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Der englische Finanz min ist er hat in Ler heutige» Bormittagssitzung in groben Zügen die Gründe Largclegt. aus dcnen heraus EnglandsichallenMab- «ahme« widersetzcn »nutz, düc dazu geeignet find, das deutsche Wirtschaftsleben zu zer rütten. Insbesondere sprachen sich die euglisckw» Sach verständigen wie auch der englische Premierminister dagegen aus. neue Zölle aus die Aussuhrprodukte des Ruhr geb i e t s zu lege«. Um 8 Uhr «achuiiltcms war es i« London «och nicht be stimmt. welch« neue« Zusammenkünfte zwischen den Alli ierte« stattflnde» werde«. Es heißt. daß die Voll versammlung der Louboner Konferenz am Dienstag «achmittag oder Mittwoch früh nochmals tagen wird. I« Kreisen der französischen Delegation in London hört mg«, daß Poincarü gegen Ende der Woche in Frank reich zurückerwartet werde, um dort nnausschiebbaren iStaatsgeschästc« beizuwohncn. Die Nachricht, datz für Douuerstag abend das Ende der Konferenz zu erwarten sei, ist daher sehr glaubwürdig. Ans die Sach verständigen wirb «in gewisser Druck auögcübt, damit sie ihre Arbeiten so schnell wie möglich beenden und ihre Mei nungen darüber Lustern, ob die von Poincarö vorgeschlage- uem Mastnahmem tatsächlich mehr einbringcn, als sie kosten würde«. Mau erinnert hierbei selbst in französischen Kreise« daran, das, die im Rheinland und im Nnhrgebiet seinerzeit errichteten Zollschranken sehr kostspielig gewesen st«d. Der von Poincars bei Durchführung seiner Maß nahme« errechnete Reingewinn von 8,4 Millionen Goldmark «ihd »och sehr in Zweifel gezogen, zumal auch noch das Er gebnis der Untersuchung der englischen Sachverständigen anbsteht. Die Derakungen -er Sachverständigen. Parks, 8. August. Der Sonderberichterstatter der Agence Havas meldet über den weiteren Verlauf der Beratungen der gestern eingesetzten S a ch v c r st ä n d i g e n k o m m i s s t o n. Die britischen S ach v c r st ä u d i g c n erklärten, datz die Alliierten schon auf Grund der früher getroffenen Abmachun gen über präzise und produktive Pfänder verfügen, wie zum Beispiel die 26 prozentige Abgabe von der deutschen Ausfuhr und die Inanspruchnahme der Summe für Ncpara- tionszwccke. Ucbrigens hätte der im Mai vorigen Jahres eingesetzte Garantie - Ansschub die Machtbefugnis, ähnliche Maßnahmen zu ergreifen, wenn er es für notwendig erachte. Finanzminister Delastenrie habe erwidert, das, Deutsch land sich nicht mehr seinen Verpflichtungen in bezug auf die Abgabe vom Export entledige, wie es das mit dem Rest seiner Schuld tue. Wenn anderseits Deutschland für dte schwebenden Schulden ein Moratorium bewilligt werde, könnten die ergriffenen Maßnahmen nicht mehr angcwendet werben. Die ins Auge ge faschen Pfänder seien tochnische, fiskalische und produktive Pfänder. Sic hätten keinen militärischen Charakter, wie etwa die Besetzung neuer deutscher Gebiete. Heute nachmittag werden die Sachverständigen eine neue Sitzung von kurzer Dauer abhalten. Die Minister präsidenten werden sehr wahrscheinlich gegen Ende des Tages zusammenkommen. lW. T. B.) Lloyd George als Gast bei Poincars. London, 8. Aug. Heute mittag nahm Llvvd George mit Posncarö zusammen das Frühstück in der französischen Botschaft ein. lW. T. V.) „Nelorsionen." Geringes Verbaue» in Berlin. (Eigner Drahtvertcht der „DreSdn. Nachricht- n'.i Berlin, 8. Aug. Die Aussichten derLondoner Verhandln «gen werde« in den der Regierung nahe stehenden Kreisen sehr zurückhaltend beurteilt, besonders well man in Regierungskreisen ausschliestlsch ans die Nach richten der Presse angewiesen ist. Die Meldung» dast die Reichsregternng eine besondere Abordnung nach London entsandt hat oder zu entsende» beabsichtigt, wird an amtlicher Stelle als unzntresfend erklärt. An deut sche« amtliche« Stelle» begründet man diese Haltung damit, datz bei frühere« Gelegenheiten ans englischer Seite fast jedesmal bei de« für Deutschland lebenswichtigen wirtschaft liche« Frage« die politischen Rücksichten über die Bernunst gesiegt hätten. Man glaubt bereits, datz in de» Aeusterungen verschiedener englischer Zeitungen eia neuer Umfall der englischen Regierung vor bereitet werde. Auf diese Tatsache und Parallelen hi» gründe sich der Pessimismus der Neichsregiernng. Mahmvorle Lloyd Georges und Schanzers an Frankreich. Paris, 8. Aug. Auf dte Rede Poincarss, welche die gestrige Bormittagssitzung des Obersten Rates in London aus- fülltc, antwortete nachmittags Lloyd George, der, nach dem „Petit Parisien", schon am Bormittag ziemlich lebhafte Be merkungen gemacht haben soll. Wie schon mttgetetlt, er innerte Lloyd George daran, daß Grostüritannie« ebenso wie Frankreich gelitten habe. Die Bankers Trust Company in Neuyork habe soeben eine Aufstellung veröffentlicht, nach der Frankreich während des Krieges 87l-L Milliarden Dollar, Italien 14!» und das Britische Reich 40^ Milliarden Dollar aus- gegeben haben. Wenn Frankreich 80 Milliarden Franken für Deutschlands Rechnung ausgcgeben habe, so habe Groß britannien, abgesehen von Steuern, die eS sich während des Krieges auferlegt habe, 50 Milliarden auSgegebeN. England habe L iivv MO Arbeitslose gehabt und habe jetzt noch 1400 000. Die Bevölkerung der verwüsteten Gebiete mache vielleicht nur im ganzen 2 000 000 Mensche« ans, während die Arbeits losen Englands mit ihren Familie» ungesähr ans S 000 000 geschätzt werden mützte«. Poincars bestehe fest atzf dem Vcriailler Vertrage. Wem verdanke man es aber, wenn Deutschland jetzt tn einem Umsange entwaffnet sei, daß es außerstande sei, Krieg zu führen. Er wisse doch aus Er fahrung, wieviel Zeit es beanspruche, sich dafür zu rüsten. Deutschland habe kaum genug Soldaten, um die Ordnung im Innern des Landes aufrechtzuerhaltcn. Was die Reparationen anlange, so habe es trotz seiner drei Revolutionen und trotz drr Schwäche seiner Regierung schon zehn Milliar den Gold mark gezahlt. Dte deutsche Negierung habe offenbar die verschiedenen Teile des Reiches nur unvoll kommen in der Gewalt. Bayern z. B. habe in der Ent- wassnungSfrage Schwierigkeiten gemacht. Man wisse, daß Bayern auch tn anderen Angelegenheiten eine selbständige Haltung cinnehme. Trotzdem habe der Garantieausschutz im Großen und Ganzen einen günstigen Bericht über Deutschlands Bemühungen erstattet. Es sei wahr, baß Deutschland über seine schwierige Lage Klagen erhebe. Aber es handle sich bei Deutschland nicht um blostes Gejammer. Wenn ein Mann erkläre, er sei krank, so sei das vielleicht nicht wahr. Aber wenn man ihm das Thermometer in den Mund stecke und dieses steige auf 104, so würden seine Ver sicherungen gewiß Beachtung finden müssen. Deutschlands Wechselkurs habe 4000 Mk. für ein Pfund Sterling erreicht. Dies müsse von den alliierten Staatsmännern in Rechnung gezogen werden. Er sei nicht der Ansicht, daß man Deutsch land von irgendeiner Zahlung, dte es zu leisten imstande set, entbinden könne. An der deutschen Zahlung seien alle interessiert. Es handle sich aber nur um die geeignetste Methode. Unter diesem Gesichtspunkte solle mich jede Sanktion geprüft werde». Er könne sich nicht erinnern, daß es die Alliierten jemals abgelehnt hätten, Sgnktionen gegen Deutschland anzuwen den, wenn Frankreich sie vvrgeschlagen habe, außer wenn Frankreich mit den anderen Alliierten darüber einig war, daß sie nutzlos seien. Nach Lloyd George sprach Schanzer über die zerstör - ten Gebiete Italiens und wies auf die großen Ver luste des Landes hin. Italien habe sehr Hohe Steuern, die das sechs- bis neunfache der Steuern vor dem Kriege aus- machten. Ebenso habe cs sehr große Schulden. Italien sei stolz, der Welt ans dem Gebiete der Abrüstung ein Bei spiel gegeben zu haben. Denn cs habe sein Heer vom Kriegszustände in Höhe von 5 000 000 auf 176 000 Mann herabgesetzt. Seiner Ansicht nach müßten die Alliierten bet jedem Zugeständnis, das nötig sei, den gleichen Anteil haben. Theunis gab eine Uebersicht über die Finanzlage Belgiens. In der Krage der Wiederherstellung sei zuzu geben, daß normalerweise Deutschland zablen könne. Die dentsche Negiernng habe aber nie wirksame Maßnahme» zum Ausgleich des Haushalts ergriffe«. Die deutsche Negierung sei schwach und habe nnr Drohungen nachgegeben. Das habe sich bei der Frage der Kohlenlieferungen gezeigt. Wenn alle versöhnlichen Mittel erschöpft seien, würde es nötig sein, auf Deutschland einen moralische» Druck auszuübcn, um Zahlung zu erlangen. Die Ge- währnng eines Moratoriums würde besonbers für Belgien nachteilig sein, weil die Zahlungen, die in diesem Jahre durch Deutschland geleistet werden sollten, auf Grund des belgischen Vorrechtes Belgien zugute kommen sollten. Der japanische Botschafter Hayashi sagte: Das einzige Ziel sollte sein, so viel Geld von Deutschland zu erhalten, wie eS seine Zahlungsfähigkeit gestatt«. Hierauf wurde beschlossen, einen Ausschuß zu er nennen, der heute unter dem Vorsitz Hornes zusammen treten soll. Diesem sollen, wie verlautet, sämtliche Finanz minister und eine Anzahl Sachverständige angchören. (vkb.) I Dollar 760 I Retorsionen! Ein seltsames Wort, dessen sich der fran zösische Ministerpräsident für seine neuesten Vergcwalti- gungsmaßnahmen zu bedienen beliebt. Reparationen, Garantien, Sanktionen, Retorsionen! Das deutsche Volk hat dieses ausländische Gewäsch, diese Blüten französischer Spitz findigkeit in reicher Mannigfaltigkeit über sich ergehen lassen müssen in den letzten Jahren. Den wirklichen Sinn der ein zelnen Bezeichnungen hat es gewöhnlich erst durch die harte Wirklichkeit begreifen gelernt. Im Grunde genommen sind ja auch die begrifflichen Schattierungen, die in diesen romano-gallischen Fremdwörtern zum Ausdruck kommen, für uns unwesentlich. Hinter allen verbirgt sich rechtlose Ge walt, das steht fest, und das ist für ihre Bewertung auf deutscher Seite die Hauptsache. Für Poincars aber, dessen schnöbe Handlungsweise vom scharfäugigen Areopag der Welt immer kritischer betrachtet wird, je mehr sie sich in egoistische Ausschreitungen verirrt, ist es natürlich von Be deutung, seine Maßnahmen mit einem Namen zu belegen, der von vornherein so etwas wie eine scheinbar moralische Begründung an Hand gibt. Und wenn er darum diesmal von „rstorsiorw" spricht, so möchte er den Kenner der fran zösischen Sprache daran erinnern, datz dieses nicht alltägliche Wort di« Bekämpfung des Gegners mit dessen eigenen Mitteln bedeutet. Von zwei einander vertraglich ver bundenen Parteien hat eine widerrechtlich gegen die gemein samen Abmachungen verstoßen, die andere salviert sich, in dem sie den Gegner berechtigtermaßen mit gleicher Münze heimzahlt. Das ist der Gedanke, die vermeintliche Rechts lage, dte Poincars schon durch die Benennung seiner Ge walttaten zum Ausdruck bringen möchte. Es könnte nur ein sehr oberflächlicher und politisch kenntnisloser Ausländer sein, der auf diesen bauernfängerischen Schachzug hereinfiele. Der wahre Sachverhalt kann der Welt nicht verborgen ge blieben sein und wird ihr im Verlauf der Londoner Tagung, die sich zweifellos auch mit dieser Materie befassen dürste, noch deutlicher werden. Poincars hat nicht einen absichtlich säumigen Vertragspartner nach erfolgtem Rechtsbruch nut Vergeltungsmaßregeln betroffen, sondern einen gutwilligen, der in seiner Gewissenhaftigkeit und unvergleichlichen Zu vorkommenheit den andern frühzeitig von der voraussicht lichen Unmöglichkeit, gewisse Punkte des gemeinsamen Ab kommens in vollem Umfange durchzuführen, in Kenntnis gesetzt hat. Das beleuchtet die Schcinhetligkeit des Aus druckes „Retorsionen" mit grellem Lichte. Kann man etwas vergelten, was überhaupt noch nicht geschehen ist, kann man eine Versäumnis ahnden, deren Eintritt noch nicht Tatsache wurde? Alles menschliche Empfinden sträubt sich gegen solche zwingherrliche Auffassung eines Vertragsvcrhültnisses. Für Poincars macht das nichts a»S. Cr greift dem Gang der Geschichte vor und konstituiert die seit langem so heiß ersehnte absichtliche und böswillige Verfehlung Deutschlands, die es ihm ermöglichen soll, mit einem Schimmer des Rechts gewaltsam vorzugchen, sozusagen aus blauem Dunst. Vergegenwärtigen wir nnS noch einmal kurz den Gang der Tatsachen. Unter dem Druck der monatlichen Millionen- zahlungcn des Scheinmoratorinms vom letzten Februar brach die Zahlungsfähigkeit Deutschlands endgültig zu sammen. Die Neichsregiernng unterrichtete davon pflicht gemäß und rechtzeitig die Reparatioiiskommtssiou und die alliierten Gläubiger, die natürlich aus eigener Erkenntnis am Stand der deutschen Währung ermessen mutzte», daß cs mit Deutschlands Leistungskraft rapid bergab ging, ohne daß sic selbsttätig entsprechende Abhilssinaßnahmcn getroffen hätten. Nur England und Belgien gaben in umschriebener Form zu erkennen, daß sic eventuell geneigt'wären, über ein neues Moratorium und eine andere Regelung der monat lichen Ausgleichszahlungen in Beratungen einzntreten. Frankreich drohte zunächst, und als ihm zum Aergcr mit der erneuten Bitte um Prüfung der Moraioriumssrage die englische und die belgische Antwort tn Abschrift zngtngen, da kündigte Poincars kurzerhand mit dem Hinweis auf den angeblich „dilatorischen" Charakter des deutschen Bittschrei- bcns die Inkraftsetzung seiner „Retorsionen" an. Jene vier aus der Pariser Note vom 5. August bekannten Verhaltungs maßregeln für die Ausglcichsämter von Paris nnd Straß burg, denen in Zukunft dte Anerkennung und Gutschrift von Forderungen deutscher Privntgläubiger, ja jede Nbtifika- tion deö Reinerlöses aus Liquidationen deutscher Güter an die deutsche Regierung verboten ist, sollen Frankreichs An sprüche für die nächste Zeit sicherstellen. Die Maßnahmen traten unverzüglich nach ihrer Bekanntgabe an Deutschland in Kraft. Selbstverständlich hätte es einen anderen Weg zur vorläufigen Lösung der Ausglcichskrisc für Poincars ge geben, den Weg, den der Versailler Vertrag und das deutsch- französische Abkommen vom September 1021 klar vvr- schreiben. Frankreich hätte im Falle einer deutschen Nicht erfüllung das Abkommen kündigen können, dann wären an seine Stelle automatisch die Bestimmungen von Versailles getreten, die bei einer deutschen Versäumnis den alliierten Mächten das Pfandrecht ans die Erträgnisse der Liquidation