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Dresdner Nachrichten : 24.04.1875
- Erscheinungsdatum
- 1875-04-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187504242
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18750424
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18750424
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1875
-
Monat
1875-04
- Tag 1875-04-24
-
Monat
1875-04
-
Jahr
1875
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 24.04.1875
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Burwärttge Ilnuonun« Uullragk uoa UN» und«» kauulr» ?tirmcn uud Prr- tonru iritrrirru Ivtr »ur gegkuBrairuurrraiido» .jaliiurr, durch Brtrt> nrartru odcr Poiieiuzod- tun t rilrrtu «Süden kostea Id N''e.e. -»trralr >r!r Ltc Moniag» - Nununrr »dir nach crurur Zrtttag« dir Pcritzcür N P!gr. Nr. 114. Zwanzigster Jahrgang. «FWW:,-LLKL'LKL«. TreSven, Zomiabcns, S4. 'April 187S. PolttischcSk Seltsam, daß gerade Belgien gegen Deutschland so unfreund lich sich benimmt! Deutjchland wußte von je die guten Eigenschaften diese» Landes und Volles hochzuschätzen; der König Leopold, der musterconstltutionrlle Monarch, war ein geborener Deutscher. So oft Frankreich AnnexionSgclüste gegen Belgien laut werden ließ, trat Deutschland schützend auf Belgiens Seite. Das ganze belgische Ver- theidlgungssysiem, die Befestigungen, deren Mittelpunkt Antwerpen, sind auf deutlche Unterstützung gegen ein in Belgien entfallendes französisches Heer berechnet. Sie sollen dem kleinen belgischen Heere als Zuflucht dienen, bis »hin deutsche Truppen zu Hilsc gekommen sind. Den umgekehrten Fall, daß die Franzosen den Belgiern gegen ein deutsches in Belgien cinsallendes Heer zu Hilfe zu kommen hätten, hat Niemand bisher nur als Vermuthung ausgesprochen. Deutschland verlangt durchaus leinen Fetzen Landes von Belgien; hat cs doch nicht einmal die acht deutschen, 1866 in'S Leere hinaus gefallenen Länder Luxemburg und Limburg wieder mit sich vereinigt, sondern hält sie nur durch das dünne Baud des Zollvereins mit sich verknüpft. Trotz alledem stellt sich die Mehrzahl des belgischen Volkes offen auf Seite der Franzosen. Wir finven dies begreiflich bei den Ultramontanen, aber ganz unverständlich bei den höheren Gesellschaftskreisen und den Liberalen. Die Vorliebe für französische Sprache und Sitten, die'Nachäfferei des Parisers vurch den Brüsseler kann doch nicht blind machen gegen die Gefahren, die dem Kleinstaat«: von der Habgier Frankreichs drohen! So ähnlich liebäugelt höch stens die Motte niit dcr brennenden Kerze. Oder wäre cö den Bel giern gar nicht so ernst mit ihrer Unabhängigkeit? Ziehen sie wirk lich alle Interessen nach Frankreich? 'Nun, sie mögen nur nicht mit dem Feuer spiele»! Wenn sie solche Frauzosennarren sind, wenn Brüssel I>ar tout eine Borstaot von Paris werden will, so dürfte man sich in Deutschland en.sinnen, daß die Franzosen allenfalls aus Wiedercroberung von Elsaß-Lottwingeu verzichten zu können erklär ten, wenn sie dafür Belgien bekämen. Allenfalls würde dem im Freien baumelnden Luxemburg und Limburg die Heimkehr zur aer manischen Familie offen zu halten sein und alle Welt wäre befrie digt; Belgien verzichtet auf die Bürde seiner Unabhängigkeit, Frank reich vergißt darüber Elsaß-Lothringen, Deutschland rundet sich ab und zwischen Deutschland und Frankreich braucht man nicht svrt während jeoe Einziehung eines Nckruten, jeden 'Ankauf eines Kalb fclles zum Torulster, jedes Probiren eines Granaten-PercussiouS- zünders für eine lrügSdrohende Rüstung auSzuschreicn. Es ist wirklich nur aus der Unverschämtheit eines clericalen Ministeriums zu erklären, daß der von Rom nach Mecheln als Car dinal zurücklehrende Erzbischof Dcschamps unter Arulleriebegleitung einziehen darf, zum Aera>'r der Freisinnigen Belgiens, zum Hohne Deutschlands. DaSMinisterium beruft sich zur Rechtfertigung dieser militänschen Ehrenbezeugungen aus Gesetze vom Anfänge dieses Jahrhunderts, die jedoch durch Erlaß der belgischen Verfassung aus gehoben sind. Solche militärischen Machlcnlsallungen bei dem Ein zuge eines Seelen!,irren beruhen nicht mehr aus Gesetz, sondern nur noch auf der Tradition und der Gefälligkeit dcr Regierung gegen die Jesuiten. Just, als wollte Belgien den Gegensatz zwischen dem zum Cardinal ebenfalls ernannten «Erzbischof Ledochvivsli, der seine pur pume Epoche im Kerker zu Ostrom» antritt, und dem unter Pulver dampf, Kanonengeraffe! und präsentirten Gewehren in Mcchclu An ziehenden Erzbischof Leschampg Deutschland recht unter die Nase reiben, veranstaltet cü das Spekrakelstück. Betreffs der BiSmarck'schen Note an Belgien ist es heute ziem lich still Auf Zustimmung scheint dcr Reichskanzler aber nur sehr wenig rechnen zu dürfen. Noch immer weilt der österreichische Kaiser in Dalmatien. Solch längerer Aufenthalt, verbunden mit Dctailbesichrigungen, gleicht ein Wenig den Ucbelstand aller officiellen Fürstenreiscn aus: Land und Leute nur nn Sonntagsstaate zu sehen. Die dalmatinische Reise ist mit ziemlichen Beschwerlichkeiten verbunden. Es muß zu letzt die stärksten 'Nerven amgreifen, tagelang dieselben stereotypen Reden zu hören und darauf ähnliche Phrasen zum Besten zu gcl>cn, immer dieselbe Huld zu zeigen, stets zu lächeln und dcnlleberraschlcn zu spielen, wo doch das Ruhebedürfniß sich unabmcislich geltend macht. Franz Josef hat, seitdem er von Wien fort ist, noch in keiner Stadt übernachtet, die nicht illuminirt gehabt hätte. Er mußte überall vor dem Schlafengehen die Illumination besichtigen, die in Spalato wirklich großartig gewesen sein soll. Die Ehrenpforten, die ,Mirz Josef — jetzt offenbar rin sehr erleuchteter Monarch — zu passiren hatte, zahlen nach Tausenden; der Jubel, mit dem ihn die meist urwüchsige Bevölkerung Dalmatiens begrüßte, soll in Wahr heit mitunter sinnbetäubend gewesen sein. Dem Prinzen Alfons (Bruder des Don Carlos- scheint auch in Oesterreich kein Glück zu erblühen. Aus Deutschland mußte dcr Bourbonenprinz flüchten, weil ihm dcr Steckbrief wegen Mord, Nolhzucht, Brandstiftung und Raub zu sehr auf die Nägel brannte; die gute Seele, der diese Kleinigkeiten nachgesagt wurden, glaubte in Steiermark Ruhe vor dem Staatsanwalte zu haben. Aber auch nach Graz verfolgt ihn das Gcdächrniß dcr von ihm, seiner sauberen Ge mahlin und ihren Spießgesellen Erschlagenen und Entehrten. Der Grazer Communalvercin wurde nur mit Blühe abgchalten, sich öffentlich gegen den längeren Aufenthalt des fürstlichen 'Verbrechers in Graz auszusprechen; jetzt hat ein junger Baron, Max Rast, im steierischen Landtage eine Interpellation darüber angekündigt, warum der steckbrieflich verfolgte Verbrecher nicht verhaftet und auSgclicfert wird. Möglich, daß der Landeshauptmann die Stellung einer sol chen Interpellation zu hintertreiden weiß — die Bevölkerung von Graz sorgt schon dafür, daß der Prinz von Bourbon und Este sich nicht zu wohl fühlt. Als er neulich mit seiner Frau den Dom be suchte — vielleicht um ihre Sünden zu beichten, daß sie kranke, wehr lose Gn'R- morden, Weiber schänden und federn ließen —, zwang sie dos auS bmkersten GcsellschastSschichten bestehende Publicum, die Kirche zu verlassen, und als sie vor der Kirche waren, nahm die Ent rüstung des Publicums einen so deutlichen 'Ausdruck an, daß das prinzliche Vcrbrecheepaar hurtig nach der Equipage rannte. Die Geister der Erschlagenen und Entehrten werden ihm auch dorthin gefolgt sein. L'ecalkS m,d Sächsisches. — Der gestrige Geburtstag Sr. Majestät König Alberts — der zugleich der 'Namenstag Sr. kgl. Hoheit des Prin zen Georg ist — war die Veranlassung, daß die Stabt vielfach im Fmggenschnmcke prangte. Morgens 6 Uhr durchzog große Reveille der Milttärmusik die cMadt. In den Schulen fanden entsprechende Feierlichkeiten statt. In der Aula der Aunenrealschule ward in Gegenwart des Geh. Schulrctth Or.Schlömilch ein Actus abgehalten, bei welchem nach einem einleitenden Gesänge des Schülerchores, Oberlehrer , 'r. Welte in einer Festrede eine kurze, aber interessante Lebensskizze des Königs gab. Eine ähnliche Feier fand in der Neustädter Realschule statt, woselbst zwei Schüler dieRcden hielten. Bereits Mor gens 8 Uhr hatten die Musikchöre derjenigen Regimenter, deren Chef der König ist, in der königlichen Villa in Strehlen eine Morgen musik gebracht. In der katholischen Hoskirche ward um 11 Uhr ein Hochamt celcbrirt und Mittags wurden 4000 Portionen warmes Essen an die Armen der Stadt verlhcilt. Zum ersten Male spran gen vor dem Museum und auf der Vrühl'schen Terrasse die Wasser künste. Von Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser ging aus Wies baden das nachstehende Beglückwünschungstklegramm ein: „Ich sende Dir meine treuesten Wünsche zu Deinem heutigen Festtage, auf daß Du Glück und Zufriedenheit genießen mögest und Deine redliche Absicht für Volk und Land gesegnet sein möge. Wilhelm." Vormittag II Uhr empfing oer König im hiesigen Schlöffe die Minister des königlichen Hauses, die Cavaliere des Hofes, die Generalität, die SlaatSininister, eine Deputation des Raths und der Stadtverordneten und nahm die Beglückwünschungen huldvoll entgegen. Se. Durchlaucht der regierende Fürst Reuß ä. L. Heinrich XX N., Ihre Hohheiten der Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg-Schwerin und die Prinzen Ernst und Friedrich von Sachsen-Meiningen erschienen gleichfalls zur GratulationS-Cour. Mittags 1 Uhr fand aus dem 'Alaunplatze die Frühjahrspnrade statt, zu welcher das 1. Jägerbataillon Nr. 12 ttFreiderg/. das 2. Jägerbataillon Nr. 13 (Meißen), die 4. und 5. Escadron des Gardereiterrcg. (Pirna) und die 1. Abth. des I.Feld Artillerie-Regiments Nr, 12 (Nadebcrg) eingetrofsen waren. Die Ausstellung erfolgte in zwei Treffen, deren erstes Generalmajor von Abendrvth commcmdirte, während das zweite vom Generalmajor von Funke commandirr ward. Die Truppen trugen Paradeanzug, sie uuRnllenen Mannschaften weiße Hosen. Ce Majestät fuhr vom lgl. Schlosse P,. I Uhr in zweispanniger Equipage in großer Uniform mit grün-weißer Schärpe, zunächst jedoch in der Militür- mulze, ab, bestieg am Aautzner Platz, den prachtvollen Helm mit weißem Reiherbusch gegen die Mütze umtauschend, das Schlachtroß von Sedan, aus welchem Se. 'Majestät die Parade abnahm. J.Maj. die Königin erschien in vierspänniger Equipage mit zwei Vorreiteru und dann folgten Ihre kgl. Hoheiten Prinzessin Georg mit ihre» ältesten Kindern, dem Prinzen Friedrich August und den Prinzes sinnen Mathilde und Marie. Se/ kgl Hoheit Prinz Georg empfing den König auf dem Paradeplatze Auffallend war eü, daß die Alaun straße, durch welche sich dcr König mit hohem Gefolge bewegte, nur durch ein Haus, welches sinnig durch große Flaggen dccorirt war, festlich präscnlirte; es war dies das eines Beamten dcr k. Staatsbahn, Hrn. WustmanuS. Uebeichaupt w»r die Stimmung des in großen ''Nassen herbeigestromten Publikums, wahrscheinlich infolge des trü ben, windigen Wetters, welches allerdings mehr Staub als heitere Laune aufwirbelte, eine auffallend gedrückte. Die Vorbeimärsche bei Sr. Majestät nahmen sich wie immer, soweit man des Staubes wegen überhaupt sehen kom te. gut und echt kriegerisch aus. Beim Herannaheu des Königs an die concentrirte Aufstellung ward im Ganzen präsentirt und Generalleutnant Sensft von Pilsach brachte ein Hoch aus, in welches die Truppen begeistert einstimmten. Die Musikchöre spielten das krinllg wirkcnde„DenKönig segne Gott". Das militärisch schöne Schauspiel schloß gegen halb 3 Uhr. Der König besichtigte noch die Schützen-Cascrne, vor welcher auf den Terrassen, während der Parade, sämmtliche zur Zeit hier anwesende Reser visten Aufstellung genommen hatten und so eine sehr imposante, lebende Garnitur bildeten. Gegen 3 Uhr kehrte Se. Majestät nach dem königlichen Schlosse zurück. Die Familientafel fand Uhr bei Ihrer Maj. der Königin-Mutter statt. Fürst Neuß Heinrich XX ll. nahm daran Theil. Aus Anlaß des festlichen Tages fanden noch in vielen officiösen wie privaten Kreisen Fest diners und Soupers statt. In den Räumen der Har monie-Gesellschaft speisten um 2 Uhr die Spitzen der königlichen und städtischen Behörden, einschließlich dcr Herren Staatsminister; die Herren Offiziere hatten FestdincrS in ihren Easinoü; die Offiziere des Kriegöministeriums und des Gcneral- stabes waren bei einem Festmahl im Hotel „Stadt Berlin" vereint. Zu dem 5s Uhr stattgcfundcnen Galadiner, welches Staatsminister Freiherr v. Friesen gab, waren das diplomatische CorpS, die ober sten Staats- und Hofbeamten und Militärs, dcr Oberbürgermeister und d«r Vorsteher des StodtvcrordnctencollegiumS geladen. Abends fand festliche Beleuchtung dcr Straßen und öffentlichen Plätze statt. — Der regierende Fürst Neuß ä. L., Heinrich XX ll., ist hier eingetrofsen und im Hotel Bellevue abgetreten. — Dem Handelsmann Bergmann in Zittau ist für die unter eigener Lebensgefahr von ihm bewirkte Rettung eines Kindes vom Tode dcö Ertrinkens die silberne Lebensrettungsmedaille mit der Er laubnis;, dieselbe am weißen Bande zu tragen, verliehen worden. — Den Arbeitern Andreas Hoppe in der Pulvermühle bei Bautzen und Ferdinand Glück in dcr Hoffmannschen Hutfabrik zu Leipzig wurde die silberne Medaille vom Albrechtsorden verliehen. — Dem Rector Job an der hiesigen Annenrealschule ist der Titel eines P r vscssors verliehen worden. — Man spricht jetzt viel von eincrVermehrung der zum Eisen bahnbau bestimmten Truppen. Aus dem bis jetzt bestehenden einen Eisenbahn - Bataillon wird voraussichtlich im Lause der Zeit durch successive Errichtung von noch zwei Bataillonen ein Regiment for- mirt werden. Auch die Militärmusik soll einer Reorganisation unter worfen ivcrden. Die ganzen Musikchöre der Arme: sollen eine oberste leitende Behörde erhalten, als deren zukünftiger Chef oer als Musik freund betannte General v. Tresky, der langjährige Dirigent des in Berlin bestehenoen Ofsizier-MusikvereinS. genannt wird. Sollte die seit dem Tode des Musikoüeetors Wieprecht nicht wieder besetzte Stelle eines Oberhauptes der Musiker in früherer Weise eingerichtet werden, so ist hierzu, wie es scheint, der jetzige Kapellmeister des Kaiser-Franz-Regiments.Herr Saro, ausersehen. — Zu dem vorgestrigen Referate „über das Lästige und Unbequeme bei den jetzigen Feuerlöschinstituten" schreibt uns ein Fachmann seine abweichende Meinung. Beispielsweise hät ten zum Brande des Röderschen Eisschuppens von der Marstall- Fcuerwache nur 4 Löschmannschaften ausrücken können, ein Quar tett, das ohne alle jene, durch die Thurmglocken hinzugerufenen Mannschaften der freiwilligen Turnerfeuerwchr nie im Stande sein würde, einem umfänglicheren Brande entgegenzuwirken. 'Nach Weg fall des Stürmens würde auch die Thätigkeit dcr Turnerfeuerwehr in Frage kommen, da selbstverständlich nicht einem Jeden derselben eine Telegraphcnleitung m das Haus gelegt werden könne; nach Auslösung derselben müßten aber wenigstens 100 besoldete dispo nible Mannschaften geschaffen werden, die, auf den Mann monat lich 75 Mark incl. Bekleidungsgeld gerechnet, den Stadtrath zu einer jährlichen Ausgabe von 90,000 Mark nöthigten und entstünde die Frage, welche von beiden Unbequemlichkeiten unsere städtische Behörde vorziehe, ob die alljährlich Wiederkehr ende Zahlung dieser Summe, odcr das Stürmen beim Feuer? Erwiesen sei es auch durch vielfache Erfahrungen, daß, wie in mancherlei Berufen des Lebens, so auch hier, der Freiwillige weit mehr aufopfernde Thätigkeit, Entschlossenheit und Kraft entwickelt, als der Söldling. Die frei willige Turnerfeuerwchr, welche eben durch das Stürmen her- bcigerufen, Haus und Beruf, Gattin und Kind verlaßt, um schnell stens am Orte der Gefahr einzutreffen, habe sich bereits seit Jahren den besten Ruf ihrer Vortrefflichkcit erworben Nebenbei gesagt, sei aus den Trümmern des Röderschen Eisschuppens noch manche Büchse guter, unverdorbener Caviar, sowie einige Fässer unverdorbenes Bier gerettet worden. Die Eisvorrüthe des Mittelraumcs sind fast un versehrt geblieben, auch ist das Gebäude nicht mit 19,000, sondern mit 18,000 Thlr. versichert. L b die Persönlichkeit des Herrn Feuer- löschdirector Ritz an und für sich die Hilfe in der Feuersnoth schneller und kräftiger herbeiführen konnte als dies in seiner Abwesenheit ge schah, sei dahingestellt. Das Stürmen vom Thurm geschähe übrigens auch in anderen großen Städten und macht überhaupt, bei der Vor- tresflichkeit unserer Feuerlöscheinrichtungen, keinen so schreckhaften Eindruck als z. B. das stundenlange Abladen und Werfen schwerer Eisenstangen, welches die Bewohner gewisser Straßen fast täglich anzuhören verurthcilt sind, oder wie die fast allnächtlich wicderkeh- renden Ruhestörungen durch das Excediren, Lärmen und Toben in und vor gewissen Schanklocalcn unserer Residenz, die ein ausschließ liches Recht zu solchem Scandal sich zu bnvahrcn scheinen. — Zu Ehren Königs Geburtstags wurden gestern die im hiesigen Arresthause befindlichen Gefangenen mit Nudeln und Rindfleisch gespeist. —- Ter Geistliche, welcher, wie auch wir berichteten, au seinen armen Cantor so entsetzlich losgcwcttert hatte, weil dieser be Aufführung einer Musik einen Juden hatte Mitwirken lassen, hat an den „Pirnaer Anzeiger" einen Schreibebrief gerichtet, in welchem er wörtlich sagt: „Unsere Kirchen sind keine Concertsäle! Der Jude K ist ein ganz elnenwcrther Mann, gegen den ich persönlich nichts habe In einem Concert mag er singen, in der Kirche soll er es nicht." Die Nedaction des genannten Blattes bemerkt mit Recht, daß der Gesang des Inden keineswegs ein kirchenschänderisches Verbrechen genannt werden könne, da, wie bekant, unter den in der katholischen Kirche in Dresden bei dem Gottesdienste mitwirkenden Mitgliedern der Königl. Kapelle und unter den ebenfalls dabei thätigen Opernsängern eine größere Anzahl Protestanten, auch Juden, sich befinden. — Unter den in diesen Tag"n zum Militär auögehobcncn Rekruten befand sich zu nicht geringem Staunen der Untersuchungs commission ein — Tütowirter. Die auf Brust und Armen be findlichen, tief cingeritzten Zeichnungen stellten indessen keineswegs jene phantastischen Thier- und Menschenbilder dar, wie sic so wun derlich aas den Körpern verschiedener wilder Völkerschaften wimmeln, sondern schön ausgeführte Zeichnungen. Auf den Armen zeigt sich eine VenuS, ein Ncgerkops, ein Todteukops, Napoleon >., und auf der Brust — höchst komisch— ganz groß der Kladderadatsch und darun ter Müller und Schulze. Alle diese Figuren sind mit ächter Tusche geschwärzt und theilwcise mit Zinnober und Blaufarbe colorirt. Der also Tätowirte ist ein hübscher Mann, seines Zeichens Barbier, der sich diese Bilder in Breslau vvn einem alten Seemanne zum Ver gnügen auf seinen Leib einritzen keß. Er ist zu den Ulanen ausgehoben. — Wir erwähnten in Nr. 112 »nsereS Blattes, daß sich dcr in» Leben getretene pharmaceutische KreiSvercin in der Kreishaupt- mannschast Leipzig durch die immer mehr überhand nehmenden Ver fälschungen der Nahrungs- und Genußmittcl veranlaßt gefunden hat, in Leipzig ein Bureau zu errichten, welches die chemische, bez. physikalische Untersuchung derselben übernimmt. Daß aber derartige Verfälschungen auch hier in Dresden in wahrhaft großartigem Maß stabe betrieben werden, daß namentlich die oft unter hochtönendem Namen fcilgebotene Butter wegen ihrer Zusammensetzung aus Talg, Quark rc oft nicht einmal diese Kereicbnuna verdient daß aber auch
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