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l Novbr., henst ein V. s 8 Uhr »S« he« statt, rein Hai Chrifibe- >u geben, iden mit ide und i ein Otto. rein, «el. Berufes. . 31. Jahr««»,. I Erscheint jeden WochnNaa Abends S Uhr sür den I 26t). I I Freitag, dm 14. November. reit' eM Ayeia^ und Tageblatt. Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg und Brand. Lermltwortttcher Redakteur Julius Braun iu Freiberg. Inserate werden bis Vormittag» 11 Uhr angrnsm- A men und beträgt der Preis für die gespaltene Zeil« I 1 oder deren Raum 15 Pfennige. A > v» Line wohlverdiente Abfertigung. Vor einigen Tagen, als die Beziehungen Deutschlands zu Rußland noch eine besondere Schärfe verriethen, trat die ministerielle „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" mit der Verdächtigung gegen die deutsche Fortschrittspartei auf, ihre Organe zeigten eine plötzliche Zärtlichkeit gegen Rußland u. s. w. Zählen wir auch nicht zu den Organen dieser Partei, so erfordert schon der publizistische Anstand, von einer Abwehr Notiz zu nehmen, die wir ausdrücklich als wohlverdiente Abfertigung bezeichnen. Gerade ein Blatt, welches, wie die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung", nichts für sich anführen kann, als daß es sich den wechselnden Regierungssystemen gleich dienstwillig zur Verfügung stellt und nur das Gefäß ist, in welches lautere und unlautere Kundgebungen der übereifrigen Freunde dieser Systeme gesammelt werden, ein solches Blatt sollte in seinem Verläumdungsfieber doch etwas vor sichtiger sein. Die Antwort, welche dem offiziösen Organ von einem schlesischen Blatt ertheilt wird, lautet wie folgt. sdorf. Achter. >rstand. igs gegen en Leiden uchbinder- i. LebenS- mden die- setzte Ver- n 15. Nov, 6M. vember, Es giebt eine Blindheit der Parteiwuth, die wir be klagen können, bei der wir aber, so schwere Wunden uns der Gegner schlägt, noch den Gedanken hegen dürfen, daß dieser Haß seinen Ursprung in einer wirklichen, wenn auch noch so unreifen oder verwerflichen Ueberzeugung hat, daß er, wie wir sagen, ein ehrlicher sei. Wenn ein Mallinckrodt dem von Rom sich losreißenden Staate zu Leibe ging, so wußte man es, daß ersterer unerschütterlich an der hierarchi schen Tradition hing. Wenn der streitbare Ketteler, um den Liberalismus zu verderben, selbst mit der sozialistischen Doktrin liebäugelte, so konnte man doch annehmen, daß er zwar nicht an die Heiligkeit des Mittels, wohl aber an die Heiligkeit seines Zweckes, die Macht der Kirche zu stärken, glaube. Ein Kleist-Retzow so gut wie gewisse sozialdemokratische Führer mögen sehr beschränkte Ansichten über die Kulturaufgaben der Gegenwart und Zukunft haben, aber ihre konfessionelle oder kommunistische Orthodoxie und ihre Abneigung gegen diejenigen, welche nicht auf ihr Wort schwören, lassen sich mit subjektiver Wahrheitsliebe vereinen. Der Haß des partikularistischen Pfahlbürgers, welcher sich natürlich für einen echten Demokraten hält, gegen Preußen ist sehr bornirt, aber er ist doch aufrichtig. Erlischt aber einmal die wenn auch noch so einseitige Leidenschaft der Meinung, ohne daß eine bessere, ruhige Ueberzeugung er worben wird, dann tritt die nackte Gesinnungslosigkeit an ihre Stelle, die, wo sie kämpfen muß, sich mit der schonungs losen Bosheit waffnet. Mit welchem Recht kann die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung", das Blatt, welches seiner Zett einen Liebknecht als Mitarbeiter gewonnen hatte, die Fortschrittspartei, die in erster Linie den Kampf mit der Sozialdemokratie be standen, als Verbündeten, ja als Vortrab dieser Richtung bezeichnen? Mit dem Rechte der Bosheit! Mit welchem Rechte liebkost dieses Blatt, welches ein Heerrufer im Kulturkampf war, die ultramontan-konservative Majorität von heute? Mit dem Rechte der Gesinnungslosigkeit! Mit welchem Rechte hat es jetzt einen Forckenbeck mit den Re volutionären, einen Windthorst aber mit den patriotischen Elementen in eine Reihe gestellt? Mit dem Rechte der Bosheit und Gesinnungslosigkeit! Und mit welchem Recht wird die Fortschrittspartei, die bei den heftigsten inneren Kämpfen in Preußen und Deutschland nicht um einen Zoll breit von der Linie des Staatsgedankens abwich, unmittel bar nach der Zusammenkunft von Alexandrows, wo unser Kaiser selbst als Friedensvermittler wirkte, als aus- ländernde Partei hingestellt? Als ausländernde Partei, weil sie nicht aus Vorliebe für die russische Knute oder die ussischen Nihilisten, sondern aus Liebe zu Deutschland zu- >8smr», ttern, der i. m. zezeichnet, . Gegen Pa-ier- -bischestr. ag Abend c Witt, rieben damit ist, daß eine große Gefahr abgewendet oder wenigstens hinausgeschoben worden ist, während die Partei- presse zugleich einstimmig die Annäherung an Oesterreich als eine reale Garantie des Friedens mit Freuden begrüßt hat? Mit welchem Rechte erhebt die indirekte Anklage auf LandeSverrath ein Journal, das bisher in Speichelleckerei gegenüber dem russischen Hof, in der Anpreisung russischen KriegSruhmeS, in der schönfärbtrischen Schilderung russi- cher Zustände mehr geleistet, als alle russischen Offiziösen zusammengenommen? Mit dem Rechte der Bosheit, der Gesinnungslosigkeit und jener unklassiftzirbaren Loyalität, die bei dem tiefen Bückling nach vorne die Ergebenheits miene manchmal in eine ganz andere umwandelt. Die Publizisten dieser Sorte haben hinlängliches Ge- chick, die verschiedensten Masken anzulegen, nur die eines patriotischen Fanatismus wird ihnen stets herunterfallen. Sie sollten also vor Allem klug genug sein, nicht die Frage einer ausländernden Partei auf das Tapet zu bringen; auf das Tapet zu bringen noch dazu in dem Momente, wo sie mit den Ultramontanen Hand in Hand gehen, wo ein Herr von Frankenstein mit der Majoritäts-Kompagnie marschirt, für welche die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" die Trommel rührt! Will dieses Blatt statt des guten Weines echter Vater landsliebe, die alle lebendigen Glieder der Nation zusammen- faßt, den Bodensatz früherer deutscher Schmach und Zer rissenheit uns reichen, dann verweisen wir dasselbe an ihre heutigen Kameraden. Die schlimmste Ausländerei bleibt es aber, deutsches Land und deutsches Volk in einem Lichte vor den Nachbarvölkern hinzustellen, welches diese glauben machen könnte, es gebe heute ein russophiles Welfcnthum bei uns, wie es vor Kurzem noch ein fvknkophiles gegeben hat. Das ist schlimmer als die Verdächtigung einer Partei, das ist ein Verrath an der Ehre der Nation selbst. Es gehört eine Schamlosigkeit sondergleichen dazu, nur um eine Partei zu schädigen, politische Zustände vorzuspiegeln, welche unser öffentliches Leben als tief gesunken erscheinen lassen. Ein solches Vorgehen wäre, sowie die leider auch in Deutschland erfolgte politische Hinopferung eines Führers durch seine eigenen Parteigenossen, bei den Engländern ein Ding der Unmöglichkeit, und erscheint bei den Franzosen nur in den Tagespamphleten Caflagnac's vorgebtldet. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" würde demnach für ihre Methode, die nationale Ehre unter gleichzeitiger Ehren schändung aller Gegner der Regierung zu inszeniren, ein Privilegium beanspruchen dürfen. Tagesschau Freiberg, 13. November. Das preußische Abgeordnetenhaus setzte gestern die so wichtige Eisenbahn-Debatte fort. Zunächst sprach Abg. Kieschke gegen die Entwürfe, während Abg. Rauch haupt (konservativ) für dieselben eintrat und erklärte: Es liege seiner Partei daran, trotzdem sie schon mit Hilfe der Nationalliberalen über die Majorität verfüge, doch das Zentrum zur Mitarbeit an dem Staatswesen heranzuziehen. Im öffentlichen Interesse träten die Konservativen für das Staatsbahnsystem ein und verfolgten keine Sonderinteressen. Abg. Richter spricht gegen die Vorlagen, polemisirt gegen die Konservativen und das Zentrum, beleuchtet die angeblich veränderte Haltung desselben und wendet sich sodann gegen die gestrigen Ausführungen des Ministers Maybach. Wenn der Minister die Börse einen Giftbaum genannt habe, so beweise dies, daß er von dem Wesen der Börse und des ganzen Handels und Verkehrs kein Verständniß habe, denn die neue Zoll- und Eisenbahnpolitik finde keine enthusiastischeren Anhänger, als in den Börsenkreisen. Die neue Eissnbahn- politik sei durchaus mit dem Sozialismus verwandt und operire mit denselben Schlagworten, wie dieser. Dann be spricht Redner die Wirkungen der Verstaatlichung auf oen StaatSkredit und den Einfluß der Verwandlung der Aktien n Konsols. Minister Maybach erklärt: „Bei der vorge rückten Stunde behalte ich mir die Erwiederung auf die mir so zahlreich, theilweise mit Recht, unfreundlichen gemachten Vorwürfe für die morgende Sitzung vor, nur einen Punkt möchte ich sofort richtigstellen. Meine gestrige Bemerkung über die Börse ist entschieden falsch aufgefaßt worden. Ich habe die Börse als solche nicht einen Giftbaum nennen wollen. Ich verkenne keineswegs die große und wichtige Bedeutung der Börse für daS ganze Handels- und Verkehrsleben, nur dagegen habe ich mich auS- prechen wollen, daß die Börse die großen gewaltigen Verkehrs mittel und Wege, welche der Gesammtheit, welche dem öffent lichen Interesse dienen müssen, zum Gegenstand der Spekulation macht." Die Fortsetzung der Berathung ist auf heute festgesetzt. — Die Berliner Börsenkommisfion beschloß, das Aeltesten- kollegium der Kaufmannschaft aufzufordern, wegen der auf die Börse bezüglichen Aeußerung des Ministers Maybach in der vorgestrigen Landtagssitzung geeignete Schritte zu unternehmen. Nach Ausweis sowohl telegraphischer als sonstiger Nachrichten äußerte der Minister: „Durch die Ver- staatlickung der Privatbahnen werben manche persönliche Interessen freilich verletzt werden, z. B. die der Dir-ktoren (Große Heiterkeit) der Börse; aber diesem Giftbaum deS Wucherns mit einer Menge von Papieren die Wurzel zu beschneiden und die Aeste zu kürzen, halte ich geradezu für ein Verdienst der Regierung (Lebhafter Beifall rechts, Lachen links)." — Die „Prov.-Korresp." schreibt: Unser Kaiser, welcher seit der am Sonnabend erfolgten Rückkehr von Letzlingen sich ungetrübten Wohlbefindens erfreut, be absichtigt, außer kleineren Jagdausflügen, Berlin in dec nächsten Zeit nicht zu verlassen. Die Kaiserin wird gegen Ende November nach Berlin zurückkehren und auf der Rückreise vielleicht einen kurzen Besuch bei dem groß- herzoglichen Hof in Weimar abstatten. — Zum Nachfolger des verstorbenen Generals der Kavallerie v. Podbielski als General-Inspektor der Artillerie ist der Generallieutenant v. Bülow, bisher Jnspoktor dec 2. Feld Artillerie-Inspektion, ernannt worden. An Stells des Generallieutenant o. Bülow tritt der General v. Dresly, bisher Inspektor der 4. Feld- Artillerie-Inspektion in Koblenz, der wiederum durch den General-Lieutenant v. Voigts-Rhetz ersetzt wird. — Die kommissarischen Besprechungen zur Herbeiführung handels- volitischer Vereinbarungen zwischen Deutschland und Oesterreich werden gleich nach der Mitte d. M. ihren Anfang nehmen. — Der Justizausschuß des Bundesraths hat die zweite Lesung des L-trafvollzugsgesetzes abge schlossen, indessen ist eine Verständigung über die Anwen dung der Einzelhaft noch nicht erzielt. Die bezüglichen Vorschläge der Vorlage wurden abgelehnt. Kommt er? Kommt er nicht? — das ist das Frage spiel, das sich allmählig wegen des Besuches des russischen Thronfolgers am österreichische« Hofe entwickelt hat. Heute meldet die „Pol. Korrefp.": „Nach einer uns aus Peters burg zukommenden Meldung wäre es als positiv auzusehen, daß der Besuch des Großfürsten-ThronfolgerS von Rußland am kaiserlichen Hofe in Wien noch in dieser Woche statt finden werde. Von Wien wird sich der Großfürst-Thron- folger zum Besuche des preußischen HofeS nach Berlin begeben." Morgen kommt vielleicht wieder die entgegen gesetzte Meldung. Wer weiß es? Im Grunde kann es für den Gang der österreichischen Politik ziemlich gletchgiltig sein, ob der Großfürst seine Anstandsvtsite in Wien macht oder nicht. Vorläufig hat das Auf und Ab der Nachrichten ein gewisses humoristisches Interesse und dürfte die betref fenden Hofbeamten mehr als die ernsten Politiker aufregen. — Eine Deputation von Leinen-Industriellen wurde vom österreichischen Handelsminister dieser Tage in Audienz empfangen. Es wird darüber von mehreren Seiten be richtet: Der hauptsächliche Zweck der Audienz, welche die Deputation nahm, betraf den freien Rohleinenverkehr zwi schen Oesterreich und Deutschland, welcher nach dem Meist begünstigungsoertrage mit Ende dieses Jahres ohne vor herige Kündigung aufhören soll. Die Beseitigung der zoll freien Einfuhr von rohen leinenen Geweben bedroht den Erwerb, ja das tägliche Brot vieler tausend Arbeiterfami lien. Die Angelegenheit wirk demnächst gelegentlich der Verhandlungen mit Deutschland, die am 15. d. M. in Berlin beginnen, zur Sprache kommen, und da voraussicht lich zunächst blos ein provisorischer Handels-Vertrag für