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Jahrgang. .>6 LS9 Dienstag, 22. Mai IMS Gegründet 1836 »Etz«, F-knIprechrr-«ammetnummer: SV 241 L« I»r Racht-elprtch«: SV 011 »o« >«- bi« 3 t. M« 1««« »ei täglich «veimattger Zustellung srei Hau» 1.7» Marl. ^"AUgS^WkoUyr Poftbe,ug»vrei« für Mona» Mat 3.«0 Marl ohne PostjusleUu»g«grtml,i, vlntelnum«»» 1» Pfennig, «nherhald »»«»»»„ 1» »srnn»,. Dte «n»rigen werden nach Woldmarl berechne«: die einspaltige 30 min breite Leite - 3» Psg., für autwärl» »o Big. gamiltenan»etgen und Stellengesuche ohne Rabatt <1IlHulHr!lI^hiju. >5 Psg., außerhalb 3b Psg., die 30 mm breite Rellamezetle 300 Psg., außerhalb 350 Psg. Ossertengebühr 30 Psg. Autwärttge Aufträge gegen 8orau»be,ahtung. Schrisüeitung und Hauptgefchäftlstell«: Mariens,eaß« 38/42 Druck und Verlag von Liepsch ä Meichardt in Lrekden Postscheck-llonto 1083 Treiben Nachdruck nur mit deutlicher Quellenangabe «„Dresdner Rachr.'l »ulällig. — Unverlangte Schriftstücke werden nicht aufbcwahrt. Die Crgebniffe der LSnder-Wahlen. Ser Raketenwagen ans der Avus. — Die Bekämpfung der Giftgas-Katastrophe in Hamburg. Der neue preußische Lan-kag. kDraSImelbunft unserer Berliner Dchrtstleitnng.I Berlin, 21. Mat. An zuständiger preußischer Stelle er halten wir folgende vorläufige amtliche Zusammenstellung des preußischen Lanbesmahlleiters über dte preußische» Landtags- Wahlen: Sozialdemokraten 5 458 882, Mandate IS« (1924: litt: Deutschnatiouale S 2S« 947, Mandate 82 (1091; Deutsche Volkspartei 1S97««8, Mandate 10 (45); Zentrum 2 745 547, Mandate so (81): Kommunisten 2 22017«, Mandate SS (44); Bölk .Rat. Block 204 210, 2 Mandate; Christi, vanern «ad Landbnnd 27« «4«, 7 Mandate: Dentsch-Han«. 187 oss. s Mandate lki. Demokraten: 82S82», 21 Mandate (27); Wirtschaftspartei 88S217, 21 Mandate sll): Nationalsozialisten S4S S1V, « Mandate fllf; Deutsche Bauernpartei 89 027, kein Mandat; Bolksrcchtpartei 284 089, 2 Mandate s-); Zentrumsliste Niedersachsea 1212«S, 8 Mandate s—). Die Verschiebung -er Slimmenzahlen. Berlin, 21. Mai. Die nunmehr feststehenden Stimm, zisfern -er Parteien bei den preußischen Lanotagswahlen er. «eben folgende Verschiebungen lauf große Ziffern abgerundet): Die sozialdemokratische Partei gewinnt etwa 900 000 Stimmen, die Deutschttattonalen »erNere« 1100000 Stimmen. Das Zentrum verliert 805000. dte Kom munisten gewinnen 460 000 Stimmen. Dte Deutsche Volkspartei verliert 200 OM Stimmen. Dte Demo- kraten verlieren 258 000, die Wirtschaft Spartet ge» winnt 880 000 Stimmen. Die Nationalsozialisten ver. Heren 00 000, die D e u ts ch - H a n n o v e r a n e r 72 000 Stim men. Die rund 270 OM Stimmen der Christlich- sozialen Bauern und des Landbundes sind er fahrungsgemäß den Dentschnationalen zuzuzählen, insofern, als ein Zusammenschluß dieser beiden Gruppen im Landtage wahrscheinlich ist. , Das vorläufige Gesamkergebnis in Bayern. München, 21. Mat. Nach dem vorläusige« Gesamtergeb nis der bayrischen Landtagswahlen erhalten: Gozialdcmokr. 8V1 584 Stimmen -- 84 Mandate i 125) Dcnischnat. 805 844 » -- IS » I !14» D. Bolksp. 11» «92 - -- 4 „ ! >-) Komm. 125 988 - — 5 <* ! 7» Bayr. Bolksp. 1 081157 „ -- 4« » s 48» Nat.-Goz. 201 05« „ -- s „ I 5» Bayr. Äanernbd. 8SS 711 „ - 17 „ 1 12) 128 Mandate. Die Mandaksverleilung in Württemberg. Stuttgart, 21. Mat. Bei der gestrigen Landtagswahl in Württemberg sind als gewählt zu betrachten: Bczirksliste LandcSllstc zusammen SPD. 15 7 22 l-i- 0) DNVP . 3 1 4 l- 4) Zentrum ...... 12 5 17 l 0) DBP 3 1 4 l) Kommunistische P. . . 4 2 6 <- 4) Demokraten 6 2 8 «- 1) Bauern «. Weingartner 11 5 10 l- 1) Chr. Bolksd 2 1 3 (- 0) Wie Anhalt wählte. Vorläufiges amtliches Endergebnis: SPD. 84 48« (IS Man date). DRBP. 1S S19 (2). Zentrum 2888 s-). DBP. 88 852 s« . KPD. 14 947 s8). DD. 8485 s2). Linke Kommunisten 775 l- Nat-Soz. 4108 sl), Landbund 21 «87 (4). BolkSr.-P. 1982 s- Mittelst.-P. «775 sl). Mieter 1872 s-). Anh. Hs.- «. Grbbe 8125 (2). Die Demokraten und die Sozialdemokraten, die im vorigen Landtag lü Mandate zusammen hatten und damit die Regie rung bilden konten, haben jetzt nur noch 17 Mandate, so daß sie also eine Mehrheit nicht mehr bilden können. Die role Inflation. Das Reich soll -er Sozial-emokratie ausgeliesert wer-eu. sDrahtmeldung unserer Berliner Schrlftleitung.) Berlin, 21. Mai. Der AuSgang der Reichstagswahlen vom 20. Mai hat in politischen Kreisen Berlins Bestürzung hervor gerufen. Da «s verfehlt wäre, die Tatsachen beschönigen zu wollen, halten wir es für unsere Pflicht, einen eingehenden Ucbcrblick über die Meinung der maßgebenden politischen Kreise zu geben, damit unserem Bürgertum zum Bewußtsein gebracht wird, was der rote Sieg bedeuten soll und wie un abweisbar notwendig ein Zusammenschluß der Bürgerlichen, insbesondere der beiden Rechtsparteien, durch diesen Wahl- ausgang geworden ist. Durch ihn hat sich eine innerpolitische Lage von größtem Ernst ergeben. Der Erfolg der radikalen Linken erklärt sich dadurch, -ah -ie Sozialdemokraten ihren Gewinn den zu ihnen ab- gcwanderten unzufriedenen bürgerlichen Elementen und daß die Kommunisten ihren Zuwachs den von der Sozial- -emokratie abgewanderten unzufriedenen Arbeitermengen verdanken. Daraus ergeben sich, wie man erklärt, für die Arbeit der kommenden Regierung, die, wie allgemein angenom men wird, unter sozialdemokratischer Leitung stehen wird, sehr schwere Bedenken, weil diese Regierung genötigt sein wird. Agitationsversprechunge« cinznlöse«, die d«r dentschen Wirt schaft den schwersten Schaben znsüge« können. Dte Politik der Sozialdemokratie, so urteilt man, gehe dahin, die sozialdemokratische Macht anch im Reiche z« ver ankern. Man weist hier zunächst daraus hin. daß eS der Sozialdemo kratie gelungen ist, sich in Preußen durch Jahre an der Macht ,u halten, daß ans diese Weise aus dem konservativen Orb- nungSstnat Preußen das berüchtigt gewordene rote Preußen wurde. Nun wolle die Sozialdemokratie ihren preußischen Ministerpräsidenten auch an die Spitze deS Reiches stellen, damit er. immer gestützt aus die Machtbasis Preußen, im Reiche den Sozialdemokraten zu einer dauernden Herrschaft verhelfe. Die Verhältnisse in Preuße« sollen anch anf bas Reich übertragen «erden. ' Wenn auch Gerüchte wissen wollen, daß Herr Severtng. der frühere preußische Innenminister, möglicherweise den NeichSkanzlerpostcn erhielte, weil sich da» Zentrum mit dem machthungrigen Braun üicht befreunden könne, so bliebe eS doch das gleiche. Die Politik des einen ist dte Politik des anderen. Es ist im Grunde ja auch nur eine interessante Nebensrage, wie sich da» Zentrum mit dem kanonischen Joch absindet, da» die Sozialdemokratie für die Parteien, dte mit ihr in Kvalitionsgemeinschaft leben wollen, bereithält. Die dauernde Aufrichtung einer sozialdemokratischen Machtposition auch im Reiche ist somit der erste große Gcsahrenkomplex, der sich aus der Wahl vom 20. Mai ergibt. Das andere Gesahrenmomcnt ist mehr Wirtschaft, lichcr Art. Um die noch bedrohlicher gewordene kommunistische Konkurrenz abzuwchren, wird eine unter sozialdemokratischer Leitung stehende Rcichsregiernng gar nicht umhin können, hinsichtlich des Achtstundentages und in der Lohnpolitik weitgehende, die deutsche Wirtschaft in schwere Krisen stürzende Konzessionen zu machen. Die Wiedereinführung eines schematischen Acht- stundentages etwa würde für die Wirtschaft schwere Erschütte rungen mit sich bringen. Mit der Entwicklung der Schicks- spruch-Politik ist man in den Kreisen der Wirtschaft längst nicht mehr einverstanden gewesen. Daß unter sozialdemo kratischem Einfluß diese Entwicklung noch weiter nach der für die Wirtschaft ungünstigen Seite hin geht, bedarf nicht der Betonung. Wenn auch schon jetzt die Ansicht zu hören ist, daß dieser neue Reichstag nicht bis zum Ablauf seiner Legis laturperiode leben wird, — in der Zeit, in der er da ist, wird er dem deutschen Volke einen Schaden anrtchten, den eS so leicht nicht verwinden wirb. — Lebhaft erörtert wird natur gemäß auch die Frage. maS diesen AuSgang der Wahlen vernrsacht hat. Man weist darauf hin, daß das Berliner ZentrumSblatt, die „Germania", sicher ins Schwarze trifft, wenn sie in ihrer Wahlbetrachtung schreibt, daß grobe Teile des deutschen Volkes immer noch, wenn sie verärgert sind, zu Extremen ihre Zuflucht nehmen, und daß der gänzliche Mangel an politischem Sinn, an Blick für baS. maS eine nach den Vor schriften einstiger Feinde zu handeln gezwungene Regierung erreichen kann, dazu geführt habe, baß diese Wahl ein innerpolitlscheS Trümmerfeld schuf. — ES ver- lohnt kaum, die Gerüchte, die schon setzt fix und fertige Kabi nette Grober oder Weimarer Koalition ganz nach Wunsch und Gefallen servieren» weiter zu beachten. Ob Severtng oder Braun Reichskanzler wird, bleibt daS gleiche. Ob uns Herr Rein hold wieder als Finanzminister beglückt, oder eS Herr Hilferding täte, macht auch keinen großen Unter, schied. Ob Dr. Stressmann Außenminister bleiben und ob dte Volkspartei für die Große Koalition zu haben sein wird, sind dagegen immerhin Fragen, auf die man gern eine Antwort hätte. ES heißt, baß Dr. Stresemann sich ganz gut mit der Sozialdemokratie abfinden werde. Der Reichsarbeitö- ministcr Brauns soll ebenso wie der Wehrmtnifter Grö- ner auf seinem Posten verbleiben, wenngleich man bei letzte- rem wird abwarten müssen, ob er sich gegen die sozialdemo- krattsche Einllnßnahme aus die Reichswehr wirb wehren können. Das RetchSverkehrSmintsterinm soll ver schwinden und dem unter sozialdemokratische Leitung kom menden Innenministerium angcglicdert werden usw. Zn- nächst sind da» jedoch noch Kombinationen, denn über die Fühlungnahmen, die bereits eingesetzt haben, verlautet noch nicht». . Wahlergebnis und Koalillons- Möglichkeiten. Das Gesamtergebnis der Reichstagswahlen läßt er- kennen, baß der allgemeine Charakter, wie er sich in dem säch- fischen Teilresultat ausprägte, bestätigt worden ist. Der Rück gang der bürgerlichen Stimmen und die Vermehrung der sozialistischen und kommunistischen Stimmen sind die beiden hervorstechenden Merkmale, die sich auf der ganzen Linie wiederholen. Diese Tatsache drängt sich so in den Vorder grund, daß es völlig vergebliche Liebesmühe wäre, wollte man auf bürgerlicher Seite irgendwelche Verschleierungsversuch« unternehmen. Es hat auch gar keinen Zweck, wegen deS für die bürgerliche Sache unerfreulichen Ausganges Klagelieder Jeremiä anzustimmcn und sich in Beschuldigungen gegen die bürgerlichen Parteien zu verlieren, -ie zwingende Gebote der Stunde aus parteipolitischem Egoismus nicht beachtet und kleinliche Kirchturmintercssen über die Rücksicht auf das all gemeine Wohl gestellt haben. Man kann nur Mit Bedauern feststellen, daß die seinerzeit von der ganzen Rechtspresse nach- driicklich betonten Wahllehren, die sich aus den in zahlreichen Einzelstaaten vorgenommenen Wahlen mit ihrem unverkenn baren Linksruck ergaben, nicht befolgt worden find. Einigkeit und Zusammenschluß an Stelle von Zersplitterung und häus lichem Zwist im nationalen Lager waren dte beiden kat«. gortschen Imperative, die damals ihren Mahnruf ertöne« ließen. Statt dessen haben die Splitterparteien ihr Unwesen unter Mißachtung jeder nationalen und bürgerlichen Soli- ^ darität üppig entfaltet, und zwischen den beiden große» Bür. gerparteien, der Deutschnationalen und der Deutschen BolkS- partei, ist es zu einem Gegensatz gekommen, der sicher auch de« Wahlausfall beeinflußt hat. Es bleibt nun zunächst nicht» weiter übrig, als die Dinge zu nehmen, wie sie find, und sich vor allem mit der Frage zu beschäftigen, wie sich unter den ver änderten parlamentarischen Verhältnissen die praktischen Re gierungsmöglichkeiten gestalten, worüber die Verhandlungen der Parteiführer unverzüglich beginnen werden. Da die größte Rechtspartei, die Deutschnationale Volk»« Partei, schwere Verluste erlitten hat, und auch das Zentrum, die Bayrische Volkspartei und die Deutsche Volkspartei an dem Rückgang beteiligt sind, so ist mit der abermaligen Bil dung einer Rechtsregierung nicht zu rechnen. ES bliebe die Möglichkeit einer R e g t e r u n g d e r M i t t e übrig, bestehend aus Deutscher Volkspartei, Zentrum, Bayrischer Volkspartei und Demokraten, mit Hilfsstellung der Deutsch nationalen. Die Demokraten sind aber für ein« wirk liche Politik der Mitte überhaupt nicht zu haben, vielmehr wirb die auch von ihnen erlittene Einbuße an Mandat«« dazu führen, -aß sie noch ausgesprochener als bisher zu einer bloßen Hilfstruppe der Sozialdemokratie herabsinken. Da ferner die anderen Bestandteile der Mitte an der allgemeinen Schwächung der bürgerlichen Phalanx teilnehmen, so würde eine auf solcher Grundlage aufgebaute Regierung die Ber- bindung nach rechts hin nicht halten können, sondern sehr bald in ein Hörigkeitsverhältnis zur Linken geraten. Die weiteren Koalitionsgruppierungen sind die Große und die Weimarer Koalition. Die Weimarer Koalition ist. kaum durchführbar, da sie über keine klare Mehrheit verfügen würde. Aber auch dann, wenn das der Fall wäre, befände sich das Zentrum in ihr mit seinen 62 Mandaten allein auf weiter Flur gegenüber 152 Sozialisten und 26 Demokraten, welch letztere in solcher Verbindung schlechtweg zu den Sozialisten gezählt werden müssen. In einer der artigen Lage genügt für bas Zentrum die kleine Bayrisch« Volkspartei als Rückendeckung nicht, sondern eS müßte in seinem eigenen Interesse, um nicht ganz an dte Wand gedrückt zu werden, auf der Slntetlnahme der Deutschen Volkspartei bestehen; der Gegensatz ln ber Schulfrage würde dabei für bas Zentrum kein Hindernis sein, da diese Partei niemal» über grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten stolpert, wenn die politische Taktik Schmiegsamkeit verlangt. DaS Zentrum würbe bann also auf dte Große Koaltt ion hindrängen» die mit der starken Mehrheit von etwa 800 gegen ISO Stimmen auf den Plan treten könnt«. Vom bürgerlichen Standpunkte aus ist aber wohl zu beachten, baß eine Große Koalition von morgen viel gefährlicher sein würbe als die von 1928, weil inzwischen in der Sozialdemokratie ber Radtka- listerungSprozeß vor sich gegangen ist und auch das Zentrum eine Ltnkswanblung durchgemacht hat. Daß dte Äbhalfterung des Zentrums durch dte Sozialdemokratie prompt in di« Wege geleitet werben wird, erhellt au» dem Umstand, baß die Sozialisten schon jetzt daS ReichSkanzleramt für sich fordern. Im Vordergrund der Erörterungen stehen hier, für die Kandidaturen deS preußischen Ministerpräsidenten Braun und der Sozialdemokraten Müller-Franken und Severtng. Nach anderen Mitteilungen soll Sev«. ring vor allen Dingen als RetchSinnenmtnister in Frage kommen. Verstärkt wird dte Machtstellung der Sozial- demokratie noch durch den Wahlausfall in P r e u b e n, wo die Deutschnationalen ebenfalls einen schweren Rückschlag erlitten haben. Angesichts einer mit so viel Unruhe- und Unsicher-