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Mimlmger Tageblatt uud Dsr Akmnnemsntsvreis betröat ni>>rteUöbr- und Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr- Erscheint täglich mit Alle Postanstalten, die Expediüon und di- NölllvenvUklle^ «7«-.-»->°. eventuell hon vv Inserate pro Zeile 10 Pst, unter LS- SÄ? M».»«- I- U" »--'-"dl -0 «. des vorberqehenden Tages. —e^s— Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Donnerstag, den 27. Mai 1««» ^120 und Re ¬ gierungen führen. die Nach- Grundbe- gestiegen. gegen brachten die Eisenbahnen der Landwirthschaft in Deutschland eine verderbliche Concurrenz, wodurch die Getreidepreise empfindlich gedrückt wurden, ein zig zum Vortheil des Handels. Ebensowenig be stätigte sich die Erwartung, daß mit dem Aufschwung des Handels und der Industrie die Hypothekennoth sich legen und die Lage der Landwirthschaft über haupt sich erheblich verbessern werde. Weder die Geldnoth nahm ab, da der Handel und die Industrie einen sehr großen Theil der Kapitalien für ihren Betrieb dauernd beanspruchten, noch gewann der Grundbesitz durch die verbesserte Technik der In dustrie. Diese lieferte wohl Maschinen aller Art, und so wurde dem Mangel an ländlichen Arbeitern, welche sich in die Fabrik- und Hand.lsstädte zogen, wo ihnen das ungezwungene Leben mehr zusagte, einiger Abbruch gethan; aber andererseits entsagte der Bauer seiner Tracht, er kleidete sich nach der Mode und vermehrte dadurch seine häuslichen Ausgaben, während er an Geschmack und guter Sitte einbüßte. Atts dem Mttldenthale. "Waldenburg, 26. Mai. Auf Veranlassung des hiesigen Gewerbevereins ist heute folgende, von den Gewerbevereinen Waldenburg, Glauchau, Meerane, Penig, Gößnitz, Langenleuba-Niederhain unterzeich nete Adresse an den Reichskanzler abgesendet worden: Durchlauchtiger Fürst, Hochgebietender Herr Reichskanzler! Die Ablehnung der Samoa-Vorlage durch den Reichstag erregt nicht allein in der Handelswelt, sondern auch in ge werblichen Kreisen lebhaftes Bedauern. Die unterthänigst unterzeichneten Gewerbevereine sind von der Ueberzeugung durchdrungen, daß das fragliche Gesetz dem deutschen Handel einen nationalen Rückhalt und eine größere Selbständigkeit England und Amerika gegenüber gegeben haben würde, und daß die Anknüpfung neuer Handelsbeziehungen im Südsee-Archipel eine besonders gün stige Rückwirkung auf die materielle Lage der deutschen Arbeiter hätte haben müssen. Wir sind ferner der Ueberzeugung, daß der Besitz von Handelsstationen und Colonien für Deutschland zum Be- dürfniß geworden ist, und drücken deshalb den unterthäni- gen Wunsch aus, daß Ew. Durchlaucht in den Bestrebungen für den Schutz und die Beförderung des deutschen Export handels durch parlamentarische Theorien, welche mit dem Wohle des Volkes und der Machtstellung des deutschen Reiches nicht in Einklang zu bringen sind, Sich nicht hem men lassen wolle. In der freudigen Hoffnung, daß diese Aeußerung der unterthänigst unterzeichneten Vereine, welche in ihren Mit gliedern vorzugsweise das Kleingewerbe repräsentiren, von Ew. Durchlaucht wohlwollend entgegengenommen werde, verharren wir mit dem Ausdruck der größten Verehrung als Ew. Durchlaucht unterthänige Gewerbevereine re. rc. (Folgen die Unterschriften.) "Waldenburg, 26. Mai 1880. Politische Rttndschatt. Deutsches Reich. Nach den Vorschlägen des Seniorenconvents be ginnt im preußischen Abgeordnetenhause die Be- rathung der Vorlage über Abänderung der kir chenpolitischen Gesetze am Freitag. Anfang der nächsten Woche soll die dritte Lesung des Verwal tungsorganisationsgesetzes, dann die zweite und dritte Lesung des Verwaltungsgesetzes fol gen und hierauf eine längere Pause eintreten, um der Commission für die kirchenpolitische Vorlage zu den Berathungen Zeit zu lassen. Die deutsche Colonisation auf den Samoa- Jnseln scheint doch noch keine für Deutschland ver lorene Sache zu sein. Die Generalversammlung der Südsee-Gesellschaft hat die formelle Liquidation der Gesellscheft beschlossen und die gegenwärtigen Directoren zu Liquidatoren gewählt. Die Mitglieder des Aufsichtsrathes gaben die Absicht kund, durch Neubildung der Gesellschaft die angestrebten Zwecke zu verfolgen und haben das Project, die Einzahlungen der gegenwärtigen Actionäre, 12 Millionen Mark, als Prioritätsactien in die neue Gesellschaft zu intradiren, während die jetzigen Samoagläubiger für ihre Schuldforderungen als Actionäre betheiligt wer den sollen. Wie wir jüngst berichteten, hat Herr Eugen Rich ter in der Berliner Wählerversammlung am 11. Mai erzählt, bei der Rede des Abg. Hasselmann in der Reichstagssitzung vom 4. Mai habe Lieb knecht zu ihm, Richter, gesagt, wieviel Geld wohl „Hasselmann für diese Rede vom Reichskanzler er halten habe." In einem von der Berliner „Volksztg." veröffentlichten Schreiben erklärt nun Herr Liebknecht er habe nur conditionell gesagt, wieviel wohl Hassel mann für diese Rede bekommen hätte, wenn . . . „den Rest möge sich Jeder so schlimm oder harm los denken, als er Lust hat." Wie Herr Liebknecht der „Volksztg." weiter mittheilt, will Hasselmann sowohl Liebknecht, wie Eugen Richter wegen ver leumderischer Beleidigung verklagen. Der Verdacht, daß Herr Hasselmann von Bismarck Geld beziehe, ist überdies schon vor längerer Zeit in der Buda pester „Arbeiter-Wvchen-Chronik" ausgesprochen wor den. Zudem bringt jetzt das in Zürich erscheinende socialistische Organ eine Erklärung der Parteiführer, daß der bisherige socialdemokratische Abgeordnete Hasselmann, Vertreter von Barmen-Elberfeld, aus Durch die versuchte Mobilisirung des sitzes war der Preis der Güter plötzlich Dazu kamen die günstigen Conjuncturen, frage nach Grundbesitz, die Steigerung der Holz- pxeise, der Bau der Eisenbahnen, die vermehrte Bevölkerung, der erhöhte Consum, die Vertheuerung der Lebensmittel, kurz das Zusammenwirken dieser und anderer Ursachen hatte zur Folge, daß viele Grundbesitzer sich mit Schulden belasteten, die Aus steuer ihrer Söhne und Töchter vergrößerten, den Aufwand für Haus und Hof erhöhten und in Unternehmungen sich einließen, welche über ihre Kräfte waren. Die Hoffnung, daß der inzwischen erhöhte Zinsfuß nach Vollendung der Eisenbahnen wieder fallen werde, ging nicht in Erfüllung, da Gedanke hat die Bauern bereits allenthalben er griffen und wird bei einiger, andauernder Agitation endlich zu einer entsprechenden Jnteressen-Vertretung der Landwirthschaft in den Parlamenten "Waldenburg, 26. Mai 1880. Wer bedarf des meisten Schutzes? I. Bekannt ist, daß feste energische Staatsmänner nicht vom Katheder noch den Gerichtsstuben, sondern vom Pfluge zu kommen pflegen. Drei berühmte Staatsmänner der Neuzeit, welche durch die eiserne Consequenz, mlt der sie auf ibr Hiel losgegangen, die größten Erfolge erreichten, waren und sind mit der Landwirthschaft wohl ver traut Es sind dies Lincoln, Cavour und Bismarck. Bei den Römern waren die größten Staatsmänner ebenfalls Landwirthe, und das Wort des alten Cato: Der Staatsmann, welcher erst beim Bauer in die Lehre gehen muß und sein Gut nicht selbst bewirth- schaften kann, taugt nichts," hat auch heute noch in gewissen Beziehungen Geltung. Unstreitig ist auch eine zufriedene und zahlreiche ländliche Bevölkerung die beste Stütze eines Gemein wesens; eine Nation kann denkbarer Weise ohne den Handel existiren, aber niemals ohne den Acker bau. Sollte deshalb die Fürsorge des Staates m erster Linie nicht darauf gerichtet sein, daß sich die ländliche ackerbautreibende Bevölkerung in günstigen Verhältnissen befindet? Der Vortheil für alle Kreise der Bevölkerung ist zweifellos; denn lebt die ländliche Bevölkerung in armseligen Verhältnissen, wird auch gar bald die städtische Bevölkerung nach folgen, da die feiernden Hände auf dem Lande sich naturgemäß, sobald sie dort lohnendere Beschäftigung finden, nach den Städten wenden und dort das Proletariat vermehren helfen. Im Weiteren folgen wir den Aeußerungen eines trefflich geschriebenen Artikels der „Deutsch. Landes- Ztg.," in welchem es heißt: Der Bestand des Staates beruht in erster Lime auf dem Grundbesitz. Kein Stand im Staate macht den Regierungen weniger zu schaffen als er. Die ländliche Arbeit, das Gebundensein an die Scholle, die Verknüpfung mit der Natur und dem Lande, die ererbte Sitte, die Abgeschiedenheit von dem be weglichen und wechselnden Leben der Städte machen den Bauer conservativ. Seine Beschäftigung, die Ernährungsweise und der Aufenthalt im Freien geben ihm eine kernige Gesundheit. Mit dieser ver einigt er die Liebe zu seinem Heim, und darum stellt er zur Landesvertheidigung das stärkste und beste Contingent. Er bezahlt also nicht nur die meisten Steuern an Geld, sondern er trägt auch den weit aus größten Theil der übrigen Lasten. Um so un gerechter erscheint demnach die drückende Ueberladung des Grundbesitzes mit directen Steuern. Dieser der socialdemokratischen Partei ausgeschlossen sei. Der Parteibeschluß wird damit motivirt, daß Has selmann durch seine Rede im deutschen Reichstage gelegentlich der dritten Lesung des Socialiftengesetzes, welche er damit schloß, „daß er bedauere, daß die deutschen Socialdemokraten sich nicht mit den Nihi listen und Communisten identificiren," die Partei- Interessen schwer geschädigt habe. Frankreich» Bei der am 25. d. im Senat vorgenommenen Präsidentenwahl wurden 276 Stimmen abgege ben, darunter 121 unbeschriebene oder ungiltige Stimmzettel. Von den abgegebenen 155 gilugen Stimmen erhielt Leon Say 147, Leroyer 4, Pelle tan 2, Jules Simon I und Gavardie 1 Stimme. Leon Say ist somit gewählt. Im französischen Abgeordnetenhause hat Benjamin Raspail Namens der äußersten Linken zwei Gesetzes vorschläge eingebracht. Nach dem einen soll der 14. Juli, der Jahrestag der Erstürmung der Bastille, ein für allemal zu einem nationalen Festtag erhoben, nach dem anderen soll das Pantheon, welches jetzt als Kirche dient, der Bestimmung wie dergegeben werden, die es von der Nationalver sammlung im Jahre 1791 erhalten hatte. Beide Anträge wurden von der Linken mit lebhaftem Beifall ausgenommen. Rußland. In der Verhandlung des Prozesses Weimar am 24. d. schritt der Staatsanwalt zum Schluß zur Anklage gegen Weimar, welchen er als Haupt schuldigen bezeichnete. Beweis sei, daß das Pferd, welches den politischen Mördern zur Flucht gedient, ebenso wie der Revolver, womit zwei politische At tentate verübt worden, Eigenthum Weimar's gewesen. Der Ankläger erwähnte auch der politischen Bezie hungen Weimar's zu den Nihilistenführern in Paris. Die Rede des Staatsanwalts gegen Weimar machte einen großen Eindruck. Hierauf wurde die Sitzung von 4'/2 Uhr bis 7 Uhr abends vertagt. In der Abendssitzung sprachen die Vertheidiger.