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Der SWsche LrMer keler- MUtwoch, den 6. November 1S35 90. Jahrgang Anzeigen«»«!»: Die 46 will breite einspaltige Millimeterzeile 8 Rpf.' Im Textteii die 80 mm breite Millimeterzeile SS Rpf. Nachlaß nach den gesetzlich vorgeschriebenen Sätzen. Für da» Erscheinen von Anzeigen in bestimmten Nummern und an bestimmten Plätzen keine Gewähr. — Erfüllungsort Bischofswerda. Aleukirch und Almgegend Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadt und Land. Dicht veroreitet in allen Volksschichten. Beilagen: Illustriertes Sonntagsblatt, Heimatkundliche Beilage Frqu und Heim ' Landwirtschaftliche Beilage. — Druck und Verlag voll Friedrich May, G. m. b. H. in Bischosswerda. — Postscheckkonto Am: Dresden Nr. 1521. Gemeindeverbandsgirokasse Bischofswerda Konto Nr. 6<s- Tageblatt firMWOwerda Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und dm angrenzenden Gebieten Ser Sächsische Erzähler ist da» zur Veröffentlichung der amtlichen Bekannt- maltzmgen der Amtshauptmannschast, de» Hauptzollanus und de» Be- ttrt»lchplaml» zu Bautzen sowie de» Finanzamt» und de» Stadtrat» zu Bischofswerda und der Gemeindebehörden behördlicherseits bestimmte Blatt Fernsprecher Am» LIschoftwerda Nr. 444 und 44». Fall« von Betriebsstörungen oder Unterbrechung der »rderung«Inrichtungen durch höhere Gewalt hat der Be te keinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung de» Bezugspreise». nummer 1» Pfg.) Lagesschan. « Zm Ministerialblatt für die preußische inner« Verwaltung wird ela Organisaltormerlaß de» Lelchslanenwillister, über die vereinheltNchung der Lemelndqrollzel veröffenlllchl. * Der erste Bericht der deutschen A«az<ma,.Lrpedll>on «eil« mit, daß die deutsche« Aorfchoagneisenden eine Reihe vo« Erknn- dung»flüg«« übe, de« Urwälder« der nördNchen Zuflüsse erfolg reich durchgeführt haben. * Meldungen au» London berichten, daß am Dienstagabend eine dringlich« Sitzung de» englische« Kabinett» abgehalte« worden sei, «m di« Möglichkeit von Schritten zur Erleichterung der «ug- lisch-llalienlsche» Spannung zu erörtern. * 2« Low hak am Dimwlaguachmitlag «ine Unterredung Mussolini» mit dem engvschen Botschafter stattgefundea. Reuter b-richtet, die Besprechung habe »ein endgültig« Ergeb»«, gezeitigt. Pie Stimmung sei am Dien»lagabend etwa» hoffnuogmwller g«- ivesen. Lutgegen den Serüchleu von augebllchen Rücktritkxibflchken Laval, teilt „Echo de pari»- mit. Laval werde vo« Zlnanzan»- schuß der Kammer verlaugea. die Abstimmung gegen die Notver ordnung«« wieder rückgängig zu machen. Ayiführliche» an anderer Stell«. « .— '—-- ßsttUksNSN dn skiiMl-kll SamiWs. Setzt sich ZlaKea an der atablschen SMe fest? — Das SrSfteverhSltpjs in Libyen »nd Aegypten. Die 48stündige Vormarschpause, die auf dem abessini schen Kriegsschauplatz verfügt worden ist, wird mit den plötzlichen Regenfällen begründet, die an der Nordfront ein getreten sind. Es liegt kein Grund vor, zu bezweifeln, daß sie wirklich die Ursache der Stockung sind. Aber im italieni schen Hauptquartier fangt man an, sich auch noch andere Gorgen ms die um die unerwarteten Zufälligkeiten des Wetters zu machen. Genf »hat di« Sanktionen am Sonn abend endgültig beschlossen. Am 18. November werden sie in Kraft treten. Die Entschlossenheit Italiens, ihnen durch eine diszipliniert« Opferbereitschaft entgegenzutreten, wird manche unmittelbare Wirkung«» der über das Land und über die außerhalb des Heimatbodens fechtenden Truppen verhängten Sperre abmildern. Aber man muß sich klar darüber sein, daß der Nachschübbedarf eines Heeres von et wa 230 000 Mann ganz gewaltig ist. Allein der Hasen Massaua hat täglich 8000 Tonnen zu bewältigen, die nicht nur ausgeladen, sondern auch der Trum» nachgeführt wer- den müssen. Das stellt nicht nur mengenmäßig eine gewal- tige Leistung der Nachschuborganisation Lar, dieser große Bedarf des Heeres muß über See auf eine Entfernung von etwa 4000 Kilometer nach Massaua und von über 6000 Kilometer nach dem Ausladehafen der Südfront, Megadi- cho, befördert werden. Eine Unterbindung dieses Nach- chubs oder auch nur eine Wirkung der Sanktionen, die eine Stockung verursachen würde, konnte für die kämpfende Truppe verhängnisvoll werden. Die Bölkevbundsbeschlüss« sehen zunächst nur wirtschaft liche Absperrung-maßnahmen vor. Aber Baldwin hat in einer seiner Reden, ungeachtet aller Freunhschastsbeteuerun- gen für Italien, doch bereits durchblicken lasten, daß eine Blockade u. U. die logische Folge der jetzt verhängten San^ tionen werden könne. Selbstverständlich keine englische Blockade, sondern nur eine solche im Rahmen der Exekutiv gewalt des Völkerbundes. Aber England führt heute un bestritten diesen Bund, und seine Geschichte lehrt, daß es zur Durchsetzung seiner Politik nötigenfalls immer und mit ab soluter Entschlossenheit das Mittel angewandt hat, einem ihr entgegenstrebenden Staate di« Verkehrsadern abzu schneiden. Daß dieser Versuch schließlich gemacht wird, ist die Befürchtung des italienischen Generalstabe», Man muß sich fragen, was eine Blockade der italieni- schrn Häfen und eine Unterbrechung der Seeoerbindungen mit dem ostasrikanischen Kriegsschauplatz für Folgen haben könnt«. In den Gebieten, in denen di« Italiener heute stehen, haben sie keine Möglichkeit, aus dem Land« selbst zu leben, die würde erst gegeben sein, wenn sie da» große Hoch plateau östlich des Tana-Sees und herunter bi» nach Addi» Abeba erreicht haben. Das sind die fruchtbarsten Gebiet« Abessiniens, in denen zum Teil drei Ernten im Jahr« er zielt werden, und ein Okkupationsheer könnt« sich hier, was °i» Ernährung anbetrisft — also abgesehen vom Munitions und Materialnachschub — wohl hatten. Immerhin wär« seine Lage außerordentlich gefährlich, wenn er sich nach kei ner Richtung hin Luft zu schaffen vermag. IN England rechnet man damit, daß die britische Flotte die Seewege unbedingt zu beherrschen vermag. Italien sträubt sich vorläufig dagegen, das unter allen Umständen anzuerkenn«n. Niemand weiß, was auf dem Dodekanes vorgeht. Cs ist nur sicher, daß dorthin, in jene Inselgruppe, die für einen Vorstoß der italienischen Flotte in den Suez kanal geographisch und strategisch so außerordentlich gün stig llegt, allerhand geheimnisvolle Transporte von Pionier bataillonen und Material gegangen sind, und man darf dar aus schließen, daß die Italiener die wichtigsten Stützpunkte im Dodekanes stark befestigen. Außerdem hört man jetzt, daß in Nemen und in Hed- ,schas Befürchtungen wegen einer Besetzung der Roten Meer-Häfen dieser Länder durch italienische Streitkräfte be stehen. Rom hat sich schon vor Beginn der abessinischen Unternehmung um ein Bündnis mit dem Imam von Pemen beworben. Oyne Erfolg. Es gelang dafür dem Negus, enge freundschaftliche Beziehungen zum Imam anzuknüx- fen. Wenn Italien auf diesen Küstenstrich des Roten Mee res noch irgendwelche Hoffnungen setzt, dann könnte es sie allerdings heute wohl nur noch durch einen Gewaltstreich verwirklichen. Daß die englische Seeherrschaft im Roten Meer durch eine Festsetzung der Italiener an der arabi schen Küste gefährdet wäre, steht außer Zweifel. Auf der Landseite Abessiniens würde im Falle einer Blockade Nur eine einzige Ausgangsmöglichkeit gegeben sein: die durch den Sudan und Aegypten nach Libyen. Dis Italiener haben bisher die an den Sudan grenzenden Strii che Abessiniens sorgfältig gemieden, um keinen Konfliktsfall mit England zu schaffen. Aber die Bereitstellung einer gro ßen Truppenmacht in Libyen zeigt, daß man sich auch aus diese Möglichkeit rüstet. Ob England eine von hier aus gehende Entlastungsoffensive wirklich hindern könnte, ist zweifelhaft. Die englischen Truppen in Aegypten machen nicht mehr als 10 000 Mann aus und sind den Italienern weit unterlegen. Das ägyptische Heer, das die Engländer jetzt in die Hand zu bekommen versuchen, ist von ihnen bis her stark vernachlässigt worden und kommt als ebenbürtiger Gegner der Italiener nicht in Frage. Außerdem stehen, abgesehen von der Küste, auf ägyptischer Seite Straßen zur libyschen Grenze nicht zur Verfügung, während die Italie ner schon vor Jahren mehrere betonierte Straßensträngr an die ägyptische Grenze oorgetrieben haben. England wird im Augenblick auch kaum in der Lage sein, die in Aegypten stationierten Streitkräfte noch wesentlich zu verstärken. Dis Heimatarmee hat bereits abgegeben, was sie entbehren kann, und die indischen Truppen sind angesichts der an der Nordwestgrenze noch immer nicht völlig beruhigten Lags kaum imstande, eine Schwächung zugunsten Aegyptens zu vertragen. Es wäre ein um der Folgen sicherlich äußerst verhäng nisvoller Entschluß, wenn die Italiener darangehen würden, di« Verbindung Libyen-Abessinien herzustellen. Militärisch sind di« Aussichten dafür aber keineswegs schlecht. 8. , .. - Dringliche Ka-inetisfihung in London. London, 6. November. (Eig. Funkmeldg.) „Daily Mail" und „Daily Expreß" veröffentlichen sensationell aufgemachte Meldungen, wonach am Dienstagabend plötzlich ein« dring liche Sitzung de» Kabinett« abgehalten worden sei. Zn die ser Sitzung sei die Möglichkeit von Schritten zur Erleich terung der enAlisch-itallenlschen Span- nung erörtert worden. Veranlassung für die Zusammen kunft der Minister habe ein Bericht de» britischen Botschafters in Rom gegeben. Die großen konservativen Blätter melden über eine sol che Minlsterbesprechung nicht». * Die dringliche Londoner Kabinettssitzung erhält ihre Be leuchtung durch folgende Meldung aus Rom: DNB. Rom, 5. November. Zwischen Mussolini und dem englischen Botschafter in Rom Sir Eric Drummond fand Dienstag nachmittag eine Unterredung statt. Darüber wird folgende amtliche Mtteilung ausgegeben: „Der italienische Regierungschef empfing heute während einer Stunde den englischen Botschafter. Gegenstand dieser Unterhaltung war, wie während der letzten Unterredung am 29. Oktober, die englisch-italienische Lage im Mittelmeer." O DNB. London, 6. November. (Eig. Funkmeldg.) Reu ter berichtet über die Unterredung, die der britische Botschaf ter in Rom am Dienstagnachmittag mit Mussolini hatte, und die sich nach der kurzen amtlichen Verlautbarung auf die Lage im Mittelmeer bezog, daß diese einstündig« Bespre chung eine Fortsetzung der vorausgegangenen Verhandlun gen darstellte und kein endgültiges Ergebnis gezeitigt habe. Die Stimmung sei am Dienstagabend etwas hoff nungsvoller gewesen. Mussolini habe Sir Eric Drum mond an di« Zurückziehung einer italienischen Division aus Libyen erinnert und die Hoffnung ausgedrückt, daß diese Gest« in England gewürdigt worden sei. Der Botschafter habe bestätigt, daß seine Regierung diese Maßnahme wür dige, «r habe aber darauf hingewiesen, daß es noch immer 60 000 italienische Soldaten in Libyen gebe, das heißt, das Dreifache der britischen und ägyptischen Truppen in Aegypten. Die britische Regierung glaube noch nicht, so hab« er zu verstehen gegeben, daß diese Lage ein« Vermin derung der britischen Seestr«Itkräfte im Mittelmeer gestatte. Deren Anwesenheit dort sei eine reine Vorsichtsmaßnahme. Reuter fügt-hinzu, man müße im Auge behalten, daß der einzige praktische Weg für eine Invasion an der Küste entlangführe, und daß infolgedessen die wirksamste Vertei digung Aegyptens von der britischen Seemacht abhängen vi-rß«. ... Paris spricht von weiterer Entspan nung der italienisch-englischen Be ziehungen. DNB. Paris, 6. November. (Eig. Funkmeld.) Die Un terredung, die der italienische Regierungschef am Dienstag mit dem englischen Botschafter in Rom hatte, wird hier im Sinne einer weiteren Entspannung der italienisch-englischen Beziehungen ausgelegt. Die römischen Berichterstatter der großen Pariser Blätter erklären zwar übereinstimmend, daß eine greifbare Lösung noch nicht gefun den worden sei und auch vor den englischen Wahlen nicht erwartet werde, daß aber nichtsdestoweniger ein weiterer Schritt auf dem Wege zu einer Lösung getan worden sei. Man ist hier im übrigen der Auffassung, daß der abessinisch italienische Krieg bei den ganzen Verhandlungen nur eine nebensächliche Rolle spiele, und daß es sich vielmehr darum handele, ein neues Gleichgewicht im Mittelmeer herzustel len. Einige Blätter glauben deshalb auch, den Besuch Sir- Eric Drummonds mit den augenblicklich in London statt findenden vorbereitenden Besprechungen für die Flotten konferenz in Zusammenhang bringen zu können. Der rö mische Sonderberichterstatter des Petit Parisien, der mit seiner Auffassung nicht allein dasteht, schreibt unter ande rem, bevor man daran gehe, eine Lösung der italienisch abessinischen Streitfrage zu suchen, werde man Grundlagen für ein neues Gleichgewicht im Mittelmeer aufstellen. Um sich ein klares Bild der gegenwärtigen Verhandlungen machen zu können, müsse man immer wieder berücksichti gen, daß die englische Regierung ihre Flotte nicht im Mit telmeer zusammengezogen habe, weil sie irgendeine Gefahr durch die möglichen Auswirkungen des italienisch-abessini schen Krieges befürchte, sondern weil sie infolge gewisser Reden und Erklärungen, die besser unterblieben wären, ihre Stellung in Aegypten bedroht sah. Heute sei es aber klar, daß auf beiden Seiten keinerlei kriegerische Absichten beständen, und England brauche wegen Aegypten nichts mehr zu befürchten. Deshalb scheine dem Rückzug einiger englischer Einheiten aus dem Mittelmeer auch nichts mehr im Wege zu stehen. England will ein neues Europa schaffen. London, 5. November. Baldwin hielt in Liverpool eine Rede, aus der besonders die Feststellung heroorgehoben wird, daß die britische Regierung es sich zum Ziel gesetzt habe, aus der jetzigen Krise ein neues Europa zu schaffen. Einige Zeitungen bringen diese Erklärung in Ge gensatz zu dem gestrigen Dementi des „Foreign Office", daß Großbritannien eine Reform des Völkerbundes beabsichtige. Wie ergänzend aus London gemeldet wird, spielte bei allen Wahlreden, die am Montag gehalten wurden, die Aufrüstung eine besondere Rolle. Das gelte insbesondere auch von der Rede Neville Chamberlains und der Rede Winston Churchills, der übrigens in einer Rundfunkrede des