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A , Mittwoch, den 4.^FeLruar. 185?« Redlgirl und verlegt von C. M. Gärtner in Schneeberg und Schwarzenberg. Die TqbakSdose. (Fortsetzung.) ' Ich hielt ein sehr frugale- Abendessen und machte darauf einen Spaziergang in den königlichen Lustgarten, wo ich mich an den schönen blühenden Georginen, Astern und andern Herbstblümen ergötzte. Heimgetchrt, wählte ich zu meinem Abendliede Nlgn- wer 462: „Befiehl dem Höchsten deine Wege und mache dich von Sorgen lo« ec." Dazu machte ich stille Musik, während ich mit lauter Stimme den Text absang. Da- ist so zu verstehen: Ein Engländer, den ich aber lieber einen Lappländer nennen möchte, hatte seine vielen englischen Pfunde an alle- Andere als an mich verschwendet, der ich ihn in der deutschen Sprache unterrichtete. Er konnte mich daher nicht bezahlen und da ihm bei seiirrr Abreise von seinen vielen Sachen we nig mehr al«, eine stumme Claviatur übrig geblieben war, so deckte er mit derselben seine bei mir angelaufene Schuld. Eine stumme Claviatur aber ist in Bezug auf die Musik soviel wie Brot ohne Rinde und Brosse, wie ein Messer ohne Heft und Minge, wie «in Mensch ohne Leib und Seele. Mein Engt »der Lappländer hatte sich das Ding für theureS Geld an- gekaust, um äus demselben schwere und übelklingende Ptano- fortesätze etnzuüben, was er meist im Bette liegend ausführte. Das heiße ich stille Musik machen. Stumme Schmerzen — wird behauptet — sollen viel ärger sein als laute. In glei chem Verhältnisse, nur umgekehrt, sollte stumme oder stille Musik wett köstlicher klingen als vernehmbare. Zweite Prise. »Gott sei Dank, denn ohne Schaden verstrich der Ruhe Pille Zett —säng ich am heutigen Morgen und zwar mit vollem Rechte. Ich schlief wie ein Gott — nicht doch, Un- pnn! — wie ein König wollt', ich sagen — auch nicht! denn diese schlafen ost am wenigsten —, ja, wie ein Holzfäller, so fest und süß. Das machte der nur halb gesättigte Magen. Und einen Traum hatte ich, der mich für die Plagen de« gestrigen Tages reichlich entschädigte. Mir träumte, daß ich wieder vor dem CultuSministcr stand. Abermals reichte er mir seine goldene Dose hin, abermals schnupfte, niesele, ver lor ich meine Halsbinde — Alles wie gestern. Nur der Un terschied fand sich, daß die Halsbinde auf den gebohnten Die len in eine seidene Retzbörse sich-verwandelte, vom Falle zer platzte und einen Goldregen von Louisd oren über die Spie gelfläche de- Fußbodens hintanzen ließ. „Heben Sie auf," gebot mir der Minister huldreich, „das Gold da ist ja Ihr Eigenthum.- Ich la- und sammelte mit flinken, sreudezit- »ernden Händen. Der goldene Segen wollte gar nicht alle werden. Meine Frackschößentaschen drohten unter dem Goltz, gewichte zu zerreißen. Sie dehnten und dehnten sich immer weiter und nach allen Richtungen au». Mein fadenscheiniger Frack ward zum wetten faltenreichen Priestermantel Pütz Da ich ganz bestürzt an mir htnabblickte, ersah ich die Attribut« de- heiligen Priesterstande-: die beiden weißen steif gessärfttn, überdies noch schön gestickten Ueberschläg« Met meinem Kinn s Und Excellenz sprach mit gnädigem Lächeln zu mir Bestürzt^: „Glück zu, Herr Pfarrer zu Tannenberg!" Nun ja, die Pfarrßrlle zu Tankenberg ist allerdings z« besetzen. Der Ort liegt am weitesten von der Residenz, aber in einer reizenden Gebirgsgegend. Dächer die Stelle zwi schen acht bis neun hundert Thaler trägt, so ist - eben nur ein TrauM, daß ich sie erhielte. Alles» ich habe doch die Fteude'darüber gehabt, wen» auch-nur im Traume und daher auf kurze Zeit: Böse Träume find gar schlimm und qnälen oft sehr diejenigen,, welche tut Wachen keine Noth uNtz Quäl haben- So stellt uns» Herrgott - da- Gleichgewicht 'her, so daß Jeder sein gutes und schlimmes Theil zugemeffen bekommt. Mein Aufstehen ging heute ohne Baltenkopfstoß ab und vergnügt fingerte ich zu obigem Morgenltede auf meinem stum men Clavier herum, als meine Stubenthüre aufging" ulid statt meiner alten Aufwärterin ein junges wohlgewachseneS Mäd-s chen hereintrat. Aus dem mir bekannten Kaffeetöpfchen und dem darüber gedeckten Dreierbrötchen in ihrer Hand errteth ich die AK ficht ihre» Kommens, welche sie auch durch ihre Worte be stätigte. „Melne Großmutter," hob das Mädchen nach freund» lichem Gruße an, „schickt mich her, weil sie trank gewörven ist." Unter diesen Worten setzte sie mir mein Frühstück hin, daS fie wie mit einem mitleidigen Blicke betrachtete. Frühstückt die Jungfer vielleicht besser als ich? Run ja, aus ihrem vollen, runden, gesundrothen Gesichte Möchte mandaSallerdingSschließen. „Was fehlt Dein — Ihrer Großmutter?" fragte ich nicht ohne einige Verlegenheit. „Worüber klagt sie?" „Ueber kurzen Athem und Herzstechen — " lautete die Antwort, von zwei frischrothen Ktrschenlippen gesprochen, hinter welchen zwei Reihen kleiner weißerZähne herdor- leuchteten. , - Ich fühlte mich plötzlich von denselben Witze« Uebel» er griffen und suchte daher Heilung bet meinem Kaffee, den Ich mit niedergeschlagenen Augen zu trinken begann. Ein schentr Aufblick sagte mir nach einigen stillversttichenen Secundt», daß meine Frühstsickspendertn mein Stübchen musterte «Ad eben meinen Kleiverschrank in Augenschein nahm. DerfMr ist neumodischer Art und nach den Grundsätzen de» MM Diogenes gefertigt, welcher den richtigen Grundsatz anfHtstM hat: je weniger Bedürfnisse, desto glücklicher und sicht» der Mensch; derselbe Weise, der einen hölzernen Becher, seinM- zigeS HauSgeräth, von sich warf, da er einen INtige» «tt der hohlen Hand Wasser schöpfen sah; deMbe--fern», Wilcher in einer Tonne wohnte und solche nach-Betteben tvetter rollte. So weit bringe ich e» freilich nicht; -lletti'ich süche ihm ähn lich zu werden. D«h» besteht Mfl Hnzer KletderM aus zwei Nägeln', die ich in belsebttztt Entfernung von ein ander in die Wand schlage und Heren, Zwischenraum mit ei nem festen Bindfaden pder Strick «uSspankt. Daran hängt ich meine Kleider auf, wog» nvch eint KichttHorrtchtüng a» beten Henkeln erforderlich iss. M »chälM tzM