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s « in at« eiw !od )«r em )er er ste l - n- te ru cn m et ae r- er k- an >e- f- ru Mittwoch, den 28. Oktober 1931 Nummer 252 83. Jahrgang Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weihbach behördlicherseits bestimmte Blatt hauptblatt und älteste Zeitung iu den Ortschaften des Pulsnitzer Amtsgerichtsbezirks: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Obersteina, Niederstem-, Weißbach, Ober- und Niederlichtcnau, Friedersdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Kleindittmannsdorf Geschäftsstelle: PulSnitz Albertstraße Nr. 2 Druck und Verlag von E. L. Förster» Erben (Inh. I. W. Mohr)Schriftleiter: I. W. Mohr in PulSnitz Dichter Nebel lag über England, als am Dienstagmorgen 8 Uhr sich die Wahllokale öffneten, um den Strom der um 108 In didaten auf, so gilt der als gewählt, der die meisten Stimmen auf sich vereinigt hat, selbst wenn es weniger als die Hälfte der abgegebenen Stimmen sind. Daraus ergeben sich natür lich oftmals ganz groteske Verhältnisse. So wurden bei den Dahlen im Jahre 1929 68 Abgeordnete mit Mehrheiten von weniger als 1000 Stimmen ins Parlament entsandt. Aus den Wahlen im November 1929 ging die Arbeiterpartei mit 287 Mandaten als die stärkste hervor. Die Konservativen hatten 260 und die Liberalen 60 Mandate. 8 Abgeordnete waren parteilos. Sieg der Aationalregierung zu erwarten. Schon vor Beginn der Wahl waren als gewählt zu betrachten insgesamt 68 Abgeordnete, da in den betreffen den Wahlkreisen nur je ein Kandidat aufgestellt worden war. Diese 68 Abgeordneten verteilen sich auf die einzel nen Parteien wie folgt: 49 Konservative, 7 Liberale Na tionalisten, 6 nationale Liberale und 6 Arbeiterparteiler, Zm Schaffen der pfundkrise. Der 27. Oktober war Wahltag in England. Ls war dies Das Wichtigste Der Handelsvertrag zwischen Deutschland und Chile, der auf Grund der Kündigung am 24. Oktober abgelaufen war, ist, wie der Börsen-Courier von maßgebender Stelle erfährt, vorläufig bis zum Ende des Jahres verlängert worden. Die spanische Nationalversammlung beschloß am Dienstas mit einer Mehrheit von 60 Stimmen die Einführung des Einkammersystems. Damit ist der bisher noch bestehende Senat aufgelöst. Entscheidungsschwere Wahl in England 1233 Kandidaten bewarben sich um 615 Abgeordnetensitze um 8 Uhr sich die Wahllokale öffneten, um den Strom der Wähler an die Urnen zu lassen. Die Parteien hatten tief in ihre Dahlfonds gegriffen und alle Mittel der Technik in den Dienst des Wahlkampfes gestellt. In London standen 175000 Autos bereit, um Kranke, Schwache un- Alte in di« Wahllokale zu bringen. Dann gatt es vor allen Dingen, die 6 Millionen Nichtwähler auf die Beine -u bringen. Den Leitern der Wahllokale standen 175 000 Hilfskräfte zur Verfügung, und an der Auszählung der Stim- wen nahmen 25 000 Menschen teil. Die Wahlkreise hatten einen Wettbewerb untereinander ange mation fiel der Wahltag. So ist es ! »aß die Wahlparolen ganz andere waren als bei früheren Wahlgängen. Ueber allem Tun und Denken in England steht stets das Gespenst der Währungskrise oder, wie vir es jetzt allgemein zu nennen gewohnt sind, der Pfund - !rise. Die englische Währung, soll heißen das englische Pfund, galt bisher in der Welt als das Unerschütterlichste. Der Welthandel rechnete mit englischen Pfunden, und alle Werte waren nach englischen Pfunden festgesetzt. Jetzt hat »iese starke Währung eine Erschütterung erlebt. So eine steine Inflation hat England in den letzten Wochen durch- zemacht. Also hat sich auch der Wahlkampf ganz im Zeichen »ieser Umkehrung althergebrachter Tatsachen abgespielt. Die illgemeine Parole hieß: Kampf um die Sicherheit )er Währung, und alle Wahlversammlungen und alle Wahlreden standen im Schatten der englischen Pfundkrise. Die gemeinsame Not hat es auch mit sich gebracht, daß »er Wahlkampf nicht so wilde Formen wie manchesmal an- mhm. Natürlich sind Wahlversammlungen niemals Bet stunden, aber im allgemeinen trafen sich doch Wähler und Wahlkandidaten in der gemeinsamen Meinung, daß es gelte, Ke englische Währung zu halten und den Weltruf Englands rurch die Währungserschütterung nicht leiden zu lassen . Dem Wahlkampf ging eine sehr tiefgreifende Aus einandersetzung der Parteien voraus. Die Arbeiterpartei hat eine Krise durchmachen müssen, die ich in dem Wahlergebnis ausdrücken wird. Der englische Ministerpräsident MacDonaldhat unter der Parole: „Die Nation Uber die Partei" sich von den Dogmen der Arbeiter- oart«i abgekehrt und ist der Führer einer sogenannten Na- ionalregierung geblieben, in der die Konservativen ein ge- vichtiges Wort zu reden haben. Seine Partei hat ihn dafür rusgeschifft und bezichtigt ihn des Verrats an den Arbeitern. Aber MacDonald hat auch den Wahlkampf mit derselben Pa- :ole geführt und hat in dieser Zeit der englischen Krise die Notwendigkeit gepredigt, die Partei hinter die Nation zurück zustellen. Auch dieLiberalen haben schwere Stürme hinter sich. Während der altbewährte Führer LloydGeorge auf dem Krankenbett lag, hat sich der Zerfall seiner Partei vollzogen. Er konnte nach seiner Gesundung das einmal Geschehene nicht wieder aus der Wett schaffen; denn inzwischen war der Aus- lösungsbeschluß seiner Partei verkündet worden, der das Ein schwenken eines sehr starken Flügels der Liberalen zu den Konservativen bedeutete. Dieser sogenannte Simon- Flügel erklärte, daß heute der Kampf gegen den Sozialis mus die Hauptsache sei. Lloyd George sammelte den Rest seiner Getreuen um sich und war mit ihnen allein in diesen Wahlkampf gegangen, wobei er die Parole ausgegeben hat, daß dort, wo es keinen liberalen Freihändler gibt, er unbe denklich seine Stimme dem Kandidaten geben würde, der den Freihandel auf seine Fahnen geschrieben hat. Das bedeutete also gewissermaßen ein Einschwenken in die Reihen der Ar beiterpartei. Mit seiner Parole Freihandel ist Lloyd George sei nem politischen Programm treu geblieben. Aber seine Wahl- parole zündete nicht mehr so wie in früheren Wahlschlachten. Denn im Zusammenhang mit der englischen Währungskrise hatte die Devise: „Erhaltung aus eigener Kraft"" sehr schnell und leicht an Boden gewonnen. Währungsfrage und Magenfrage liegen ziemlich dicht beieinander. Und diese Magenfrage hat Schlagworte geschaffen, wie „Kaufe heimische Erzeugnisse" und „Englisches Produkt". Wahlplakate, die den Wählern vor Augen führen sollten, daß England doch eigentlich ganz unnütz Geld ins Ausland gebe, um fremde Er zeugnisse ins Land zu holen, hatten ihren Eindruck nicht ver- fehlt. Auch in den Wahlversammlungen, namentlich der nal so ganz anders als sonst. Die Zett hatte dem englischen Wahlkampf ihren Stempel aufgedrückt. England, bisher los gelöst von den allgemeinen Wirtschaftssorgen der Welt, ist -lun auch in den Strudel der Ereignisse hineingezogen mor sen, und mitten in diese für das Infelreich unbekannte Si» denn auch zu verstehen, varen als bei früheren das sind 62 Anhänger der Nationalregierung und 6 Oppo sitionelle. Bei den Wahlen traten nicht weniger als zehn Parteien auf, nämlich die Offizielle Arbeiterpartei, die Un abhängige Arbeiterpartei, die Kommunisten, die Nationale Arbeiterpartei (MacDonald), die Konservative Partei, die Rationalen Liberalen (Samuel), die Liberalen Nationa listen (Simon), die Unabhängigen Liberalen (Lloyd George), die Unabhängigen Kandidaten und die Neue Partei (Mosley). Die ersten Wahlergebnisse lassen einen Sieg der Ra- tionalregierung erwarten. Bisher von der Arbeiterpartei vertretene Wahlkreise fielen zum Teil den Konservativen zu, in vielen Wahlkreisen müssen zahlreiche Arbeiterstim men für die Kandidaten der Nationalregierung abgegeben worden sein. Das endgültige Wahlergebnis steht noch aus. Weitere Erfolge der Nationalregierung London. Die weitere Bekanntgabe der Wahlergebnisse zeigt, daß die nationale Regierung ihren Siegeszug sortsetzt, Unter den Parteien, die sie unterstützen, weist die konservative die meisten Gewinne auf. Sie haben bisher den Arbeitern zehn und den Unabhängigen einen Sitz abgejagt, während die Simon-Liberalen zwei neue Sitze gewannen. Der Arbeiter partei ist es bisher nicht gelungen, von ihren Gegnern einen Sih zu gewinnen. Um 2 Uhr nachts waren folgende Kandi daten gewählt: Konservative 126; Rationale Arbeiterpartei (MacDonald) —; Liberale Rationalisten (Sir John Simon) 12; Rationale Liberale (Sir Herbert Samuel) 10; Unab hängige Rationale 1; Arbeiterpartei 12; Unabhängige Li berale (Lloyd George) 2. Die Wahlergebnisse zeigen die interessante Tatsache, daß in den Wahlkreisen, wo Konser vative, Simon-Liberale und Arbeiterparteiler ausgestellt waren, wie z. B. in Hastings, die Liberalen ganz austerordentlich an Stimmenzahl verloren haben. Vergnügte Wahlnacht tn London. Wahlergebnisse als Varictsprogramm. Ungeachtet der schlechten Zeiten haben es sich die Lon doner nicht nehmen lassen, alter Gewohnheit gemäß die Wahlnacht möglichst vergnügt zu verbringen. Aus der Provinz sind viele Tausende nach der Hauptstadt geströmt. Während des Tanzes und während des Essens werden die Wahlergebnisse bekanntgegeben, die je nach der Par teieinstellung mit lauter Freude oder mit Hohn ausgenom men werden. Eine Zeitung des Lord Rothcrmere hat das Publikum in die Alberthalle eingeladen. Annähernd 8000 Menschen sind dort versammelt und erfreuen sich an Dar bietungen aller Art, die jeweilig der Bekanntgabe der Wahlergebnisse folgen. Gewerkschaftliche Vertretung in den Organen der Spar- und Giro-Kaffen gefordert. Die Notverordnung vom 6. Oktober 1931 enthält u. m die Bestimmung, daß den Organen der Spar- und Giro- Kassen künftig noch andere Personen angehören sollen als die, denen die gesetzliche Vertretung obliegt. Wie der Gewerkschaftliche Pressedienst mitteilt, hat der freiheitlich-nationale Gewerkschaftsring an das Preußische Handelsministerium und an die für die Berufung in Be tracht kommenden obersten Landesbehörden eine Eingabe gerichtet, in der der Erwartung Ausdruck gegeben wird, daß die großen Organisationen der Arbeiter und Angestellten bei der Auswahl der von der Notverordnung vorgeschriebe nen Vertretung angemessen berücksichtigt werden. Der Ge werkschaftsring nimmt an, daß dabei die einzelnen Gewerk- schastsrichtungen in üblicher Weise gleichmäßig beachtet und behandelt werden. Grandi nach Rom abgereist. Der italienische Außenminister Grandi hielt sich am Dienstag noch privat und inoffiziell in Berlin auf. Er hat vormittags das Alte Museum und den Pergamonaltar be sichtigt. Es schloß sich daran eine Besichtigung des Kaiser- Friedrich-Museums an. Auf Einladung der Stadt Berlin hat Grandi dann eine Rundfahrt durch einen erheblichen Teil der Stadt, insbesondere auch durch den ärmlichen Norden und Osten, unternommen. Am Abend kehrte Grandi mit dem fahrplanmäßigen Zug nach München wieder direkt nach Rom zurück, nachdem er am Nachmittag die großen Ufa-Ateliers in Neubabelsberg besucht hatte. stellt, bei dem der Wahlkreis als Sieger hervorgehen sollte, »er am schnellsten seine Stimmen zusammengezählt hatte. Dennoch wird es ein paar Tage dauern, ehe das endgültige Wahlergebnis bekannt wird, denn gerade auf dem Lande geht es nicht so schnell. Dort hält man auch im Zeitalter der Technik an alten Bestimmungen und Gepflogenheiten fest, die die Zählung der Stimmen verzögern. Immerhin wird sich sehr schnell wenigstens ein Ueberblick über das Wahlergebnis gewinnen lassen. Die Wahlbeteiligung in den ersten Morgenstunden war nicht allzu groß. Die Wähler waren in der Hauptsache Ar beiter, Angestellte und Geschäftsleute. Die großen Waren häuser machten der Wahl wegen eine Stunde später als ge wöhnlich auf. Die Verkehrsmittel, Untergrundbahn und Autobusse, hatten ihre Fahrpläne um eine Stunde, bis ein Uhr nachts, verlängert. Einzelergebniss« der Wahlen wurden durch Rundfunk von elf Uhr abends an ver kündet. Die Polizei hatte weitgehende Vorsichtsmaßnahmen getroffen. In London wurden, namentlich im Hafenviertel und im Osten der Stadt, die Polizeikräfte erheblich verstärkt. Auf Sammelplätzen standen Reservemannschaften zu Fuß und ju Pferde bereit. In Anbetracht der Währungskrise, die England hinter sich hat oder noch durchmacht, verspricht sich der englische Staatsbürger von dem Wahlergebnis sehr viel. Infolgedessen lag über dem Lande am Wahltag eine ungeheure Spannung. Die Wahl bedeutete den Höhepunkt des Kampfes der nationalen Regierung unter der Führung Mac Donalds. Das Ergebnis wird entscheidend für die Regierung und ihre Politik sein. 29 Millionen Wahlberechtigte. Don den etwa 29 Millionen Wahlberechtigten in England hatten bei der letzten Wahl im Jahre 1929 22 657 164 ihre Stimme abgegeben. Es besteht also in England genau so wie bei uns ein Millionenheer von Richtwäh lern. Zu vergeben waren 615 Abgeordnetensitze unter Einrechnung der Universitäten, die eigene Abgeordnete ins Parlament entsenden. Die Wahlkreise sind verschieden groß. Der größte natürlich die Stadt London, die allein 62 Abgeordnete ins Unterhaus entsendet. Die englischen Städte hatten 193, die Grafschaften 237 Abgeordnete zu wählen, auf die Universitäten entfallen 12 Sitze, den Rest stellen die Schot ten, die Nordirländer und die Waliser. Die relative Mehrheit entscheidet. Insgesamt 1233 Kandidaten bewarben sich Abgeordnetenmondate. Die Arbeiterpartei stellte allein Mitglieder. 62 Frauen gehörten zu den Kandidaten, jedem Wahlkreis, ganz gleich, wie groß er ist, entscheidet di« relative Mehrheit. Treten mehr als zwei Kan Pulsnitzer Fayeblatt Fernsprecher 18. 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