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MjW Uolks^ckm I-«»' K'.-FW-L-L V-.L'"»» ^ Nr. 94 Geschäftsstelle und Redaktion Dresden.«. 1«, Holbeinstrahe 46 Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Mit U«rterh<rltr»i,s»beila-« Die illustrierte Zeit und Sonntagsbeilage Feierabend Freilag, den 25. April 1913 si»»«>a»n kimahme »on »elchltttSanzeiae» bl» 10 Uhr, von KSmlllcn anzelae» vlr II Uhr. Preis für die Pelit-SpallzeUe SO z. >m »teNamelkil KO 1.1 Für undeullich gefchrlebene, fowte durch Ferniprechcr auf. gegebene kn,eigen könne» wir die Bera»twortl>chkeil für die Richtigkeit de» Texte« iiich« übernehmen. Rei>nktionS>Tvrechil»nde: 10 bi« II Uhr vormittag«. Kür Rückgabe ctngcsandter SchrtftiiUcke macht sich die Redaktion I nicht verbindlich: Rücksendung erfolgt, wenn Rückporto bei- gefügt ist. Brieflichen «nsragen ist «lntwortSporto bet.ufüge». Fernsprecher 1366 12. Jahrg. Patriotischer Opferst»» ^ ia Theorie und Praxi« Scl>c auffallend und viel bezeichnend ist nach den za )- eeichen B-eichstn die b---nwä-iig sta,'° Abf-end-E de. deutschen Kapitals ins Ausland, besonders m d'e OckM^ otekt wo es einmal gilt, die in überschwenglichen Worten t/alKei patriotischen Festen zur Schm, getragene und kundgcgebene Liebe zum deutschen Vaterland praktlsch z betätigen durch einen tieferen Griff mdenGeldsackdal,s man in der ganzen Presse von der „Flucht d s Kapüa s n - das Ausland". Wer flüchtet m.t se.nem Kapital? Dumme Fragei Doch bloß die. Kelche solches haben und die sonst durch ihren Reichtum alle Annehmlichkeiten. Auszerchmmaen des Vaterlandes sich zu verschaffen vermögen und m Bchag lichkeit die Segnungen de» Friedens genießen mochten, ave . nicht geneigt sind, einen ihren finanziellen Kräften entspre chenden Beitrag zu den dafür erforderlichen Aufwendungen zu leisten. Wer die Drückeberger sind und wie s.e ihr Hand werk verstehen, darüber bekommen wir einigen Aufschluß durch den Artikel der „Köln. Volkszeitg.": „D.e Flucht vo r o em Opfer": . ^ „Noch bevor der Reichstag über d.e Wehr- und Deckuagsvorlagen endgültig entschieden hat, seht allenthal ben in deutschen Landen die Mobilmachung der Drückeberger ein. Wer von ihnen eS irgend möglich machen kann, sucht Mittel und Wege, um seine Beteiligung an dem großen patriotischen Opferfest nach Möglichkeit zu beschränken. Rette sich, wer kann! Wie bei der Umgehung der Stempel- und Einkommensteuer ist auch diesmal das sicherste Mittel, mit dem man dem Staatssäckel ein Schnippchen schlagen kann, die Flucht ins Ausland. Diese Flucht kann sich natürlich in ganz gesetzlichen Formen vollziehen. Wer will wohlhabende Leute und reiche Aktienge sellschaften hindern, ihren Sitz nach der Schweiz, nach Monaco oder sonst wohin zu verlegen! Es ist bekannt, daß deutsche Großbanken ihre Tochtergesellschaften mit Vorliebe in der Schweiz gründen. In der helnetischen Re publik gibt eS mindestens ebenso viele verschiedene Aktien- gesetzgebungcn wie Kantone. Die Bestimmungen über den Gründungsvorgang, sowie über die Höhe der dabei für Stempel irsw. zu entrichtenden Gebühren sind meist bedeu tend günstiger als in Deutschland. Deshalb schickt man ein fach ein paar Angestellte nach Zürich oder Glarus und läßt sie dort Aktiengesellschaften gründen, deren künftiges Tätig keitsgebiet in Deutschland liegen soll. In Bankkreisen gilt dieses Verfahren für sehr geschickt und geschäfts tüchtig, kein Mensch stößt sich daran, daß es sich eigent lich um eine ziemlich kecke Umgehung der inländi schen Handels- und Steuergesetzgebung handelt. Dank der zunehmenden Verbreitung europäischer K»l- tur und modernen Komforts über alle Erdteile läßt es sich für den reichen Mann überall gut leben. Diese und viele andere Gründe haben zur Entstehung eines neuen Welt- bürgerttzps geführt. Es hat sich im Laufe der letzten Jahr zehnte. die der Entwickelung dcS Grobkapitalismus so über aus günstig waren, jenes Völkchen von reichen Globetrottern herausgebildet, die im Winter in Aegypten oder an den alpinen Sportplätzen, im Frühjahre an der Riviera, zur Season in London, zu den Sportwochen in Cowes und Kiel, im Hochsommer in Ostende, Scheveningen und Norderney oder auf dem Luxnsdampfer im hohen Norden zu treffen sind. Der Herbst führt sie wieder nach Paris oder Berlin, wo es sich ja neuerdings auch ganz nett leben läßt. Ihr Vermögen ist in Jndnstrieakiien oder Staatspapieren investiert, lagert in den Safes einer Lon doner, Pariser oder Berliner Bank oder ist bei irgend einer Vermögensverwaltungsgesellschaft deponiert. Wer es ans diese Weise fertig bringt, jabraus. jabrein mit dem Welt- scheckbnche in der Tasche hernmznreisen und nirgends län ger als sechs Wochen zu bleiben, braucht unter Umständen — von lumpigen Kurtaxen abgesehen — nirgends Steuern zu bezahlen. Er kann durch seinen Aktienbesitz an den Er gebnissen der amerikanischen Bahnen, der deutschen und eng lischen Großindustrie,' der internationalen Seelchisfahrtsge- sellschaften ustv. partizipieren, ohne daß er zu den Stenern und Lasten der Länder beitragen muß, in denen diese Unter nehmungen ihren Sitz haben. Der Beamte. Arbeiter und kleine« e Gewerbe treibende kann sich der böheren Steuer nicht so leicht entziehen wie der Kapitalist. Ihm ist in den meisten Fällen eine Abwanderung nach dem Anslande mit Rücklicht auf seine Familie, seine Mittel und seinen Beruf unmöglich. Auch die Bauern kann man zu jeder Ar: von Steuern und Abgaben leichter heranziehen. Diesen Tatsachen sollte man sich bei den gegenwärtigen Verhandlungen über die Dcckungsvorlage und angesichts des Jammers einer gewissen Kapitalspresse über die Knebelung der Industrie und des Handels, sowie über die „Schnüffelei" »«>t, dem Vermögen der Aktiengesellschaften immer wieder erinnern." Daraus läßt sich wieder einnial d'«e Ernsthaftigkeit der Hurrapatrioten erseben. Wenn es um das Geld geht, da vergißt man auch die sonst begeisternd kundgegebene Hin gebung ans teuere Vaterland und überläßt die Sorge nir Ausbringung der nötigen Mittel denen, die nichts wrtbrin- gen und entziehen können. Es wäre wünschenswert, daß dercrtige Drückeberger öffentlich genannt würden. Die Valkanwirren Drr Fall von Skntari erregt überall großes Aufsehen. Die gesamte Presse bespricht ihn lebhaft. Dem Einzug der Montenegriner gingen schwere Kämpfe vorauf. Die „Südslawische Korrespondenz" meldet darüber: Der Generalstnrm begann am Montag, nachdem die Festung und die Stadt 48 Stunden lang kon zentrisch beschossen worden waren. Schwere serbische Ar tillerie beteiligte sich an dem Bombardement. Die Geschütze ! wurden von serbischen Mannschaften in montenegrinischer ' Uniform bedient. Das Bombardement soll den größten Teil der Stadt zerstört haben, in der Brände ansbrachen. Die türkische Besatzung leistete heldenmütigen Widerstand. Um Brdica fanden blutige Kämpfe statt. Die Montene griner stürmten mit dem Bajonett vor. Obwohl ganze Reihen durch das Feuer der türkischen Batterien niederge worfen wurden, drangen die Montenegriner unaufhaltsam vor. Der Sturm gegen den Tarabosch wurde durch Abtei lungen von Bombenwerfern eröffnet. Die Verluste ans montenegrinischer Seite sollen sehr groß sein. Die türkische Besatzung unternahm wiederholt Gegenangriffe, teilweise mit Erfolg. Die montenegrinischen Fahnen flatterten am Mittwoch früh über mehreren Vorwerken. Bald darauf wac der Fall der Stadt, in der furchtbare Panik herrschte, voll endete Tatsache. Die Urbcrgnbe scheint sich schließlich glatt vollzogen z» haben. Ein amt liches Telegramm aus montenegrinischer Quelle meldet darüber: Das Protokoll betr. die Uebergabe Skutaris ist von Essad Pascha unterzeichnet. Die Garnison hat die Stadt mit Waffen verlassen. Die türkischen Truppen verließen zuerst die Stellungen, welche von den Monte negrinern nicht besetzt worden waren. Um 11 Uhr nachts flatterten die montenegrinischen Farben ans dem Tarabosch und auf Brdica. Hierauf verließen die Türken die übrigen Stellungen. Auf der Zitadelle wurden die montenegri nischen Fahnen gehißt. Hierauf besetzten die montenegri- nisckien Truppen die Stadt. Auf der ganzen Front verkündeten Salven ans den montenegrinischen Ge schützen die Besetzung der Stadt. In Cetinse wurde die Nachricht von dem Falle Skutaris um 2 Uhr nachts durch ein an den König gerichtetes Telegramm des Erbprinzen bekannt. Kanonenschüsse und Glockengeläntc verkündeten der Bevölkerung der Hauptstadt das Ereignis. Alle Bewohner verließen die Wohnungen und zogen vor den Valost, wo sie dem König, der königlichen Familie und der Armee stürmische Onationen bereiteten. König Niko laus hielt vom Balkon eine Ansprache an die Menge. In Eetinjc herrscht unbeschreibliche Begeisterung. Die Ver treter der verbündeten Balkanstaaten erschienen im Palast und beglückwünschten den König, der sie umarmte. Die türkische Garnison Skutaris kapitulierte mit allen Ehren und unter Bewilligung ihres Abzugs mit den Waffen und Geschützen. Scrbicn nimmt natürlich an der Freude der Montenegriner teil. Eine Mitteilung besagt: Belgrad. 23. April. Die Nachricht von der Er oberung Skutaris hat hier die größte Freude bervor- gernfen. Die Häuser sind beflaggt. In der Stadt, ins besondere vor dem Palais, wurden stürmische Kundgebungen veranstaltet. In der Skupschtina teilte der Ministerprösi- dent Pasitsch mit, daß ibm die freudige Nachricht vom Fülle Skutaris durch den serbischen Gesandten in Ectinje znge- gangen lei. Die Skupschtina beschloß unter stürmischen Die Pilgerfahrt des Larikasverbandes (Rsisebriefe von Redakteur HoraS Schlöder in Freibnrg i. B.) Mailand, den 16. April. Der erste Reisetag brachte die zahlreichen Nompilger, die der Caritasvcrband um feine Fahne gesammelt hat, von Freibnrg der Perle des Breisgauss, ohne Aufenthalt und unter günstigen Umständen nach Lugano. Hier wurde Rast gemacht. Herrlich und schön begann am Luganosee der zweite Reisetag: nach dem gemeinsamen Gottesdienste in Stz Antonius stiegen wir auf das reich beflaggte Sonder- schiff, das in, Hafen von Lugano das allgemeine Aufsehen erregte: noch waren wir kaum vom Lande abgefahren, da brach die Heiterkeit durch und im Liede: „Gleite durch die Wellen" und „Sul mare lucida" „sw. löste sich die Freude, die den ganzen Tag den Schutzgeist bildete. In Marcote. diesen, malerisch gelegenen Bergdorfe, stand eben die Sonne voll am Himmel und leuchtete auf die grüne Flut und die glücklichen Menschen: in Porto Ceresio nahm uns der italie nische Sonderzug. der so bequeme Wagen und Einrichtungen besaß, auf, daß er uns gleich in der ersten Stunde zur Heimat wurde: das war aber auch gut, denn dieser gleiche Zug soll „ns über Rom-Neapel nach Venedig zurückbringen. Wre eine Glanznummer nahm sich der Ausflug von Varese m,S nach dem Monte sacro. di Varese; das Heiligtum mit lewem Gnadcnbrlde war der Gegenstand unseres Besuches - war ein feierlicher Gottesdienst auf der stillen Hohe arrangiert mit italienischer Musik; vom »tre cruce^ zeigte uns ein Rundblick sämtliche fünf ^ die Umgegend deS Monte Rosa und Gotthardmassiv; cS war ein Blick inS Märchenland- noch w, Sonderzuge sprach man nichts anderes als vom Monte sacro. und noch, ehe wir c» recht merkten, mahnte man uns, sich fertig zu machen, wir waren in Milano, der größten italienischen Industriestadt. Mailand, 17. April 1913. Mailand, nach Neapel die volksreichste Stadt Italiens mit 620000 Einwohnern, in einer fruchtbaren Ebene des Poflusses, hat eine lange Geschichte, die in die Zeit etruski scher und keltischer Abstammung zurückreicht. Frühzeitig fand auch das Christentum in Mailand Eingang, da nach der Ueberlieferung der heilige Barnabas die erste Kirche in Mailand gebaut hat und auch der erste Bischof dort ge wesen ist. Durch den Sieg Konstantins über Maxentius im Jahre 313 begann, wie für das ganze Römcrreich, so auch für Mailand ein neues Leben. Mehrere Kirchen wur den damals erbaut, von denen eine: San Vincenzo in Prato heute noch besteht. Im Wechsel der Zeiten hat auch Mai- land viele Wandlungen durchgeniacht, bis es 1818 an Jta- lien fiel. DaS Wahrzeichen Mailands und sein Hailptan- ziehungspunkt ist der ganz aus weißem Marmor erbaute gotische Dom. Wie alle christlichen Denkmäler früherer Jahrhunderte, die von den Kindern unserer Zeit staunend bewundert werden, ist auch der Mailänder Dom ein stiim- mer, aber doch eindringlicher Zeuge lebendigen, opferfreudi gen Glaubensgeistes jener Zeit. Die Bürger gruben um- sonst die Fundamente, trugen Steine und Kalk herbei. Die Gilden der Schmiede, Schlächter, Bäcker. Schreiner. Schuster, Weber usw. wechselten sich m der Arbeit ab — bald ersähe- nen die Zünfte der Advokaten, Richter. Acrzte, Apotheke, bald Gruppen vom Adel, um Hacke und Kelle zu handhaben. Steine und Mörtel herbeizuschaffen. Unter Napoleon k. wurde die Fassade in gotischem Stile vollendet. Die Kuppel dagegen war schon im 10. Jahrhundert fertig. Trotzdem der Bau verschiedene Bauperioden hatte, ist er ein Meister- Werk der Architektur, daS jeden Beschauer in seinen Bann zwingt. Allerdings hat der Marmor durch die Witterung, hauptsächlich aber durch das feuchte Klima viel von seiner zauberhaften weißen Wirkung verloren, er scheint fast ge bräunt und doch ist es ein herrliches Wunderwerk. Nach dem Dom ziehen heute früh die Nompilger in langer Wagenrcihe — 80 Zweispänner holten sie von de» Hotels ab — und wohnten der heiligen Messe in der Kryvta, Ko unter dem Altar der Neliquienschrein des heiligen Karl Vorromäiis aufbcwahrt wird, bei. Dies ist der einzige Altar im Dome, an dem die heilige Messe nach römischem Ritus gelesen werden darf: on allen übrigen Altären wird nur nach ambrosianischem Ritus zelebriert. Eine Anzahl Pilger, darunter auch der Schreiber dieser Zeilen, wohnten einer Messe nach dem ambrosianischen Ritus bei, der, wob! nicht wesentlich, doch in untergeordneten Punkten vom römi schen verschieden ist. Darüber ein andermal. Kurz sahen wir uns noch einige Sehenswürdigkeiten im Dome an bei der Kürze der Zeit war es leider nicht möglich, di? Knnstschätze der Schatzkammer in Augenschein zu nehmen — und wir steigen wieder in die vor dem Domportass stehenden Droschken ein zur Fahrt nach den benihmteii Kir chen St. Lorenzo und St. Ambrogio. Ersterc ist die älteste Kirche Mailands, wiederholt durch Brände zerstört und immer wieder aufgebaut worden. St. Ambrogio wurde 38-',' vom heiligen Ambrosius zu Ehren der Märtyrer Gervasius und Protasius vollendet. Diese Kirche ist reich an geschicht lichen Erinnerungen, die wir an »nserein Geiste vorüber- ziehen lassen, ehe wir mit dem Gesänge des Ambrosianischen Lobgesanges die ehrwürdige Stätte verlassen. Wir fahrcn zum weltberühmten Monumentalfricdhof. der wunderbare Grabdenkmäler birgt, geschaffen von den bedeutendsten Künstlern, Baumeistern und Bildhauern, und kehren z»m Hotel zurück, „in nach dem Mittagsmahle dem Hauptbahn- Hofe zuzusteuern, von wo a»S um 2 Uhr die Abreise nach der dt Vadia erfolgt. Hl - ! U U I