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Nr.1»S 1V. Jahrg. Deschästrstek« »«» ««tzattt»»» Lre«»«»»A. L8, tzolbrinftraß« 4S SäÄMe DoulterSlag 17. Juni 192V F«r»sp*ech«» L1NV Poftsch««»Aontor Leipzig «r. 14797 volfszeuuna «-tngSvritS, M-rtillShrN« d, de, »es»»ft»st«Ile -de« von der Po» adgehoU «»««ded mtt Wust«. d«"°S» ^ «u-aade n ».4« In Dresden und «an, Deutschland stet »au» An»,ab» 4 10.« ««»«ab« » ».»V - Die Tächstsch« BoUSzeMm, erscheint an allen Sochentagen nach«. — «vrechstuiid» der Rebattion! 11 dt» 1» Uhr vorm. Aujetaen, «imahm« von chelchLIISanzeizen dlt 10 llhL von Famtllenansetgen dis II Uhr dann. — Vret« für dl« P«>tt^datt,eUe 1.40 tm ReklameleU S.50 g». grunlllenan,eigen I.»0 4». - Für undeutlich geschrteden». sowie durch Kirnsprecher ausgegebene Anzeigen Wimen «tr dt« »erantwortlichkett sür dt« Nichtigkeit de« Leite« nicht iide-nehmen Ltnrinbervsgt Wir leben in einer sturmbewegten Zeit. Der Kriegsbrand, der sich über ganz Europa wie eine riesige, alles vernichtende Feuer welle niederreißend und zerstörend sortgewälzt hat, ist zwar äußer lich zur Erstickung gebracht, im Innern der Staaten aber schwelt und glimmt es immer weiter. Nicht nur blühende Städte sind unter dem Tritte der Kohorten in Schutt und Trümmer gesunken, sondern Trümmer sind auch nur übrig geblieben von dem einstigen Slaaten- aufbau Europas. Der äußeren gegenseitigen Vernichtung folgte die innere Zersetzung und die inner« Umwandlung der Einzelnen. Un. zufriedenheit, Stillstand, wirtschaftliche Not und das mühsam schlep pende Tasten, sich durch die Zeiten hindurch zu winden, sind die ins Auge fallenden typischen Merlmale der durch den Krieg geschwächten europäischen Staatenwelt. Diese Zeit braucht Versöhnung und zer fleischt sich nach der furchtbaren Lehre des langen, Verblendung brin genden Krieges nutzlos im inneren Zwist und Hader. Wettvolle Kräfte liegen brach oder stehen angewidert abseits. Ueberall, wohin man sieht, innere Schwierigleiten und in ihrem Gefolge KabinettS- Ireisen ohne Ende. Die Menschen ringen verzweifelt nach Meisteningl Eist jüngst hat unser Nachbar und Stammesbruder Oesterreich eine schwere innere Krise überwunden. Die auch dort mühsam zu stande gekommene Arbeitsgemeinschaft zwischen Sozialisten und Christ lich-Sozialen war in die Brüche gegangen ob der Unvernunft einer durch den Krieg verwildetten radilalen Soldatesla, die unerfüllbare Fordeningen erhob. Die Gefahr eines vollständigen inneren Zusam menbruches stand für das Restgebilde Deutsch-Oesterreich in drohender Nähe. Man dachte an Auflösung des Kabinetts, man forderte ge. bieterisch sofortige Neilwahlen zirr Feststellung des Vollswill'ns. Es drohte das Chaos. Nunmehr ist diese schwere Krise nach den jüngst vorliegenden Meldungen überwunden. Die im Auseinander- streben begriffenen Parteien haben sich wieder zusammengefunden, um auch weiterhin gemeinsam zu arbeiten. Die Regierung bleibt im Amte unter Beschränkung des Arbeitsprogramms auf bestimmte Ge sichtspunkte. Neuwahlen sollen erst im Herbst stattfinden. Noch ein mal in letzter Minute ist das Gespenst einer inneren Auflösung an Oesterreich vorübergcgangen. Dieses Land deutscher Stammeseigen, att wird zu Tode gepeinigt von unversöhnlichen Gegnern. Es weiß, daß es zu uns gebört und sehnt sich nach dieser Verbindung. Noch ist der Weg verschlossen aber hüben wie drüben werden wir stets nach deutscher Einheit streben. Italien, dem einen der Sieger, geht es nicht bester. Auch an Ihm gehen die Zeiten trotz Siegeslorberr nicht spurlos vorüber. Hier ist die Krise seit Nittis erster selbst herb-igesührter Kammernieder, läge latent. Wiederholt mit dem Vertrauen des Königs ausgestattet, ein Kabinett zu bilden, hat er eS nun endgültig ansgegeben, sich dieses Versuches noch einmal zu unterziehen. Man hat sich nun an Gio- litti, den Bielgeschmäh'en. gewandt, der also nunmehr wieder seine Auferstehung ins politische Leben hinein, von dein er sich ver ärgert zurückgezogen hatte, feiern kann. Die italienische Presse nimmt sein Wiederkommen günstig auf: sie bemüht sich, einen ungünstigen Eindruck dieser Wahl auf die Alliierten von vornherein abzuschwächen und als unbegründet hnzustellen, indem iie in erster Linie darauf hinweist, daß GiolltÜ durchaus auf dem Boden der heutigen Lage stehe. Seine Ziele scheinen sich nach zwei Richtungen hin zu bewegen, einmal will er darauf hinwirken, daß die Beschlüsse von Hvthe nicht mehr als endgültig angesehen werden sollen und dann will er sich für die Erfüllung des Londoner Vertrages einsetzen. Der „Popolo Romano" schreibt, die Rückkehr Giolittis bedeute keinerlei Reaktion gegen die Verbündeten, mit denen Italien vielmehr im besten, ja sich mehr und mehr bessernden Einvernehmen leben wolle. Bemer kenswert dürfte noch sein, daß in das Kabinett Giolitti, wenn man den Meldungen Glauben schenken darf, als Kultusminister der aus gesprochen deutschfreundliche Professor an der Universität Neapels Benedctto Eroce, eintreten soll. Wir sind nicht so töricht, mit der Wahl dieser Persönlichkeit allzu große Hoffnungen zu verknüpfen, denn der Einfluß dieses Ministeriums auf die äußeren Geschicke dürfte nicht sonderlich groß sein. Selbstverständlich aber nehmen wir gern Anlaß, von dieser Personenwahl angenehm berührt zu sein. Schwierig gestalten sich auch die Dinge im Norden Europas. Finnland und Schweden rechten um die Aalands» inseln. D'e Finnen haben dort Truppen gelandet, ein KriegS- lager eingerichtet und somit den Pariser Vertrag vom Jahre 1866 verletzt, in dem es heißt, daß keine militärischen Einrichtungen auf Aaland vorbanden sein dürfen. Die schwedische Regierung hat zu nächst in Bewahrung ihrer Ruhe Protest gegen diese Handlung der Finnen eingelegt. Sie fordert das Selbstbestimmungsrecht für die Aaländer die schwedischen Stammes sind. Wie die Sachen auSgehen werden, ist noch ungew'ß. Jenseits des Ozeans in Amerika beginnt der Kampf um die Präsidentschaft; er bringt schon jetzt in die Massen die Erregung hin. ein, die für amerikanische Verhältnisse besonder» typisch ist. ES heißt, daß auch Geldmittel der Bewerber dabei keine geringe Rolle spielen, von den Republikanern ist Harding als Präsidentschaft-.. Kandidat aufgestellt worden. Warren Harding ist Senator von Ohl» und dadurch Vertreter der großen Interessen der östlichen Industrie- zentren der Vereinigten Staaten. Er ist von Beruf Journalist und gegenwärtig Bankdirektor und Mitglied im Aufsichtsrat einer Reihe von Fabriken. Man sagt von ihm. daß er wirtschaftlich orientiert sei und nicht als Imperialist im politisch.mfltaristischen Sinne an gesprochen werden könne. Nach französischen Pressestimmen zu ur teilen, würde man eine Wahl in Frankreich nicht ungern sehen. Für uns ist er ein unbeschriebenes Blatt. Und wie steht eS in Deutschland selbst? In einigen Tagen wird die zweite Zone Schleswigs wieder von uns in Besitz und Verwaltung genommen. Und die Frage der Regierung? Ist endlich gelöst! Die Lage Europas und der Welt bietet ein Bild von der Unzulänglich keit alles Menschlichen. KI» llWkilkWM MMWW Deutsche Bolkspartei und Demokraten Die „Frankfurter Zeitung" (Nr. 428 vom 13. Juni) schreibt folgendes: „Wer die Vorgänge und Stimmungen in der Deutschen Volls- pattei, soweit sie in der Presse oder sonst in Aeußerungen politischer Kre se sür den Außenstehenden erkennbar wurden, aujmerksam beob achtete, der konnte schon unmittelbar nach der Wahl bemerken, daß diese Pattei ob ihres Sieges nicht recht froh zu werden vermochte. Die Volkspartei hatte einen starten Zuwachs erhalten, aber was sollte sie nun mit ihm beginnen? Den Wahllamps hatte man in einem Dreiviettelsbündnis mit den Deuischnationalen geführt, aber gleich, zeitig hatte man sich von vornherein ungefragt sür en Zusammen, gehen mit der Koalition angebolen. Und nun zeigten sich überall die Risse: von rechts her kamen Unfreundlichkeiten, von der Koalition mehr oder auch mrnder höfliche Absagen, und in der neuen, ange wachsenen Gefolgschaft ebenso wie in der neuen Fraltion fanden sich sehr heterogene Elemente zusammen, die sich wohl manchmal nicht ohne Verwunderung im gleichen Wagen sitzen sahen. Daß die Panei zu den Verhandlungen mit dem Reichspräsidenten nicht Herrn Dr. Stresemannn, der doch bisher alles zu können geglaubt hatte, sondern den erheblich »veniger belasteten Dr. Heiuze entsand.e, war schon ein Anzeichen. Jetzt aber tut die „Kölnische Zeitung" einen Schritt, der auch den für mancherlei Ueberraschungen Gewappneten verblüffen wird: in ihrem Freitag.Abendblatt bringt sic unter der Uebcrschrift „Sammeln" einen Artikel, der aus nichts mehr und nichts weniger hinausläust als aus ein FusionS angeb ot an die DemokratischeParteil Das ist das Ergebnis, nachdem inan zu viel gesiegt hat! Der Artikel des Kölner Blattes, auf dessen Echo bei der Ver schiedenen Seiten man gespannt sein kann, beginnt damit, die Volks- Partei sür die Koalition zu empfehlen. Es sei jetzt nöttg, die Späne sottzuschaffen, die beim Wahlkampf gefallen sind. In diesem inneren Streit dürfe es nicht Sieger und Besiegte geben, an einem Ver sailles hätten wir genug. Das Ergebnis der Wahlen sei, daß der Volks Wille keiner Partei, nicht einmal einer der Partei, gruppen, wie sie sich aus der bisherigen Lage abhoben, eine Mehr» heit zuerkenne: „Er verwirft die Umwälzintg von rechts und ton links, die Monarchie wie die Diktatur des Proletariats: er billigt auch weder die Rückkehr zur roin kapitalistischen noch die Einführung einer rein sozialistischen Wrtfchaftsordnung; daS Volk wll nicht aus schließlich konservativ oder liberal oder demokratisch oder sozialistisch oder nach den Grundsätzen des Zentrums regiert sein, und cs verwirft schließlich auch die Regierung der bisherigen Koalition non Zentrum, Demokraten und Mchrheitssozialisten. Was will es nun? Um das zu erkennen, st es wichiig festzustellen, daß eS die Umgestaltung der Staatssorm, den Uebergang von der Monarchie zur Republik, daß es ferner die demokratische Verfassung von Weimar und den Beschluß der Nationalversammlung den Frieden von Versailles zu vollziehen und seine Bestimmungen nach bestem Willen auszuführen. nicht verworfen bat." Diesem in den Wahlen offenbarten BolkSwillen folgt imn die Zustimmung der Deutschen VolkSpatteü Die bisherige Dreipar'eien- loalition habe, so fährt daS Kölner Blatt nämlich sott, jetzt keine Mehrhsit, aber sie könnte sie gewinnen, wenn „die Deutsche Volk spartei sich ihr analiedette, wozu dies; Pattei offenbar be. reit wäre. Das wollen die MehrheitUoziatisten und, wie es sche nt, ein Teil der Demokraten nicht, well sie b-haupie», diese Partei stehe nicht auf dem Boden jener dr»> Voraussetzungen: Anerkennung der Republik der demokratischen Verfassung und des Friedensvettrages. Ein Recht zu d'eser Behauptung würden sie erst dann haben, wenn sie der Deutschen Bolkspartei diese Fragen gestellt und eine ablehnende An'wort erhalten hätten Weshalb stellen üs oder stellt der Reichspräsident, der dazu in erster Linie berufen ist, diese Fragen nicht? Das Recht dam und die Pflicht der Partei darauf zu antworten, kann nicht bestritten w'.'den" Man muß zugestehen daß diese An wort, die die „Kölnische Zei tung" namens der Denffchen Vittr-mi-tet aus die bisher nicht an sie gestellte Frage gibt, schon -ine Leistung ist Denn in der Tat daß die Bolkspartei die Republik anerkenne, d'e sie verwirft, daß sie die demokratische Verfassung bejahe, geaen die sie in der Nationalver. sammlung gestimmt hat. daß fle ans dem Boden des Friedenspertrages strhe, dessen Annahme sie auch dem Teil der Demok-attschen Patte«, der In Wirklichkeit daaegen »gestimmt hatte, mm schwersten Vorwurf gemacht hat — das hätte man lerne alle? während des Wahlkampfes gehört! Aber es kommt noch viel inter-ssint-r. DaS Kölner Blatt wende» kk.h dann nämlich -en einzeln'» Koalitionsparteien zu. Es sagt den Mebrbeitssozialisten einige liebenswürdige und aufmun-ernde Sätze, b-gnügt sich gemm- über dem Zentrum mit der B-merknng daß dieses >a der Äuf- nahm« der Bolkspartei in die Eoattfloa offenbar nicht abgeneigt sei und Achtet dazwischen, waS offenbar der Hauptziveck der ganzen Uebung ist, den stärksten Kreunbe«,pp-kI an die Deutsche Dentolraltsche Partes. Folgendermaßen» „Auch für die bürgerlichen Demokraten, da» soll nicht verkannt werden, wäre eS ein schwerer Entschluß, den feindlichen Brüdern von der liberalen Nebenpar'ei nach einem so erbittert geführten Kampfe die Hand zu reichen. Könnte er ihnen nicht erleichtert werden, w»nn diese als dir vom Wahlglück Bevor zugteren, ihnen die H »ad r e t g e g e n st r e ckt e und die Fehde beendigte wie Preußen den Bruderkrieg mit Oesterreich? Wieder holt ist daraus hingemelen wo-b-n, das, programmatisch» Unter» schiede zwischen den beiden Barwien kaum mir der Lupe zu ent decken seien, und von dem dogmatischen Gegensatz zwi. scheu DemokrattSma» und Liberalismus, womit in den Anfängen der Patteiumbildungen die Scheidung begründet wurde, ist es stillgeworosn, sest dringende Gegenwart«- und bittere Magensragen die Aufmerksampttt vollauf in Anspruch nahmen. Gewiß sind solche Gegensätze Vorhänge» niemand, der die Geschichte des Parteiwesens kennt, wird sie leugnen; aber in der Neuzeit waren diese Gegensätze schon Sei i-«n Parteien der Monarchie so verwischt, daß sie höchstens noch als schärfwe oder mildere Tonart sich geltend machten, und als die Demokratische Partei sich austat strömten die Massen ihr zu, weil sie eS stir selbstverständlich hielten, daß mm unter der Demokratie diese Partei das Sammelbecken des gesamten demokratisch-liberalen Bürgertums sein werde Es würde dem Frieden, den wir fördern möchttn, nicht dienlch sein, wollten wir hier unsere Ansicht darüber aussprchen, weshalb sich diese Erwar tungen nicht erfüllt habe weshalb die Deutsche Volkspattei den Demokraten den Wind aus den Segeln nehmen konnte; genug, daß jetzt vielfach der Wunsch laut wird, eS möge eine Versöhnung zwischen den beiden Gesinnnngs verwandten zu- - stande kommen. . . Die Umbildung in unserem Patteiwesen ist noch nicht abgeschloffen, und Fusionen wären keine Neuerung in der Geschichte der Parteien. Auch über den Namen, den man einem solchen liberal-demokratischen Gebilde geben könnt«, brauchte man sich den Kops nickt zu zer brechen: hat es doch in Spanien -minal eine Partei gegeben, die sich liberal-konservativ nannte! Wenn man über den Hund kommt, kommt man auch über den Schwanz. Wir v'ssen nicht wie flch die Führer der beiden Parteien zu einer solcken Anregung stellen, der jenige aber, dem ein- Vereinflrckuna nns<>reS ism glücklich in 17 Gruvven zerklüfteten Parteiwesens wünschenswert erscheint, dürste sie N'cht von vornherein von der Han» weisen." Kann man noch mehr verlangen? Sogar über den Namen des zu fusionierenden Gebildes »erbricht man ssck b-reits den Kops. Wer hätte als in der letzten Wocke vor dem Wahlkampf die Agitation der Volkspatte! gegm die Demokratlscke Parte' allenthalben eine nicht mehr zu üb-rbittende Hitze erre''ckt hatte, wohl gedacht, daß man sckon in der ersten Wocke nack dem Wahlkamps derartige Töne der Sanft mut hören würde! Was mag an Auseinandettetznngen inner, halb der so unglücklich siegreichen Pattei diesem Artikel vorange gangen sein." Bayerischer Brie? München, Mitte Juni. Gerade vor einem Jahre fandcn in München die Gemeinde. Wahlen statt. Ein herrlicher, wunderbarer Sommertagl Der Bahn hof vollgepfropft, die Eisenbahnzüge überladen, eine Unmasse von Menschen strömte hinaus auss Land, zum Hamstern, aus die Berge. Die Aibeiter aber, und vor allem die radilalen Arbeiter, blieben zu hause. Und das Resultat? Nur 68 Prozent waren zur Wahl ge kommen. die Unabhängigen errangen einen gewaltigen Sieg und da- mit die Herrschaft auf dem Nathause. Heule graut es den Münch nern vor den Dingen im Rathause und nicht am wenigsten vor den Zahlungen, die vom Rathause veranlaßt werde». In der Provinz aber hört man sagen: Geschieht ihnen ganz recht den Münchner Bier. Philistern, wanim sind sie nicht zur Wahl gegangen. Fronleichnam 1920! Eine ungeheure Menschenmenge umiaumt die Straßen durch welche das Allerheiligste getragen wird. Kein Mißten stört die Prozession, die im vorigen Jahre gar nicht statt finden lonn'e. Unermeßlich groß ist die Zahl der katholiicken Stu- den-en, noch größer die der bürgerlichen Vereine. Einen unaus. löchlichen Eindruck machte sie auf alle Zuschauer, o auch auf :mie>en Gewährsmann der selbst schon öfters als Student und später «IS Beamter die Münchner Fronleichnamsprozession mitgemacht hatte. Aber so pompös war sie noch nie wie Heuer, weniger freilich durch die Oualitä: der Teilnehmer als vielmehr durch die ungeheure Men. schenzahl. Der Glanz des Hofes fällt weg und die ordenbeiäten Zivilröcke und Uniformen sind in den Kästen verborgen. Als Oberst von Epp mtt seinen Reickswehrsoldaten den Dom verließ, schallte ihm ein tanlendfältiges Hoch entgegen: ebenso d?m Erzbischof von Faulhaber 6. Juni 1920! Wenige Tage später und das Volk tritt zur Wahlurne Diesmal aber blieben die Münchner am Otte. Und das Resultat zeigt ein aan» anderes Messcht als voriges Jahr die Ge- meindewahlen. Die fübnmden Männer des banerischen Zentrums (Volkspattei), mit dem Minist-rpräfldenten von Kahr und dem ehe maligen Kuttnsminister von Kn>lli'na spracken in Massennettamm- lungen zu den Müncknern und beackerte» so den Boden, aus dem dann die Frucht des 6. Juni enttvroß. Der G-ißelmord und der Geißelmordprozeß mit seinen furchtbaren Entbüllungen zitterten in den Herzen der Münchener nock nach nnd »eiaten ibnen den Weg, den sie am Wahltage geben mnß'en. Der Erfolg war riesenhaft. Wäbrend vottaes Jahr bei den Land- und Reichstaqswablen die Sozialdemokraten mtt einer Mebrbeit von rund 25 000 Stimmen alle bürqetticken Parteien zusammen überflügelten, in zwe't-r Linie de Teutsckdemokratische Partei und in dritter erst die Banerffchr Vollspattei kamen, marsckiert setzt die Baveriscke Volkspattei mit rund 121 000 Stimmen w-ttanS an der Stütze aller Parteien. Ihr folgten mit e'wa 70 000 Stimmen die Unabhängigen, die bei den Gemeindewahlen über 77 000 Stimmen erzielen konnten, dann in dritter Lnie die Mebrbeitssozialisten mit etwa 46 000 Stimmen und die Mittelpatteiler mit 36 000 Stimmen D'e Dentschdemokraten erlebten einen katastropbaken Zusammenbruch und stehen mit 27 000 Stimmen unmittelbar vor den Kommunisten, die dank dem Zuzug aus den Re bm der Unobkängigen etwa 26 000 Stimmen ans sich vereinigten. Rein zabkenmäßig genommen, ist damit die Herrschaft der Rote« ans dem Münchner Rathau» gebrochen und nicht mtt Un-