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rr. ssahrgang. Re. 59» Aben-Aussabe Dienstag, is. Dezember IS30 DrasttmilchT»,: Mackstckeßl«« Drrsd» gernspikcher-Eammelnummer: »»SU k!ur ,ür Nachtgelpräche: Nr. «oou Schrlstletlung u. vauplg->ch»,l«st«lle: Dresden - L. t. Martenftraß« »S/i, Ick »«Nch »»rimsüa« Z»ft«a«>g mMulSIch ».so wr. («NgchNeßlv- « Vf«. B» Lrtlg-rlodnl, durch PoIIbe,ug ».10 Mk. einschließlich 5« Psg. Postgebühr lohne PolijuftellungSgebühr» bet 7mal wvchentlichem Versand. Sin»elnu,nmer lO Psg. Anzeigenpreise: Die einspaltige »o mm breite Zeile »» Psg., sür auswärts so Psg. gamilienanzeigen und Stellengesuche ohne Rabatt lb Big., außerhalb »» Psg., die Sg mm breite Reklamezeile »<X> Pfg., außerhalb LSü Psg, Osserten« gebühr »0 Psg, Auswärtige Aufträge gegen Vorausbezahlung Drink ». Verlag: Lteptch « ReichaAN, Dresden.Postscheck-Lto. 1068 Dresden, Nachdruck nur mit deutl.Queilenangab» (Dreien. Nachr.> zulässig. Unverlangt« Rchriststücke werden nicht aufbewahrt Abönderung -er Notverordnung ln Sachsen Gm RtgitkimMMnW im Lluitlag Der licutigen Landtagsdebatte über die sächsische Ge- meindestciier-Nvtvcrordniing mar die Spitze von vornherein dadurch abgebrochen, dass die Regierung der Ablehnung durch den Landtag durch Aushebung von sich aus zuvorgekommcn war. Sic mar dazu um so eher in der Lage, weil durch die neue Notverordnung des Reichspräsidenten eine neue Lage gegeben ist. Denn die beiden Steine des Anstosses, die Getränke- und die Bürgcrsteuer, sind nun von Reichs wegen so vollständig geregelt, dass die Landesgesehgebung sich nicht weiter zu ihrer Regelung einzuschaltcn braucht. Für die sächsische Regierung bleibt unter diesen Umständen nur übrig, die Gemeinde bi c r steuer in eine neue, und zwar in Gesctzcssorm zu giessen und dafür die Genehmigung des Landtags einznholen. Das ist der Zweck ihrer neuen Vor lage, die dem Hause vorliegt. Der Sitzungsbericht Dresden, 16. Dezember. Auf der Tagesordnung der heutigen Landtagssitzung steht als erster und wichtigster Punkt die zweite Beratung -er Notverordnungen Abg. Neu (Soz.) erstattet den Bericht des NcchtsauS- schuffes, der in unserem Blatte schon ausführlich wieder- gegebcn worden ist. Es wird vorgcschlagen, die Notverord nung über die Aendcrung des Stempelstcuergesesscs zu genehmigen. Bei einzelnen Tarisstellen sind Milderun gen der Steuersätze vorgesehen, die sich als dringend notwendig erwiesen habe». Der Inhalt der Notverordnung entspricht den Wünschen des Landtags. Abg. Nunath lWirtsch.) gibt den Bericht zur Notverordnung über die Grundsteuer, die auch tm Rechnungsjahre 1636 nach den alten Einheits werten erhoben werden soll. ES wird die Genehmigung der Notverordnung vorgeschlagen. Mg. Nebrig sSoz.s erklärt, das, seine Fraktion der letzte ren Notverordnung nicht zustimmen könne. Abg. Dr. Wallner tVolksr.s spricht den Wunsch aus, dass auch zugunsten der Schrebergärtner eine Befreiung von der Stempelsteuer erfolge. Die Notverordnung über die Stempelsteuer wird gegen die Stimmen der Kommunisten, die Notverordnung über die Grundsteuer gegen die Stimmen der beiden Linksparteien angenommen. ! ist, daß bei einer Erhöhung der Nealsteuern gegenüber dem sür das Ncchnnngsjahr 1028 zuletzt massgebende,, Steuer satz nicht wie früher entweder die Gemeindebicrsteucr oder die Bürgcrsteucr erhoben werden mutz, sondern nunmehr beide Steuern erhoben werden müssen. Angesichts dieser veränderten Rechtslage erscheint eS nun mehr der Regierung nötig, ja sogar zweckmätzig, die Ge mein d e st c u e r n o t v e r o r d n u n g mit alsbaldiger Wirkung ausznhcbeu und durch eine gesetzliche Re gelung zu ersetzen. Eine solche gesetzliche Regelung ist notwendig, damit bei oder nach der Aushebung der Notverordnung kein Vakuum entsteht und damit die Haushalte der Bczirksverbändc, die bisher Biersteuer als Rezirkssteucr hatten, nicht mitten im Rechnungsjahr in Unordnung gebracht werden. Es wird des halb vorgeschlagen» die Biersleuer nach den Sähen der Juliverordnung des Reichspräsidenten noch bis zum Ende des Rech nungsjahres für alle Gemeinden beizubehalten. Bei der Biersteuer bringt der Entwurf nur noch die Aende- rung, dass der Haustrunk iu den Brauereien künftig steuerfrei abgegeben werden soll. Für die Bürgcrsteucr bedarf cs keiner besonderen landesrcchtlichen Regelung mehr, dasselbe gilt hinsichtlich der G e t r ä n k e st e u c r, die eben falls durch das Reichsrecht erschöpfend geregelt ist. Hinsicht lich der Gctränkcsteucr darf ich noch bemerken, dass die Re gierung beim Rcichsminister der Finanzen beantragt hat, von der in der Dczembcrverordnung gegebenen Ermächtignng Ge brauch zu machen und die Getränkestcucr vom 1. Januar 1881 auf Weine, wcinähnliche und weinhaltige Getränke. Schaumweine, schaumweinähnliche Getränke und Trinkbranntwein zu beschränken. Die Regierung glaubt durch Einbringung der Vorlage den Wünschen des Rechtsausschusses weitgehend Rechnung ge tragen und einen Weg gewiesen zu haben, den angesichts deS grossen Ernstes der Lage in den Bezirksvcrbänden und den Gemeinden alle Parteien mitgehen könnten. Mg. Dr. Bünger <D. Vp.) erklärt namens seiner Frak tion, dast diese bereit sei, der neuen Vorlage der Regierung zu zu stimmen. Der Redner ist damit einverstanden, dass die ganze Materie an den Rechtsausschuss verwiesen wird. sBci Schluss der Redaktion dauerte die Sitzung noch an.) Poimares Ausland hoffnungslos Paris, 16. Dez. Die Kanzlei des Präsidenten der Repu, blik hat um 16 Minute,, vor 12 Uhr französischer Zeit eiue amtliche M i tteilung veröffentlicht, in der das Gerücht von dem bereits eingctrctcncn Tode Poincareo demen tiert wird. Der Zustand sei unverändert, jedoch äusterst ernst. Im Krankenzimmer ruht Poincarö bewegungslos in seinem Bett. Jede Annäherung von Fremden ist untersagt, da seine Frau nicht wünscht, ihren Gatten in einem derartig trostlosen Zustande de,, Auge» Unberusener preiszugcben. Zn einer einseitigen Lähmung trat in de» Nachtstunden eine teilweise Harnvergiftung, die den tödlichen Ausgang des Leidens nur noch beschleunigen wird. Zu Kreisen der ihn behandelnden Aerzte erklärt man, dass die Krankheit Poincarss nichts uiit der zweimaligen Operation zn tun habe, da das alte Leiden vollkommen geheilt worden sei. Von einem krebsartigen Fortschreitcn dieser Krankheit könne nicht die Rede sein. Man nimmt vielmehr an, dass der ehemalige Ministerpräsident, der sich gelegentlich der letzten Senatssitzung zu sehr überanstrengt hatte, erkältet hat und dieser Erkältung zu wenig Aufmerksamkeit schenkte. Der Schwächezustand des siebzigjährigen Staatsmannes nahm dann von Tag zu Tag zu und wurde am Tonnabcndabcnö erstmalig besorgniserregend. Es war ihm fast unmöglich, sich ausrechtzuerhaltcn, und auch die Sprache wurde von Stunde zu Stunde schwerer. Der Hausarzt stellte scsi, das, die Nieren ausgehört hätten, regclmäsiig zn arbeite». In den Abend stunden des Montags trat dann ein Gehirnschlag hinzu, der ihn fast vollkommen lähmte. Die Pariser Börse zeigte sich infolge der Verschlimme rung, die im Befinden des ehemaligen Ministerpräsidenten cingetrcten ist, am Dienstagvormittag lustlos und schwach. Donnerstag Besinn -er Weikmachtsferien Der Landtagsvvrstand hat heute beschlossen, die Weih- nachtssericn am Donnerstag beginnen zu lassem Sie sollen bis einschliesslich 18. Januar dauern. Der Haus halt p l a n sür 1836 wird in zweiter Lesung crstimncuen Jahr verabschiedet werden. Sr. BSmn SrakltonövorsiWder der BolkSvarlti In ihrer heutigen Sitzung wühlte die Landtags- sraktion der Deutschen Volkspartei an Stelle ihres bisherigen Fraktionsvvrsitzcnden Oberbürgermeister Dr. Blühcr den Ministerpräsidenten a. D. Dr. Bünger. Der Gewählte war bisher stellvertretender Vorsitzender der dcutsch-volksparteilichen Landtagsfraktion. Es folgt die Beratung der Notverordnung über die Rtimrmicbcbattk lm PrrußrnlMlag Braun un- Severins als Angeklagte Gemein-ebiersteuer. Dürsersteuer unö Getränkesteuer. Der Rechtsau sschusi hat, wie schon mitgeteilt, in seiner Mehrheit beschlossen, die Notverordnung über diese Steuern nicht zu genehmigen, ferner die Regierung zu ersuchen, keine weitere Genehmigung zur Erhebung einer Gemcindcgetränkesteuer mehr zu erteilen und die Anweisung des Ministeriums des Innern vom 14. November 1636 an die llrcis- und Amtshauptmannschastcn zur zwangsweisen Ein- lührung der Bnrgerstcuer aufzuheben. Annenmimfter Richter führt hierauf folgendes aus: Die tm Ncchtsausschusi gcsasitcu Beschlüsse, die aus eine Ablehnung der Gemciiidesteuernotvcrordnung hinanslicsen, würde» wahrscheinlich trotz der sehr ernsten Bedenken, die die Regierung im Moschus, geltend gemacht hat, a„- steiiommeu werden, wenn nicht eine neue Situation »eschassc» wird. Bei dem Erlas, der Gcmcindcsteuernotvcr- ordnung n»d bei dem Festhalten an ihr kam und kommt es der Regierung lediglich auf die Sache an, d. h. daraus, die Gemcuidei, und Bezirksvcrbäiidc als Bezirkssürsorgcvcr- bände in den Stand zu setze», ihren Unter st it tz »» g s v c r p s l i ch t u n g e n gegenüber der grosien Menge von Hilfsbedürftigen Nachkommen zu können. Der Staat kann bei der vom Finanzministcr in seiner Etatö- redc nochmals in aller Klarheit dargestclltc» überaus ge spannten Finanzlage nur in dem beschränkten Umfange Helsen, wie er cs bereits getan hat und nach dem Haushalt plan zu tun beabsichtigt. Das Reich aber, das in erster Linie zur Hilfeleistung verpflichtet ist, hat trotz der wieder holten eindringlichsten Vorstellung der Regierung eine un mittelbare Hilfe versagt und lediglich ans Aus- Ichöpsnng der Steu erg u eilen verwiesen, die durch die Verordnung des Herr» Reichspräsidenten erschlossen worden sind. So blieb tatsächlich nichts anderes übrig» als diese Quellen mit grösster Beschleunigung zum Fliehen zn bringen. Das allein war Ziel und Zweck der Gciiicindestcncrnotvcrordnnng. Nun bringt die Dezembcrverordnnng des Reichspräsidenten nicht unwesentliche Abänderungen der Juti- verordnung ». a. insofern, als die Bürgerftcucr ihre erschöpfende Regelung durch das Ncichsrccht gesunden hat, den Gemeinden vom t. Januar 1831 ab einen Zuschlag zu der bisherigen Gemcindebierstener eiuzuräinuen. mrd »orgeschriebe« «»rde. Berlin, 16. Dezember. Anlässlich der heute im Preussi- schen Landtag stattfindenden Remarquedebatte, der ein deutsch nationaler Misstrauensantrag gegen den Ministerpräsidenten Braun und den Innenminister Severing wegen ihrer gegen das Verbot des Films ge richteten Haltung zugrunde lag, war das Landtagsgebäude und die Zugangsstrassen wieder mit Schutz versehen. Die PublikumStribünen sind stark besetzt. Die Teutschnationalen haben ans das Begrttndungs- und Schlusswort verzichtet. Ab- gcstimmt wird über die Anträge am kommenden Freitag wer den. Die Ncgierungsbänke bleiben zunächst leer. Abg. Schwecht fDn.s: Namens meiner politischen Freunde stelle ich ausdrücklich fest, dass nieder der Ministerpräsident, noch der preusstschc Innenminister es für notwendig gehalten haben, zu dieser Debatte hier im Hause zu erscheinen. <Lebh. Hört, hört! rechts, Ruse links: Severing sitzt ja ans seinem Abgcord- nctcnplatz!) Dabei handelt es sich bei dem Film „Im Westen nichts NcncS" um eine unerhörte Beschimpfung des deutschen Volkes. Die Demonstrationen am Nvllcndorsplatz gegen diesen Film waren berechtigt. (Widerspruch links, Zustim mung bet den Du.) Alle Nationaldenkendcn in Deutschland haben sich über diese Demonstrationen ausserordentlich ge freut. fLärm links.) Wir sehen darin eine Kundgebung des Deutschtums gegen ein Schandwerk, das die deutsche Ehre be sudelt. IZusttmmung rechts, anhaltende, lärmende Unter brechungen links.) Der erste Skandal war das Buch Nemargncs. Remarque hat an diesem Buch so viel verdient, das, er sich den Titel eines Freiherr« vv» B n ch w a l d kaufe» konnte (Hört, hört! rechts), nachdem er sich vorher zu Unrecht das Eiserne Kreuz 1. Klasse angehäugt hatte. (Er- ncute Hört-Hört-Nufe rechts.) Den zweiten Skandal machte dann Laemmle, der den heldenhaften Kampf des deutschen Volkes im Weltkrieg zum Gegenstand eines Geschäftes glaubte machen zu können. fPfuiruse bei den Deutschnationalcn.) Wie er dabei verfahren ist, ergibt sich ans der amerikanischen Fassung des Films, in der der Soldat Kaszinski sagt: „Schmutzig und widerwärtig ist cs. für sein Vaterland zn sterben!" (Stürmische Pfuirufe rechts.) Severing und Grzeflnski dieses Machwerk mit dem Gummiknüppel. Sie denken nicht einmal daran, in welchen Gewissenskon flikt so mancher Schutzpolizist kommen muss, der dieses Schandwerk schützen soll, das seine eigene Ehre besudelt. (Sehr wahr! rechts.) Nach dem „Berliner Tageblatt" hat der Ministerpräsident Braun erklärt, nach seiner festen Ucber- zeugung könne er erklären, das; dieser Film sich nicht gegen das deutsche Volk richte. (Sehr richtig! links.) Herr S c v e- ring hat nicht einmal an der amerikanischen Fassung etwas auszusehen gehabt, in der der Satz vorkvmmt, dass es schmutzig und widerwärtig sei, sür sein Vaterland zu sterben. Allerdings hat dieser Satz vieles gemeinsam mit dem anderen Satz: „Ich kenne kein Vaterland, das Deutschland heisst!" Es ergibt sich eben, dass bei diesem Film z w e i W cltanscha u- u n g c n anfcinanderprallcn: Reichsbanner- und Stahl- hclmgeist. (Gelächter links.) Das Prcnsscn der Korruption, des Pazifismus und der ReligionSscindlichkeit, in dem der Gotteslästerer Gross srcigcsprochcn werde,, konnte, wollen wir beseitigen, nnd ausrichten das Prcusse,, der Ordnung nnd der Vater landsfreunde. (Bei Schluss der Redaktion dauerte die Sitzung noch an.) Ser Mstilir-LMMW am Seiliaen Abend Berlin, 16. Dez. lieber die Frage des Jnkrasitretenö des vom Reichstage verabschiedeten Jntttativgesetzcs über den 5-Uhr-Ladenschliih am Heiligabend sind dadurch M cinnngs- Verschiedenheiten entstanden, das, im Gesetz kein Termin sür das Inkrafttreten angegeben ist und eS dem zufolge zum gesetzlichen Termin, d. h. 14 Tage nach Ver kündigung, in Kraft zn treten hat. Dieser Termin liegt aber nach den W c i I> n a ch t S s e i e r t a g e n. DaS prcnssische Handelsministerium hat, „in sür P r e u ss e n eine Regelung dieser Frage herbeizusühren, die beteiligten Kreise heute vormittag zu einer Besprechung zu- saminengernsen. Da bei dieser Besprechung jedoch kein ab schliessendes Ergebnis erzielt werden konnte, wird das preussische Kabinett die Frage entscheide», ob das Gesetz über den 5-Uhr-Ladenschluss sür dieses Jahr auf dem Vcr- ordnnngSwege in Kraft gesetzt werden soll.