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WWW UMM Nr. 2381 I Donnerstag, den 10. Oktober <940 , I 3ahrg. 93^ Deutsche Angri Schwerste Schaden an de« Docks in Berti«, 10. Okt. Das Oberkommando der Wehr- macht gibt bekannt: Vom frühen Morgen bi» z« Beginn der Dunkelheit rollten nnnnterbrochen Bergel- tungsangriffe leichter und schwererer Kampfflug, zeuge gegen die britische Hauptstadt. Unmittelbar anschlie ßend setzten Nachtangriffe schwerer Kampfflugzeuge ein, die bi» in die Morgenstunden de» 10. Oktober an dauerten. Schwerste Schäden wurden den Docks im Themsebogen zugefügt. Umfangreiche Zerstörungen richteten Bombenexplosionen auch an den Bahn- und Gleis- anlagen im Stadtkern an. Während der Nacht waren zahl reich« ««»gedehnte Großfeuer zu beobachten. Einzelne Kampfflugzeuge griffen in Südengland Hasenanlagen, Truppenlager, Bahnkörper undRüstungsbetriebe erfolgreich mit Bomben schweren und schwersten Kalibers an. 3» Süd- und Mittel- england belegte« sie mehrere Flugplätze mit Bomben. 3n St. Eval, Penrhose und St. Merry» gelang es, Halle« u«d Unterkünfte durch Volltreffer zu zerstören und am Boden stehende Flugzeuge zu vernichten. 3m Hafenbecken von Lardifs lösten Bombentreffer heftige Explosionen und anschließend einen großen Brand aus. Auf See wurde ein feindliches Handelsschiff von etwa 4000 BRT. durch mehrere Bomben mittschiffs getroffen. Es blieb brennend mit starker Schlagseite liegen. Ein Unterseeboot versenkte zwei bewaffnete feind- liche Handelsschiffe von insgesamt 7000 BRT. 3» Westdeutschland und in den besetzten Gebieten durch nächtlichen feindlichen Bombenwurf ^«reHhteter Sachschaden konnte rasch wieder behöbe« werden' Emig« Wohnhäuser wurde« zerstört, ein Bauer«» gehöft brannte vollkommen ab. Der Gegner verlor gestern 10 Flugzeuge, davon ein» durch Flakartillerie. Vier deutsche Flugzeuge werden Luftangriffe auf Ade«. Rom, 10. Okt. Der italienische Wehrmachtsbericht von heutehat folgenden Wortlaut: 3n Nordafrika belegten feindliche Flieger Tobruk mit Bomben, wobei es außer leichtem Sachschaden drei Tote und sechs Verwundete gab. Ein feindliches Flugzeug wurde von der Marineflak abgeschossen. 3n Ostafrika überraschten und vertrieben unsere Abteilungen feindliche Streitkräfte in Mar Deglo (Kenya). Eine unserer Fliegerstaffeln machte einen Luftangriff auf Lolobati (südöstlich von Wajlr) und beschoß im Tiefflug die feindliche« Lager. Eine weitere Staffel bombardierte die Hafenaalagen und Lagerhäuser von Aden, sowie die im Hafen liegenden Schiffe. Feindliche Flieger warfen Bomben auf Lheren, Buna, de Eamere, Sura und Mai Edaga, ohne Opfer oder Schaden zu verursachen, während bei einem Luftangriff auf Assab unter den 3talienern und Eingeborenen zwei Tote und einige Verwundete zu beklagen sind. 42 Londoner Bezirke bombardiert. Eine amerikanische Meldung von heute, Donnerstag, morgen besagt «. a.: „3n wahrer Wut rasten die letzten deutsche» Angriffe über London, in der vergangenen Nacht und am frühe« Donnerstag brauste wieder Welle über Welle deutscher Bomber über London dahin und brachte über die belagerte Hauptstadt einen Schrecken ohnegleichen. Brand über Brand entstand. Die Sani täter krochen durch die von Trümmern übersäten Straße» und irrte» wie wild unter dem tödlichen Hagel der Bomben und im flackernde» Scheine der Leuchtschirmraketen umher, um Tote und Verwundete ans den Gebäude» z« bergen, die ent weder von Bomben zertrümmert waren oder von Flammen zerstört wurden. Mindestens 42 Londoner Bezirke sind wieder bombardiert worden. Die Deutschen warfen wieder Bomben von solch schrecklicher Sprengkraft ab, daß Kraftwagen in den Straßen umhergeschleudert wurde«. Während der kurzen Pausen im Gekrach der Bomben und im Donnern der Flak geschütze vernahm man das Maschinengewehrgebell der Flieger- kämpfe, die sich im kalte« Mondlicht am Himmel abspielten." Gegenüber dieser dramatischen Schilderung, bei der zu beachten ist, daß sie der britischen Zensur unterlag, meldet das britische Luftfahrtministerium trocken, in der Nacht zum Don nerstag hätten die deutschen Flugzeuge über London und Umgebung sowie anderen Gebieten in Südengland, in Nord westengland und in Südwales Bomben abgeworfen. Die im Londoner Gebiete verursachten Feuersbrünste seien auf ihren Herd beschränkt worden. An verschiedenen Stellen hätten die Bomben Häuser zertrümmert und 3ndustriebauten beschädigt. Und der Londoner Nachrichtendienst ist noch zurückhaltender. sfe ohne Panse. Themsebogen «nd i« Süde«gla«b. Aurückmeisnug vo« Hetzmeldungen. Moskau, 10. Okt. Die Taßagentur stellt fest: „Die aus ländische Presse und insbesondere die englische Zeitung „Daily Telegraph and Morningpost", da» Nachrichtenbüro United Preß «nd die griechische Zeitung „Bradini", veröffentlichen von Zeit zu Zeit Nachrichten, wonach die Sowjetregie, rung von der deutschen Regierung die Rück gabe der ehemals polnischen Gebiete gefordert habe, die an Deutschland übergegangen sind, und Be sprechungen in diesem Sinne zwischen den UdSSR, und Deutschland stattfinden. Wir sind ermächtigt, zu erklären, daß alle diese Nachrichten in allen Teilen erfunden sind und zu jenen Alarmmeldungen gehören, die zum Zwecke der Herausforderung verbreitet werden." Während des- Mittwoch, so behauptet er, hätten zahlenmäßig geringe deutsche Formationen in sehr großer Höhe das Lon doner Gebiet überflogen, doch sei es nur ein oder zwei Ma schinen gelungen, London zu erreichen. „Der Schaden ist nicht groß." In der Nacht zum Donnerstag hätten die deutschen Flieger das Mondlicht ausgenutzt, um früher über London zu erscheinen als sonst. Lediglich eine Kirche und drei leere Autobusse seien beschädigt worden (!). Aus der oben wieder gegebenen Schilderung des Amerikaners ist ersichtlich, was von diesen Mitteilungen des Londoner Nachrichtendienstes zu halten ist. 11 - Stunde« Fliegeralarm i« der Nacht. „Pausenloser, alle Rekorde schlagender Angriff", „Intensive Nachtattacken", „Nach dem längsten Tagesangriff der bisher längste Nachtangriff mit 1116 Stunden Dauer", „Ununter brochener Strom deutscher Fliegerverbände", so oder ähnlich berichteten gestern ausländische Blätter über die seit der Nacht zum Dienstag ununterbrochen gegen England, besonders gegen London rollenden Vergeltungsangriffe. Dabei ist zu berücksichtigen, daß- die englische Zensur das Schlimmste streicht. Selbst Reuter, der^rülle von der deutschen Luftwaffe den englischen kriegswichtigen Betrieben zügefügten Schäden verkleinert oder unterschlägt, meldet, „die deutschen Luftan griffe hatten in der Nacht zum Mittwoch eine große Ausdeh nung". Man habe das Erscheinen deutscher Flugzeuge niemals unter 100, aus dtn verschiedensten Gebieten Englands gemeldet. Reuter spricht dann von dem „großen Umfang" und dem „systematischen Charakter" der Angriffe, bei denen ein „wahrer Straußs von Brandbomben und hochexplosiven Bomben niedergegangen sei. Der Londoner Kurzwellensender stöhnte in der Nacht, während er seine Lügen in die Welt streute: Zur Zeit erleben wir hist: in London einen der schwersten Nachtangriffe seit Kriegsbegym. Der Feind fliegt in Wellen, in kleineren Grup- pen ein. Der Londoner Volksmund hat die Gegend um die Docks bereits „Dünkirchen" getauft. Amerikanische Agenturen sprechen von einem.„pausenlosen, alle Rekorde schlagenden" Angriff, den Hunderte deutscher Flug- zeug in der Nacht zum Mittwoch und Mittwoch früh auf 30 Londoner Gegenden und 20 andere Gebiete Englands ausge führt hätten, ferner von sechs schweren Explosionen im Her zen von London. Beträchtliche Schäden seien an der unteren Themse — wo bekanntlich die großen Docks und Oelbehälter liegen — angerichtet worden. Nach der Presse ist der Angriff am Dienstag der „bisher größte" gewesen, den London wäh rend des Tages erlebt habe. 50 deutsche Maschinen seien bis zur Stadt durchgebrochen. Auf diesen bisher längsten Tages angriff sei dann der bisher längste Nachtangriff, der 1116 Stunden gedauert habe, gefolgt. Das in den wichtigsten Ver- kehrsstraßen angerichtete Chaos sei geradezu fürchterlich ge wesen. Auch der Berichterstatter des Madrider „ABC" schreibt, daß es in der Nacht zum Dienstag Bomben aller Kaliber nur so gehagelt habe. Nachdem die Stadt bereits am Morgen sieben Luftalarme hinter sich gehabt habe, seien plötzlich mehrere Stukas aus dem Himmel herabgeschossen. Dieser Angriff, der von 100 Maschinen durchgeführt wurde, sei der bisher heftigste bei Tageslicht gewesen. Das Sicherheitsministerium hat angeordnet, daß zur Her- stellung von Pritschen für die Luftschutzunterstände Holz aus den Ruinen der zerstörten Gebäude verwandt werden soll. Dies ist kennzeichnend für den Holzmangel in England. Eng land ist bekanntlich zu 95 v. H. auf die Holzeinfuhr angewiesen, rund 75 v. H. der englischen Holzeinfuhr kam in normalen Zeiten aus dem nordischen Naum. Nachdem durch den Gegen schlag der deutschen Wehrmacht der nordische Raum für Eng land abgeriegelt wurde, setzte in England sofort ein sehr fühlbarer Holzmangel ein, der sich von Monat zu Monat verschärfte. Die Holznot Englands wirkt sich besonders im Kohlenbergbau aus, wo das Grubenholz immer knapper wird. Dasselbe England, das Deutschland durch die Blockade von allen lebenswichtigen Zufuhren abschneiden wollte, verfügt also jetzt nicht mehr über genug Holz, um Betten und Bänke für seine Luftschutzräume bauen zu können. Die Bedeutung der Po-Armee. Röm, 10. Okt. Der Duce nahm gestern bei Görz die Parade über das XI. Armee-Korps ab und wohnte zusammen mit dem Kronprinzen und dessen Generalstab einem Manöver bei, das die Eroberung stark befestigter Stellungen zur Ausgabe hatte. — „Popolo -i Roma" schreibt, di« italienischen Heere ständen Panzerkrebse. Der französische Schriftsteller Mauro is, bis zur Niederlage Verbindungsoffizier bei der englischen Armee, hat in einer amerikanischen Zeitschrift einen Aufsatz veröffentlicht, der sich mit der Vorgeschichte und den Ursachen des französi schen Zusammenbruches beschäftigt. Auch hier wird das Be streben sichtbar, die Kräfte und den RUstungsstand Frankreichs in den Jahren vor dem Ausbruch des Krieges als unzu reichend hinzustellen. Auf die Haltung gegenüber den zahl reichen Bundesgenossen hat diese angebliche Unzulänglichkeit damals keinen hemmenden Einfluß gehabt; diesen Bundes genossen versicherte Frankreich stets seine Stärke und seine Treue in der Erfüllung aller Verpflichtungen. Im Dienste der These der mangelhaften „Bereitschaft" Frankreichs berichtet Maurois von einem französischen Obersten, der in Lyon ein Kampfgeschwader befehligte und ihm schon Jahre vor dem Kriegsausbruch erklärt habe, daß die französische Luftwaffe wegen der geringen Zahl und der Ueberalterung ihrer Ma schinen im Kriegsfälle nichts anderes tun könne, als ehrenvoll zu sterben. 1937 soll die französische Flugzeugherstellung auf siebenunddreißig Maschinen im Monat gesunken sein. Der englische Kriegsminister Hore-Belisha habe, als er im Sommer 1939 zum französischen Nationalfeiertag nach Paris gekommen sei, mitgeteilt, daß er im Ernstfälle zunächst höchstens sechs Divisionen auf das Festland entsenden könne. Ueber die Vorgeschichte des Krieges hat Bonnet, der ehemalige Kriegsminister, Maurois folgende Schilderung ge geben: „Wenige Tage vor dem Krieg, gegen Ende August 1939, ließ ich zwei von den hohen Offizieren zu mir kommen, die für die Leitung unseres Heeres und unserer Luftwaffe verantwortlich waren. Ich erzählte ihnen, daß wir dem Krieg entgegentrieben, daß er unvermeidlich werde, wenn Polen nicht sehr bald nachgebe. Trotzdem, fügte ich bei, werde ich den Polen raten, Danzig und den Korridor an die Deutschen ab zutreten, wenn Sie mir erklären, daß wir keine durchaus begründete Aussicht auf Sieg haben. Ich weiß, daß ich damit eine ernste Gefahr heraufbeschwöre. Man wird sagen, ich habe Polen verraten, nachdem ich schon die Tschecho-Slowakei ver raten habe. Aber das tut nichts zur Sache. Alles lieber als die Vernichtung unseres Landes, die außerdem auch die Ver nichtung Polens mit sich brächte. Glauben Sie ja nicht etwa, daß ich den deutschen Kampfwillen falsch einschätze. Vielleicht liegt es aber in unserem Interesse, den Ausbruch des Krieges zu verzögern, sechH Monats oder ein Jahr Frist zu gewinnen sstr eine gewaltige Ausrüstung. Deshalb stelle ich Ihney jetzt die Frage: Liegen dringliche militärische Gründe dafür vor, daß man Polen dieses Opfer zumutet? Die Offiziere erwider ten, jeder für sich, daß sie keinen Militärischen Grund für einen Aufschub des Krieges erkennen könnten und daß ein solcher Aufschub für Deutschland ebenso nützlich wäre wie für uns. Unter diesen Umständen blieb mir nichts mehr zu tun übrig." Nach dieser Darstellung aus Bonnets Munde wäre es ihm im Herbst 1939 also gar nicht um die wirkliche Sicherung des Friedens gegangen, sondern nur um einen Zeitgewinn für die französischen Kriegsvorbereitungen, um ein neues Rüsten mit allen Hintergedanken. Es ist in diesem Zusammen hänge bemerkenswert, daß Churchill seinem Freunde Maurois gegenüber schon während des abessinischen Konfliktes das Zurückweichen Englands durch, einen Pergleich mit einem Panzertrebs erklärt hat. Dieses Tier ziehe sich in ver schiedenen Perioden seines Lebens, in denen es die Schutz- panzerung verliere, in eine Felsspalte zurück, bis ihm der neue Panzer gewachsen sei. (Diese Krebstaktik wendet Chur chill auch jetzt wieder an. Sie wird ihm aber diesmal nicht gelingen. E. V.) Auf Grund der Mitteilungen Bonnets gibt Maurois auch eine Erklärung für die seinerzeit viel beachtete. Tatsache, daß d>e französische Kriegserklärung der eng lischen mit einer Verzögerung von mehreren Stunden folgte. Bei dem letzten italienischen Vermittlungsversuch habe sich Bonnet dem Grafen Ciano gegenüber verpflichtet, daß Frank reich nicht vor Sonntagmittag (am 3. September 1939) ein endgültiges Ultimatum an Deutschland richten werde. Aus diesem Grunde sei das französische Ultimatum in Perlin erst um zwölf Uhr mittags überreicht worden, fünf Stunden nach dem englischen und eine Stunde, nachdem England bereits den Krieg erklärt hatte; nachmittags um fünf Uhr erst folgte dann die französische Kriegserklärung. Es hätte nahegelegen, daß England und Frankreich ihr Vorgehen auch zeitlich in Ueber einstimmung gebracht hätten. Am Sonntag um neun Uhr vor mittags sei jedoch Bonnet von Lord Halifax aus London telephonisch angerufen worden, und dieser habe ihm gesagt: „Ich kenne die Gründe, die Sie daran hindern, vor Mittag Ihr Ultimatum abzusenden, aber wir haben dem Grafen Ciano kein solches Versprechen gegeben und sind verpflichtet, unser Ultimatum schon heute morgen abgehen zu lassen. Das Unter haus tritt um Mittag zusammen. Wenn der Premierminister dort erscheint, ohne seine Zusage gegen Polen eingehalten zu haben, kann ihn eine einmütige Bewegung der Entrüstung stürzen." So hat also eine parlamentarisch-taktische Ueber- legung in London in letzter Stunde auf das Schicksal Europa» einwirken dürfen. Ein härteres Urteil über die Verantwortun gen beim Ausbruch der Katastrophe im Sommer 1939 ist kaum denkbar. in Ostafrika, in Aegypten, in Albanien und im französisch«» Alpengebket. Mit der Poarmee verfüge man darüber hinaus über eine vollkommen unversehrte Heeresmass«, di« jederzeit einsatzbereit sei und blitzartig ihr ganzes Gewicht an den Punkten geltend machen könne, die gerade von größtem In teresse sind. Dabei könne die Po-Anne« schon wegen ihrer geo- graphischen Lag« rasch nach allen Richtungen geworfm wer den. Das Blatt erinnert dann an das Wort Mussolini», daß die beste Verteidigung im Angriff bestehe.