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Dresdner Journal : 15.06.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-06-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189306151
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930615
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930615
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-06
- Tag 1893-06-15
-
Monat
1893-06
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 15.06.1893
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^13«. Donnerstag, den 15. Juni, abends. 188:). 54» v»»««t«» vi«rttIM»rNot» 00 ?f, d«i 6«» TiU—rt. 6«attek«i> ko»t»»»t»1t»a S U»r4; »u»»«!rd»IV 6v» 6«ut»cd»Q k»iebo» tritt kost- a»6 8ttwp«lrui«lU»8 Klo»«. 8i»»«In« Kumwero: 10 kk. L»KL»4Ixui>U»Uekiil>r«»r 5Sr 6«» K»um «io«r ssv»p»It«ae» 2«il« llki»« 8et»r»N 10 kk. Oottr ,,küo^e«u>6t" 6i» 2»il» SO kk. ü«i uoü Hitk«!rl»»»tt «attpr. Xuksvtil»^. krsedeloe«: mit Xu«»»t>ws 6er 8c»»- a keiertL^e »treottt. kerviprecti - ^mcktuL»: Kr. 1205» DrrÄmerSMrml. Lür die Geiamtletwng verantwortlich: Hofrat Gtto Banck, Professor der (itteratur- und Kunstgeschichte. ^»o»d»e von ^»tzünitlxnoxon »osvLrtsr Lstprix: />. Lowminiiouür 6e» vr«-!>6oer Journal«; SswderU Lsrli» Vi«» I-siput^ N—l Nr««i»i> krsaLtLrt «. H.! Da«e»»rt»»> <t kodier, Ssrito Visa -Lsmdor^- kr»? l.«>p»>D kr»»1k«rt ». N. ttünck«!»! /t<«6 A/o»ne / ?»ri» LvQckon >«rUll-Nr»oktort ». Dai«t» «e t?o., NsrUe: /«ra/tetene/anl , Nr»«I»o: L'sisl Labaks,' L»»»r«r: <7. L'c^ü«t«', U»!I« ». S.: Darct ctz LÄ. Uer»u»xekerr XSoixl. Lrpeeiitiov 6es Dresdner 6vurv»I». vre«6ea, 2«in^erstr. 10. kervsprecti-ttosoklus»: Ur. 1205. Über den An-fall der heutigen Reichstagswahl in Dresden sowie in einzelnen sächsischen Wahl bezirken, soweit derselbe bis abends 9 Uhr hier bekannt geworden ist, werden wir heute durch ein Sonderölalt berichten, daS gegen klv Uhr erscheinen wird und das unsere geehrten Abonnenten zu dieser Zeit in unserer Geschäftsstelle, Zwingerflraße 20, in Empfang nehmen können. Eine Zustellung des selben an unsere Abonnenten kann infolge ter vorgerückten Stunde nicht mehr stattfinden. Kiiizl. Za»Uiei »b EyM» tz« „vrttdan Inrnls". ———i—> Amtlicher Teil. Dresden, 6. Juni. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Königlich Preußische Geheime Justizrath und Groß herzoglich Badensche Geheime Hofrath Professor Or. )ur. «t pdil. Adolf Schmidt in Leipzig sowohl daS »hm von Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog von Sachsen-Weimar verliehene Komthurkreuz des Haus- ordenS d»r Wachsamkeit oder vom weißen Falken, als auch den ihm von Sr. Königlichen Hoheit dem Groß herzog von Baden verliehenen Stern zum Komman deurkreuz II. Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen annehme und trage. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische und telephonische Nachrichten. München, 15. Juni. (Tel d. DreSdn. Journ.) Der Professor der Philosophie Jakob Frohschanmer ist gestern in Bad Kreuth bei Tegernsee gestorben. Paris, 14. Juni. (W. T. B.) Die Gesund heit beS Präsidenten Carnot bessert sich langsam. — Ju AlaiS sind gestern 2 Personen an Cholera gestorben. — Nach einer Meldung aus Thonon entgleiste heute früh ein Zag auf der Fahrt von Bellegarde nach Thonon, 3 km von Perrignier. Hierbei wurde ein Beamter getötet, zwei Beamte wurden verwundet. Mehrere Reisende trugen leichtere Verletzungen davon. London, 14. Juni (W. T. B.) Die englischen Behörden beschäftigen sich eingehend mit dem all mählichen Fottschreitrn der Cholera in Frankreich. Nach Berichten, wrlcha^die englischen Konsuln dem Lokalgouvernrment Boärd übersaidten, sind inner halb der letzten Wochen in Lorient 500 Erkrank ungen und 178 Todesfälle vorgekommen. AuS Morbihan wurden beete zwei neue Fälle gemeldet. London, 15. Juni. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Die Morgenblättrr bestätigen, daß der Großfürft- Tbronfolger von Rußland der Hochzeit deö Herzogs von Nork beiwohnt. Alö Teilnehmer wird auch der Großherzog von Hessen genannt. Belgrad, 14. Juni. (D. B. Hd) Die gestrige erste Sitzung der Skuptschina war nur von kurzer Dauer. Die Mitglieder der Fortschrittspartei nahmen auf der äußersten Linken Platz. Im Zen trum hatten sich Pasic, Tanschanovic rnd Gruic niedergelassen. Von den Ministern fehlte der KriegSministrr, waS sehr auffiel. Man glaubt, daß der General Sava Gruic zum Nachfolger des Krieg-ministerS designiert sei. — . Kunst und Wissenschaft. K. Hofthrater. — Altstadt. — Am 14. Juni: „DaS Leben ein Traum". Schauspiel in sünf Alten von Calderon. Nach der Griesschen Über setzung von ZahlhaaS bearbeitet. Die Aufführung dieses Dramas wurde wahr scheinlich in Rücksicht auf die gewünschte Mitwirkung deS neuangestellten Mitgliedes, Hrn. Kirchs, ins Leben gerufen. Im Grunde ist eS nicht prak tisch, sondern nachteilbringend, wenn man den voraussichtlich vergeblichen Versuch macht, in so ungünstiger, in ihrem geistigen Interesse völlig ermüdeter Theaierzeit, die höchstens noch mittelst heiterer Effekte materieller Art ein wenig angeregt werden kann, erhabene Poetenschöpfungen der pro fanierenden Wirkung eine- leeren Hauses auszusetzen. Man schädigt dadurch den guten Ruf ihrer An ziehungskraft und verwirrt die schon genügend dunkelen Begriffe halb gebildeter Kreise, die ohnehin der Ge wohnheit geistig Unmündiger huldigen, die Dinge nicht nach ihrem innern Werte, sondern nach ihrem äußern Erfolg zu beurteilen. Ost wiederholt wäre dies — im Anschluß an die unvermeidlich zu häufige Aufführung ganz verfehlter neuer Stücke — der beste, wenn auch gewiß nicht beabsichtigte Weg zur mög lichsten Verdummung der Auffassung und Abschwächung des klassischen Sp'.elplans. Ich spreche das deshalb so bestimmt auS, «eil es jeder Regie begegnen kann, gute Absichten zu säen und schlimme Folgen zu ernten. Die Darstellung wurde durch Hrn. Jaffe (König Basil), Frl Ulrich (Rosaura) und auch durch den Kairo, 15. Juni. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Nach einer Meldung deS „Revt. Bur." find seit vorigen Freitag in Mekka 155 Choleratodesfälle vorgekommen. Dresden, 15 Juni. Die Fortschritte des französischen HeereS. Ein deutscher Landsmann, der vor wenigen Tagen von einem längeren Aufenthalt in Frankreich zurück gekehrt ist, hat der „Köln. Ztg." die folgenden Be obachtungen zur Verfügung gestellt, die nicht auf Reiz der Darstellung, wohl aber auf unbefangene Erkennt nis der Thatsachen Anspruch erheben und die wir deshalb auch unseren Lesern nicht vorenthalten wollen: Im französischen Volke — so führt der Genannte aus — herrscht eine wahre Sucht nach lebendem Material für den Krieg; der letzte Mann und daS letzte Zugtier ist dienstpflichtig. Nichts ist ein stärkerer Beweis für den Wert, den man hier der Zahl bei legt, als die Art und Weise, wie man die Regimenter vollzählig zu machen sucht. Da der letzte fehlerfreie Mann genommen ist, sieht man sich genötigt, selbst Krüppel in die Compagnien einzureihen. Train soldaten, die einen ansehnlichen Höcker aufzuweisen haben, sind keine Seltenheit. Ohne besonders acht zu geben, habe ich auch mehrere derart verunstaltete Infanteristen gesehen, sowie zwei, die infolge der Verkürzung eines Beines leicht hinkten; der Mangel eines Fingers macht ebensowenig dienstuntauglich. Infanteristen, die sogar im Zivilkleide durch ihre Zwerg haftigkeit auffallen würden, sind häufig genug zu sehen; ihr Anblick ist von komischer Wirkung, da ihnen daS Seitengewehr wie ein Schleppsäbel bis zu den Fersen hinabhängt. Zwar ist eine bestimmte Größe und, war uns Deutschen merkwürdig scheint, ein bestimmtes Ge wicht sür die Aufnahme ins Heer vorgeschrieben; diese Vorschrift wird aber schon lange nicht mehr eingehalten. Moralische Befähigung wird noch weniger verlangt als körperliche; der jugendliche Zuchthäusler wird un beanstandet der Ehre gewürdigt, französischer Soldat zu sein. Möglichst viel Soldaten, koste es, was eS wolle; auch ein Zwerg und ein Krüppel können ihre Gewehre abschießen und ihre Kugel thut genau dieselbe Wirkung wie lie einer soldatischen Prachtgestalt. Nun fragt es sich, wie die französische Regierung es möglich machen konnte, bei der vollständigen Er schöpfung des Menschenmaterials noch weitere 24 Jäger- bataillone und zwei Kavallerieregimenter zu bilden. Die Sache wäre unausführbar, hätte der Kriegs minister Loizillou nicht den ausgezeichneten Einfall gehabt, eine Einrichtung, die während des dreißig jährigen Krieges und bis tief ins vorige Jahrhundert hinein in ganz Europa üblich war, für Frankreich wieder im großen ins Leben zu rufen. Die Sache war vorderhand nicht für die Ve.öffenttiLnng bestimmt, da sich die französischen Zeitungen das Wort gegeben, vor den deutschen Reichetagswahlen uns Deutschen keinen Voiwand zu bieten, die Militärvorloge durch Hinweise auf Frankreich zu begrünten. Einige Zeit ungen brachten es indeß nicht über sich, ihren L^ern den Trost auf eine Erhöhung ter franzö sischen Streitkräste solange vorzuenthalten. Kurz, General Loizillon läßt in allen Kolonien Wer be amter errichten und die in Algier bestehenden ver mehren, um eine weitere Reihe von Corps zu gründen, die der Fremdenlegion entsprechen. Die auf diesem Wege erhaltenen Massen ermöglichen es, die bisher für die Kolonien dcstimmten Mannschaften in Frank reich zurückzubehalten und außerdem im Falle eines europäischen Krieges das Kontinemalhcer durch die zu bildende Kolonialarmee zu verstärken. Damit nicht zufrieden, verstärkt man auch die Eingeborenencorps immer mehr und bald weiden sich an die tirailleur8 Grazioso des Hrn. Bauer gehalten. Das sind sämt lich oft bewährte Leistungen. Hrn. Kirchs Sigis mund zeigte viel ersichtliches Bestreben, diese schwierige Rolle zur Wirkung zu bringen, doch es kam zu keinem erfreulichen Erfolg. Da es auf der deutsche Bühne sehr wenige irgend entsprechende Vertreter des Sigismund giebt, während wir in Dresden in der Zeit schauspielerischer Nachblüte in Hrn Mat- kowsky einen der vorzüglichsten, die eS jemals gab, besaßen, ist für Hrn. Kirch eine gelegentlich^ Beob achtung dieses Künstlers die beste Förderung des Studiums. Dies gilt auch ganz besondeiS in Bezug auf die poetische Auffassung, auf die natürliche, von jeder leidigen Deklamation freien Sprache, auf die Unterscheidung zwischen Affekt und Leiden schaft, auf den Seelenrausch durch die Freude an Dasein, Licht und Leben. Dabei wird Hr Kirch merkwürdige Eindrücke empfangen und eS vielleicht auch versuchen, daS dramatische Element gegen das theatralische einzutauschen. Nur auf diesem Wege kann man einen Menschen Sigismund statt eines Schauspielers Sigismund, den wir nicht sehen wollen, zur Darstellung bringen. O. B. MargotS Träume. Bon Hermann Heiberg. « (Fortsetzung). Nach dem Lesen dieser Zeilen, die Alexander so sehr beschäftigten, daß er sich am liebsten vor oller Welt abgeschlossen hätte, waren ihm die Absichten seiner Onkels mehr a'ß peinlich, denn LuisellaS Bricf Algeriens (TurkoS), an die tirsilleurs seuezLlnis und tooguioois und deren entsprechende SpahiS die tirailleurs ckalwwvvns und tanisiens anschließen. Daß ein großer Teil dieser Truppen, wenigstens die, deren Garnisonplätze Frankreich zunächst liegen, für einen europäischen Krieg bestimmt sind, weiß jeder Franzose. DaS französische Offiziercorps ist der Zahl nach dem deutschen sehr überlegen. Aus dem folgenden kann man sich klar machen, ob der Ausspruch Bis marcks: „Sie (die Franzosen) machen uns unsern Sekondelieuienant nicht nach!" heute noch seine Be rechtigung hat. Ein schwacher Prozentsatz der Offi ziere geht ans den Reihen der Unteroffiziere hervor, aber wohlverstanden auS der Reihe derjenigen Unter offiziere, die vor dem Eintritt in die Armee ihr kaecalnurent lle Isttres, d. h die Abiturientenprüfung in den Sprachen, nicht aber in Mathk matik und Natur wissenschaften bestanden haben. Diese bleiben etwa 5 bis 7 Jahre Unteroffizier und werden dann, wenn sie Glück haben, nach eimr Prüfung zu Offizieren mit der Aussicht auf sehr langsame Beförderung er nannt. DaS größte Kontingent stellen aber die Schüler von St. Cyr. 3000 bis 4000 junge Leute melden sich jährlich (3500 dieses Jahr) zu der sehr schweren Aufnahm» Prüfung für diese Schule. Etwa 400 von diesen Tausenden bestehen Es folgt hierauf ein zweijähriger Lehrgang in St. Cyr; dann werden sie Offiziere. Es ist also die Blüte der französischen Intelligenz und Energie, die den Kern des Offizier corps bildet. Denn äußerst befähigt muß man sein, um die Aufnahmeprüfung zu bestehen, und äußerst thatkräftig, um die Geistesarbeit zu bewältigen, die ihre Vorbereitung erheischt. Man sieht bei uns das französische Unteroffizier- cmpS über die Achsel an und wirft ihm Unwissenheit und Leichtsinn vor. Das mag vor 5 oder 6 Jahren noch seine Richtigkeit gehabt haben. Ungeprüft wird heute keiner mehr Korporal, was etwa uns rem Ge freiten entspricht. Etwa 120 junge Lente in jedem Regiment machen jährlich den Korporalkurs (eeole äe, caporaux) durch; nach scharfer Prüfung läßt man etwa 20 zu Ostern und weitere 20 im Spätsommer bestehen. Der französische Unteroffizier versteht sein Handwerk wenigstens ebenso gut wie der deutsche. Die äußerliche Schneidigkeit fehit, die macht aber noch lange nicht zum felddiensttüchtigen Soldaten. Eine gleich sorgfältige Verwertung wie das Menschenmaterial findet der Vorrat an zug- und tragfähigen Tieren. Es ist erstaunlich, welche Fort schritte die Franzosen eiwa seit 1875 in der Pferde zucht gemacht haben. Die Beut Pferde, die wir ihnen 1870/71 abnahmen, waren ihrer schlechten Qualität wegen für unser Heer meist nicht verwendbar. Jetzt wäre ein solcher Fang um vieles lohnender; ihre Kavallerie ist brillant beritten, die Dragonerpfcrde vielleicht etwas zu gestreckt, Kürassiere, Chasseurs und Husaren aber tad.lloS; die Artillerie ist gut bespannt, nur der Train der südlichen Departements muß teil weise seine Zuflucht noch zu Maultieren nehmen. DaS wird aber nicht mehr lange währen, da die Franzosen sich mit anerkennenswerter Schnelligkeit, immer den Kriegszweck im Auge, eine vortreffliche Pferdezucht geschaffen haben Hohe Prämien lohnen die Züchter, die meist Pächter und Kleinbauern sind. Wenn man mit der Eisenbahn ein Departement nach dem anderen durchfährt, so trifft der Blick überall auf weidende Pferde, die von der Militärbehörde aus einer ebenso strengen Überwachung unterzogen werden, wie die kriegsfähige Mannschaft; jedes Jahr findet die Pferdemusterung statt. Alles das trägt reichlich dazu bei, den Mut des Volkes zu heben. Das wird aber auch durch andere Mittel erreicht. In den Schaufenstern der Buch konnte schon seit Stunden in seinem Zimmer nieder- gelegt sein und hätte schon seit ebenso lange zn seiner Kenntnis gelangt sein können. Wenn sie dies an nahm — und es erschien du-chaus wahrscheinlich —, mußte es dann nicht mehr als unzart erscheinen, daß er gerade an diesem Tage sein Geheimnis enthüllte ? Konnte sie nicht den Schluß ziehen, daß er sie durch solche äußerliche Dinge seinen Plänen geneigter machen wollte? Vielleicht war eS noch Zeit! Alexander eilte in das Speisezimmer, trat auf seinen Onkel zu, der bereits am oberen Ende des Tisches Platz ge nommen, und bat flüsternd, nichts zu verlautbaren. „Schon geschehen, mein Junge! Schon geschehen!" gab dieser lachend und kopfschüttelnd, und Alexanders Einwände nur auf eine neue, gleichgiltige Laune schiebend, zurück. Alexanders frühere Ahnung hatte ihn nicht be trogen.' Nachdem sein Geheimnis verraten war, ver- änderlen sich die Dinge um ihn her. Durch seinen Reichtum wuchs auch sein Ansehen, und wenn ihm seine Verwandten auch nicht anders wie bisher be gegneten — ihre Denkungsart und ihr Feingefühl schlossen dies aus —, so verlor sich doch durch daS Bestreben jedes einzelnen, jetzt kein erhöhtes Interesse für ihn an den Tag zu legen, die bisherige völlige Unbefangenheit deS Verkehrs. Auch blieben allerlei Anspielungen nicht aus, die er widerlegen mußte. Seine Tante äußerte mehrmals, die- und jenes sei wohl nicht gut genug für ihn. Thora zog sich scheu zurück und warf, al- Alexander sie deswegen beiragte, in ihrer treuherzigen Weise ein, laß er jetzt doch kein Auge mehr für sie haben könne. Selbst ihre Schwestcr Margot habe jüngst gesagt, daß sie Händlerläden und der unzähligen Tabakbureaus, die zugleich Verkaufsstellen für Zeitungen und Zeitschriften sind, überall erblickt man Darstellungen aus dem Kriege von 1870: eine Handvoll Franzosen sich heldenmütig gegen deutsche Übermacht verteidigend, erfolgreiche Episoden zu siegreichen Gefechten, glückliche Gefechte zu gewonnenen Schlachten aufgebauscht. Da mit will man nicht nur der nationalen Eitelkeit schmeicheln, sondern man verfolgt und erreicht dadurch ein bestimmtes Ziel, man giebt dem Volke seine Zu versicht wieder. Und dann: die Allegorien von Elsaß und Lothringen, die beiden armen Schwestern, die sehnsüchtig nach dem Retter blicken, sie dürfen nir gends fehlen, so wenig als das Bildnis des Kaisers von Rußland. Alle Beobachtungen, die sich einem in Frankreich aufdrängen, lassen sich mit den Worten zu sammenfassen : In Frankreich ist ein ganzes Volk, daS all sein Sinnen und Trachten darauf richtet, seine Vollkraft für die Entscheidung einzusetzen, und das mit nimmerruhendem Argwohn seine Regierung über wacht, ob sie auch alles thue, was sich sür die Kraft des Heeres und den Erfolg kommender Tage auf bieten läßt. Lagksgelchichk. Dresden, 15.Juni. Der kommandierende General Se. König!. Hoheit Prinz Georg begab sich heute morgen über Langenberg nach dem Schießplatz bei Zeithain, um daselbst der Besichtigung des 2. Feld- artillerieregiments Nr. 28 beizuwohnen. In Be gleitung Sr. König!. Hoheit befanden sich Oberst Frhr. v. Hausen als Chef des Gcneralstabes und der Adjutant im Generalkommando, Major v. Wardenburg. * Berlin, 15. Juni. Se. Majestät der Kaiser tra'en gestern morgen kurz vor 8 Ühr, von Posen zurückkehrend, auf der Wildparkstation ein, empfingen im Neuen Palais um 9 Ühr den Chef des Zivil- kabinettS, sowie um 12 Uhr den Minister deS König!. HauscS v. Wedel zum Vortrag und nahmen alsdann die Meldung des Generalinspekteurs der Fußariillerie, Generallieutenants Edlen v. d Planitz, entgegen — Se. Majestät der Kaiser haben dem Ober postrat und ständigen Hilfsarbeiter im Neichspostamt Gieseke in Berlin den Charakter als Geheimer Postrat mit dem Range der Räte dritter Klasse ver liehen, sowie den Postrat Franck und den Ober- telegrapheningenieur im Reichspostamt Postrat Billig, beide in Berlin, zu Oberposträten und ständigen Hilfs arbeitern im Relchspostamt ernannt. — Se. Majestät der Kaiser haben dem General adjutanten, General der Kavallerie zur Disposition v Albedyll, ä la suite des Kürassierregiments Königin (Pommersches) Nr. 2, bisher kommandierender General des VII. Armeecorps, die Brillanten zum Schwarzen Avlerorden verliehen. — Se. König!. Hoheit der Graf von Turin traf in der Nacht vom 13 zum 14. d Mts. in Kiel eii und wurde auf dem Bahnhof von Sr König!. Hoheit dem Prinzen Heinrich empfangen. Gestern früh begab sich der Graf von Turin an Bord des Flaggschiffes „Baden". Dasselbe ging alsbald mit sämtlichen Schiffen der Manövcrflotte in See, wo eine Üebung stattfand. Nach der Rückkehr besichtigte der Graf von Turin den Nordostseekanal und folgte so dann einer Einladung zur Frühstückstafel im König!. Schlosse, an welher auch das Gefolge und der Ehren dienst des Grafen sowie die hier anwesenden Admiräle teilnahmen. Nachmittags 2 Uhr 20 Min. erfolgte die Abreise nach Italien. — Der Bundesrat faßte in der am Montag unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des StaatS- ministeriums, Staatssekretärs des Innern I)r. v. Boetticher abgehaltenen Plena'sitznng über meb-. nun wohl begreife, weshalb er ihr so von oben herab begegnet sei Gänzlich verwandelt aber war Luisella. Wenn nicht ihr Auge verraten hätte, daß etwas sie tief be wegte, man würde sie für einen Stein haben halten können. Diese Veränderung entging auch den übrigen nicht. „Das Mädchen liebt Dich!" äußerte Alexanders Tante zu ihm. „Aber nun ist sie doppelt stolz, ihre Empfindung zu zeigen. Auch begreiflich! Und Du hattest eigentlich ganz recht, nichts von Deiner Erb schaft zu erzählen. Du denkst ja nicht ans Heiraten? Oder bist Du doch auf der Brautschau?" Alexander verneinte wiederholt und mußte lächeln, daß sogar seine kluge Tante an einem Punkte ebenso sterblich war, wie alle Frauen, die erwachsene und heiratsfähige Töchter besitzen. Jeden Tag hoffte ec Ge!egenheit zu finden, mit Luisella zu sprechen; ihr wenigstens auf ihren Brief eine Antwort zu erteilen. Zuletzt entschloß er sich, ihr zu schreiben: „Da Sie mir, teure Luisella, die Gründe mit- zu'eilen verweigern, welche es unmöglich machen, baß wir uns angehören, forsche ich auch nicht bei denen, welche mir eine Aufklärung geben könnten. Ich will ganz in Ihrem Sinne handeln, auch alsbald, wenn gleich mit schwerem Herzen, abreisen. Nur einen Augenblick hat die Sonne die Wolken durchbrochen und alUS lichthell, herrlich und boff.iungtvoll be schienen Aber zu kurz war ihr Lächeln — Dein Lächeln, Luisella! Denn laß mich die Förmlichkeit av- streifen, die kalt, unnatürlich und fremd, und laß mich Dir sagen, daß Du mir nichts abzubitten hast, mein
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