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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 28.03.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-03-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120328012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912032801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912032801
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-03
- Tag 1912-03-28
-
Monat
1912-03
-
Jahr
1912
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Bezu-S-Vrels Ar Lavita und v»r»rt« durch unsru« Iriarr und Sorditrur« ^mal tSßlich in, yau, gebracht: » Pt. manatl., r.7V »k. vi,n«l)äbrl. Bet unlern^iltalen ». >n» »ahmellellen abarhatt: 78 Vs- »»aalt. r.S vst. oterteljätzru »nrch d». Pa«: tnnerhalb Deutlchland, und der deutschen K-lanten vtertetjührl. r.«U »I., monatl. 1^0 vlk. auslcht. Postbeftrllaeld. Ferner tn Belgien, Dänemark, den Donaultoaten, Italien, Luiemdurg, Niederlande, Nar- »egen. Österreich. Ungarn, Nusiland, Schweden Schwei» u. Spanien. In allen übrigen Staaten nur direkt durch die Geschält,stelle de» Blatte» erhältlich. Da» Leipziger Tageblatt erscheint 2mal täglich, Sonn» u. Feiertag, nur morgen». Abonnement—Bnnahm«: I»hamei»g,Is« 8, bat unseren Trägern, Filialen, Spediteure» nnd Annahmestellen, sowie Postämter» u»d Brieströgern. St»,«l,,rka»s,pr«t, 10 Nr. 160. Morgen-Ausgabe. UchMtrTMlM s14«I2 cNachlanschl»») 14 8SS 114KS4 Handelszeitung. Ckl.-Iinschi. 14 6S2 INachtaaschluh» 14 KU 14 694 Amtsblatt -es Nates und des Nolizeiamtes der Lladt Leipzig. Anzeigrn Preis kllr Inserate au, i.'eip,ig und Umgebung di« lspaltigePetitzeile LPl .dieReklame» »eil« l Mk.' von au-wart, 3V Ps.. Reklamen j^v Mk. Inserate von Behörden im amt lichen Teil die Petitretl« SV Ps G«Ichäft»anzeigen mit Platzvorschriften im Preise erhöht Rabatt nach Tarif. Beilagegebllkr Gesamt auflage S Mk. p lausend «rkl. Postgebühr. Teilbeilage höher. Felierteilt» Auftrage können nicht «arilck» aezogen werden Für da. Erscheinen an bestimmten Tagen und Plötzen wird kein» Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme: 2»hanni»g«sse bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen» Expeditionen de. In» und Auilande». Druck »ud Berla, ,,» Fischer L Atrfto» Inhaber: Paul ktürsteu. Aedokrion und G«schSft»ft«llor Iohanniigass« L Laupt-Filiale Dr«»d»»: veeftratz« t, I (Telephon 4621X vonnrrsmg, ar« rs. MSrz ISI2. 106. 3shrgsny. IMM" Unsere gestrige Abendausgabe umfasst 10 Seiten, die vorliegende Morgenuummrr 24 Seiten, zusammen S4 Seiten. DAS Wichtigste. * Der Reichstag hat am Mittwoch die zweite Beratung des Postetats fortgesetzt. Das Ge halt des Staatssekretärs wurde bewilligt. (S. des. Art. und Bericht Seite 10.) * Die Sächsisch« Erste Kammer hat in ihrer gestrigen Sitzung mehrere Etatkavitel be» raten. sS. Bericht S. 10.) * Die Sächsische Zweite Kammer hat in ihrer gHtrigen Sitzung über den Gesetzentwurf betr. die Ausführungsbestimmungen zum Reichszu wachssteuergesetz verhandelt. sSiehe Bericht Seite 10.) * Der neue Spreetunnel in Berlin ist am Mittwochmorgen infolge Wasserein- bruches eingestürzt. Die Arbeiter konnten sich retten. sS. bes. Art. E. 15.) * Zn der Stadt Peschawar (Indien) hat ein Brand 300 Häuser vernichtet. sS. Tages chronik S. 15.) » Theateranzeigen siehe Sekte 20. Die britische Reichsoerleilllgung unü Sie Salomen. Von Arnold N. Rennebarth-London. Es ist recht eigentümlich und doch bisher noch recht wenig besprochen worden, daß der englische Marineminister Churchill in seiner n>el kommentierten Etatsrede gänzlich vergast in Rechnung zu stellen, daß die Kolonien auch Flotten bauen. Vor wenigen Jahren, zur Zeit der Flottenpanik 1909, war das ganz anders. Von vielen Seiten, zumal auf der Reichs pressekonferenz, wurde eingestanden, dast das Mutterland allein bald nicht mehr fähig sein würde, die Lasten der Rüstungen zu tragen; die Kolonien müstten nach besten Kräften bei- steuern. In der Flottenpanik, die darauf aus brach und die von den Londoner kolonialen Preßagenturen mit großem Geschick den Kolonien vermittelt wurde, „schenkte" Neuseeland dem Mutterlands ein großes Kampfschiff, Australien ebenfalls, zog das Geschenk aber zurück. Kanada verhielt sich kühler; es liegt näher an Europa, erhält mehr unabhängige Nachrichten und fühlt sich ziemlich sicher im Schutze der Monroedoktrin; das letztere wird natürlich kein guter kanadischer Patriot zugeben. Zudem ist die französisch kanadische Bevölkerung alles andere, nur nicht imperialistisch. Die Flottenpanik hatte nicht das zur Folge, was alle guten Imperialisten sehnlichst wünschten, und die britische Admiralität vom strategischen und taktischen Standpunkt, energisch vertrat: nämlich direkte Beiträge der Kolonien zu den Kosten der britischen Marine, etwa im gleichen Verhältnis, wie sie das Mutterland trägt, das heißt etwa 20 auf den Kopf der Bevölkerung. Dem britischen Marine-Etat wären damit zirka 240—300 Millionen Mark zugeflossen, oder, in „Dreadnouhts" ausgedrückt, 6—7 Erostkampf- schiffe. Aus sehr begreiflichen Gründen zogen es die Kolonien vor, eigene Flotten zu gründen. Die australische Marine ist be reits tüchtig vorgeschritten: eine Anzahl Tor pedobootjäger sDestrovers) sind bereits abge liefert, andere werden in Australien selbst ge baut oder doch, aus englischem Material, zu sammengesetzt. Der große Linienkreuzer „Australia" soll Ende September dieses Jahres abgeliefert werden, zwei kleine Kreuzer im August, Unterseeboote (2) im Dezember und Januar 1913. Das Material für einen dritten kleinen Kreuzer wird Ende Juni abgeliefert werden; der Kreuzer soll in Australien aus diesem Material aufgebaut werden. Kanada hatte mit seiner Marine-Dorlage Pech. Die kanadische Regierung — eine liberale — hatte sich von vornherein dafür entschieden, die nötigen Schiffe selbst zu bauen, vorläufig kleine Kreuzer. Sie begnügte sich damit, einige alte Kreuzer vom Mutterland zu leihen oder zu kaufen, um sie als Schulschiffe zu verwenden. Bekanntlich unterlag die liberale Regierung bei den Wahlen im vorigen Jahre, und ihre konservative Nachfolgerin ließ den liberalen Flottenplan sofort fallen; er war nicht populär in Kanada, besonders war die französische Be völkerung dagegen. Die konservative kanadische Regierung würde, wenn sie es wagen dürfte, am liebsten das Problem so lösen, daß Kanada eine direkte Beisteuer zum britischen Marineetat leistet. Trotz ihrer imperialistischen Tendenzen kann sie es nicht tun, da sie dadurch die kanadischen Industriellen, die in Kanada das Heft in Händen haben, gegen sich aufbringen würde. Vorläufig also wird Kanada nichts tun, aber kanadische Kabinett-Minister sind nach Lyndon unterwegs, um sich mit der britischen Admiralität zu beraten. Die britische Admiralität hat übrigens ihren Plan, die Kolonien zu den Kosten der britischen Marine heranzuziehen, nicht auf gegeben. Da es mit den großen selbständigen Kolonien, den „Schwesterstaaten" jenseits der Meere nichts ist, wird man es versuchen mit Indien und den Kronkolonien, die keine entscheidende Stimme über ihre Geschicke haben, besonders in finanzieller Hinsicht. Man wird versuchen, die Kolonien im Osten, die reich sind, heranzuziehen. Besonders bei den ersteren ließe sich das leicht machen durch eine Erhöhung des Ausfuhrzolls auf Zinn, den der Konsum zu tragen hätte, da die Vereinigten Malagen- Staaten in diesem Metall fast ein Weltmono- pol haben. Daß Indien mehr als bisher zu den Kosten der britischen Marine herangezogen werden soll, ist schon vielfach erörtert worden. Es trägt bisher nur etwa über 2 Millionen Mark bei. Die Frage war und ist nur, die Mittel bereitzustellen, ohne den erbärmlich armen indischen Steuerzahler noch mehr zu belasten. Man glaubt die Mittel durch Ersparnisse am indischen Armee-Etat—etwa400Millionen Mark zur Zeit — schaffen zu können. Dafür wird besonders angeführt, daß die Gefahr an der Nord-Westgrenze — von Rußland natür. ttch — durch das russisch-englische Abkommen über Persien (1910) erheblich vermindert ist. Im Augenblick ist der bisherige britische Eene- ralstabschef, Feldmarschall Sir W. Nicholson, nach Indien unterwegs, um über diesen Punkt mit den indischen verantwortlichen Stellen zu konferieren. Der englischen Admiralität schwebt augenscheinlich vor, aus diesen Mitteln eine „Flotte des Fernen Ostens" zu bauen, die mit der australischen zusammen operieren würde, spätestens nach Ablauf des spanischen Bünd nisses, 1918. Herr Churchill hat von diesen Plänen wohl nichts erwähnt, weil sie noch in weitem Felde liegen. Aber schon jetzt zieht England nicht geringe Vorteile daraus. Die englischen Werften haben reichliche Beschäftigung, und im Not- und Bedarfsfalls kann England die Kriegsschiffe, die für die Kolonien gebaut werden, schnell fertig stellen lassen und in euro päischen Gewässern verwenden. Das scheint jetzt schon zu geschehen mit dem Linienkreuzer „New Zealand", den Neuseeland geschenkt hat: er wird wohl nach Neuseeland nur auf Besuch geschickt werden, um dann in die britische Marine eingereiht zu werden. Wenn nicht in zwischen Australien und Neuseeland ein Ab- kommen treffen, ihre Verteidigung und Rüstung gemeinsam zu unternehmen. Verhandlungen zwischen den beiden Regierungen zu diesem Zwecke finden zurzeit statt. Herr Churchill mag auch von den kolonialen Plänen nicht gesprochen haben, um „auf die anderen Mächte" einen stärkeren Eindruck zu machen. „England kann 2 zu 1 und noch mehr gegen Deutschland bauen ohne koloniale Hilfe" will er wohl zu verstehen geben. Der englische Schatzkanzler schwimmt zurzeit im Eolde — man erwartet einen Ueberschust von 60—80 Millionen Mark — dank der Erfolge der „Finanzreform 1909", vor allen Dingen aber durch die glänzende Wirtschaftslage der letzten Jahre. Wenn die mageren Jahre kommen — und die find im Anzuge — wird Herr Churchill vielleicht in weniger hohen Tönen reden. paltetst. (Stimmungsbild aus dem Reichstages Berlin, 27. März. In zweiter, aber nicht gleich dritter Lcsuna wurde das Notetatsgesetz, durch das die budgctlose, die schreckliche Zeit, vermieden wird, angenom men, in erster und zweiter Lesung der Handels- undLchissabrtsvertrag mit Bulgarien. Tann war man wieder beim P o st e t a t. Ter Kampf spitzle sich deute dramatisch zu. Ter Sozialdemokrat Bendel aus Frankfurt Mains, der in Freiberg in Sachsen gewählt ist, schien sich.vorgenommen zu haben, in amüsanten Formen, nach Art seiner Frak tionsgenossen Frank, daS Gewerbe der Ber gt s t u n g zu betreiben. Er pochte förmlich darauf, daß viele Postbeamte bei den letzten Dahlen sozial demokratische Stimmen abgegeben hätten, daß man diese gar nicht auZ dem Postbetriebe auSmerzen könne, ohne schwere LeitunaSstörungen anzurichten, und wagte bei Ausmalung der künftigen Expropria tionen an die Tradition der Pariser Kommune an zuknüpfen, unter der der Postverkehr gut funktioniert habe. Auf einen Zuruf ErzbergerS: „Kopf ab!" antwortete er: „Bet Ihnen lohnt'S nicht!" — das ist denn dock zum mindesten ein Spielen mit Dimzen, die von anderen ernst genonnnen werden. An einem rechtsstehenden Blatte war kürzlich ein Artikel abgedruckt, worin empfohlen wurde, offen zu bekennen, daß die Sozialdemokratie bei manchen Verkehrsbeamten Eingang gefunden habe. Staats sekretär Krätke, der heute sehr oft daS Dort nahm, wollte das aber nick* ^ugeben. „Sie beleidigen die Beamten, wenn Sie ihnen zumuten, ihren Eid zu brechen", erklärte er. Auck Oertel, der namens der Konservativen dem Staatssekretär ein Vertrauensvotum ausstellte, wollte noch nicht an sozialdemokratische Abstimmung in größerem Um fange glauben. Die Sache wäre ja auch äußerst peinlich und würde zu den sckstinen Dorten von deut scher Treue, die man manchmal hört, nicht passen Auck der Kampf zwischen den 'Abgeordneten nahm schärfere Formen an. Wendel suchte die Abgg. B e ck- Heidelberg und P au li-Hagenow, wie man zu sagen pflegt, zu veralbern und die Beamten als Trottel hinzustellen, die sich mit ihren Wünschen an diese, statt an die allein seligmack>ende Sozialdemo kratie wenden. Die Antwort deS Fraktionsgenossen Becks, L t st-Eßlingen (Natl.) fiel nicht so schneidend und wirkungsvoll aus, wie eS wünschenswert gcslvesen wäre. Ein ebenfalls neuer Mann trat mit Hubrtck (Vpt.), Generalsekretär des Verbandes Mittlerer Reichspost- und Telegraphenbeamten, auf die Tri büne. Er legte breit aus, und man merkte ihm an, daß ihm die Dinge vertraut waren. Er mischte Lob und Tadel so, daß eins das andere immer wieder aushob. — Man sprach von einer Abendsitzung, aber es scheint doch, daß sie heute vermieden werden wird. Die Seeresvarlaye. Bon Generalmajor z. D. v. Loebell. Angefordert wird das Mindestmaß des Not wendigen, und mancher H' .zenswunsch bleibt auch nach Annahme der Heer.svorlage unerfüllt. Sie bedeutet aber einen Schritt vorwärts und füllt Lücken aus. Die zahlenmäßige Heeresver- stärkung beträgt nur 29 000 Mann oei etwa 100 000 noch verfügbaren wehrfähigen Männern. Es wird demnach auch in Zukunft eine groß« Anzahl kräftiger junger Männer vom Kriegsdienst befreit bleiben und nicht durch die Schule der Armee gehen. Im Gegensatz zu Frankreich ist also in Deutschland die allgemeine Wehrpflicht »och nicht durchgeführt. Don den fehlen den dritten Bataillonen wird kaum die Hälfte angefordert, so daß ein Teil der Infanterie- regimenter, wenigstens bei Beginn eines Feldzuges, als nicht vollwertig in erster Linie ausrückt. Es mag dieses mit Unterbringungsschwierig- keiten zusammenhängen. Für die fehlenden Bataillone werden auch keine Friedenskader, sondern nur einige Offiziersstellen angefordert. Es erhalten aber alle Infanterieregimente! Maschinen- gewehrkompanien, auch werden für Infan terie und Feldartillerie Etatserhöhungen verlangt, durch die die Ausbildung und Schlagfertigkeit schädi gende Etatsherabminderunq der letzten Fahre wieder ausgeglichen wird. Die Bespannung der Geschütze der Feldartillerie erhält kein« wesentliche Ver mehrung, auch im Friedens-Mannschafts- und Munt- tionsetat bleiben wir hinter den Franzosen zurück. Die beiden neu auf zu st eilenden Armee- korps bedeuten zwar eine nur geringe Heeresver- Mehrung, da nur zwei Feldartillerre- und ein Kaval lerieregiment, ein Telegraphen-. Pionier- und Train bataillon hierzu neu zu errichten sind. Die Auf stellung neuer Korps ist aber eine wesentliche Heeresverbesserung, denn die überzähligen Divisionen und Brigaden waren für die Armeekorps eine Last, durch di« Bewegung, Verpflegung und Schlagfertigkeit erschwert wurden. Genügen zwei Armeekorps an und für sich im Falle eines Krieges nach zwei Fronten, um zunächst das russische Heer vom Einfall und Vordringen auf Berlin abzuhalten, so geben sie uns den vermutlichen Gegnern gegen» über ein Uebergewicht, das di« Kriegslust der Fran zosen etwas eindämmen wird. Sie werden auch nach der Bewilligung der Millionen für das Flug- wesen darüber enttäuscht sein, daß es mit ihrer Ueberlegenheit auf diesem Gebiete vorbei ist. Eine Bildung von Kavalleriedivisionen ist nicht vorgesehen, auch scheinen Mittel für Uebungen von Reservisten in erhöhtem Maße nicht angefordert zu werden. Der Zukunft bleiben dieAusnutzungunserer großen Menschenreserve und Organisations änderungen im großen Stile vorbehalten: vielleicht ist es auch gut, da» Heer sowie Flotte zwar stetig, aber in langsamem Tempo ausgevaut werden. So wird die Finanz- und Steuerkraft nicht übermäßig angespannt. Wehrkraft und Wirtschafts, kraft hängen zusammen. Wir haben die doppelte Aufgabe, einmal unsere Wehrkraft mehr und mehr zu steigern und sodann unsere nationale Erwerbs tätigkeit nach und nach zu erhöhen, um stets über die notwendigen Mittel zu verfügen, ohne unsere bereits große Schuldenlast zu vermehren. Es ist allerdings nicht erkennbar, wie dies geschehen kann, wenn zur Deckung der Kosten für die Wehrvorlage die Ab änderung der Branntweinbesteuerung in Aussicht genommen ist. Die Deckungsfrag« ist noch nicht voll erledigt, es muß hierbei nach großen Gesichts- vunkten verfahren werden. Ueberschüssc können aus bleiben, während die Ausgaben für Heer und Flotte notgedrungen andauernd wachsen. Auf diesem Gc- biete rächt sich Versäumnis sehr bald und erfordert es. wie wir nunmehr erfahren, große Mittel, um enr- standen« Schäden zu beseitigen. Unser großer Kaiser Wilhelm schrieb als Prinzregent an den Kriegsminister v. Bonin: „Sehr wahr bemerken Sie, daß die mili tärischen. staatswirtschaftlichen und finanziellen Inter essen in gewisser Harmonie stehen müssen: aber ebenso wahr ist es, daß in einer Monarchie, wie die unsere, der militärische Gesichtspunkt durch die beiden anderen nicht geschmälert werden darf; denn die europäische Stellung des Staates, von der wieder so viele» andere abhängt, beruht darauf. Der Fried« selbst, ohne welchen keine Wohlfahrt weder des Ganzen noch des Einzelnen zu denken ist, würde durch eine Beschränkung der Tüchtigkeit und Schlagfertigkeit der Armee gefährdet werden." Der Sergsrkelterltreilr. Dir Lage in Sachten. Au» dem Lugau-Oelsnitzer Revier. (Von unserem Lugauer Mitarbeiter.) Lugau, 27. März. Am Dienstagabend war die Lage des Streiks im hiesigen Kohlenbecken noch nicht oeränldert. Es ist möglich, daß derselbe noch von längerer Dauer ist, da an ein Nachgeben auf seilen der streikenden Bergarbeiter und der Grubewverwaltungen nicht zu denken ist. Zweckmäßig war es, daß die letzten Lohn- auszahlungen auf den Gruben zwischen den Streiken den und Arbeitswilligen getrennt vorgenommen wurden, da dadurch Zusammenstöße vermieden wurden. Die königstreuen Knappen traten in der letzten Zeit auf mehreren Gruben an die Ver waltungen heran und baten ebenfalls um Lohn erhöhungen, wurden aber vorläufig abgewiesen mit der Begründung, daß der gegenwärtige Stand des Kohlenmarktes eine Lohnerhöhung nicht zulasse. Für später wurde eine solch« in Aussicht gestellt. Ein Eingreifen der Polizei ist nur selten nötig, da die Streikenden Ruhe bewahren. In den ersten Tagen des Streiks rotteten sich beim Schicht wechsel oft Kinder und Frauen zusammen, di« die Arbeitswilligen verspotteten. Auch dieses hat di« BergarbeiteroerbandSleitung durch eine Warnung an die streikenden Bergarbeiter beseitigt. An» dem Zwickauer Revier. (Von unserem Zwickauer Mitarbeiter.) Zwickau, 27. März. Im hiesigen Revier streikten gestern abend von 4184 Grubenarbeitern 2404 Mann, da» sind 57,5 Proz. gegen 57,3 Proz. tags vorher. Heute früh streikten von 4631 Grubenarbeitern 2434, das sind 52,5 Proz. gegen 52.8 Proz. tags vorher. Di« Gesamtzahl der Belegschaft im hiesigen Revier beträgt 11909 Mann, davon stehen zurzeit 5213 Mann, einschließlich der Tagearbeiter, das sind 43,7 Proz., im Streik. Beendigung des Streiks im Bücke burger Revier. Bückeburg, 27. März. sTel.) Zur Bergarbeiter- bewegung in Obernkirchen erfährt di« „Schaum-.- Lipp. Landesztg.", daß die Streikleitung den Streik fiir beendet erklärt und demgemäß den ausständi gen Bergarbeitern empfohlen hat, sich beim Bergamt wieder zur Arbeit zu melden. Auch vor Ausgabe dieser Parole hatten sich bereits zahlreiche Bergleute zwecks Wiedereinstellung an das Bergamt gewendet. Im böhmischen Vraunkohlrnrevier ist nach einem Telegramm aus Prag die Lage nahezu unverändert. Die Zahl der Streikenden hat nur wenig zugenommen. Unter der Arbeiterschaft macht sich eine schärfere Bewegung bemerkbar, die namentlich darauf abßielt, im Falkenau- Elb ogener Revier den Streik allgemein zu machen. Die Streikbewegung in Oesterreich vor der Kammer. Aus Wien wird gemeldet: Während der weiteren Verhandlungen im Abge- ordnctenhause über die Anträge betreffend die Lohn zahlungen im Bergbau erklärte Benkovic, im gegenwärtigen Moment, wo eine Lohnbewegung durch die ganze Arbeiterschaft Oesterreichs gehe, müsse verlangt werden, daß alle maßgebenden Faktoren, namentlich die Regierung, den Bergarbeitern mög lichst weit entgegenkommen, um zu ver hindern, daß die Volkswirtschaft schweren schaden leide. Redner unterstützte das Minoritätsootum Eingr auf achttägige Lohnzahlung und trat für unentgeltlich« Lieferung der Sprengmittel an die Arbeiterschaft ein. Abg. Reger (Eoz.) trat für di« gesetzliche Fest- legung von Mi nima Höhnen für die Berg- arbeiter ein. Der tschechische Sozialdemokrat Pik beantragte «in« Resolution, in der die Regierung aufgesordert wird, spätestens bis End« 1912 eine Ge setzesvorlage über die Mininmllöhne im Bergbau zu unterbreiten und «ine Lnguet« über die Minimallohn frage zu veranstalten. Der deutsche Sozialdemokrat Seliger besprach den Kohlenavbeiberstreik in Böh men, der durchaus kein Sympathiestreik fiir die eng lischen Bergarbeiter sei. Oesterreich steh« vor der Gc- fahr eines allgemeinen Bergarbeiter streiks, dessen Folgen fiir di« wirtschaftliche Lag« Oesterreichs unübersehbar wären. Hieraus wurde di« Debatte geschloßen. Di« Resolution des Abg. P i k wurde abgelehnt, dagegen ein A-ntrag aus Veranstal tung einer Enqu«t« zum Studium der Frag« des Minimallohns angenommen. Ebenso wurde «in Antrag, rn dem di« Regierung aufgefordert wird, zur Beilegung des Streiks in Böhmen vermittelnd einquzreifen. ang«. nommen. Der Mindrstlohn in England. London, 27. Marz. (Tel.) Der Bergarbeiterver- band beschloß, während der Festsetzung der Mindest löhne durch die Distriktsämter eine Abstimmung über die Frage der Wiederaufnahme der Arbeit zu veranstalten.
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