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Lisch, tägl. Morg 7Ubr. Inserate werden b. Abends 6, Sonnt, bis Mittag- 1L U- angenommen in der Expedition: Johannesallee u. Waisenhausstraße 6. Abonn. vitrteljjhrllch 2ü Ngr. bei unentgeldl. Lieferung in'» HauS Durch die K. Post vierteljährlich 22 Ngr. Ein,eine Nummern I Ngr. Hageklatt Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. Mo. LSS Freistag, den 6. December Dresden, den 6. December. — Se k. k. Hoh. der Großherzog Ferdinand von Tos kana ist vorgestern Nachmittag von Brandeis wieder hier ein getroffen. — * Oeffentliche Gerichtsverhandlung am 5. Dec. — Der Handarbeiter Johann August Powdrack, erst 20 Jahre alt und bereits einmal wegen Diebstahls, auch einmal wegen Widersetzlichkeit bestraft, hat sich in letzterer Zeit als freiwilliger Häusling in der hiesigen städtischen Arbeitsanstalt befunden, sollte jedoch auf Antrag des Stadtraths in die Correctionsanstalt nach Hohnstein gebracht werden, wo raus er Recurs ergriffen. Am 30. Oct. gerieth Powdrack mit einigen anderen Häuslingen in Streit, in Folge dessen ihn und einen gewissen Steier der Jnspector des Hauses, Herr Simon Hinkelmann, in die Zelle zur Haft bringen lassen wollte. Pow drack hat aber dermaßen um sich geschmissen und gebissen, daß mehrere Häuslings den an den Aufseher Lorenz ergangenen Be fehl des Jnspectors, daß Powdrack fortgebracht werden sollte, unaufgefordert durch gemeinsame Handanlegung unterstützten, weil Lorenz offenbar nicht allein mit dem Burschen fertig wer den konnte. Powdrack, der wilde, aber ergreift das Messer und „ohne Wahl zückt der Stahl" und trifft den Häusling Hempel in die thatkräftige Hand: er beißt auch den Häusling Rentzsch in die Finger und stößt heftige Drohungen aus: „Einer vom Aufsichtspersonal müsse daran glauben; wenn er wieder frei würde, wollte er es ihnen schon gedenken" u. s. f. In der Zelle selbst zerreißt er zunächst die ihm angelegten Fesseln, so dann ergreift der Rasende einen eisernen Stab und zertrüm mert den Ofen, steckt auch fürsorglich ein Stückchen Osenplatt: als Wurfgeschoß zu sich, wirft die Fenster ein und vertheidigt sich gegen das eintretende Personal, indem er die eiserne Stange hinschleudert. Auch bei dieser Gelegenheit stößt er lebensgefähr liche Drohungen gegen das Aufsichtspersonal aus: „Der Erste, der 'reinkommt, den schlag' ich todt." Endlich bei seiner Ab führung nach dem Polizeiamte hat Powdrack gegen den Polizei- officianten sich geäußert: wenn die Häuslinge nicht dabei gewe sen wären, so würde keiner der Beamten mit dem Leben da vongekommen sein, und er bedauere nur, daß er sie nicht alle todtgestochen habe. Es ist im Interesse der öffentlichen Sicher heit nur zu beklagen, daß die strafende Gewalt nicht Vollmacht hat, solche gemeingefährliche Subjecte gänzlich unschädlich zu machen. Einstweilen aber ist die hiesige Arbeitsanstalt von ihrem ungnädigen Dämon erlöst und hat Johann August Pow drack nun Spielraum erhalten, 2 Jahre und 3 Monate das Arbeitshaus zu Zwickau unsicher zu machen. — Angekündigte Gerichtsverhandlungen: Heute Freitag den 6. d. M. finden folgende Verhandlungstermine statt: Vorm. 9 Uhr Privatklagsache Wider die verehel. Johanne Sophie Kraft zu Laubegast Wider die verehel. Johanne Sophie Schneider daselbst. — Halb 10 Uhr wider die verehel. Anna Hache wegen Betrugs. — 10 Uhr wider den Maurergesellen Carl Göttlich Bauchler hier wegen Diebstahls. — Halb 11 Uhr 1 wider den Privatcopisten Franz Robert Siegert wegen Winkel schriftstellerei. — 11 Uhr Privatklagsache der verehel. Thieme in Wölfnitz wider die verehel. Christiane Jungnickel daselbst. — Vors.: Gerichtsrath Glöckner. — Wie wir hören, hat Herr Musikdirector Puffholdt sein Entlassungsgesuch eingereicht, um aus dem Militäir zu treten, da derselbe als hiesiger adjunctirter Stadtmusikdirector eintritt, um später, nach dem völligen Abgänge des Herrn Hartung, diese Stelle ganz in Besitz zu nehmen. — Bei der nun bald vollendeten Anlage des neuen Kirchhofs für Neu- und Antonstadt ist die Gemeinde von einem benachbarten Grundstücksbesitzer um deswillen in Anspruch genommen worden, weil dessen Brunnen verdorben würde. Mit dem Besitzer eines anderen kleineren Grundstücks ist man in die ser Sache schnell einig geworden, indem dessen unterhalb des gedachten Kirchhofs gelegenes Grundstück angekauft wurde. Die Kreisdirection hatte nämlich entschieden, daß von dem Brunnen bis zum nächsten Grabe 200 Ellen frei bleiben müßten. Mit dem ersteren Grundstücksbesitzer (des sogenannten grauen Hechts) ist man noch nicht fertig, indem gegen obgedachte Entscheidung reclamirt worden ist- Sachverständige haben erklärt, daß dem Brunnen ein Schaden nicht zugefügt werden würde, zumal hier die Straße dazwischen durchgeht und auch nach Lage beider Grundstücke, nämlich des sogenannten grauen Hechts und des neuen Friedhofs, ein Hinüberdringen der Wässer kaum glaub bar erscheint, zumal der fragliche Brunnen höher als der Fried hof liegt. — Die Vorstellungen des Herrn Franyois Rappo fin den die günstige Aufnahme, welche ihnen mit Recht zukommt. In bester Vereinigung finden wir dort Kraft und Gewandtheit, Scherz, wohlthuende Plastik und Schönheit, namentlich in der Gruppirung der lebenden Bilder. Die Kraftproductionen des Herrn Rappo bezweifelten wir Anfangs, da vielfach die Mei nung im Publikum herrscht, die drei Gewichte, womit der Künst ler so leichthin spielt, seien eben nicht schwer, sie seien hohl rc. Um der Sache gründlichst beizukommen, gingen wir gleich nach der Vorstellung auf die Bühne, wo sich denn nach genauer Prü fung ergab, daß die drei Gewichte, welche Herr Rappo an einem Finger mit lächelndem Gesicht über sich hebt, nahe an 300 Zollpfund wiegen. Ein Mann von gewöhnlichem Schlage hebt sie kaum wenige Zoll von der Erde empor. — Eine höchst passende Bemerkung wurde neulich bei einer Vorstellung der Rappo'schen Gesellschaft gemacht. Ein feiner Herr und eine Dame wurden in den vordersten Reihen der Zu schauer durch ihren Hinteren Nachbar belästigt, dem Anschein nach ebenfalls ein feiner Herr, der sich ungenirt mit gegen den Kopf gestemmten Armen auf die Rücklehne ihrer Stühle postirte. Die Ungezogenheit wurde fortgesetzt, der Herr und die Dame gingen erzürnt vor Beendigung der«Vorstellung fort, um nicht ferner dieser Unverschämtheit ausgesetzt zu sein. Der Billeteur hatte dies beobachtet und macht den Herrn auf das Unpaffende sei ner mecklenburgischen Wappen-Stellung aufmerksam, worauf