nicht mebr al« die im voraus vereinbarte Gegenleistung für dir Kronstädter Liebenswürdigkeiten. * Eine der wichtigen Arbeiten, mit denen sich der Bunte- ratb demnächst zn beschäftigen haben wird, werde» die Ans führnngSbrstimninngen zur Gewerbeordnung« Novelle sein Nm in denselben soweit als möglich die Wunsche res GcwerbcslandcS berücksichtigen zu können, sind von den Be hörden verschiedene Vertretungen reS letzteren zu Acußcrungcn über ihre Ansichten dctrcss« einzelner in den AuSsübrungSbestimungc» zu treffenden Anordnungen veranlaßt worden. So ha«, wie wir hören, daS Oberbergamt BreSlau den oberschlesischcn berg- und hüttenmännischen Verein aufgcsordert, über die Aus nahmebestimmungen in Bezug auf die Nachtarbeit weiblicher Arbeiter zn berichten, deren Anwendung sür die obcrschlcsischen Steinkohlen- sowie Zink- und Bleierzgrubcn nach Inkraflrelen der Gewcrbeordnnngsiiovellc vom l. Juni d. I. der Verein für erforderlich erachtet. * In Uebereinstimmung mit ihrer knrzlichen Mitthcilung über den Stand der Arbeiten am neuen preußische» Volksschul » Gesetz - Entwurf im CultuSministcrinm schreibt die ,,N. A. Z.", daß die Arbeiten allerdings unlängst zu einem gewissen Abschluß gelangt seien. Der letztere sei aber keineswegs als cm definitiver an- zuschen. Die Besprechungen der einschlägige» Fragen im EultuSministerium dauerten vielmehr noch fort. Es konnte also noch nicht die Berathung des gcsammlen StaatSmiiiistcriumS über den Entwurf beginnen. Erst davon aber, ob der Entwurf im StaatSministerinm zn Stande käme bezw. für ihn die königliche Billigung zur Einbringung im Landtage »achgcsucht werden wurde, hänge eö ab, ob daö Volköschnlgcsetz in neuer Fassung schon vor den nächsten Land tag kommen werde. * Die Erörterungen über daS Wort Parvenü sind Keule ziemlich müßig, da die ofsicielle Fassung der Erfurter Rede den Ausdruck nicht enthält. Indcß ist Angesichts dcS Lärms der französischen Presse wohl auch nachträglich noch eine Erinnerung interessant, die die „Rhein.-Wcsts. Ztg." auffrisckt. In der bekannten Rede, die Napoleon III. an das gram! ccirp» ä'bitat richtete nnd in welcher er seine Verbindung mit Eugcnic von Mvntijo mitthcilte, kommt folgender PassuS vor: -Oeffcntlich nehme ick gegenüber Europa die Stellung eines ParvenuS ein, denn das ist ein Ehrentitel, wenn man seine Erhebung der freien Wahl eines großen Volke- zu danken hat." Die Stelle sinket sich im „Moniteur" vom 23. Januar 1853. * Ein Bahnmeister Namen- Düpmann hatte neuerding» eine öffentliche Erklärung erlassen, worin er die vom Bochumcr Verein für seinen Bezirk gelieferten Schienen al« schlecht, dagegen die Krupp schen Schienen als vorzüglich bezeichncte. Wie die Vorgesetzte Behörde des Herrn Düpmann von seiner „Enthüllung" denkt, geht daraus hervor, daß auf directe Verfügung dev Herrn EiscnbahnministerS Thielen gegen Herrn Düpmann in Schwerte wegen dessen ungesetz licher Erklärung über die Krnpp'schen Schienen und die des Bochumer Vereins die DiSciplinar-Uutersuchung eingeleitet worden ist. * Die „Herren von der Opposition" im social demokratischen Lager waren durch das ofsicielle Partei organ, den „Vorwärts", aufgefordert worden, „ihre An schuldigungen genau zn formul'iren nnd unter Beifügung deS nötbigen BewriSmatcrialS dem Erfurter Parteitag zn unterbreiten". Hieraus ist nun die Frage aufgeworfen: „Ans welchem Wege die Herren der Opposition ihre Anschuldigungen vor den Parteitag bringen können und welche- Organ zu ihrer Vertretung ihnen dort zur Verstigung siche?" Der „Vorwärts" erklärt ans diese Anfrage, „daß den Herren von der Opposition genau dieselben Wege offen sieben, ibre Anträge, Wünsche und Beschwerten vor den Parteitag zu bringen, wie allen übrigen Genossen"; für eine geeignete persönliche Vertretung der Anklagen und Beschwerde» ans dem Parteitag zu sorgen, sei Sache der Anhänger der Opposition selbst, was ihnen um so leichter werden würde, als mehrere Angehörige der Oppo sition als Vertreter nach 'Erfurt gewählt worden seien. * Wie auS Hamburg gemeldet wird, sind dortselbst als Ersatz für die Schntzlruppe nach Ostafrika vier Officicre und elf Unterofficiere zur Einschiffung gelangt. * Ans Eisenach meldet man nnS: Der hiesige natio- nallibcralc Ncichsverein hält seine erste diesjährige Winterversammlung am Abend dcS 3. Oetober im „Tivoli" ab. In derselben wird der TLchterschullehrcr O. Foltz über daS Jahr 1866 und die Gründung der »ationalliberalen Partei, sowie der Gcneralsccrctair R. W cstphal-Gotha über Kornzölle und Thcuerung sprechen. * Am heutigen Tage tritt der bayerische Landtag zu der letzten Session seiner diesmaligen Wahlperiode zu sammen. Man weiß, daß in dem zweiten Staate dc- Deutschcn Reichs die Volksvertretung sechsjährige Wahl- und zwcijäbrige Bukgctpcriote» besitzt, die letzteren übrigens statt der sechsjährige» seit verhältnißmaßig nicht allzu langer Zeit. Da dir jetzige Kammer am 28. Juni 1887 gcwälilt ist, erlischt ibr Mandat im Frnbsommcr 1893 und steht also jetzt von den drei regelmäßigen Sessionen einer Wablperiode für diesmal die letzte bevor. Freilich pflegen sich die LandtagSscssionen in jedem zweiten Iabrr bis tief in den Frübsommer hincinzuzicken, thcilS wegen der Störung durch den Reichstag, dem namentlich auf der ultra- montanen Seite zahlreiche Mitglieder beider Kammern an geboren, tbeilS durch die ausgedehnten Cvinmissionöarbcitcn, während deren daS Plenum von der Isarsladt in die Heimath zurückzukckrcn pflegt. Für den Besuch oder Nichtbcsuch der Reichoiags-Berhanklungen pflegen sich übrigens in den Fällen der wichtigen Beratkungen in Berlin »nv München die liberalen und ullraiiiontanen Kammerangebörigen gegenseitig abzupaaren. Man wird demnach diesmal voranSflchttich >n mehreren Fällen eine schnelle Hi» nnd Herfahrt der parla mentarischen Doppcllmankatare zwischen rer Reichs- und der bayerischen Hauptstadt zn gewärtigen baden. * Eine genaue Feststellung des Ergebnisses der badischen LandtagSwablen ist nickt möglich, bevor die Abgeordncten- wablcn vollzogen sink, da in manchen Wahltreiien knappe Mebrbeiten verbanden sink und die Parteistcllung vieler Wahlmänner nickt zuverlässig bekannt oder schwankend ist. Als vollständig sicher verloren sür die Nationalliberalcn sind bisher 16 Mandate zu betrachten, 5 an da- Centrum, 2 an die Demckraten »nk Freisinnigen «nach Abrechnung eine« diesen abgknomiiiencn Mandat»), 2 an die Socialkemokraten, l an die Eonffrvaliven; vier Wahlkreise sind noch zweifelhaft. Andererseits werden >3 Mandate als für die National- liberalen sicher verloren hcrau-gcrecknet. Wie demo kratisch - freisinnige Wahlen gemacht werde», davon ei» Beispiel au« Schwetzingen. Dort sind 61 nationalliberalc, 61 ultramrnlanc und nur 16 demokratisch freisinnige Dahl männer gewählt; gleichwohl sollen die Ultramontanen ent schlossen .sein, für den demokratischen Candidaten, Bürger meister Eder zu stimmen. DaS nennt sich hernach ein demo kratischer Abgeordneter! Eine knappe Mehrheit wird den Nationalliberalc» im Landtag verbleiben. Das wüste Sammel surium, welches als Oppoütion auftritt, Soeialdemokraten, Demokraten, Freisinnige, Ultramvntane, Conservalive, mag wobl fähig sein, einen einmaligen Wahlsieg zu erringen; der Versuch, die Politik auf diese» wirren Haufen zu stützen, kann jedenfalls nicht verlockend sein. * Der da-E l sa ß bereisende Berichterstatter de« „Gauloi«" meldet aus Straß bürg folgende Erklärungen de« Reichs tag-Abgeordnete» Petri: „Wir würden eine Annäherung Frankreichs und Deutschlands als den Anbruch einer besseren Zeit sür die ganze Welt begrüße». Die Vereinigung Elsaß- LolbringenS mit dem Deutschen Reiche ist eine geschichtlich feststehende Thalsache. Wir wünschen, daß an ihr von keiner Seile gerührt werde. Selbst die Elsaß Lothringer, welche ihre jetzige Lage zurückweisen, wollen meist keine Aenderung, da eine solche nur durch einen blutigen Krieg möglich wärt, iiiitcr welchem wir, wie er auch ende, am surchtbarsten zn leiden hätten. Lieber deutsch bleiben, als Krieg!" * Kaiser Franz Josef hat, wie bereit- gemeldet worden, aus die Begrüßungsansprache deS Vor sitzenden der Prager Ausstellung mit einer deutlichen Mahnung geantwortet, indem er sagte, der Erfolg der unter seinem besonderen Schutze siebenden Ausstellung möge den ge sunde» Sinn der ganzen Bevölkerung ancifern, „alle Kräfte rinzusctzc» für das weitere, immer mächtigere Aufblühen diese» herrlichen Lande», welches, von der Vorsehung reich gesegnet, nur durch einträchtige« Zusammenwirken beider Volks" - - -i-. -stamme zum vollsten Aufschwünge gelangen wird." — Dafür, daß man in den österreichischen Regierungskreisen übrigen« die Hoffnung auf rin Zustandekommen de- Aus gleiches noch nicht aufgegcbcn hat, spricht folgende au« Wien übermittelte Auslassung der „Montagsrevue": * Wien, 28.September. Die „MontagSrevue ' betont die Undurch. führbarkeit de« böhmischen StaattrechteS. Der böhmische Autglrich bilde daS unverrückbare Ziel jeder österreichischen Regierung. Sobald das Czechenvolk wieder zur Besinnung komme» werde, wohin eS seine materielle Interessen sicher bringen würden, werde ihm der Ausgleich, welcher von den besten Männern beider LolkSstämme vereinbart, von der über de» Parteien stehenden Regierung vertreten, von drin alle seine Nationen mit gleicher väterlicher Liebe umfassenden Monarchen al- Erfüllung eine« Herzenswünsche« gepriesen wurde, nicht mehr al« ein tödtlicher Angriff auf setne Existenz, sondern als geeignete Grundlage de« Frieden« in Böhmen erscheine». Auch die Ansichten der Iungczechcn könnten sich ändern. Ter Ausgleich bleibe aufrecht uud man werde nicht warten, bt« etiva wieder eine geeignete Zeit kommt, sondern darnach trachten, dieselbe herbeizuführen, denn wer sür den Ausgleich und Frieden in Böhmen sei, sei ein Freund des Reiches. * Am Montag wohnt« der Kaiser von Oesterreich in Prag einem Pontificalamte im St. VcitSdome bei, welche« dcr Cardinal Schimborn celebrirtc, und besichtigte später die Staatsgewerbeschute unv da« Gebäude der Hypothekenbank. Am Nachmittag untcrnabm der Kaiser eine AnSsabrt nach dem benach barten Orte ZiSkow und wurde daselbst bei dtr Einfahrt mit Fanfarenklängen und Böllerschüssen begrüßt. In Begleitung de« Bürgermeister« durchfubr der Kaiser die festlich geschmückte Stadt, besichtigte daS neu erbaute Rathhaus und fuhr sodann weiter nach Carolinenthal. Hier nahm Se. Majestät die im Bau begriffenen Hafenanlagen an der Moldau i» Augen schein unv begab sich hierauf zurück nach Prag in die Hof burg Abends um 6 Uhr fand ein Hofdiner, um 8 Uhr eine FestvorstcUnng im Deutschen Theater statt Hierauf wurde eine Rundfahrt durch die prächtig illuminirte Stadt unter nommen. Der Kaiser wurde überall von der einheimischen wie von der massenhaft von auswärts herbeigeströmten Menschenmenge mit enthusiastischen Zurufen begrüßt. * In einer Versammlung des deutschen Nationalverein« bezeichnctc der Abgeordnete von Chlnmecky, der zu einer längeren Rede das Wort genommen Halle, die Stellung der deutsch-liberalen Partei in Oesterreich al« eine gebesserte Man könne mit Hoffnung i» die Zukunst blicken; iinnicrhin sei kein Grund zur Vertrauensseligkeit. * Der österreichische RcichsratbS-Abgeordnete Freiherr von Chlnmctzky hielt in Neuditschein eine große Rede, in welcher er betonte, daß die Deutschen noch lange nicht am Ziele ihrer Wunsche seien, daß sich jedoch die Situation wesentlich gebessert habe. Schließlich sprach derselbe sein Vertrauen in Kalnocky'S äußere Politik auS. * Graf Albert Apponyi, daS Haupt der gemäßigten Opposition im ungarischen Abgeordnetcnhause, hatte bei der Einbringung der VerwaltungSreforin-Vorlage zu Beginn der vorigen Parlamentstagung seine Gegnerschaft der Negie rung gegenüber aufgegeben und war ein eifriger Verteidiger jenes Gesetzentwurf« geworden. Als aber die Regierung vor der Taktik de« „TodtredenS", welche die äußerste Linke mit Beharrlichkeit verfolgte, die Segel strich und sich damit begnügte, nur die beiden ersten Paragraphen deS VerwaltungSreformentwurfeS durchzusetzen, die übrigen Paragraphen aber sammt und sonder- über Bord warf, wandelte sich die regierungsfreundliche Stimmung deS Grafen Apponyi wieder in ibr früheres Gcgentheil um. Daß der Führer der gemäßigten Opposition mit der am Schluffe der verflossenen Parlainenlstagiing ausgesprochenen Drohung, die alte Fehde gegen den Ministerpräsidenten Grafen Szapary wieder auszunebmcn, Ernst zu machen entschlossen ist, ergiebt sich au« folgender Meldung der „Boss. Ztg.": Pest, 28. September. Gros Albert Apponyi gab gestern in Jahbereiiy einen RechenschasSbericht, der »inen ent schiedenen Absagebrief bezüglich zebrr Gemeinschaft mit der Regierung enthält In ungewöhnlich scharfer Weise kehrt Avvonyt diesmal den Lppositionsmann hervor und kommt in seiner Rede dem Standpunct der IlnabhängigkeitSpartet sehr nahe, indem er die Erweiterung des 1867er AuSalelcheS in nationaler Richtung fordert. Vom Ministerpräsidenten Szapary sagt Redner, de» Prüfstein seiner Fähigkeiten habe die BerwallnngSresorm ge bildet. Dieselbe begann mit hochtönenden Phraien und endete in geradezu kläglicher Weise. Redner zieht ein« Parallel« zwischen dem früheren Eabinetsches Tieza und Szapary, die für letzteren sehr ungünstig auSfällt. TiSza habe wenigstens seine große Be- gabung und Autorität sür sich gehabt, Szapary aber treibe persönliche Polllik, ohne eine Persönlichkeit zu sein. Gras Appooyt
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