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W M M W W O N Unterhaltungs-Beilage der Sächsischen Volkszeitung Nr. 45 Sonntag den 6. November MO Allerseelen. /Ernste Glockentöne schallen Durch den kalten Nebelflor; fromme Beter seh' ich wallen Au des Domes hohem Thor. vor den Toren an den Grüften Manche Seele trauernd weint; Doch vom trüben Ivolkcnhimmel Keine Sonne tröstend scheint. Überall ein leises Flüstern wie von Geisterhauch umweht; Manches lserz, das heiß einst liebte, Nim schon lange stille steht. willst du wissen, müder Wandrer, wessen heut' dies ernste Fest? „Allerseelen I" tönet's leise, „kseute ist der Toten Festl" Paul »ozniak. 25. Sonntag nach Pfingsten. Evangelium: Das Unkraut unter dem Weizen. Matthäus 13,24—30. 1. Wie viel guten, herrlichen, himmlischen Samen hat der liebe Gott schon in die Welt ausgestreut, seitdem sie be steht. Da hat er Patriarchen und Propheten gesendet als die Vorläufer des großen himmlischen Säemannes, seines eingeborenen Sohnes, dann diesen selbst, der durch sein heiliges Wort die Herzen bewegte und erschütterte, aber auch erquickte und beseligte. Und das Amt des himmlischen Säemannes sehen fort die Bischöfe und Priester, im Beicht stuhl und auf der Kanzel, in der Heimat und Fremde, bei den Großen und Kleinen. Und wie viel herrliche Frucht ist schon aus diesem Samen emporgewachsen! Siehe die Sterne am Himmel glänzen in ihrer bunten Pracht und unzählbaren Menge! Zahlreicher und herrlicher sind die Gerechten, die wie die Sonne glänzen im Reiche des himm lischen Vaters. Ter Festtag Allerheiligen zieht gleichsam den Vorhang von dem Himmel zurück und zeigt uns alle die Chöre der Heiligen, die hl. Apostel, Märtyrer und Be kenner, die hl. Jungfrauen und Witwen, die hl. Mönche, Einsiedler und Kirchenlehrer. Welch herrliche Früchte, emporgewachsen aus dem himmlischen Samen, aufge speichert in Gottes ewigem Hause! O frage dich doch manch mal in einer stillen Stunde: Es wird mir so viel gepredigt. Es vergeht kein Tag, ohne daß himmlische göttliche Samen körner in die Seele fallen. Bringen sie denn auch Frucht? Werde ich in Wahrheit besser und vollkommener? Und wenn ich heute sterben müßte? 2. Da kam der böse Feind und säte Unkraut unter den Weizen. Wie klug und wie boshaft! Er sät nicht auf den Weg, sondern mitten unter den Weizen, damit er recht großen Schaden anrichte. Wie boshaft! Er kann es nicht mit ruhigen: Auge ansehen, daß es den Menschen besser er gehe, wie den abgefallenen bösen Geistern. Der Säemann des höllischen Unkrautes hat dann unter den Menschen auch seine Helfershelfer. Von Gott abgefallen tragen sie die Hölle im Herzen, und nun wollen sie auch andern den Frie den rauben. Ja, es gibt Menschen, die können es gar nicht mit ansehen, wenn es in einem Hause ruhig und friedlich zugeht. Da machen sie falsche Zuträger und lügen und verleumden und schüren das Feuer des Hasses. O wehe ihnen! Es müssen zwar Aergernisse kommen, wehe aber den Menschen, durch die sie kommen. Jesus selbst ist der Anpflanzer -es Guten in unserem Herzen; er hat diese Pflanzung begossen mit dem Blute seines Herzens und nun kommen Menschen und zerstören diese Saat und ver greifen sich an Gottes heiligem Eigentum. 3. Wann finden aber der böse Feind und seine Ge nossen die beste Gelegenheit, Unkraut auszusäen? Wenn die Menschen schlafen, d. h. wenn sie sorglos und nicht auf ihrer Hut sind. Die Wachposten müsse treu auf ihren Wachposten ausharren. Wer da schlafen oder eigenmächtig sich entfernen würde, verfiele der strengsten Strafe. Auch du bist zum Schutze deiner Seele vom Herrn deiner Seele als Wachtposten aufgestellt. „Wachet und betet", hat der Herr Jesus gesagt, „damit ihr nicht in Versuchung fallet!" Wie kannst du schlafen und treulos sein, da es sich um eine unsterbliche Seele handelt: Und diese unsterbliche Seele ist die deine, und ein Seelenschaden ist oft nicht gut zu machen in Ewigkeit. 4. „Willst du, daß wir hingehen und Las Unkraut auS- raufen", so sprachen die Knechte. Der Herr aber sprach- „Lasset beides stehen bis zur Zeit der Ernte." Wie weise und segensreich ist nicht die Langmut Gottes, die er den Sündern gegenüber offenbart! Wäre aus einem SauluS ein Paulus geworden wenn ihn auf dem Wege nach Da maskus der Blitz erschlagen hätte? Stände Magdalena als ein Muster der Buße vor uns, wenn sie der Herr in die Hölle gestürzt hätte, bevor sie sich reumütig zu seinen Füßen warf? Ahme sie nach, mein Christ, diese himmlische Lang mut. Bist du nicht auch ein Kostgänger der göttlichen Langmut und Barmherzigkeit: oder braucht er mit dir nur nach seiner Gerechtigkeit zu Verfahren? — Es hat auch für den guten Samen seinen Nutzen, wenn das Unkraut neben ihn: steht. Sünder leben unter den Frommen. Ihr öfterer Fall macht die Frommen behutsamer, daß sie stehen bleiben. Des Sünders Rachbegierde gibt Gelegenheit zur Sanftmut; sein gehässiger Stolz und seine Herrschsucht zeigt erst recht j den Frommen, wie schön es sei, untertänig und demütig zu sein; seine Verfolgungssucht weckt den Edelsinn und die hochherzige Feindesliebe. 5. Es kommt die Ernte, der Tag der Vergeltung: Die ; Engel werden als Gottes Schnitter oder Erntegehilfen die ! große Sonderung der Guten von den Bösen vornehmen und die einen hinführen zum ewigen Hochzeitsmahl, die ! andern in das unauslöschliche Feuer der Qualen. O, welch rin großer Tag! Welch ein Schreckenstag! Welch ein Segenstag! Welch ein Schreckenstag für die Unglücklichen, die mit schuldbeladenem Gewissen den Schall der Posaunen vernehmen! Welch ein Segenstag für die Glücklichen, welchc Gottes liebevolle Einladung vernehmen, einzutreten in daS Paradies der ewigen Wonne und Freude! Als Moses im Namen Gottes die Gesetze gegeben, da sprach er am Schlüsse: Nun wählet! Hier habt ihr Segen und Fluch, Leben und Tod. Segen und Leben, wenn ihr die Gebote befolget; Fluch und Tod, wenn ihr ihm ungehorsam seid. Denke, so stehe Jesus täglich an deiner Seite, sprechend: Willst du zu mir, zur hl. Mutter Maria und aller» Aposteln