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Bis V-10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt Hauptblatt und älteste Zeitung in den Ortschaften des Pulsnitzer AmtSgerichtSbezirkS: Pulsnitz, Pulsnitz M. S-, Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Obersteina, Niedersteina, Weißbach, Ober- und Mederlichtena«, Friedersdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Kleindittmannsdorf Geschäftsstelle: Pulsnitz, Albertstraße Nr. 2 Druck und Verlag von E. L. FörsterS Erben (Inh. I. W. Mohr) Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz Nummer 87 Mittwoch, den 15. April 1931 83. Jahrgang Spanien Abdankung des Königs von Spanien. Die Abdanknngsurkunde von König Alfons unterzeichnet. Madrid. König Alfons XIII. entsagte Dienstag nachmittag für sich und seine Familie dem Thron. An schließend versammelte sich das monarchistische Kabinett im königlichen Palais, wo die Unterzeichnung der Abdankungs- nrkunde durch den König ersolgte. Daraufhin übergab der abgehende Ministerpräsident, Admiral Azmar, dem künftigen Präsidenten der Republik, Alcala Zamora, die staatlichen Gewalten. Damit hat die Dynastie Bourbon Anjou, die mit Ausnahme einer kurzen republikanischen Herrschaft 1873 die Geschicke Spaniens über 200 Jahre gelenkt hat, endgültig abgedankt. Spanien ist eine Republik geworden. Die AnSruftmg der Republik. Nach der Bekanntgabe der Abdankung des Königs wurde in zahlreichen Provinzstädten sofort die Republik ausgerufcn, und zwar in Barcelona nicht die spanische, sondern die katalanisch-separatistische Re publik unter Führung des ehemaligen Obersten Zamora. In Madrid sammelten sich "'sofort riesige Menschenmasscn im Innern der Stadt. Die Polizei verhielt sich passiv. Auf monarchistischer Seite war man durch diesen plötzlichen Entschluß des Königs außerordentlich überrascht, da man hoffte, die Krone würde noch einen letzten Versuch zur Rettung des Regimes unternehmen. Mit mon archistischen Gegenaktionen terrorialer Art ist natürlich nicht mehr zu rechnen. Nach IsiOOjährigem Bestehen hat Lie Monarchie damit aufgehört zu existieren. Der König wird sich voraussichtlich nach England begeben. Die neuen Minister. Das neue Ministerkabinett soll wie folgt zusammen gesetzt werden: Zamora (Ministerpräsident), L e r r o u x ^Minister des Aeußeren), Rios (Iustizminister), Azana (Kriegsminister), Casares (Marineminister), Maura (Mi nister des Innern), Al Bornoz (Minister der Oeffentlichen Arbeiten), Largo Caballero (Arbeitsminister), Barios (Derkehrsminister), Indalegio Prieto (Finanzminister) und de Albert (Wirtschaftsminister). Oer spanische König verläßt das Land. Das englische Asyl. Der König hat mit seiner Familie in vier Autos Madrid in Richtung zur portugiesischen Grenze verlassen. Vermutlich wird er in Lissabon oder Oporto von einem englische« Kriegsschiff ausgenommen werden. Offiziere durchfahren im Auto mit republikanischen Fahnen die Stadt, umjubelt vom Publikum. Ter 15. April isoll zum Nationalfeiertag erklärt werden. Der Kurs der Peseta sällt unaufhörlich. Aas neue spanische Kabimtt zusammengetreten. Die Bedingungen des Thronverzichts. Der republikanische Führer Gregorio Maranon er klärte, der König habe unter folgenden Bedingungen auf den Thron verzichtet: Dem König wird erlaubt, Spanien zu verlassen, zur Regelung seiner privaten Angelegenheit soll ihm Zeit gegeben und bei seiner Abreise sollen ihm militärische Ehrenbezeugungen erwiesen werden. Das neue Kabinett ist unter dem Vor sitz Zamoras bereits zusammengetreten. Der König habe zuerst darauf bestanden, zugunsten eines seiner Söhne ab zudanken. Zamora habe ihm jedoch geantwortet, die Re publikaner könnten sich nur mit einer völligen Abdan kung des Königshauses zufrieden geben. Ter König habe sich dann ins Unvermeidliche geschickt. Sämtliche gefangenen Offiziere und Zivilisten, die in den letzten revolutionären Putsch verwickelt waren, wur den von der neuen Regierung auf freien Fuß gesetzt. Die Republikaner übernehmen in Madrid die Gewalt Madrid, 14. April. Die Madrider Arbeiter haben ihre Arbeitsstätten verlassen und marschieren in langen Demonstrationszügen durch die Straßen der Stadt, in denen man neben der republikanischen häufig die rote Fahne sieht. Gerüchte über die bevorstehende Aufteilung Republik des Großgrundbesitzes werden eifrig kommentiert. Aus Börsenkreisen hört man, daß Kapitalverschiebungen ins Ausland in großem Stile im Gange sind. Fremdes Geld ist kaum zu haben. Die Autotaxen fahren mit roten Fah nen. Den städtischen Polizisten werden die Kronen von den Helmen gerissen. Auf dem Gebäude des Innen ministeriums weht die rot-gelb-violette Fahne der Re publik, ebenso auf dem Rathaus, wo die Republikaner die Leitung der Geschäfte übernommen haben. Musik kapellen durchziehen die Stadt und spielen die Marseil laise. Der neue Innenminister Miguel Maura hat den Sozialisten Gabarit zum Bürgermeister von Madrid er nannt. Bei dieser Zeremonie wurde 2 Minuten Still schweigen zu Ehren des anläßlich der Unruhen von Iaca Hingerichteten Hauptmannes Galan bewahrt, dessen Bild anstelle des Gemäldes des Königs im Sitzungssaal an gebracht wurde. Zum Zivilgouverneur von Madrid wurde der Republikaner Eduardo Ortega Gassct berufen. Berliner Blätter zum Umsturz in Spanien Zur Abdankung des Königs Alfons XIII. und zum Umsturz in Spanien nehmen die Berliner Blätter aus führlich Stellung. Bor allem wird darauf hingewiesen, daß dem spanischen König von deutscher Seite aus nicht vergessen werden dürfe, daß er im Weltkrieg strikte Neu tralität gehalten habe. Die „Germania" glaubt nicht, daß Spanien mit dieser Wendung der Dinge am Ende seiner politischen Kämpfe angekommen sei, sondern daß im Lande trotz der Abdankung des Königs die Kämpfe um die Gestaltung weitergehen würden. Das Ende des monarchistischen Regimes bedeute eine Entwicklung, die auch eine starke kulturelle Seite habe. Die „D. Ä. Z.", schreibt, nach dem Sturz Primo de Riveras habe es Spanien an einem entschlossenen eindeutigen politischen Willen gefehlt. Auch der „Lokalanzeiger" vertritt die Auffassung, daß die außenpolitische Haltung Spa niens nach der Umwälzung sicherlich nicht die gleiche bleiben werde wie bisher. Die republikanische Bewegung sei ja seit Jahren unmittelbar von Paris her unterstützt und vielfach sogar wohl gelenkt worden. Die „D eutsche Tageszeitung" hebt hervor, daß sich durch den Um sturz außenpolitische Perspektiven eröffneten, die für Deutschland nicht gerade günstig seien, da die republi kanische Bewegung in Spanien mit französischem Gelds unterstützt worden sei. Nach der „Bos fischen Zei tung" hofft man in Berliner diplomatischen Kreisen, daß auch nach der Umwälzung die deutsch-spanischen Be- < Ziehungen keine Trübung erfahren würden, man mache allerdings darauf aufmerksam, daß es schwer zu über- > sehen sei, wie sich die bisher gegen die Monarchie geeinten Parteien bei der Einrichtung eines neuen Staatswesens vertragen würden. Der „Börsen-Kurier" hebt her vor, daß das Ende der spanischen Königsherrschast, an der geschichtlichen Bedeutung der Ereignisse gemessen, ein äußerstes an Nüchternheit gewesen sei. König Alfons habe das unvermeidlich gewordene mit Kaltblütigkeit, Umsicht, geräuschlos und ohne jeden Pathos vollzogen. Der „Vorwärts" sagt, der Umsturz in Spanien sei eine typisch demokratische Revolution. Das Volk habe mit der Waffe des Stimmzettels die Monarchie besiegt. Das Blatt weist außerdem daraufhin, daß der Partei vorstand der SPD. an die sozialistische Partei Spaniens ein Telegramm gesandt habe, in dem zum Siege der Republik in Spanien Glückwünsche ausgesprochen werden. Große innere Anleihe des Reiches geplant. Die in der Oeffentlichkeit aufgetauchten Gerüchte über die Aufnahme einer Reichsanleihe werden dementiert. Die Gerüchte laufe» darauf hinaus, daß der Reichsfinanz minister die Absicht habe, zur Deckung eines weit über eine Milliarde hinausgehenden Defi zits sofort eine innere Anleihe auszuschreiben, die zeitweise auch angeblich eine Zwangsanleihe für die Beam - t c n, prattvisch eine Kürzung der Beamtengehälter sein sollte. Trotz allen amtlichen Widerrufen wird zugegeben, daß sich vielleicht in absehbarer Zeit das Bedürf nis nach einem größeren Bankkredit heraus stellen werde. Wann aber dieses Bedürfnis eintrete, lasse sich noch nicht übersehen. Langfristige Kredite für kapiialbedürftige Länder? Englische Zweifel an der Durchführbarkeit des Planes. London. Zn politischen und finanziel len K reisen Englands beurteilt man die Aussichten für die Durchführung eines Planes des Präsidenten der Bank von England, Montagu Notman, mit großer Vorsicht. Dieser Plan will eine neue internationale Organisation für langfristige Kredite in Verbindung mit der V. I. Z. schassen. Es wird allerdings bezweifelt, ob die Verwirklichung dieses Planes sich in dem Umfange ermöglichen lassen wird, wie er ursprüng lich gedacht ist. Mit Spannung erwartet man in London die bevor stehende Sitzung des Verwaltungsrats der Bank für inter nationale Zahlungen. Dem „Manchester Guardian" zufolge wird di« ... . , . , . . Gründung einer internationalen Finanzorganisation nach dem Vorschläge der Bank von England im Vordergründe der Beratungen stehen. Auf französischer Seite bestehen jedoch starke Strömungen gegen diese Gründung, die in erster Linie der Geldversorgung kapitalbedürfti ger Länder, und zwar zunächst Deutschlands, dann der osteuropäischen Länder, der Balkanstaaten und schließlich auch der wichtigsten Ueberseeerzeugungsländer dienen soll. Nicht nur die ersten Bankhäuser, sondern auch die führenden industriellen Unternehmungen, Versicherungsgesellschaften» Holdings-(Dach)-Gesellschaften, u. a. die Imperial Chemical, I. G. Farben, A.E.G., Kreuger L Toll, Sofina, sollen sich an diesem Unternehmen beteiligen. Vertreter -er Lan-volkpartei in -er Reichskanzlei. WegenHandhabungderNotverordnungund der landwirtschaftlichen Hilfsmaßnahmen. In der Reichskanzlei hat in Vertretung des ab wesenden Reichskanzlers der Staatssekretär Or. Pünder Ver treter der Landvolkpartei empfangen und mit ihnen eine Aussprache über die politische Lage gehabt. Die Ver treter der Landvolkpartei haben sich genötigt ge sehen, darauf hinzuweisen, daß die Notverordnung in einer für die polinsche Arbeit der Rechten gefährlichen Form an gewandt werde. Sie haben weiter über die Osthilfe und die agrarpolitischen Hilfsmaßnahmen gespro chen, ob das Kabinett endlich von der im Reichstage er teilten Zollermächtigung, vor allem für den Wei zen, Gebrauch machen werde. Der Staatssekretär hat zugesagt, daß er die Be schwerden zur Kenntnis des Reichskanzlers bringen werde, und in der Zollfrage darauf hingewiesen, daß eine Entscheidung der Gesamtregierung notwendig sei, der er nicht vorgreifen könne. Das Kabinett habe die Absicht, von der Zollermächtigung Gebrauch zu machen, man müsse aber die nächste Beratung des Kabinetts, die noch vor Ende April stattfinden werde, abwarten. Der Reichs ernährungsminister hat von der Zollermüchtigung noch keinen Gebrauch machen können, weil der Reichs finanzminister und Vizekanzler vr. Dietrich, der sich gleichfalls auf Urlaub befindet, vor jeder Entscheidung über Zollmaßnahmen persönlich gehört sein wolle. Neue Zahlen vom Volksbegehren Berlin, 15. April. Die Gesamtzahl der Eintragungen zum Volksbegehren beträgt nunmehr in Erfurt 12 255. Da mit ist die Gesamtzahl der Eintragungen bei dem Aoung- Volksbegehren von 11 712 bereits überschritten. In Halle haben sich bis zum Dienstagabend 27 589 Personen einge tragen. In Stettin ist die Gesamtzahl auf 10206 gestiegen. In Stolp hat die Zahl der Eintragungen 4751 erreicht, was einer Beteiligung von 17,5 v H. entspricht. In den Kreisen Stolp-Stadt und Stolp Land sind bisher 17 000 Eintragungen vollzogen worden. In Essen beträgt die Ge samtzahl 13176, in Köln 6076 und in Gladbach-Rheydt 2739; in Stade haben sich bis Montagabend 1068 Perso-