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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration-- Preii 22j Silbergr. (j THIr.) vierteljährlich, 3 Thlr. für da- ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin Pränumerationen werden von jeder Buchhandlung (in Berlin bei Veit u. Comp., Iägerstrahe Nr. 25), so wie von allen Konigl. Post-Aemtcrn, angenommen. für die Literatur des Auslandes. 43. Berlin, Donnerstag den 1Y. April 1843. Deutsche Literatur in fremder Sprache. Die Memoiren der Markgräsin von Baireuth. °) Diese Memoiren, welche im Jahre I81V gleichzeitig in zwei verschiedenen französischen Ausgaben und in einer deutschen Ucbersetzung erschienen, haben ein großes Lesepublikum gefunden: allemal ein Zeichen ihres Werthes, ob gleich der scharfe, satirische Ton und die unumwundenen, im Gefühl erlittener Schmerzen niedergeschriebenen Erlebnisse dem Werke noch eine besondere An ziehungskraft verliehen haben mögen, welches dennoch so lange eine, aller. dingS mit Behutsamkeit zu benutzende historische Quelle bleiben wird, bis, vielleicht erst spät, die sehr umfassende Korrespondenz des großen Königs mit dieser seiner LieblingSschwester, der Markgräfin von Baireuth, erscheint und als Prüfstein an diese Memoiren gelegt werden kann. Bis dahin wird der Leser, welchem eS auf eine wahre Ansicht der hier behandelten Verhältnisse ankommt, eingedenk Dessen seyn müssen, was die Markgräfin Wilhelmine IL. I. p. 15«, der gegenwärtigen neuen Ausgabe, selber sagt: „Oe ober frere, k>eäeric, venoit p»»»er tonte» Iss spre» - iniäi» ober inni; non» Ii»iou», «crivion» en-einble et non» non» occupion» » non» eulriver I'e-pnt. ä'svoue hue »o» eeritursr rouloient »ouvent »ur äe» »atire», on le proekain n'eteit ps» epsrgne. äe ine »onrien» gu'en Ii»anl le Uoman eoinigne äe Lcsrron, non» en kiiue» une s»»er pl»i»snte spplicstion »nr Is cligue imperisle. ?^ou» noimnion» 6rumbkozv Is ksncune, 8eekenäorkk Is Uapmiere, le inargrave äs 8ckweät 8släagne ec le roi ksxotia. ä'svous gue j'etoi» tres-coupsble äe perüre sinsi le re»pevt gns je äevoi» su roi, mm» je n'si ps» äe»»ein üe m'epsrgner, et je ne pretenü» nulle- ment ine ksire grsc«. ttuelhue» »njet» lle plsinte» hue le» enken» pm»»ent svoir eontre leur» psren», il» ne äoivsnt jsinsi» oublisr ce gui leur e»t äü." Ob die Markgräfin mehr im Geiste jener schriftlichen Jugend-Uebungen oder mehr in dem moralischen Sinne dieser Nutzanwendung ihre Memoiren abgefaßt, wollen wir dem Leser zu entscheiden überlassen. Die neue Ausgabe ist von der alten Verlagshandlung sehr anständig ausgestattet, und der diesmalige Editeur, vr. Sy, Professor am Carolinum in Braunschweig, ist, nach seiner Vorrede, den besten Redactions-Prinzipien ge- folgt; wenn er aber sagt, daß er sich habe daraus beschränken müssen: „s ksire une guerre sclisrnve sur ksute» tz-puxrspbigue», s relsver guelgue» ecart» «le grsnunsirs et äe »txle" — so hätten jedenfalls auch die OrtS« und Per sonennamen, welche, besonders die letzteren, durchaus, theils nach damaliger schlechter Aussprache, theils anderweitig, sehr entstellt sind, richtig geschrieben werden sollen. °°) Auch würde der gelehrte Herausgeber uns zu noch größerem Danke verpflichtet Haden, wenn er unS über die ferneren Schicksale des von der Markgräfin selbst geschriebenen Manuskripts einige Worte gesagt, viel leicht auch ein Facfimile-Blatt aus demselben hinzugefügt hätte. Pros. Preuß. - 1 äe r-ä-Nä"- 8opkl« rVUKelwüie, ULrxrsv« äe Neeeitä, «oeur üe Vvtsterlo I« Ve«u6, Lcrit» äe ,, lusiu. 8ruu»«i°Ii, k°r«ü«r>e Vie»«L KI», I84S. a Vvi. m «. "j Lader fehlt e« aber auch in der neuen Auflage selbst nicht an zahlreichen Druck fehlern. D. R. Frankreich. Thiers' Geschichte des Konsulats und des Kaiserreichs. Seit den Tagen Kaiser Friedrich s des Rothbarts hat das gesammte deutsche Vaterland keine schöneren und ruhmvolleren Jahre gesehen, als die Zeit der Schilderhebung gegen die Tyrannei im ersten Viertel des laufenden Jahrhunderts. Immer loser waren die Bande des Reiches geworden nach dem Untergange der Hohenstaufen, immer größer die unselige Zersplitterung, immer unabhängiger die Gewalt der kleinen Fürsten. Im dreißigjährigen Kriege war das politische Bewußtseyn des Volkes vollends zu Grunde gegan gen, die Freiheit der Stände wurde in Staub getreten, und willig beugte das Volk seinen Nacken, ja cs verlor selbst das Bewußtseyn von der Schmach seiner Erniedrigung. Im nothwendig gewordenen Kampfe gegen sein eigenes Blut unter Friedrich dem Großen und durch den Impuls des gewaltigen Geistes, der sein Jahrhundert überragte, gewann es endlich wiederum eine Ahnung von seiner nationalen Kraft und seinem angeborenen Adel. Die deutschen Schriftsteller begannen neue Ideen aufzuschürfen, neue Ideen kamen herüber von jenseits des Rheins; da fingen die erstarrten Pulse allmälig wieder an zu schlagen und die erste Bewegung eines jungen Lebens sich zu zeigen. Aber nun war auch der Augenblick gekommen, wo die Sünden der Väter hcimgesucht werden sollten an den Kindern. Das ist der Fluch der bösen That: der Verrath einzelner deutscher Fürsten, der Berrath des Volkes am Vatcrlande trug nun seine giftige Frucht. Das Land wurde die Beute des welschen Eroberers, der Tyrann wurde die Geißel Gottes, die gerechte Strafe für den Abfall von der Wahrheit. Aber es war die Strafe des weisesten Richters, die Strafe d«S Vaters, der da nicht schlägt, um zu ver nichten, sondern um zu bessern. Fürsten und Volk erkannten in ihrer Er niedrigung endlich mit Klarheit, was zu ihrem wahren Frieden dient. Jene schlugen die alten überlebten Formen ein und brachen die Fesseln, und das frei gewordene junge Leben des Volkes erblühte bald in seiner ganzen Fülle und Herrlichkeit. Diesem Geiste freilich konnte der Titan von Korsika nicht mehr die Stirn bieten; er mußte in das Grab stürzen, das er durch seinen Abfall von seinem besseren Selbst sich schon mit eigener Hand bereitet hatte. O! eS war eine schöne Zeit, als Fürsten und Völker so redlich, so cinmüthig zusammcnstanden, als sie einander gegenseitig hoben und stärkten. Eine lustige grüne Saat von Thaten war ins Laub gegangen, fröhliche Hoffnungen wuchsen nach, getränkt von dem Blute Deutschlands edler Söhne; die Halme schossen kräftig empor, die Aehren — doch eS ist wohl fast ein Menschenalter her, daß jene große Zeit begonnen. Ein Menschenalter, was thut das? War's nicht der Geist, der nationale Geist? Der stirbt nicht, und wehe dem, der sich vermißt, ihn zu bannen, ohne von GotteS Gnaden ein Eckstein in der Weltgeschichte zu seyn. Napoleon war eS ohne Zweifel, und doch mußte er an seinem Unternehmen zerschellen. Die Zeit ist nun über sein Grab dahin- gegangcn, die Leidenschaften haben ausgetobt, wir dürfen ihm die gerechte Bewunderung zollen, wir dürfen es aussprechen, daß seine Geschichte für uns nicht nur ein welthistorisches, sondern, in Betracht dessen, was wir durch seinen Anstoß aus eigener Kraft erreicht haben, ein nationales Interesse hat. Um so allgemeinere Theilnahme, um so richtigere Würdigung können wir mithin auch für Deutschland dem großen Werke versprechen, in welchem der berühmte Zeitgenosse das Leben des Gewaltigen in ausführlicher beredter Schilderung an unseren Blicken vorüberführt. Zwar wird cs nicht fehlen an widersprechenden Ansichten, an mißliebigen Urthcilen, selbst an Verdäch tigungen; denn die Zeit ist noch weit entfernt, in welcher eine abgeschlossene pragmatische Geschichte Napoleon's ohne Haß und Eifer mit reiner Unpar- teilichkeit möglich seyn wird; noch stehen wir mitten in den zum Theil sogar aufgehaltenen und dadurch freilich nicht aufgehobenen, aber doch verzögerten Folgen der Entwickelung, die aus seinem Anstoße hervorging. Aber nur der Unverstand, nur die Herz- und Charakterlosigkeit wird die Begeisterung tadeln, mit welcher der Biograph seinem Helden von Thaten zu Thaten folgt, wird die Pietät scheel ansehen, welche über die ganze Darstellung eine so wohl- thuende Wärme verbreitet, welche für den Gefeierten nicht nur Bewunderung, sondern allgemein menschliche Theilnahme erweckt; der gesunde Sinn der überwiegenden Mehrzahl dagegen wird beide um so mehr berechtigt finden, als sie den Verfasser keincSweges gegen die Fehler des großen Mannes blind gemacht oder sein Urthcil wesentlich bestimmt haben. Schon in den ersten Bänden hat er auf das große tragische Interesse hingewiesen, welches der Sturz des Helden enthält, sofern er der eigenen Schuld zum Opfer fallen mußte.