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Auechal -Zeitung. Lokalblatt für Aue, Aueehammer, Jelle.Klöfterlein, Riebe».«. Oberpfannenftiel, Lauter, Bockau, Bernsbach, Beyerfeld und die nmliegenden Ortschaften. Erscheint Mittwoch», Freitag» u. Sonntag». Abonn«ment»pr«i» incl. der 3 werihvoUen Beilagen vierteljährlich mit Bringerlvhn 1 Mk. 20 Pf. durch die Post 1 M. 28 Pf. Mt 3 issuftrirten ZLeiblättern: Deutsches Aamittenvtatt, Hute Heister, Jeitfpiegel. Verantwortlicher Redakteur: Emil Hegemeister in Aue (Erzgebirge). Redaktion u. Expedition: An«, Marktstraße. Inserat« die einspaltige Eorpndzeil« 10 Pf., die volle Seite 30, >/z S. 20, >/< St. 6 Mk. bei Wieoerholungen hoher Rabatt. Alle Pvstanstalten nno Lanbbriesträger nehmen Bestellungen an. No. 56. Freitag, dell 12. Mai 1893. 6. Jahrgang. Die Wahlen zum Reichstage betreffend. Nach der in Nr. 105 des Dresdner Journals abgedruckten Verordnung des Königlichen Ministeriums des Innern vom 8. dieses Monats ist sür die Neuwahlen sür den Reichstag der 15. Ium 1893 festgesetzt worden und hat die Auslegung der Wählerlisten spätestens am 18. Mai dieses Jahres zu erfolgen. Bei Bekanntgabe Dessen werden die Herren Gemeindcvorstände im Bezirke der unterzeichneten Königlichen Amtshauptmannschast angewiesen, die Wählerlisten sofort in Gemäßheit 8 8 des Gesetze» vom 3l. Mai 1869 (Reichsges. Bl. S. 145) und K 1 de- Reglements vom 28. Mai 1870 (Reichsges. Bl. S. 275 fg.) insbesondere oer Beilage dazu (S. 283) dergestalt anfzustcllen, daß die Auslegung dieser Listen spätestens am 18. dieses Monats erfolgt. Der Tag, an welchem die Auslegung beginnt, ist von dem Gemeindevorstande unter Hinweis auf Z 3 des Reglements sowie unter Angabe des Lecals, in welchem die Auslegung stallfindet, noch Vor Anfang der Auslegung in ortsüblicher Weise bekannt zu machen. Wegen Ernennung der Wahlvorsteher und der erfolgten Abgrenzung der Wahlbezirke und Bestimmung der Wahllocale ergeht besondere Bekanntmachung. - Schwarzenberg, am 9. Mai 1893. Königliche Amtshauptmannschast. Frhr. v. Wirsing. noch die U.fachen, um welche daS deutsche Volk in den Wahlkampf eintrat. Del ins Feuer werden die verschiedenen Aussprüche gießen, die während der letzten Kämpfe im Reichstage fielen, wie der Ausspruch des Zentrum« Adg. Lieber, daß der Fortbestand ceS Zentrums ras Wichtigste sei, und der Satz Bebels, raß die meisten Abgeordneten für die Heereöverslärkung stimmen würden, wenn sie nicht vor ihren Wählern fürchteten. — Mögen die Wahlen wiederum appositionell aurfallen, so viel steht fest, daß die Negierung unter dem energischen Kaiser Wilhelm II. das durchsühren wirr, was sie zur Sicherheit dcö Landes für unbedingt notwendig hält. Wird der nächste Reichstag die Militär-Forderungen wiederum ablehuen, er wirr wiederum aujgelöst werde». Und ob sich dieses Schauspiel sortsetzen wird? Wäre die Gefahr, die uns von Frankreich und Rußland droht, aus dem Punkt angelangt, der nur noch eine Entscheidung mit den Waffen zugelasseu scheinen würre, dann würbe Kaiser Wilhelm selbst ohne den Reichstag das zu thuu imstande sein, was ihm seine Pflicht als Schirmherr des Vaterlandes gebietet. Das wäre wiederbm ein Konflikt, den Preußen schon einmal erlebte, der Volk und Regierung gegenseitig verbitterte und dec erst seinen Abschluß in de» Siegen Preußens im Jahre 1866 sand. — Frhr. »on Huene ist aus dem Vorstand der Zentrumspartei auSgeschieden, nachdem in der letzten AraktionSsitzung die gegnerische Stellungnahme der Partei Gestellungen auf di« HM" Auerttzclt-Ier1ung"WH (No. 665 der ZeituiigöpreiSliste) für Mai und Juni 18S3 werden in der Expedition (Aue, Marktstraße), von den Aus trägern des Blattes, sowie den Lendbriefträgern jederzeit gern angenommen. Expedition der „ Auertyal-Aeitung," Politische Nachrichten. Trutschlaud. Berlin, den 10. Mai. — Der Reichstag hat die Militärvorlage mit 207 gegen 162 Stimmen adgelehnt, der Reichstag ist aufgelöst worden! Seit Wochen besanv sich das deutsche Volk in nervöser Aufregung, endlich ist die Spannung »on ihm genommen, aber in eine neue Aufregung ist cS hineingc« stürzt worden, die diesmal aufwühlender sein wird als je zuvor. Die Rufe „Wir wolle» keinen Militärstaat!" und „das Vaterland muß sich rüsten gegen den Feind!" werden die Lande durchgellen und die Parteien werden jeden Nerv anspannen, ihrer Meinung den Sieg zu verschaffen. Dem friedlichen Bürger, der ruhig seinem Erwerb nachgeht, wird es schwer werden, sich zu entscheiden. Der Kernsatz der Gegner der Militärvorlage ist der folgende: „Der Mili tarismus hat bei uns in Deutschland einen so unverhält nismäßig großen Spielraum im politischen Leben sich an geeignet, zehrt «inen so verhältnismäßig großen Teil der Lebenssäfte des Volkes auf, daß der StaelSorganiSmuS seine wichtigsten — seine eigentlichen Funktionen: die Kulturfunktioneu, denen er seine alleinige Existensbercch- tigung verdankt, gar nicht oder nur aufs dürftigste ver richten. kann und daß das deutsche Volk rettungslos dem Ruin verfallen muß, wenn es nicht gelingt, de» erdrücken den Alb abzuschütteln." — Die Verteidiger der Militär vorlage dagegen sagen: „E- ist offenbar, daß uns ein Kamps mit Frankreich nicht erspart bleibt. Frankreich lechzt nach Rache sür die Niederlage von 1870/71, und es will ieine verlorenen Provinzen wieder. Wenn es den Augenblick für günstig hält, wirb eS Deutschland den Krieg erklären, und wehe Deutschland, wenn die wälschen Horden in sein Gebiet rinrringenl Rußland, ter Feind aller germanischen Kultur, wird gegen Deutschland mit losschlagen, um die Widersacher gegen seine Ausbreitungsgelüst« zu treffen, und um durch Beschäftigung nach außen Ruhe im Innern zu bekommen, wo es unheilvoll brodelt. Deutsch-! lands Schwäche bedeutet den Krieg, ein unglücklicher Krieg wird Deutschland zerschmettern!" — Tiefgreifender waren (Nachdruck verboten). Aeuiü'eton. Zwei Monate Gefängniß. Aus dem Leben eines Redakteur». III. DaS Leben im Gefängniß. Ich habe nachzutragen, daß ich in dem Augenblick, da ich mein« Zelle zuerst betrat, von meinem Aufseher dir nöthigen Instruktionen empfing, deren Rekapitulation ich jedoch unterlasse, weil sie au« dem Nachstehenden hervor gehen. Frühmorgens, sobald die Glocke Uhr geschlagen, tönt durch eas ganze Gesängnißgebäude ein kräftige- Läu ten, da» Signal zum Aufstehen gieb«. Schnell schlüpft man In die Kleider und bringt zunächst sein Lager in Ordnung, greift dann zum Besen und Schaufel und reingt die Zelle, während man in den Korridoren bereit- den Schlüsselbund der Aufseher raffeln hört, welche die Was- serau-gabe leiten. In unserer Zellenthür öffnet sich nun ein« Klappe, wir stellen unser» Krug darauf, um ihn mit reinstem Wasserleitungswasser gefüllt zurück zu erhalten und geben gleichzeitig unfern einen Liter fastenden Zink- kübel hinaus, in dem un- eine halbe Stunde später da« Frühstück servirt wird. Während dieser Zeit dringen wir auch unfern äußern Menschen in Ordnung, machen Toilette nicht ohne da- tiäch dem zinkenen Waschbecken durch kräftige» Putzen wie der denjenigen Glanz gegeben zu haben, den diese» Me tall «fiter solcher Behandlung anzunehmen pflegt. Jetzt öffnet sich unsere Zellenthür, wir benutzen diese Gelegen heit um den Kehricht neben unserer Thür vorsichtig hin- zuschülten und unseren Z.nkkübel gefüllt zurückzunehmen. Haben wir irgend etwa» auf dem Herzen, so ist jetzt der vorschriftsmäßige Augenblick, dem Aussetzer Meldung zu machen. Ist auch dies erfolgt, so «enden wir uns der Mehlsuppe zu, schneiden u»S dazu ein tüchtiges Stück Brod ab und nehmen so — mit mehr oder weniger Ap petit, je nach der in der Freiheit erfolgten Verwöhnung, die erste Stärkung ein. Ist die- geschehen, so lasten wir dem Kübel ebensall- Reinigung und Putzen angedeihen, dann wischen wir den Staub hon Tisch, Bank und Re- gal — ordnen auf diesen alle- in der vorschrist»mäßigen Weise und begeben un- an unsere Arbeit. Da hören wir denn au- der «inen Nachbarzelle die kräftige Bearbeitung eine« Leder-, da« ein Schuster unter dem Hammer hat, au- der andern da» Surren eine- Garnspuler« u. s. w. Dafür, daß Zeder d«n nöthigen Fleiß anwendet, sorgt ein vorgeschriebene- Arbeitspensum, auf dessen Nichteinhalten Strafen stehen. Nun kommt auch der Abtheilung-ausseher in unsere Zelle und revidirt — al- aller Militär erfaßt er scharfen Auge» jede Unre gelmäßigkeit und rügt, oder wenn alle» in Ordnung ge. sunden, verläßt er uns schweigend wieder und — nach einer kleinen Frühstückspause, in der da- vorhandene au»- gezetchnete Brod, nebst prima Salz den Tafelgenuß lies rn zu dem wir un- auch ein Gla- Wasser gestatten können, geht der vormittag unter fortgesetzter Arbeit dahin, bi» in der zwölften Stund« dir zweite WasserauSgabe nebst der Brod- und G-lzzufuhr erfolg». Bei dieser Gelegenheit se tzen wir auch den bereit» erwähnten Zinkkübel wieder vor unsere Zellenthür, um darin — gleich nach 12 Uhr — da» Mittagbrod zu „fassen". Interessenten diese- Menu« sei mitgrtheilt, daß hier Erb ¬ sen, Bohnen, Linsen, Graupen, Haidegrütze und Reis für die nöthige Abwechselung sorgen. Aills daS ist mit einer nicht allzugroßen Ration Talg angefetlet, nur Donnerstag und Sonntag machen eine Ausnahme insofern, als statt des Talges Fleisch oder Speck die Zuthaten sind. Bei „Fleisch" denke man indessen nicht an eine Stück dieses edlen Nahrungsmittels — in einer Faser begegnet man hin und wieder einem solchen Fragment, doch Hal die ganze Speise basür den angenehmeren^Fleischgeschmack. Nach dem „Diner" erfolgt wiederum die Reinigung des Speisegefäße» und um ein Uhr das Glockenzeichen zum Wiederbeginn der Arbeit, in der uns — wenn da- Wet- ter gut ist und Zeit es gestattet, doch in der Regel jeden Tag — ein neues Glockenzeichen unterbricht. Ein kräf tiges Läuten mit zwei kurzen nachfolgenden Schlägen sagt un», daß die Atheilung ch. sich zum Spazierengehen fertig zu machen hat. Kurz darauf öffnete sich die Zellenthür und nun geht es im Gänsemarsch mit 8 Sch itten Ab stand in den hinter dem Gefängniß liegenden und von über doppelt manneahohen Backsteinmauern eingeschlosse- nen Spazierhof. Durch Rasenflächen unterbrochen laufen da, ein Viereck bildend, zwei Wege. Der innere, kleinere, ist für die sich schlechter auf den Beinen Befindenden re- servirt. Da bewegen sich nun, wie ein lebendige» Ka- rvussel, schweigend und in ewiger Monotonie 35—40 Strafgefangene, unter denen nur 2—S in ihrer Zevil- kleidung erscheinen. Auf den Gesichtern liest man durch gängig Gleichgültigkeit, und selten, daß ein Gesicht darun ter wäre, an dem da» Auge mit Interesse haste. Anders ist da« Bild, wenn UntersuchungSgesangen« da» Terrain beleben. Da ist zunächst die Anzahl ein« «eit geringere, um zu verhüten, daß irgend welcher mündliche Verkehr gepflogen werden kann; da wird auch streng darauf ge achtet daß niemals die Komplizen in einer Sach« zugleich