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AchöMiM Tageblast MsdlM für den ZtMrath M Waldendmz. Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann °^ax Liebezsit; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. Härtig, Mandelgafss; in Rochsburg bei Herrn Suchhalter Fauth- in Lunzenau bei Hrn. Buchhdlr. E. Dietze', in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein b. Hrn.Buchh. I. Wehrmann. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenftein-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchurssorf, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster-- scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 25 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Kirchgasse 255. und Waldenburger Anzeiger 212. Dienstag, den 13. September 1887. Witterungsausfichteu für den 13. September: Windrichtung um West. Ziemlich trübes, zu Rege« neigendes, wärmeres Wetter. Barometerstand am 12. September, nachmittags 3 Uhr: 755 wm. Feldverpachtung. Die noch pachtfreien Feldparzellen der Herrschaft Rochsburg an der Arns dorfer Grenze und an der Rochsburger Kirschenallee, zusammen 3 Hectar 34 Ar enthaltend, sollen freihändig verpachtet werden. Pachtliebhaber wollen sich an Herrn Revierförster Engelhardt in Rochss bürg wenden. Gräflich Schönbnrgifches Rentamt Rochsburg, am 6. Septbr. 1887. Schmidt. *Waldeuburg, 12. September 1887. Die Franzosen sind ganz außer dem Häuschen über den glatten vorschriftsmäßigen Verlauf des Mobilma chungsversuches, ja wenn man den Versicherungen von Fachmännern und Laien trauen darf, so sind die ge hegten Erwartungen, namentlich soweit der patriotische Eifer, der Elan und die Opferwilligkeit der Bevölke rung in Frage kommt, um ein Wesentliches übertrof fen worden. Das hat Frankreich und die Welt aus dem Munde keiner geringeren Autorität als des Kriegs ministers Ferron selber erfahren, dessen am Freitag Abend im Militärcasino von Castelnaudary den Lei stungen des 17. Corps und seines Commandeurs so freigebig gespendetes Lob die chauvinistische Fiber des französischen Volkstemperaments in so schnelle Schwin gungen versetzt hat, daß den Deroulede und Genossen das Herz im Leibe lachen muß. Man mag vom militärisch-technischen Gesichtspunkte über den Werth des Mobilmachungsversuchs denken, wie man will: das Verbiet des schlichten Menschen verstandes lautete schon längst und lautet noch heute unabänderlich dahin, daß der Versuch keinen anderen Zweck verfolgte und nach Lage der Dinge verfolgen kann, als praktisch zu erweisen, ob die militärische Reorganisation der letzten 16 Jahre ihr Ziel: das Heer schlagfertig und Frankreich kriegsbereit zu ma chen, erreicht habe, bezw. wo etwa noch die letzte bes sernde Hand anzulegen sein möchte. Das Lob des Kriegsministers Ferron hat in den Augen der großen Masse des französischen Volkes alle Zweifel beseitigt, von nun an tritt zu den in Frankreich geltenden Dog men noch ein weiteres hinzu in Gestalt des Satzes, daß alle materiellen Vorbedingungen der Führung eines siegreichen Revanchekrieges gegeben sind, und daß es für Frankreich nur noch erübrigt, Ort, Zeit und Gelegen heit des Losschlagens zu bestimmen. Wenn Ferron erklären durfte, daß der Mobilma chungsversuch jeden Zweifel, der in der Nation obge- waltet, beseitigt und dem Parlamente wie dem Volke ein Vertrauen eingeflößt hätte, wie sie solches bisher nicht besessen, so kann die volkspsychologische Tragweite eines derartigen Ausspruchs nur von solchen Lesern un terschätzt werden, die von dem Zustande der Ueberreizt- heit, in dem die französische Nation sich permanent be findet, keine Ahnung haben. Jeder Kenner der Situa tion weiß, auf wie schwachen Füßen die französische Friedensliebe auch unter den erschwerendsten Verhält nissen, den entmuthigendsten Auspizien immer gestanden hat, weiß, daß der Hauptsache nach die Kriegslust un serer westlichen Nachbarn nur durch den Zweifel im Zaum gehalten wurde, ob man militärisch auch schon hinreichend erstarkt sei, um mit dem Sieger von 1870 bis 1871 Abrechnung' halten zu können, von der Nie mand sich verhehle, daß sie im ersten passend erschei nenden Moment unfehlbar gehalten werden wird. Wir sind überzeugt, daß das deutsche Volk sich durch keinerlei französische Fanfarronnaden, wie herausfordernd sie auch klingen mögen, in seiner kaltblütigen Ruhe und Entschlossenheit, womit es den kommenden Ereig nissen ins Auge sieht, beirren lassen wird. Es sei ! hier die Erinnerung an einige heute besonders conclu- ' dent erscheinende Stellen der großen Rede aufgefrischt, welche der Reichskanzler Fürst von Bismarck am 11. Januar d. I. vor versammeltem Reichstag über die auswärtige Politik hielt. Damals äußerte der Redner mit Bezug auf Frankreich u. a. wörtlich folgendes: „Die Wahrscheinlichkeit eines französischen Angriffs auf uns, die heute nicht vorliegt, tritt ein, wenn unter dem Eintritt einer anderen Regierung als die heutige Frankreich irgend einen Grund hat, zu glauben, daß es uns überlegen sei. Dann, glaube ich, ist der Krieg ganz sicher. Aber wenn die Franzosen glauben, daß entweder ihre Armee zahlreicher, daß die Masse ihrer ausgebildeten Soldaten zahlreicher ist als die unserige, daß ihre Artillerie zahlreicher ist, oder vielleicht daß ihr Gewehr besser ist — wie es 1870 besser war — oder daß ihr Pulver besser ist — weil sie das richtige Pulver zu einem kleinkalibrigen schneller schießenden Gewehre früher Habenals wir — das sind alles Sa chen, die unter Umständen die Entschließung der fran zösischen Regierung für den Krieg bestimmen; denn so bald sie glauben zu siegen, fangen sie den Krieg an. Das ist meine feste und unumstößliche Ueberzeugung." Daß Deutschland seine Augen offen uud sein Pulver trocken halten wird, mehr denn je, ist selbstverständlich. Solche Scherze, wie die französische Mobilisirungs- probe, sind sicher nicht dazu angethan, die „Wacht am Rhein" in Sicherheit zu lullen. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Das Befinden des Kaisers ist andauernd ganz vor trefflich. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird also die für heute Montag Mittag geplante Reise nach Stettin keinerlei Störung erfahren. Dienstag will der Kaiser dann persönlich die große Parade über das Pommer- sche Armeecorps abhalten. Im Park von Babelsberg unternahm der Kaiser täglich Spazierfahrten, zu den Diners waren stets eine Anzahl distinguirter Persönlich keiten geladen worden. Sonnabend Nachmittag wurde der Reichskanzler Fürst Bismarck in längerer Audienz auf Babelsberg empfangen. Sonntag empfing der Kaiser den Prinz-Regenten Albrecht, welcher über die Manöver bei Königsberg berichtete und sich Mittags über Spandau zur Beiwohnung der Kavalleriemanöver seines Armeecorps begab. Nachmittags war auf Ba belsberg kleines Diner. Auf der Reise nach Stettin werden im Gefolge des Kaisers auch Graf Moltke und der russische Militärbevollmächtigte Graf Kutu- soff sein. Fürst Bismarck reist nach Friedrichsruhe. Aus Toblach, dem zeitigen Aufenthalte der deutschen Kronprinzlichen Familie, wird gemeldet, daß die Herrschaften täglich weite Ausflüge in die Umgegend unternehmen. Die stärkende Gebirgsluft übt auf das Befinden des Kronprinzen den besten Einfluß aus. Der hohe Herr ist sichtlich vergnügt und in gehobener Stimmung, sein Aussehen ist gut. Die Aerzte hoffen trotz der noch anhaltenden Heiserkeit auf die baldige Heilung ihres hohen Patienten. Der Kronprinz ge braucht gegenwärtig keinerlei Medikamente. Die Kaisermanöver um Königsberg und die Fest tage in der alten Krönungsstadt haben am Sonnabend ihr Ende erreicht. Freitag vormittag hatte Feld manöver stattgefunden. Am Abend gab die Stadt im Theater ein glänzendes Festspiel, in welchem historische Ereignisse aus der preußischen Geschichte zur Darstel lung gebracht wurden. Sonnabend Vormittag fand das letzte Manöver statt. Zum Schluffe desselben sammelte der Prinz alle Commandeure um sich und sprach seine Freude über die geschickte Anlage des Ma növers aus, welche es ihm ermöglicht habe, die Ge- fechtsthätigkeit der einzelnen Truppen eingehend zu be obachten. Hierbei habe er sowohl bei der Infanterie, wie bei der Kavallerie, Artillerie und bei den Special waffen durchweg nur Gutes gesehen; er werde sich in dem Sr. Majestät dem Kaiser zu erstattenden Bericht in gleicher Weise aussprechen. Vor der Rückfahrt nach Königsberg verabschiedete sich der Prinz noch von sämmtlichen Truppentheilen, worauf die Kavalleriedivi sion in schneidiger Weise noch einen Parademarsch im Galopp ausführte. Unter lebhaften Kundgebungen trat der Prinz am Abend die Fahrt nach Berlin an, wo am Sonntag Vormittag die Ankunft erfolgte. Graf Waldersee, dessen Anwesenheit bei den öster reichischen Manöver» hervorgehoben worden ist, hat unmittelbar nach seiner Rückkehr aus Mähren dem Kaiser über seine Beobachtungen Bericht erstattet. Diese Audienz hat am vorigen Freitag stattgefunden. Es ist natürlich gar nicht daran zu denken, daß man so bald auf directem oder indirectem Wege etwas über den Eindruck erfährt, den der ausgezeichnete Adlatus des Grafen Moltke von den Uebungen der Armee un seres Bundesgenossen empfangen. Während sonst die Militärzeitschriften mit dem Urtheil über Manöver fremder Armeen nicht zurückhalten, wird man diesmal auf eine solche Kritik der Manöver in Mähren wohl verzichten müssen und wenn sie doch noch geübt wer den sollte, so wird gerade sie das Wesentlichste ver missen lassen. Die Stellung, welche unsere obersten militärischen Organe zu dem Heerwesen Oesterreich- Ungarns einnehmen, ist eine ganz andere, als wie sie sonst sogar zwischen befreundeten Staaten üblich ist. Natürlich gilt dies auch im umgekehrten Sinne. Man darf sagen, daß es Geheimnisse in diesem Verhältniß kaum giebt; es sind unter Anderem Einzelheiten be kannt, welche darauf schließen lassen, daß der frühere deutsche Militärattache in Wien, Graf Wedel, im Ver kehr mit den dortigen militärischen Kreisen eine Po sition einnahm, welche von derjenigen anderer fremd herrlicher Offiziere durchaus verschieden war. Die Mis sion des Grafen Waldersee, die bekanntlich auf beson deren Wunsch des Kaisers Franz Joseph erfolgte, hat hiernach eine specielle Bedeutung. Wollte man es ge nau aussprechen, wie deutsch-militärische Autoritäten diese Mission auffassen, so würden sich empfindliche Gemüther an der Donau vielleicht dadurch verletzt fühlen. Die Genugthuung andererseits, daß der Ver treter des Grafen Moltke alles vortrefflich gefunden, so schreibt man der „Wes.-Ztg.", kann unsern Freun den in Oesterreich-Ungarn zunächst nicht gewährt wer den, da hierüber absolut nichts bekannt ist. ' Nur hof fen und wünschen kann man, daß Graf Waldersee zu frieden gewesen ist. Die politische Lage Europas ist