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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 14.11.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-11-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111114018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911111401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911111401
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-11
- Tag 1911-11-14
-
Monat
1911-11
-
Jahr
1911
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BezugS-PreiS ivr L«iv,ig und Vorott» durch »nl«r« Iräa»i und So«d«i»ui» 2m al loaltch in» vao»a<dcaa>i »UPI. monalU L7VHU. vi<n<ltakit B«> vntern Sltlal«» a. Ln» »»-»»stelle» adnedolt ??i Pt. monatig LLdSN. oierteliährl. Dur» »«« P»U: innerhalb Deunchlanb» und brr drultche» Nolonirn vierleliadcl. ».»>> Pik., monatl. 1LU Pit. auricizl PottdelleUaeld Kerner in Belgien, Tonemori den Tonaullaalen. Italien. Luremdunr. «Iiederlanb». «tor» wegen LHlerreick. Unoar» Bukland, Schweden^Ecdweu a Eoanrrn. In allen übrigen «laaien nur oneki duich die ibrichaiteilell» de» Blatte» «rhüliuch. Da» Lelpetgei Taaedlatt erlcheint 2 mal täglich Lonn» a Keiertag» nvi morgen». Bdonnem»ni»-!tlnnadme Iadaanr»»«»« tl, de» unieien Trauern Kiiialen. erpebiteare» »nd BnnahmelirUrn. lowi« Ponamlern and Brietlragern. Et»»,l»,,iaul»or»i» lt> Pt- Morgen-Ausgabe. Nip ügcrTagthlali M ^aUoeis^elkUNg. rei.-rnlchl.!»M Ämlsösatt -es Rates und -es Rokizeiamtes -er Lta-t Leipzig. Anzeigen-PreiA filr Inserat» aa, e»t»»ig and Umgeb», di« IIpolttge Petttreile SPI-dteBeklame» »eil« l Mk. oon au»a»än» MPI, Beklamen l.MMk. Inlerate oon Beborden «m amt lichen Teil bi« Petttzeil« SU Pt Delchalt»ant«igen mit Plagvorlchrtsten im Prell« erhöht Badat« nach Tarif Beilagegebühr Telamt» autlage S Mk. o Taulenü erkl. Postgebühr. Teilbeilage Hoher. Keliertetlte Austraae können nicht zarück» ariogen werden Kilr da» Erscheinen an bestimmten Tagen »nd Plagen wird kein« Garantie übernommen. Än,eigen - Annahme' I»dann>»g»ss« 8, bei lamilichen Filialen u. allen Annoncen» Lrvrditionen de» In- und Auilande«. Druck »nd Verlag »ou Kischer t kkürfte» Inhaber: Paul teilest»». Nedaktion und tSrlchSst»it«l>o: Iohan»i»gaise lü Kaugl - Filiale Te»»d»u: Eceilrah« 4. l lTelepho» «j-'ll. Ar. 3l6. Vienslsg, üen lü. Nooemder iSll. l05. ZSisrgSNg. Die vorlieqendc AuSgalie umfaßt 18 Jenen. Das Dichtiglte. * Ter Reichstag verhandelte am Montag über die Interpellation über die Ar beiterentlassungen bei der Rcicbs-Eisen- bahn. (S. des. Art. und Neichstagsber.) * Die Türken unternahmen einen Angriff auf die italienische Stellung bei Bumiliana, wurden aber zurückgeschlagen. (S. bes. Art.) * Juanschikai ist in Peking einge troffen. (S. bes. Art.) * In Berlin ist eine Kleist-Stiftung zur ausreichenden Unterstützung werdender Dich ter ins Leben getreten. (S. bes. Art.) * Ein großer Straßenreiniger streik ist in New Aork ausgebrochen und bedrohtdie allgemeine Gesundheitslage der Riesenstadt. (S. Tageschr.) Smisliltilüie Grientpalltik. Die Gefolgschaften vom roten Banner pfle gen die Dinge, die um ihre Konventikel herum in der Welt Vorgehen und sich auf andere Sachen als Stundenlöhne und Arbeitsviertelstunden be ziehen, entweder mit der eleganten Handbewe gung abzutun, daß das Dichten und Trachten der „großen reaktionären Masse" sie und ihre großen Geister nicht interessiere, ooer mit der Sentimentalität des „Wafsen-nieder ^-Stand punktes zu beklagen. Daß immer noch wieder die Senis von den Kanzeln ihres Volks- tribunates herabkommen müssen, weil Mars die Stunde regiert; daß soeben wieder die Kanonen losgegangen sind, ohne daß das I. S. B. (Inter nationale Sozialistische Bureau) in Zürich be fragt wurde, wie Herr Troelstra gerne glauben machen wollte: das dünkt den einen ein Aerger- nis und den anderen eine Torheit. Was Wunder, daß die Zukunftsmänner jetzt die Lärmtrommel rühren und in einem tönenden Aufruf zu Massen versammlungen des Protestes, zum Kriege der Rede gegen den Krieg des Schwertes laden! Mögen rn rückständiger Weltanschauung Be fangene spötteln über sich blähendes Gerne- grohtum: das I. S. B. läßt sich nicht ungestraft verachten wie sein Bruder von des Zaren Gnaden im Haag, der mit arroganter Vornehmheit sich in Schweigen hüllte, als wieder einmal in einer wirklich großen Sache er als Mauerblümchen behandelt wurde. Ta nun also die Belgier des geschäftsführen den Ausschusses, Sitz Brüssel, ihren flammen den Aufruf in Hunderten und aber Hunderten sozialdemokratischer Blätter veröffentlicht haben, so muß nk^n die angekündigten Massenversamm lungen in allen Großstädten Europas über sich ergehen lassen und mag in Muße abwarten, ob das Silber, welches die Wanderredner des Bolksschiedsgerichtes eigener Berufung münzen wollen, höheren Kurs erlangt als das Gold der Schweiger im Haag, welche die Regierungen auf ihren undankbaren Posten gesetzt haben. Wir fürchten freilich, daß alle rote Beredsamkeit den Kampf um Tripolis nicht einen einzigen Tag früher zum Stillstände bringt, als es die Sprache der stärkeren Kanone ohnehin tun wird. Einen Vorgeschmack davon, mit wie wenig Verstand auch die sozialistische Welt von heute noch immer regiert wird, erhalten wir durch jene Stelle des Aufrufes, welche die Entsendung deutscher Kreuzer nach Agadir in einem Atem nennt und also auf die gleiche Stufe stellt mit der Gewalt politik Englands in Aegypten, Frankreichs in Marokko und sogar Italiens in Tripolis. Aber in der langatmigen Proklamation lesen wir auch einen Passus, der in auffälliger Weise herausfällt aus der Zukunftsstaatspolitik, welche die Herren im Gefüge der Gegenwartsorgani sationen treiben. Da steigen sie von ihrer him melhohen Warte in Wölkenkuckucksheim herunter und üben einen Augenblick praktische Politik oder wenigstens das, was sie dafür ansehen. Sie fühlen sich förmlich bewogen, auch der Türkei eine gute Lehre zu geben. Sie empfehlen ihr, ihre eigene Stellung zu verbessern und die Ge fahren eines ihr drohenden zweiten Krieges zu beschwören durch eine Annäherung an die andern Bgttanstaaten als Vorarbeit einer künftigen or ganischen Verbindung mit ihnen zwecks Ueber- brückung der bestehenden ethnischen ^Gegensätze. Mit einem Worte: sie machen Propaganda für den berühmten „Balkanbund". Nun scheinen zunächst die Leutchen zu glauben, daß die Verwirklichung dieses schon von manchen anderen gedachten Gedankens einzig und allein vom guten Willen der Türkei ab hänge, den sie bisher nicht gehabt habe, auf das gütliche Zureden des Züricher Orakels aber zweifellos nunmehr annehmen werde. Andere Leute setzen nun freilich die Aufgabe, die bul garischen, serbischen und griechischen Vergröße rungsgelüste mit dein natürlichen Bestreben der Türken zu versöhnen, sich wenigstens den Rest ihxes einst so viel größeren Reiches in Europa zu erhalten, so ziemlich den Schwierigkeiten einer Ouaüratur des Zirkels gleich und haben aus der Erfahrung "oreier Jahrzehnte den Schluß gezogen, daß die Hauptschuld an der ewigen Unruhe des Balkanlandcs nicht gerade an den fremdes Gut nicht begehrenden Ottomanen liege. Wenn es aber auch so gut wie undenkbar ist, die feindlichen Nachbarn auch nur auf eine solche Anzahl von Jahren zu einem Fricdensbunde zusammenzuschweißen, wie der jetzt in den letzten Zügen liegende Dreibund vorgehaltcu hat, so ist doch die Möglichkeit einer Augenblicksvereinigung zu Augenblickszwecken kein:sw gs ausgeschlossen. Eben an einem so gedachten Batlanbunoc arbeitet seit Jahren die russische und die englisch Diplo matie, früher im Gegensätze zueinander und neuerdings in schwesterlicher Harmonie, und Frankreich gibt seinen Segen dazu. Haben wir doch erst jungst in einer französischen Schrift gelesen, daß die „Triple-Entente" außer in der Zerstörung des Bismarckbundes auch darin sich betätigen müsse, daß sie durch Erschaffung der besagten Balkankonsödcration der deutsch-öster reichischen Liga eine zum mindesten von ihr un abhängige, möglichst aber ihr sogar feind liche Organisation an die Seite setze. Der Balkanbund ist also von dieser Seite als ein Werkzeug nicht bloß mehr der russischen, sondern jetzt auch der englisch-französischen Poli tik, als ein Mauerbrecher gegen die verbündete aroßgermanische Macht beabsichtigt. Und diese Bildung wird den Türken von der zum ersten Male in praktischer Tagespolitik dilettierendcn Sozialdemokratie empfohlen! Man mag sich zu nächst wundern, daß jene Rcvolutionsvartei, welche niemals müde wird, dem „Zarismus" ein vollgehäuftes Maß von Haß und Abscheu ent gegenzutragen, auf einmal die Geschäfte des Zaren zu besorgen unternimmt. Laß Rußland solchen Dienst sich gefallen lassen wird, daran ist ja nicht zu zweifeln. Haben doch seine Ge schäftsträger in Balkanlanden niemals Anstand getragen, sich der Hände des daheim mit Galgen und Sibirien verfolgten Anarchismus gegen Alexander von Battenberg, gegen Stambulow zu bedienen! Wir wollen gerecht bleiben und die deutsche Sozialdemokratie nicht ohne nähere Beweise der bewußten Kenntnis von den Zielen und Zwecken bezichtigen, welche die diplomatische Wühlarbeit der Teutschlandsfeinde verfolgt, wenn sie ihren klug, freilich nicht im Sinne der Türken klug, ersonnenen Plan verfolgt. Bebel hat schon 1870 und später noch wiederholt er klärt, daß ein Krieg gegen Rußland der einzige sei, zu dem er gerne die Flinte auf den Rücken nähme. Aber wenn auch die Herren in Zürich und Brüssel, die Vanderveldc, Huvsmans usw., wirklich unschuldig im Sinne der moralischen Zurechnung an der Beihilfe zu Bestrebungen sind, die in Deutschland und Oesterreich als hochverräterische bezeichnet werden müß ten, dann lassen sie sich eben als Marionetten zu ihrer eigenen Parteisache fremden Zwecken von fernstehenden und ihnen durch irgendwelche Kanäle soufflierenden Drahtziehern mißbrauchen und haben bei ihrem ersten Ausfluge auf das Gebiet der praktischen Politik sogleich den glän zendsten Beweis ihrer Unfähigkeit erbracht. Der Reichstag. Hat es sich gelohnt? Hat der Reichstag den Er wartungen entsprochen? Landauf, landab war ge klagt worden, daß das deutsche Volk und seine Ver tretung, der Reichstag, von der Regierung zu der deutsch-französischen Auseinandersetzung nicht nach Gebühr hinzugezogen werde und daß die Regierung die Sache völlig verfahre. Run hat das Plenum des Reichstags sich so lange mit dem Abkommen beschäf tigt, bis kein Redner sich mehr meldete: hat er dem Laientum der Regierung das sachverständige Urteil, ihrer Schwäche die Stärke entgegengesetzt und so die gegenwärtige Stellung des Deutschen Reiches in der Welt befestigt und für zukünftige Aktionen den Boden bereitet? Schwerlich hat eine Partei die Vermehrung der Rechte des Reichstags lauter gefordert als die Sozialdemokratie. Als nun ihre Redner im Reichstag das Wort hatten und sich ihnen die Ge legenheit bot, vor aller Welt die Echtheit ihres Ringes zu erweisen, da haben sie recht enttäuscht. Der greife Bebel begann statt mit einer großzügigen Würdigung der schicksalsvollen Beziehungen Deutsch lands und Frankreichs mit der Austragung deutschen Parteistreiter, und Abgeordneter Schmidt-Berlin machte es kaum bester. Die von ihnen scheinbar so lebhaft ersehnte Gelegenheit, namens des deutschen Volkes zu sprechen, haben sie nicht benutzt. Hätten sie über Annahme oder Ablehnung der Verträge zu beschließen, so hätten sie das Marokkoabkommen an genommen, den Kongovertrag abgelebnt. Daß eine solche Haltung von allen anderen opponierenden Parteien mit Jubel begrüßt worden wäre, kann niemand behaupten: von einer Einigkeit der Oppo nenten kann also keine Rede sein. Im Freisinn war es, wenn wir recht sehen, in gewißer Beziehung umgekehrt. Seine Prelle schlug teilweise Tone an, als ob sie ins alldeutsche Lager übergegangen wäre; wo auf die Regierung geschimpft wurde, wollte man auf keinen Fall zurückstehen, und, ehe man es merkte, arbeitete man mit Argumenten der sonst so eifrig bekämpften Alldeutschen Da baben sich die Parlamentarier Wiemer und Hauß mann bemüht, die im Fortschritt gehegten gründ ätz- lichen Ansichten über die Beziehungen der Völler etwas reiner zum Ausdruck zu bringen. Wenn übrigens Wiemer offen e:llärte: er billige zwar nicht alles, was gegen den Reichskanzler geiagt sei, aber es könne nicht erwartet werden, daß seine Partei Len Kanzler verteidige, der sich bei Erör terung der Teuerung zu den wirtschaftspolitischen Auftastungen dieser Partei in io rchrosfen Gegensatz gestellt habe, so wird dadurch in die Beurteilung der auswärtigen Politik ein diese: ganz fremdes Moment hlneingetragen; nur die Offenheit der Erklärung wirkt veriöhnend; der Fort chritt scheint eben eine Parteiregierung zu wünschen, was sich aus seiner grundsätzlichen Zuneigung rur parlamenta rischen Regierungsiorm rechtfertigen läßt. Man könnte hinzusügen, Laß ein alldeutscher Führer seinen Beruf zur Kritik der Regierun' da mit an den Tag zu legen juchte, daß er das Unter nehmen eines bis heute mit uns verbündeten Staats von verantworlicher Stelle aiS „Raubzug" kenn zeichnete, oaß der Sprecher einer andern Partei, die sonst die wesentlich,te Aufgabe der Regierung im Handeln sieht, andeutete, es wäre besser gewesen, wenn Deutschland die weitere Entwickelung in Marokko adgewartet und der Mißachtung der Algecirasakte mit den Händen im schoße zuaeschant hätte. Man erhielte dann ein nicht er hebendes Bild von den Reichstagsverhandlungen. Das Bild würde noch wesentlich ungünstiger aus fallen, würde man ein ähnliches Mag von Satire aufwenden, wie von gewißen Seiten gegenüber der Regierung aufgewendet worden ist. Aber eben dieses wollen wir nicht. Es bleibt hoffentlich von den Reichstagsverhand lungen der Eindruck einer starken nationalen Energie zurück, das wäre ein wertvolles Gut, und es wäre geeignet, der amtlichen auswärtigen Po litik zum Rückhalt zu dienen. Wünschenswert wäre, Laß die Bitternis, die sich bei manchen nationalen Kritikern ange,ammelt har, bald hinweggeschwemmt wird. Wir denken dabei nicht an die Parteiführer, gegen die sich der Kanzler zur Wehr fetzte; die be treffenden Parteien wxrden vermutlich nach macht politischen Gesichtspunkten ihre Stellung zur Re gierung bei den kommenden Wahlen nehmen und nicht nach dem Gesichtspunkt der „gekränkten Unichuld". Wir denken vielmehr an die Teilnehmer der berühmt gewordenen Berliner Prelleversammlung und ähn liche Naturen, die dem harten schwäbischen Schädel des Staatssekretärs von Kiderlen ihren nicht minder harten Schädel entgegensetzen. Wie man noch rort- geietzt dem Auswärtigen Amte Manger an Fühlung mit der Presse vorhalten mag, ist eigentlich uner findlich; wenn man all das glaubte, was jetzt „ent hüllt" wird, könnte man eher zu dem Uneil kommen, daß doch irgendein Beamter des Auswärtigen Amtes zu vertrauens- und redselig gewesen ist. Herr von Kiderlen würde sich aber unseres Erachtens nichs vergeben, wenn er, nachdem der Marotlofrrede mit Frankreich eingeleitet ist, sich bemühte, auch mit den gekränkten deutschen Patrioten von der Feder, auf deren Unterstützung für eine kräftige auswärtige Politik er nicht leichtherzig verzichten wird, eine Verständigung herbeizuführen. Die Rechte unü Pflichten üer Lifenüshnsrüeiter. (Stimmungsbild aus dem Reichstage.) T Berlin, 13. Nov. (Drahtm.) Das tief in der 'Natur des Deutschen liegende Sehnen nach Gerechtigkeit gehört mir zu den Kräften — es ist nicht die einzige —, die die sozialen Kämpfe unserer Zeit herausführen. Nicht ganz leicht wird es den Männern, die auf der Grenze zwischen zwei Rechtsgebieten stehen, zu erkennen, wo Recht und Gerechtigkeit ihnen den Platz anweist. Die Eijen- bahnardeiter haben die besonderen Pflichten der Beamten, mit ihrem Fühlen sind sie indes öfters auf leiten der ireien Arbeiter. Sie Haden aber lelbst einen Beweis von richtiger Erkenntnis dieser deionderen Lags abgelegt, indem sich ihre Organisationen durchweg gegen das „Streik recht" ausgesprochen haben. Aber wie geschieht es nun? Eben dieser Verzicht wird als Hebel benutzt, um ihnen andere wirtichaftliche Vorteile, Ausbau der Arbeiterausjchüsse, Sicherstellung nach einer ge wissen Tätigkeitsdauer usw. zazuwenden. Der jozialdemokrati che Vertreter Mülhausens, Emmel, vegründete heute in der Sitzung des Reichs tags die Interpellation seiner Partei über die Entlassung mehrerer Eijenbahnarbeiter der Rcichseisenbahn. Nach seiner Meinung Haden die Entlaßenen nichts anderes gewollt, als wirtschaftliche Interessen im Verein mit ihren Mit- aroeirern zu vertreten. Die Darstellung des verant wortlichen Betriebsleiters der Reichseisenbahnen, Minister v. Brertenbach, fällt erheblich anders aus. Darnach ist es nicht so harmlos zugcgangen. Das Recht, sich in Vereine zuiammenzuschließen, Ver sammlungen adzuhatten, bestreitet der Minister nicht, doch verlangt er stramme Zucht und Ordnung, zumal an der Westgrenze des Reiche, und lehnt Arbeiter, die sozialdemokratische Gesinnung betätigen, ad. Gras Westarp (Kons.) und yüsfel (Rpt.) traten der Regierung zur Seite, während Becker-Arns berg (Ztr), der aus dem Stande der Arbeiter sekretäre hervorgegangen ist, Beck-Heidelberg (Narl.) und Müller-Meiningen (Vpt.) teils wirtschaftliche, teils ideale Vorteile den Arbeitern vindizieren, ohne sich extreme Forderungen zu eigen zu machen. Namentlich die Aneignung gegen solche Ueberwachungsmaßregeln, die das Vereinsrecht illu sorisch machen, wird lebhaft besprochen. Mit aner kennenswertem Erfolg bemüht sich Abg. Behren, (Wirtjch. Verq.) beiden Seiten gerecht zu werden und sowohl die besonderen Pflichten der Eisenbahn» arbeiten, als ihr Anrecht auf wohlwollende Behand lung ihrer Wünsche zu betonen. Der Minister kam nicht wieder zu Wort. Die Stürme, die die Behandlung der Eisenbahner organisation durch die bäurische Regierung in München hcrvorgcruscn Hal, blieben der heutigen Beratung iern. Eine ziemlich weitgehende Mäßigung im Ton der Redner war unverkennbar. Zum for mellen Abschluß wurde die Beratung der Inter pellation noch nicht gebracht, und es ist möglich, datz sie nach Erledigung des Kleinaktiengesetzes Sieder ausgenommen wird. Rus üen LkmülapFüruckrschen. In dem Staaishaushaltctat für das Königreich Sachsen, der den Ständen bei der feierlichen Eröff nung des Landtages zugcgangen ist, befinden sich eine Fülle interessanter Mitteilungen, die auch für die All gemeinheit von hohem Interesse find. Ueber dis neu begründete Kgl. Sächsische Landeskrimi- nalpolizei wird n. a. initgeteilt, daß seit Anfang 1911 versuchsweise ein LanoeskriminalpoNzeidienst unter der amtlichen Bezeichnung „Königlich Sächsische Landeskriminalpolizei" durch die Abordnung zweckmäßig vorgebildeter Beamter aus dem Exekutivpersonalbestande der Polizeidirek« tron zu Dresden, der Lanogendarmerie und der städ tischen Polizeiverwaltungen eingerichtet worden ist. Zweck und Hauptaufgabe der Landeskrimi nalpolizei ist die wirksame Unterstützung der Staats anwaltschaften und Untersuchungsrichter bei der Unterdrückung, Aufdeckung und Aus forschung solcher schwerer Verbrechen und Vergehen, die die öffentliche Sicherheit in besonders hohent Maße beeinträchtigen, weil sie sich über weitere Gebiete verbreiten oder Vermittelung der Schuldigen mit besonderer Schwierigkeit verbunden ist. Die Landeskriminalpolizci ist bei hrer Tätigkeit innerhalb des Königreichs Sachsen an örtliche Zuständigkeits grenzen, unbeschadet der städtischen Selbstverwaltung, nicht gebunden. Im Hinblick auf den erkennnbar guten Erfolg des Versuches soll die Einrichtung, und zwar nach Lage der Verhältnisse bereits vom 1. Januar 1912 ab als eine dauernde vorgesehen werden. Ueber das geplante Landesgesundbeitsamt wird mitgeteilt, daß vom 1. Juni 1912 ao die getrennt bestehenden sachverständigen Körperschaften des Landesmedizinalkollegiums und de« Kommission für das Veterinürwesen mitein- ander zu einer einheitlichen Landesstelle für Gesund heitspflege mit dem Namen „Landesgesund heit samt" verschmolzen werden sollen. Die Ver schmelzung ist nicht nur aus Gründen der Geschäfts vereinfachung wünschenswert, sondern sie ist auch ge eignet, die beste Erledigung der den genannten Kör perschaften zufallenden Aufgaben, namentlich auch in denjenigen Fällen sicherzustellen, die sowohl das In« teressengebiet der Humanmedizin wie der Veterinär wissenschaft berühren, z. B. M i l ch k o n t r o l l e. Fleischbeschau, Viehseuchen und dergleichen. Das Landesgesundheitsamt, gegliedert in drei Ab teilungen, und zwar für Medizinal-, für Veterinär- und für pharmazeutische und Apothekeran Gelegenheiten, soll sich über den Zustand des Medizinal-, Apotheken- und Vete rinärwesens im Lande ständig unterrichtet halten und berufen sein, die gesamten Interessen der öffentlichen Gesundheitspflege wahrzunehmen. Sein Geschäfts kreis wird insbesondere umfassen die Abgabe von Gutachten über Gegenstände des Medizinal- und Vete rinärwesens, einschließlich der Pharmacie und des Apothekerwesens, die Mitwirkung bei der Vorberei tung und Ausführung dahin gehöriger Gesetze oder landespolizeilicher Maßregeln und Veranstaltungen, die Abnahme der ihm übertragenen Prüfungen, die selbständige Erledigung einzelner Medizinal- und Veterinärgeschäfte sowie die Beaufsichtigung und Ver waltung der ihm unterstellten wissenschaftlichen Institute. Für öffentliche Wasserversorgung und Abwässerbeseitigung sind 15000 Jahresbeitrag in den Etat eingestellt worden. Die staatliche Förderung des öffentlichen Wasserversor gungswesens, namentlich durch die Gewährung von Beihilfen an die Gemeinden zum Zwecke der Erbau ung von Wasserleitungen, hat sich als ein dauerndes Bedürfnis erwiesen. Aus diesem Titel sollen ferner im Interesse einer durchgreifenden Bekämpfung der Waßerverunreinigung durch die Abwässerung von Ortschaften und gewerblichen Betrieben auch Aus gaben gestrichen werden, die entstehen durch die Prü fung der Projekte der Gemeinden für den Bau von Abwässeranlagen nach der hygienischen, wirtschaft lichen und bautechnischcn Seite. Zur Gewährung von Darlehen aus Staatsmitteln an landwirtschaftliche und ge werbliche Genossenschaften und juristische Personen des öffentlichen Rechts sind insgesamt 0 Millionen Mark bereitgestellt. Der hiervon für Darlehen an Gemeinden zur Förderung der Industrie im allge meinen und zur Weitergabe an Kleingewerbetrei bende. insbesondere zur Benutzung elektrischer Kraft und zur Beschaffung von Antriebs- und Arbeitsmaschinen, zur Beifügung stehende Anteil von 2 Millionen Mark ist aufge- braucht. Weitere Gesuche um Darlehen würden des halb unberücksichtigt bleiben müssen, da auch die durch die Rückzahlungen verfügbar werdenden Beträge zur Befriedigung des Bedürfnisses nicht ausreichen. Da sich die Einrichtung, wie sich schon aus ihrer regen Inanspruchnahme ergibt, für den durch den Wett- bewerb der Großindustrie bedrängten gewerblichen Mittelstand segensreich und erforderlich bewiesen hat. auch die Darlehnsbedingungen seither von den Dar» lehensempfänger gewißenhaft eingehalten worden sind, hält es die Staatsregierung für ihre Pflicht, die Bereitstellung weiterer Mittel für den Zweck in Höhe des eingestellten Betrages zu er bitten. Von dem im Falle der Bewilligung zur Ge währung von Darlehen insgesamt bereitstehenden 7 Millionen Mark würden je 2 Millionen auf landwirtschaftliche Genossenschaften und auf gewerbliche Zwecke und 1 Million auf gewerbliche Genossenschaften entfallen. FürdieBeschasfungeinesBauplatzes in Dresden für Museumszwecke sind ma- gesamt 800 000 »a, also pro Jahr 400 000 lk in den ordentlichen Etat eingestellt worden. Als Bauplatz wurde das Grundstück Herzogin-Garten in Aussicht genommen. Um die Bebauung dieses Grundstückes
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