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Freitag DttiPztg. Die Zeitung erscheint mit Ausnahme des Montags täglich und wird Nachmittags 4 Uhr aus- gegeben. Preis für das Vierteljahr IV, Thlr.; jede einzelne Nummer 2 Ngr. Rr. 50. —— 29. Februar ISS«. Deutsche MglWim Zeitung. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Zu beziehen durch alle Postämter des In- und Auslandes, sowie durch die Crpeditwn i» Leipzig (Querstraße Nr. 8). Jnserttonsgebühr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Der Sundzoll. i. ----Leipzig, 28. Febr. Während auf den pariser Conferenzen über ein wichtiges Interesse unsers Handels und unserer Schiffahrt, die Befreiung der Donau von russischen Sperrmaßregeln, verhandelt wird, tagt in Ko penhagen eine andere Conferenz, welche über ein zweites, für unser Ver- kehrswesen nicht minder wichtiges Berhältniß, den Sundzoll, entscheiden soll. Leider steht zu befürchten, daß hier wie dort die eigentlich berufenen Vertreter der deutschen Gesammtinteressen sich säumig finden lassen, und daß wir es Fremden zu verdanken haben werden, wenn diese Interessen dennoch zur Geltung kommen. Wenigstens der deutschen Presse aber kann man den Vorwurf nicht machen, daß sie es an Aufklärungen über diese für Deutschland so wichtige Angelegenheit oder an Mahnungen zu einer kräftigen Inangriffnahme derselben habe fehlen lassen. Eben jetzt wieder ist von derselben gewandten und sachkundigen Feder, welche schon 1854 diese Frag« in einer besonder» Flugschrift so überzeugend und eindringlich beleuchtete, eine Fortsetzung jener Beleuchtung, unter Bezugnahme auf die neuesten Vorgänge in der gedachten Angelegenheit, erschiene».*) Wir fol gen dieser Schrift in der nachstehenden Auseinandersetzung des gegenwär tigen Standes und des eigentlichen Sachverhalts der Sundzollfrage. Bekanntlich hat zu den neuesten, von Dänemark selbst ausgegangenen Schritten zur Lösung dieser Frage den ersten Anstoß die energische Politik ber Bereinigten Staaten von Nordamerika gegeben, welche kurz und gut den im Jahre 1826 mit Dänemark geschloffenen Vertrag wegen des Sund- zolls aufkündigten und dabei kategorisch die Ansicht aussprachen, daß mit dem Aufhören des Vertrags auch dir Verpflichtung zur Zahlung des Zolls für sie aufhöre. Dies lenkte zuerst die Aufmerksamkeit der öffentlichen Meinung und der Cabinete Europas entschiedener auf die Frage hin: auf welchem Rechte denn eigentlich der Sundzoll beruhe, und ob es denn nicht möglich sei, seinen rechtlichen Fortbestand mit Erfolg zu bestreiten; eine Frage, an welche man sich bisher, wenigstens praktisch (aus welchen Gründen, bleibe dahingestellt), noch niemals recht gewagt hatte. Und doch gibt es, nach der schlagenden Ausführung unsers Gewährsmanns, keinen einzigen wahrhaft stichhaltigen Rechtsgrund, auf welchen Dänemark sich berufen könnte. Ein dänischer Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Graf Knnth, bekannte selbst gegen den Gesandten der Bereinigten Staaten im September 1848: „Das Princip dieser Zollerhebung zu verthridigen, bin ich nicht im Stande." Natürlich hat man diesen Minister deSavouirt; allein man konnte für das Recht Dänemarks nichts Anderes anführen als dessen jahrhundertelange allgemeine Anerkennung, d. h. also die Verjäh rung. Höchstens wird zur Erklärung des geschichtlichen Ursprungs dieses Rechts von den Bertheidigern. desselben beigebracht, daß im Mittelalter der Weg zur Ostsee als ein Transitweg durch das Land Dänemark be trachtet und also ein Meerstraßenzoll erlegt wurde, wie unzählige Flußzölle noch erlegt werden. Mit Recht bemerkt aber dagegen der Verfasser der Schrift: „Von der Verjährung kann keine Rede sein; denn die Verjährung hat nach Völkerrecht und Civilrecht keine andere natürliche Grundlage als die Vermuthung, daß ein ursprünglich gerechter Titel dem Besitzer das Eigenthum oder die Souveränetät der Sach« verliehen habe." Run ist aber Dänemark jetzt nicht einmal mehr Herr über beide Ufer der Sund- zollstraße; der Begriff einer Durchgangsabgabe fällt also von selbst hinweg. Ebenso wenig ist die Ostsee ein dänisches Binnenmeer, und wenn man auch ein Recht der Seeufrrstaaten auf ein gewisses Seegebiet in ihrem Bereiche zugestehcn wollte, so hat doch das neuere Scerecht die feste Regel aufgestellt, daß dieses Seeterritorium eines Staats nur so weit reiche als seine Kanonen. Dänemark kann aber den Sund nicht sperren, weil das gegenüberliegende Ufer nicht ihm, sondern Schweden gehört. Der Sund- zoll, sagt der Verfasser, ist entstanden, wie so viele sogenannte historische Rechte, „in den Zeiten des Faustrechts und der rohesten Barbarei" — „je nach den Umständen beruhte dessen Erhebung auf Raub oder als Gegen leistung auf Schutz gegen Raub". Später traten an die Stelle der rohen Gewalt Staatsverträge von verschiedenen Staaten mit Dänemark, zum Theil mit der Absicht Mchlossm, ihrer Schiffahrt durch Befreiung vom Zoll oder Er leichterungen desselben einen Vorsprung vor der anderer Staaten zu verschaffen. Aber diese älter» Verträgt enthalten keine Spur der Anerkennung eines völker rechtlichen Fundaments für das Princip des Zolls, und ebenso erkennt von allen Verträgen, die gegenwärtig mit fast allen civilisirten seefahrenden Na tionen geschlossen worden sind, kein einziger Dänemark ei» Urrecht oder ein . ewigdauerndes Recht zur Sundzollerhebung zu. Alle Verträge sind auf Zeit geschlossen und kündbar; alle enthalten den völlig gleichlautenden Satz: „Der Sundzoll und der Welthandel" (2. Heft; Leipzig, G- Maher). Mit dem Motto: „tlutta oavot lapiäem." „Schiffe und Waaren haben keine höhern Abgaben und Zölle im Sund und den Belten zu entrichten, als die am meisten begünstigten Nationen jetzt oder künftig erlegen." Bon selbst folgt daraus die Anwendung der älter» und neuern Conventionen auf Alle; mit derselben Gleichmäßigkeit wird Al len jede Ermäßigung zutheil, und der gänzliche Wegfall des SundzollS, sollte auch nur Eine Nation solchen gutwillig erlangen oder erkämpfen, wird nothwendig Gemeingut Aller. - Aus diesem letzten, in der Schrift besonders hervorgehobenen Satze folgt nun aber zugleich, von wie großer Wichtigkeit die Aufkündigung des amerikanischen Vertrags mit Dänemark und die faktische Nichtanerkennung des dänischen Rechtsanspruches auf Erhebung des Sundzolls nach Ablauf des Vertrags von Seiten der Vereinigten Staaten für alle andern, den Sund befahrenden Nationen sein würde. Es begreift sich nun auch, warum Dänemark sich so sehr beeilte, eine Sundzollconferenz zu berufen und die ser Vorschläge wegen einer Ablösung oder Capitalisirung des Sundzolls vor- zulegen. Denn durch die Theilnahme an dieser Conferenz und das Ein gehen auf die gemachten Vorschläge (möchten diese zu einem endliche» Er gebnisse führen oder nicht) erkannten die betreffenden Staate» das Recht Dänemarks auf die Erhebung des Sundzolls an und verzichtete» stillschwci- gend auf eine Nachahmung des von den Vereinigten Staate» gegebenen Beispiels. Diese lehtern begriffen das recht wohl und verweigerten des halb ihre Theilnahme an der Conferenz, indem sie aber zugleich ihre volle Bereitwilligkeit aussprachen, Dänemark im Wege der Capitalisirung für die von ihm zu Gunsten der Sundschiffahrt aufgewendeten Kosten (Erhaltung von Lenchtthürmen u. dergl.) vollgültig zu entschädigen. Die europäischen Seestaaten, Viren Angehörige den Sund befahren, haben die Conferenz beschickt, deren Sitzungen am 4. Jan. d. I. eröffnet, alsbald aber wieder vertagt wurden, weil noch nicht das ganze, zur Beurtheilung des Thatver- hältnisscs nöthige Material beisammen war. Wir verlassen hier für den Augenblick die Sundzollfrage, deren völ kerrechtliche Seite uns durch die vorstehenden Anführungen aus der ge dachten vortrefflichen Schrift hinlänglich aufgeklärt scheint, behalten uns aber vor, auf zwei andere, nicht minder wichtige Seiten derselben, die kom merzielle und die politische, in einem zweiten Artikel zurückzukommen. Deutschland. Preußen. -^Berlin, 27. Ftbr. Wir höre» es heute von unter richteter Seite als Thatsache bezeichnen, daß der Kaiser Napoleon den Wunsch, unmittelbar auf die soeben eröffneten Friedenskonferenzen einen allgem«inen europäischen Congreß folgen zu lassen, den europäischen Großmächte» in vertraulicher Weift bereits zur Kennmiß habe bringe» lassen. Die Ab- sicht des Kaisers Napoleon ist dabei im Allgemeinen di«, daß allen Verän derungen, welche seit 1815 in den politischen Verhältnissen Europas ein- gktreten sind, seitens der europäischen Großmächte eine gemeinsame Sanktion gegeben werde, und daß der hierüber abzuschließende Act in allen denjeni gen Punkten, in welchen derselbe abwiche von den früher», den bisherigen politischen Verhältnissen Europas zugrunde liegenden Acten, künftighin ge wissermaßen als Ausgangspunkt zu dienen hätte in Fragen des europäischen Rechts. Da cs sich hier also nur um die Sanctionirung factisch bestehen der und anerkannter Verhältnisse handelt, so ist nicht abzusehen, warum die europäischen Großmächte diesem Wunsch nicht bereitwillig entgegcnkommen sollten. Was Preußen insbesondere betrifft, so dürste die Bereitwilligkeit dazu hier wol umsomehr vorauszusetzen sein, als das Verhältniß, in wel ches das Fürstenthum Neuenburg .sich Preußen gegenüberzustclle» beliebt hat, zwar allerdings ein factisch bestehendes, aber kein anerkanntes Verhältniß ist, und zwar von keiner Seite. Wir glauben indessen, daß der Bethätigung dieser Bereitwilligkeit von westmächtlicher Seite ein wesentliches Hinderniß entgegengesetzt werden dürfte durch die Nichteinladung Preußens zu den Con- ferenzen. Die Hinzuziehung Preußens zur Theilnahme an dem Abschluß des ei gentlichen Fricdensacts, nach erfolgter Unterzeichnung der Friedenspräliminarien, würde hier wol kaum genügen; den» wir glauben allen Grund zu der Annahme zu haben, daß Preußen Anstand nehmen dürfte, einen Act zu unterzeichnen und mitzugarantiren, an dessen Berathungen es keinen Antheil genommen hat, und zwar deshalb nicht Anthril genommen hat, weil cs, obgleich es zur vorherigen Erledigung alles Dessen, was von ihn: als Bedingung der Theilnahme billigerwcise gcfodert werden konnte, bereit war, und gleichwol zur Theilnahme nicht eingeladen worden ist. Es bedarf wol kaum der Be merkung, daß alles Das keinen Zusammenhang hat mit der Anerkennung der Thatsachcn als solcher; diese Anerkennung versteht sich von selbst; eS handelt sich in dcr Hauptsache eben um die für spätere mögliche Even- tualitäten höchst wichtige Mitgarantie, welche unter solchen Verhältnissen zu übernehmen Preußcn, wie gesagt, Anstand nehmen dürste. Die sich