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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das .Wilsdruffer Tageblau- erscheint täglich nachm. 5 Uhr für den gen. Tag. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 Mk. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 Mb., bei Postbestellung 2 Alk. zuzUaliw Abtrag- gebühr. Einzelnummern isPfg. All-PAanftaitcn Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postbote» und uniercBus- irügcr und GeschLfisstellen ! « "—iu ud-tyeil B-- st-llungen entgegen. Im Kall- höherer «Sewall, Krieg oder sonstig.! D-tr eb-storung -n ocst-hi kein An,pruch aus Lieserung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Allcksendung -ing-sandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u Arbeiter. Anzeigenpreis: die «gespaltene Raumzeile 20 Goldpscnnig, die 4 gr spalten^ Zeile der amtlichen Dekunninrachungen 40GoId- pfennig, die 3 gespaltene ReLlamezeile im textlichen Teile 100 Goldpfcnnig. Acchweisungsgel ühr 20 Goldpscnnig. 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Und hatten wir zuvor des himmlischen Nasses zu viel, viel zu viel, so jammern wir jetzt schon über die Unerträglichkeit der Hitze, die sich plötzlich auch in Mitteleuropa eingestellt hat. Natürlich marschiert Amerika auch bei diesem Umschwung von einem Extrem zum anderen an der Spitze der Natio nen. Die hochsommerliche Glut soll am Hudson und am Mississippi nachgerade alle Vorstellungen überschreiten. Die Menschen fallen wie die Fliegen. Neidlos gönnen wir den guten Nankeeleuten auch in dieser Beziehung den Rekord, ohne den sie nun einmal nicht leben und nicht ster ben können. Mit einem Schlage geht bei ihnen gleich der zehnte Teil des gesamten Pulvervorrates der Kriegs marine in die Lust. Wir veranstalten im Grunewald ein Internationales Automobilrennen, das mit Geschwindig keiten' bis zu 150, 160 Kilometern gefahren wird, und wenn dabei ein oder zwei Menschenleben umkommen,' so sind wir zu Tode erschrocken, schlagen Lärm ob solcher Un vernunft und geloben hoch und teuer, daß so leichtfertig unternommene und so unvollkommen durchgeführte Ver anstaltungen niemals wieder geduldet werden sollen. Recht so. Bei uns steht das Menschenleben noch immer etwas höher im Kurs, trotzdem die Mordtaten sich unaufhaltsam häufen wie die Selbstentlei bungen. Gut, mögen andere Nationen in dieser Beziehung großzügiger sein, wir sind nun einmal etwas altväterlich veranlagt und werden es wohl auch bleiben. Wer weiß, wozu es gut ist. * Darin besitzen wir eine gewisse Verwandtschaft mit unseren lieben Vettern jenseits des Kanals. Gewiß, sie sind außerordentlich fortgeschrittene Leute, diese Englän der, wenigstens nach ihrer eigenen Überzeugung, und keiner von ihnen würde es ungestraft durchlassen, wenn sie etwa jemand für rückständig oder schwerfällig halten Wollte. Aber was die Aufrechterhaltung altüberlieferter Sitten und Gebräuche betrifft, auch wenn sie nicht vom Willen des ganzen Volkes getragen werden, sondern nur eingewurzelter Gewohnheit der führenden Schichten ihre Erhaltung verdanken, so versteht man in London keinen Spaß. Als kürzlich das von der Regierung eingebrachte Gesetz zur Neuregelung der Arbeitszeit in den Kohlengruben vom Oberhaus beraten wurde, drangen einige Mitglieder des Unterhauses in den Sitzungssaal, wo sie einen Höllenlärm verursachten und durch handfeste Beschimpfungen des Präsidenten oder, wie es im Englischen heißt, des Herolds des Oberhauses, ihrer Entrüstung über den schmählichen Anschlag auf die Arbeiterschaft Ausdruck gaben. Erfolg natürlich gleich Null. Das Gesetz wurde in der vorgenommenen Frist glatt erledigt. Aber das Oberhaus schnaubte nach Rache, und eine stattliche Anzahl seiner Mitglieder tat sich zusam men und reichte beim Unterhaus den förmlichen Antrag ein, Genugtuung zu gewähren — Genugtuung für uner hörte Beleidigungen der Würde und des Ansehens der Ersten Kammer, Genugtuung namentlich für ihren Sprecher und Hüter der Tradition, Entschuldigung für die unerhörten Respektlosigkeiten, begangen von Mitgliedern des Unterhauses gegen das Oberhaus, und entsprechende Abkanzlung der wilden Männer in den eigenen Reihen. Der Antrag wurde natürlich mit über wältigender Mehrheit angenommen. Das Gleich gewicht der kochenden britischen Volks- seele lst also w i e d e r h e r g e st e l l t; für einige Zeit wenigstens, und das ehrwürdige Oberhaus hat seinen Schild wieder gereinigt, wie es sich gehört. Aber als nun die Hitzetage kamen mit ihren auch für Londoner Nebelverhaltmsse ganz ungewöhnlichen Ther mometerzahlen, da konnte man wiederum im Unterbaus eine förmliche Revolution erleben: in diesem Haus der strengsten Etikette sah man Plötzlich, wie die Herrschaften es sich bequem machten, die Röcke flogen über Bord, und wer es auch so nicht aushalten konnte, der streifte sich so. gar die Hemdsärmel hoch. Es gibt überdies auch Leute, die gesehen, mit eigenen Augen gesehen haben wollen, wie einige Hüter des Gesetzes, die in diesen Tagen auf den Ge richten zu amtieren hatten, ohne Talar und ohne Perücke erschienen. Der Himmel ist trotzdem nicht emgesturzt in England, so viel Neigung er auch anderwärts gerade jetzt zu allerlei Extravaganzen gezeigt haben mochte. * Nur den edlen Polen scheint auch die ärgste Hitze nichts anzuhaben. In dem wunderhübschen Schloß Belve dere sitzt jetzt Herr Pilsudski mit seinem obersten Kriegsrat zusammen und schmiedet R ü st u n g s p l ä n e für sein geliebtes Polenland. Schon sagt man ihm nach, es werde bald die Zeit kommen, daß er alles, was ein Schießeisen tragen könne, zu den Waffen rufen werde, um die Gro ßmacht stell» ng Polens zu erkämpfen, und schon fliegen ihm daraufhin die Herzen seiner ach so heißblütigen Landsleute zu, die zunächst, da man wußte, daß er eigeMlich von den Sozialisten herkam und in dem Verdacht stand, ein friedfertiger Mann zu sein, nichts von ihm hören wollten. Nun, Herr Pilsudski wird es schon schassen, nach den anderen berühmten Mustern, die ihm la in Rom, in Madrid, in Angora zur Verfügung stehen. Genugtuung für Germersheim verlangt. Der Reichskanzler in Berlin. Nachdem die Untersuchung der anläßlich der Krieger vereinsfeier in Germersheim von der dortigen fran zösischen Besatzung verübten Ausschreitungen deutscher seits beendet ist, wird in Bälde der deutsche Kommissar für die besetzten Gebiete, Freiherr Langwcrth v. Simmern, einen amtlichen Schritt bei der Interalliierten Rheinland kommission tun, um Genugtuung zu fordern und Maßnahmen zu verlangen, die eine Wiederholung derartig skandalöser Vorgänge im gesamten besetzten Gebiet un möglich machen. Die Untersuchung und weitere Beweis aufnahme der Germersheimer Vorfälle, die vom Reichs kommisfar für die besetzten Gebiete eingeleitet wurde, wird nunmehr in erster Linie von der bayerischen Negie rung geführt werden. Welche Schritte die Reichsregierung in der Frage der neuen Entwaffnungsnoten vornehmen wird, steht noch nicht fest. Zwar ist Reichskanzler Dr. Marx von seiner Rheinlandreise wieder nach Berlin zu rückgekehrt, doch soll noch die Rückkehr anderer für die Entscheidung wichtiger Persönlichkeiten, vor allem des Neichsaußenministers Dr. Stresemann und des Generals von Seeckt, von ihrem Urlaub abgewartet werden, bevor die Reichsregierung sich mit den Noten abschließend be fassen wird. Er wird feine und andere Leute in Genf über Abrüstung reden lassen, soviel sie wollen, und wird in Warschau um so eifriger nach dem Rechten fehen. Das nennt man dann Vorsorgen — vielleicht für noch heißere Tage, als wir sie jetzt zu genießen haben! Dr. Sy. Das Ergebnis des Volksentscheids. Amtliche Feststellung. Der Reichswahlausschuß ist heute vormittag untei dem Vorsitz des Reichswahlleiters, Präsidenten Wage mann, zu einer öffentlichen Sitzung zur Feststellung des endgültigen Ergebnisses des Volksentscheides vom 20. Juni zusammengetreten. Die Zahl der ortsansässigen Stimmberechtigten wurde auf 39 507 673 festgestellt, die Zahl der ausgestellten Stimmscheine auf 278 277, so daß insgesamt 39 785 950 Stimmberechtigte im Reiche vor handen waren. Von diesen gaben 15 599 797 ihre Stimm« ab; die Stimmbeteiligung betrug daher 39,3 Prozent Ungültige Stimmen wurden 558 903 abgegeben; von der 15 040 894 gültigen Stimmen lauteten 14 455184 auf Ja 585710 auf Nein. — In der Gemeinde Lissau (Kreis Schlochau) hat die Abstimmung nicht stattfinden können da der zum Abstimmungsvorsteher ernannte Gemeinde Vorsteher sich geweigert hat, die für die Durchführung der Abstimmung erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Jr der Gemeinde Schönitz (Landkreis Dessau) hat die Ab stimmung nicht erfolgen können, weil der Ort infolge deL Hochwassers der Elbe völlig unter Wasser stand. E^ handelt sich um 19 Stimmberechtigte. Am Anschluß ar die Feststellung wurde angeregt, den Reichsminister de- Innern zu bitten, auf die Länderregierungen dahin einzu wirken, daß die Wählerlisten (Wahlkarteien) nachgeprüf und künftig stets auf dem laufenden erhalten werden. Außerordentliche Vollmachten für Laillam Drakonische Sparmaßnahmen. Bei den Gesetzentwürfen, die der Finanzminister Caillaux dem französischen Parlament vorgelegt hat handelt es sich um eine Ermächtigungsvorlage und um vier Anhänge. Im ersten Paragraphen der Vorlage for dert die Regierung die Übertragung der parlamentarische» Rechte auf sich, um durch Dekrete die finanziellen Fragen zu regeln. Paragraph zwei schreibt vor, daß die Dekrete später dem Parlament zur Ratifizierung zu unterbreiten sind. In den Anhängen werden nähere Angaben gemacht über die geplanten Steuererhöhungen und Ersparnisse, über die Sanierung des Schatzamtes und die Währungs stabilisierung. Die Regierung fordert die Übertragung der besonderen Befugnisse bis Ende dieses Jahres. Dil Ratifizierung der Dekrete durch die Kammer soll im Ver laufe von sechs Monaten erfolgen. über die Sparmaßnahmen, die getroffen wer den sollen, wird folgendes bekannt: 1. Sämtliche Be amtenernennungen werden eingestellt. 2. Alle Neu- uni Erweiterungsbauten, selbst wenn sie im laufenden Budget vorgesehen sind, werden aufgeschoben. 3. Die Minister werden die erforderlichen Anweisungen geben, um die Verminderung ihres Personals auf die Stärke von 1914 Auch in London scheint man über das Vorgehen der Interalliierten Militärkontrollkommission ver st i m rn t zu sein, da, wie der „Daily Telegraph" meldet, die Vorstellungen in Berlin gemacht wurden, ohne daß die Botschafterkonferenz zu Nate gezogen wurde. Da es sich aber nicht um eine rein deutsch-französische Angelegenheit handelt, habe, so meint der „Daily Telegraph", Groß britannien ebensoviel Recht, vollkommen auf dem lau-^ senden gehalten und um Rat gefragt zu werden, wie- irgendwelche anderen Unterzeichner des Vertrages von Versailles. ' Die Reichsregierung wird am Dienstag zu einer Sitzung zusammentreten, um dringende Per sonalfragen zu erledigen. Es handelt sich hierbei vor allem um die Neubesetzung des Justizmini steriums, das jetzt von Reichskanzler Dr. Marx mit verwaltet wird. Als neuer Justizminister ist der Zen trumsabgeordnete Dr. Bell in Aussicht genommen, der diesen Posten schon im letzten Kabinett Luther erhalten sollte, nachdem der damalige Justizminister Marx zum Vorsitzenden der Zentrumsfraktion gewählt worden war. Außerdem wird sich das Reichskabinett nochmals mit dec Ernennung Dr. Dorpmüllers zum Generaldirektor der Reichseisenbahn beschäftigen und es ist anzunehmen, daß die Reichsregierung nach dem zwischen ihr und dem Verwaltungsrat der Reichsbahn getroffenen Vereinberun- gen nunmehr diese Wahl bestätigen wird. vorzuneymen. 4. Sobald der Regierung durch Gesetz dis nötigen Vollmachten erteilt sind, werden Maßnahmen er griffen werden, um den Konsum einzuschränken, der zu übermäßigen Käufen im Ausland führt. Es werden fer ner gefordert werden: Erhöhung der indirekten Steuern auf Grund des Koeffizienten 6 unter Zugrundelegung vom Jahre 1916, Erhöhung der Cödulesstenern (Csdules sind d,e Schuldscheine von Hypothrkeninstituten) um A und Festsetzung des höchsten Steuersatzes für dis Einkommensteuer auf 30 A. Trotz dieses Caillauxschen Sanierungsplanes setzt sich die Abwärtsbewegung des sranzösischen Franken fort. An der Berliner Börse konnte man am 16. Juli für eine Reichsmark etwa 10,2 Frank erhalten, während im Frieden bekanntlich ein Frank gleich 80 Pfennig war Bischof von Keppler gestorben. Sproß einer alten Gelehrtenfamilie. In Rottenburg starb an Herzschwäche der würt- tembergische Landesbischof und Bischof von Nottenburg, Dr. Paul Wilhelm von Keppler. Er hat ein Alter von 74 Jahren erreicht. Unwetter Uber Sachfen und Thüringen. Crimmitschau, über die hiesige Gegend und besonders über den Norden von Werdau bei Klein-Bernsdorf und den sogenannten Alvcrtsdorfer Grund ist ein schweres Gewitter mit Wolkenbrüchen niedergcgangen. Dadurch sind die Flüsse zu reißenden Strömen geworden. Der Pfarrbach hat bei der Einmündung schweren Schaden angerichtet. Die Pleiße ist über die Ufer getreten und hat die niedrig gelegenen Straßen und Häuser unter Wasser gefetzt. Zwischen Culmitzsch und Seeligstädt ist ebenfalls ein Wolkenbruch niedergegangen und hat die ganze Gegend überschwemmt. Zwischen Seeligstädt und Wünschendorf steht auch die Eisenbahn unter Wasser und mußte der Verkehr gesperrt werden. Verschiedentlich hat auch der Blitz cingeschlagen und gezündet. Auch zwischen Gößnitz und Meerane ist der Bahnverlehr teilweise eingestellt worden. Das Unwetter hat auch in Teilen von Thüringen getobt. Die Stadt Gera wurde von 12 Uhr nachts bis 5 Uhr früh heim- gesucht. Die Elster ist um 1)4 Meter gestiegen. In Wolfers dorf wurden sämtliche Brücken weggerissen. Das Wasser drang in die Häuser ein. In der Nähe von Wünschen dorf haben die Wasserfluten an einer Stelle den Bahndamm unterspült und durchbrochen, so daß auf der Strecke Mehl theuer-Werdau die Frühzüge ansfallen mußten. Frohburg, 16. Juli. Ein gewaltiges Gewitter mit mächtigen Regengüssen ging in der Nacht zum Freitag in der Gegend von Langenleube-Niedsrhain nieder. Am Morgen des Freitag schwoll die sonst so friedliche Wyhra dermaßen an, daß sie aus den Usern trat und die angrenzenden Fluren von Altmörbitz, Gnandstein und Frohburg überschwemmte. In Gnandstein und Frohburg mutzten verschiedene Häuser, die an der Wyhra liegen, geräumt werden. Auch ältere Leute können sich nicht ensinnen, je ein solches Hoch wasser erlebt zu haben. Eine wesentliche Störung erlitt das Frohburger Schützenfest. Der Schützenplatz, wie auch alle Zugänge zu diesem von der Stadt her standen bald unter Wasser, so daß es den Schützen, die zum „Königsftühstück" versammelt waren, nur auf Un-vegen möglich war, hrimznkommen. Viele Schützen wechselten die Uniform sofort mit der Feucrwehruniform, und unterstützten die vom Hochwasser betroffen, ihre Habe in Sicher heit zu bringen. «WA