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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.11.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-11-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111102011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911110201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911110201
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-11
- Tag 1911-11-02
-
Monat
1911-11
-
Jahr
1911
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Nr. 304. vannerslsg, üen 2. klonember lSll. los. Ishrgsng. Die vorliegende Angabe umfaßt 16 Selten. vss Wichtigste. * Zum Regierungsjubiläum des Kaisers 1913 ist eine allgemeine große deutsche Kunstausstellung geplant. (Vergl. Feuill.) * Nach bisher unbestätigten Gerüchten soll bei Tripolis der italienische Oberbefehlshaber Gene ral Caneva gefangen genommen worden sein. (Siehe bes. Art.) * Auanschikai hat die chinesische Re gierung um die Erlaubnis ersucht, mit den Au'ständi chen in Unterhandlungen treten zu dürfen. (Siehe bes. Art.) * Bei Hankau ist ein neuer Zusammen stoß zwischen den chinesischen Rebellen und den kaiserlichen Truppen erfolgt. (Siehe bes. Art.) * Der bekannte. Humorist Julius Stet ten heim feiert heute seinen 80. Geburts tag. (Vergl. Feuill.) * In San Ios 6 (Kalifornien) ist Professor John Montgomery bei. Versuchen mit einem Gleitflugzeug eigener Konstruktion ab ge stürzt und getötet worden. MsnWkai. „Der Regent wird mich Wiedersehen" — ob ein ähnliches Wort wohl von dem entsetzten und in höchster Ungnade verbannten Staats- manne gesprochen sein mag? Man mochte den Kops schütteln, als der unbcwährte neue Lenker der chinesischen Geschicke, dessen einzige politische Tat bis dahin eine wenig ehrenvolle Mission an den Berliner Hof gewesen war, sich des vielleicht fähigsten Helfers bei der schwierigen Negierung des Riesenreiches mit solcher Leicht herzigkeit entledigte. Aber ihn des Undankes zu schelten, ist alberne und ganz verkehrt an gebrachte Sentimentalität. In Shake'peareS un geschminkter Sprache würde Auanschikai mit der hübschen Titulatur des „krötengiftigen Ver räters" ausgestattet werden. Er war es ge wesen, der seinem Kaiser Beistand zum Sturze seiner Tyrannin versprochen hatte, ihn aber an seine Bedrängerin verriet, weil er ihre Sache für die stärkere, nicht für die bessere hielt. Mög lich, daß der Staatsstreich, den der Kaiser von China im Jahre 1898 geplant hatte, China die Boxer-Wirren wie die heutige Revolution er spart hätte, daß damals schon geschaffen wäre, was heute die Armee des Nordens, die letzte Stütze der Mandschu-Herrschaft, an der Spitze des Schwertes fordert. Möglich freilich auch, daß Yuanschikai weiter sah als die liberalen Partei häupter von damals und von heute, die sich oon Konstitution und Parlament und alledem oder gar oon der Republik Wunderdinge versprechen für ein Volk, unter dessen 400 Millionen viel leicht 399V, von jenen Dingen noch nicht mehr begreifen als der russische Muschik von seiner Duma. Aber seinen Verstand in allen Ehren: Verrat bleibt Verrat! Er konnte dem Kaiser Kwangsü seine Mitwirkung zur gewaltsamen Niederwerfung der konservativen Partei versagen, wenn er ihn nicht von seinem Vorhaben abzu bringen vermochte. Aber der Mann, der sich in dessen Vertrauen geschlichen und ihn dann seiner Feindin ausgeliefert hatte, verwirkte mit RechtdenGlaubenbeiderParteienin seine Ehrlichkeit. Und moralisch steht des Re genten Prinz Chun Handlungsweise höher, der des sterbenden Bruders Wunsch einer Rache aus dem Grabe heraus erfüllte, wie Salomo seinem Vater David das Wort hielt, den allmächtigen Joab noch nach dem Tode des alten Königs für die Ermordung Absoloms zu strafen. Indessen, die Zeiten haben sich in der kurzen Spanne von kaum vier Jahren so gewandelt, daß der Verbannte zurückberufen werden mußte. Auanschikai ist wiedergekommen und hat die Rache an seinen Feinden begonnen. Der Verkehr-minister Schengkungpao ist mit der Formel höchster Ungnade auf sein Geheiß entlassen, daß er „die Absichten der Regierung mißverstanden habe". Wie vernichtend eine solche Zensur in chinesischen Ohren klingt, zeigt, daß der Abgesetzte schleunigst sich in die amerikanische Botschaft flüchten mußte, um sein Leben vor Pöbelrotten und vor den ReichSrats-Mitgliedern zu retten, die seine Enthauptung für das Ver brechen dieses Mißverständnisses forderten. Und Uor dem Falle von Tie Redseligkeit der offiziösen „Agenzia Ste fan«", die während der letzten Oktobcrtage zu beob achten war, ist einer anffälligen Schweigsamkeit ge wichen. Man speist das gesamte Europa von ita lienischer Seite mit dein stereotypen „Nichts Neues vor Tripolis" ab, findet aber damit immer weniger Glauben. Daß die Dinge der Italiener schlecht stehen, beweist unter anderem der Umstand, daß die anfänglich Stärke des italienischen Heeres in Tri polis auf ZOOM Mann berechnet war, das vor ca. acht Tagen auf 50 OM Mann und nunmehr sogar auf 100 000 erhöht worden ist. Es ist indes fraglich, ob die Verstärkungen noch rechtzeitig in Tripolis eintreffen, um den Fall der Stadt verhüten zu können. Ein entscheidender Schlag scheint von tür kisch-arabischer Seite vorbereitet zu werden. Ge rüchte über eine Gefangennahme des italienischen Oberbefehlshabers sind bis jetzt unbestätigt ge blieben. Bei Bcnghasi und Terna sollen neue, für die Italiener ungünstige Gefechte stattgefunden haben. Wer in Hoins Herr der Situation ist, scheint infolge der darüber einlausenden widerspruchsvollen Nach richten immer noch strittig. Tic Gesamtlage stellt sich, soweit ein Urteil möglich ist, für die Italiener keineswegs als befriedigend dar; eS scheinen im Gegenteil sehr unangenehme Ueberraschungen und Enthüllungen bevorzuftehen. Vor Tripolis. Tripolis, 1. November. (Meldung der „Agenzia Stefani".) Während des gestrigen Tages hat kein Angriff stattgefunden. Da der Wind Erkundungs flüge verhindert«, ist es unmöglich, etwaige Verände rungen der feindlichen Stellung zu verfolgen. Hier geht alles seinen regelrechten Lauf. Aus Homs liegt nichts Neues vor. Rom. 1. November. (Eig. Drahtmeld.) Di« gestrigen Abendblätter berichten, daß gestern über vOOO Mann Verstärkungen in Tripolis eingetroffen sind, mit deren Hilfe die Opera- tionsbasis wieder erweitert werden konnte. Die Türken wären aus ihren befestigten Stellungen im Osten der Stadt unweit der Sultansgräber hinausgeworfen worden. Das ist so ziemlich di« einzige „Siegesbotschaft", die heute eingetroffen ist. Vom „Avanti" wird die offizielle Darstellung, wonach die Truppen in Homs einen Angriff der Türken zurückgewiesen hätten, ins Lächerliche ge zogen. Homs haben die Italiener schon in der vorigen Woche geräumt und konnten es auch in dem letzten verlustreichen Gefecht nicht wieder ein nehmen. 8t. Konstantinopel, 1. November. (Eig. Drahtm.) Oberst Re sch ad Bei teilte dem Kommandanten der italienischen Flotte vor Tripolis mit, daß er für das Schicksal der mehreren Tausende gefange ner Soldaten keine Verantwortung mehr übernehme, falls die italienisch« Flotte abermals die Stadt Tripolis bombardier«. Konstantinopel. 1. November. (Eig. Drahtmeld.) Der Sultan übermittelte den Soldaten in Tripolis seinen Gruß und drückte seine Genug tuung über ihre tapfere Haltung aus. Neues Feuergefecht? Konstantinopel, 1. November. (Eig. Drahtmeld.) Heute Nacht um 2 Uhr wurde, wie türkische Blätter melden, auf italienische Vorposten in Tri polis ein heftiges Feuer unternommen. Die Vorposten mußten sich, nachdem sie das Feuer kurze Zeit erwidert hatten, zurückziehen. Die Araber bereiten sich auf einen Angriff vor, um die Innenstadt im Sturm, wenn möglich noch heute, zu nehmen. General Caneva gefangen? Konstantinopel, 1. November. (Eig. Drahtmeld.) Amtliche Telegramme bestätigen die Gefangen nahme des Generals Caneva, des Ober kommandierenden der italienischen Truppen in Tri polis, durch di« türkischen Truppen. In denselben Telegrammen wird gemeldet, daß die Türken und Araber sich bereits in den Besitz des größ ten Teiles der Stadt Tripolis gesetzt hätten, und daß die Kapitulation der übrigen Teile bevor st ehe. Der Krs-gsminister Mahmud Schewket Pascha äußerte, als er diese Depeschen er hielt: Der Tag, der ihm diese Freudenbotschaft brachte, sei der glücklichste seines Lebens. Eine Nachricht aus italienischer Quelle liegt dazu noch nicht vor, so daß es sich empfiehlt, dieser Mel dung gegenüber etwas skeptisch zu sein. Neue Gefechte bei Derna und Bcnghasi. Konstantinopel, 1. November. (Eig. Drahtmeld.) „Ikdain" und „Zeni Eazetta" verzeichnen Ge rüchte von neuen Kämpfen bei Benghasi und Derna. Hierbei sollen die Italiener hin ter die Verteidigungslinie von Benghasi und Derna zurückgegangen sein. Im Bereich der türkischen Inseln. Rom, 1. November. (Eig. Drahtmeld.) Die Meldung, daß vier italienische Kriegsschiffe die Küste von Kassandra und Chalkidika beobachten, ist falsch, da keine italienischen Kreu zer in diesen Eewäßern sich befinden. 8t. Konstantinopel, 1. November. (Eig. Drahtm.) Die nach den Inseln Mytilene, Rhodos und Chios gesandten Verstärkungen betragen un gefähr 2000 Mann. Ebenso wurde Artillerie in bis her nicht bekannt gewordener Stärke expediert. Italien verteidigt sich wegen der Behandlung der Araber. Rom, 1. November. (Eig. Drahtmeldung.) Die „Agenzia Stefani" dementiert in bestimmtester Weise die Nachrichten auswärtiger Zeitungen, wonach die Italiener in Tripolis ein wahres Gemetzel angerichtet, Unterdrückungsmaßregeln ohne Unterschied ergriffen und Massenmorde an waffenlosen Arabern, Frauen und Kindern verübt haben. Die „Agenzia Stefani" erklärt hierzu: „Infolge des Verrates der Araber, die, nachdem sie sich bereits der italienischen Regierung unterworfen hatten, hinterlistig Soldaten in der Flanke angegriffen und im Einklang mit den Tür ken die italienischen Verschanzungen in der Front angegriffen haben, wurde es unvermeid lich, die Rebellen zu bestrafen und die Oase zu säubern. Diejenigen, die mit der Waffe in der Hand angetroffen wurden, sowie die, welche nach regelrechtem gerichtlichen Verfahren des Mordes für schuldig befunden wurden, sind erschossen wor den. Andere Gefangene, die den Verrat begünstigten oder entgegen den amtlichen italienischen Anordnun gen Waffen trugen, sind, ungefähr 2200 an der Zahl, nach italienischen Inseln ge bracht worden. Zum besseren Schutze der Vor posten zerstörte man in der Oase die Mauern und alles, was den Rebellen hätte nützen können; zuerst aber sorgte man dafür, daß die harmlosen Araber mit Frauen und Kindern nach Tripolis in Sicherheit gebracht wurden. In Wirklichkeit waren es die Feinde, die Grausamkeiten gegen Verwundete ver übten. Zum Beweise dient die Tatsache, daß die Zahl der Toten verhältnismäßig viel bedeutender ist, als die der Verwundeten. Ein italienischer Appell an die europäischen Mächte. Rom, 1. November. (Eig. Drahtmeld.) Inter- essante Ausführungen zum Tripolis-Krieg« bringt Tripolis. h«ute das „Giornale d'Italia". Für Italien, so schreibt das Blatt, wird dieser Krieg oon großer historischer Bedeutung sein. Italien wird mit diesem Kampfe den Beweis abgeben, daß es m i t Recht Zu den Großmächten gezählt werden darf. Mit Unrecht erheben die europäischen Mächte ihren Vorwurf gegen uns, daß der Krieg den Welt handel lahmlegt. Wir werden uns aber durch diese Angriffe in unserem Rechte nicht schmä lern lasten. Die europäischen Mächte brauchten ja weiter nichts zu tun, als auf die Türkei einen Druck auszuiiben, dahin zu wirken, daß sie ihren Wider stand aufgibt und so dem Kriege ein Ende bereitet wird. Ein Dementi aus Tripolis. Wir erhalten folgende Zuschrift: „Vor kurzem brachten Tageszeitungen die etwas konfus klingend« Nachricht oon einer Depesche, die angeblich der „Oberrabviner" der tripolitanischen Iudcnschaft an das Oberhaupt der Israeliten in Rom gerichtet haben sollte. In diesem Ergebenheits telegramm wird der Freude der jüdischen Bevöl kerung Tripolis an der Okkupation Ausdruck gegeben, ein Sieg der italienischen Waffen ersehnt. Eine von interessierter Seite erfolgte Nachprüfung dieser Tatarennachricht hat, wie nicht anders zu erwarten war, ergeben, daß die ganze Sache eitel Flunkerei ist. Eine Depesche oon dem „Oberrabbiner" kann schon deshalb nicht gut vorhanden sein, als es einen solchen in Tripolis überhaupt nicht gibt. Wi« an vielen anderen Orten des Reiches befindet sich auch dort ein unter der Jurisdiktion Les Konstantinopler Chacham-Baschi Nahoum amtierender Chacham türkischer Nationalität. Dieser Geistliche dürft« aber eher in die Abtrennung seiner rechten Hand willigen, als eins derartige, die Gesetze der Religion ebenso verletzende wie den Patriotismus seiner Glaubens genosten verhöhnende Kundgebung in die Welt zu setzen. Die tripolitanischen Juden aber und die Gesamtheit ihrer Glaubensgenossen im ottomanischen Reiche protestieren empört gegen diese sie degradie rend«, vielleicht von judengegnerischer Seite ausge- sprengte Insinuation und erklären, Verteidiger und Anhänger ihres so schw«r geprüften Landes bis zum letzten Atemzuge bleiben zu wollen." Italien und seine Bundesgenosten. In einem längeren Artikel: „Tripolis nach dem Bombardement" schreibt „Eeza Herezeg der „N. Fr. Pr." u. a. folgendes: „Mehr als alles andere erinnert an den Krieg die Zensur. Früher gab es hier drei Postämter, ein türkisches, italienisches und ein französisches. Jetzt gibt es nur eines: oas italienische, obgleich sich das französisch« Konsulat das Postrccht auf Len Linien nach Tunis und Marokko Vorbehalten Hal und auch Privatbriefe übernimmt, weil das Publikum ihm mehr Vertrauen «ntgegenbringt, als der italienischen Post. Auch der Telegravh befindet sich in d«n Hänoen der Italiener. Das Kabel war Eigentum der Eng. lisch-Orientalischen Kabelgesellschaft, die Türken hatten es übernommen; jetzt gehört es den Italienern. Es wird von Soldaten bedient. Sein Leiter ist ein Schiffskapitän. Ich übergebe ihm eine Depesche: „In welcher Sprache ist sie geschrieben?" „In deutscher Sprache/' „Ich oedaure sehr, ich kann sie nicht annehmen." „Weshalb?" „Sc. Exzellenz der Herr Gouverneur hat mit Rücksicht aus d«n Kriegszustand die strengste Zensur angcordnet. All« Telegramme müssen übersetzt und dem Gouverneur voraelegt werden. Mit Rücksicht auf die Fremden haben wir Dolmetsche an gestellt, aber der amtliche Uebersetzer oersteht nur Italienisch, Französisch und Englisch. In diesen Sprachen darf telegraphiert werden. An ders nicht." Was geht die Italiener auch die deutsche Sprache an? Zwar wird sie von den beiden ihnen verbün- deten Völkern gesprochen, aber inwiefern braucht Italien auf sein« Bundesgenossen Rücksicht zu nehmen?" doch vertrat er mit der Zentralisierung der Eisen bahnverwaltung einen Grundsatz, über dessen Be rechtigung durch unsere längere europäische Er fahrung längst die Akten geschlossen sind. Tie Aufnahme einer äußeren Anleihe zu jenem Zwecke gab der Maßregel ja allerdings einen Anstrich, der dem ungemein reizbar gewordenen Nationalbewußtsein der Chinesen eine neue Wunde schlug. Außer dem Verkehrsminister hat die Rache des Zurückgekehrten auch den Kriegsmini st er Aintschang getroffen, der, obwohl gerade vor dem Feinde stehend, seines Postens enthoben und durch Kreaturen Puanschikais ersetzt ist. Im übrigen hat der alte Fuchs sich erst einige Tage vor der Uebernahme seines Amtes ge sträubt, um höhere Forderungen dem bedrängten Hofe abzupressen. Genau wie Wallenstein, als er Questenberg um Uebernahme des Regiments „flehen" ließ, während Gustav Adolf an Habs burgs Mauern tobte. Die erste Aufforderung des Regenten beantwortete Auanschikai mit einer höhnischen Anspielung an das wahrhaftig scho nende Entlassungsdekret, das ihm die in Europa so allbeliebten „Gesundheitsrücksichten" »er stattete und daS grobe Geschütz des „Mißverständ nisses" ersparte. Nach Einräumung einer völlig diktatorischen Gewalt und Bewilligung einer per sönlichen Leibwache von — sage und schreibe — 12000 Mann, war dann allerdings binnen drei Tagen das langjährige „Fußleiden" des Tulders plötzlich geheilt. Man erinnert sich aus der Geschichte der griechischen, der italienischen Republiken, wie solche Leibwachen, und umfaßten sie bloß wenige hundert Mann, allemal der Schemel wurden, auf dem die Tyrannen zum Throne hinaufkletterten. China besitzt nun freilich ein stehendes Heer, das selbst den 12 000 „Auanschikais" noch über legen sein würde, wenn er sie zu solchen persön lichen Plänen mißbrauchen wollte. Von Kon trolleuren, die die 12 000 nachzuzählen hätten, ist aber keine Rede, und außerdem haben solche an die Person gefesselte Korps die gefährliche Eigenschaft, daß sie leicht größere Truppcnkörper um ihren Mittelpunkt kristallisieren. Die Gefahr erscheint also keineswegs gering, daß der Hof, in dem er den rachsüchtigen und ehrgeizigen Mann mit einer so gefährlichen Machtfülle ausstattet, Beelzebub gegen die Teufel der Revolution be waffnet hat. Und wenn er nun mit den Rebellen in Verbindung träte, wie Wallenstein mit den Schweden? Wallenstein stand als abgefalle ner Protestant in Diensten einer katholischen Macht; der Chinese syuanschikai dient dem Man- dschu. Wie, wenn die Rebellion schon sein Werk wäre? Ob das unruhige Jangtsctal überhaupt der geeignete Verbannungsaufenthalt für den gestürzten Staatsmann war? Vorläufig scheinen die Rebellen allerdings nichts von ihm wissen zu wollen. Ihr Führer Liyuenkung verwirft ihn als Präsidenten der werdenden Republik, weil er „despotisch" sei. Aber diese Absage hat wohl einen persönlichen Grund. Ter sie gab ist selber ein Abtrünniger, der der Dynastie seinen Fahneneid gebrochen und für sein Wagnis von den Aufständischen gewiß den höchsten Preis, eben diese Präsident schaft, sich selber ausbedungen hat. Der Rebellen general hat auch höchstens die Streitkräfte um Hankau in seiner Hand, nicht Szetschwan, wo es schon im August losbrach, nicht Kanton, wo jetzt die Empörung aufgelodert ist. Und die Truppen in Tschili, die das Parlament unter Beibehaltung dec Mandschu-Monarchie fordern, auch meist selbst Mandschu sind, stehen überhaupt vorläufig ab seits. Wie weit Auanschikais Einflüsse verzweigt sind, weiß man nicht. Möglich, daß die Bewegung des Nordens unmittelbar seinen Sinn auSspricht. Sehr wahrscheinlich ist es ja an sich nicht, daß der klarblickende Mann sich ernstlich auf die demokratischen Faseleien der aus Amerika zurück- gekehrten studentischen Ideologen einlasscn wird, die der Bewegung des Südens ihren Ursprung gegeben haben. Näher liegt, daß der andere Ge heimbund, die Lihsientang, in seinem Sinne ar beitet, dessen liberalmonarchisches Programm aus den Forderungen der Meuterer im Norden heraus klingt. Ist doch auch dessen Führer eine
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