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Nummer 172 — 27. Jahrgang «mal wöi»««. «It den illuslr. ««ttUdetlagen .Di, »eit» und .ffilr unser« Nein«« Leut«', sowie den »«UbeUag«,, k,. Benn---Blatt'. .Nnterdaltung und Mssen' .Dt« Welt der fsta»'. .«er,IN«« Ratgever'. .Da» gute Buch». .gNmrund. Hau». Monatlicher «e»»,«»ret» S Mt. «inschl. Bestellgeld. Gtnjklmnnmer 1V Sonnabend- u. Sonntagnummer GO 1. Haiivtlchrtlllelter- Le. <S. De»«,t>t. Dresden. SLHMe Den:, üg, öen 21. Juli 1928 >v«rlag»or»r Dre-deu «azetgeudretse - Di« ig-tz-aUene P«w,ell- SO 4, Familien, -n,eigen u. Stellengesuch« »04. Die Petitrellamezeil» 8Smm »reit. 1 ^ FNr «n,eigen autzerhalb de» «erbrettung»aebieler <10 4. dt« PeiUreNamezeile I Osserlengeb.GO 4. Im Fall« höherer Gewalt erlischt jede Verpflichtung aus Lieferung iowie Erfüllung v. Anzeigen-Austrügen u. Leistung v. Schadenersatz. Geschüstlicher Dell: Artur Lenz. Dresden. Holrsseituno «eschüftSftel«, Druiku.Verla« > Germanta. sür Berlag und Druckerei. s^Utal, Dre»d en.Dre»»en.». l. yoiierstratzet?. Fernnissioi». BostscheekkontoDresden »7»Z Bmifkonto- Gtedtdeut Dresden Br. «l?I» Für chrtstttche Pvlittk und Kullur Siedatti», de» »Schftscheu «»USzettuua Drei de n-AU stabt 1. Vollerfträtze t?. Fernru« Mit und «IMS. Kaleidoskop Daß wir Deutschen gerneFeste feieril, wer wkr-' es uns verargen? Wir werden es uns selber nicht verargen. Taucht nicht das bunte Mittelalter mit seiner innigen Festesfroheit vor unseren Augen auf? Wagners „Meistersinger" packen und reißen uns immer wieder hin. Der kennte den deutschen Volkscharakter nicht, der sich wegen dieser Tugend oder Untugend ereiferte. Aber — was wir feiern? War Stralsund wirklich eine deutsche Feier? Man hat mit größtem Pomp, mit Raketen und mit Böllern, preisend mit viel schönen Reden und deutsch-schwedischer Verbrüderung die Niederlage Wallen st eins und die erfolgreiche Hilfe leistung durchfremde Truppen feierlich be gangen. 'Wallenstein war kaiserlicher General — Generalissimus sogar. Ganz gleich, welche Motive er selbst haben mochte, daß er der Verteidiger des Reiches und sein militärischer Repräsentant war, steht fest. Daß eine deutsche Stadt gegen den deutschen Kaiser zu Felde zieht, daß sie lieber fremde Herrschaft ruft: wer will leugnen, daß dies eine furchtbare und unfruchtbare Erinnerung an eine furchtbare Zeit der Zerrissenheit ist! Stralsund hat das Ereignis gefeiert. Die Feier hatte konfessionellen Hinternrund. Deshalb war es falsch vom Gesandten Freytag, sie als Sache des ganzen Volkes hinzustellen. Nicht einmal aus nationalen Gründen — und es ist gut, daß die Reichsregierung, die um Ent sendung eines Ministers gebeten war, als solche sich distanziert hat. Wir müssen bei der geistigen Zer rissenheit viel Rücksicht aufeinander nehmen. Anders geht es nicht. Wir müssen das Reich wollen und Feiern gegen das Reich unterlassen. Das »euo Reich! In dein alle leben können, leben ganze Reich! In dem wir endlich — ja Pölich Volk und einig sind. In dem wir Heimat und Scholle sehen. In dem wir unsere geistige Vollendung erstreben, in dem wir uns vor allen Dingen gegenseitig achten und die Eigenart der Teile respektieren. Stralsund war mehr als partikulär. Es war ein Gedenken an die Der Anlaß mag für einzelne sein — für die, die Reich und war er in Umfang, Art und Reichs Uneinigkeit. Volksteile freudig gewesen religiösen Frieden wollen, Weise der Feier traurig. Eine andere Feier! 200 000 deutsche Sänger waren in diesen Tagen in Wien— in Wien, der deut schen Stadt. Es wurden begeisterte Reden gehalten. Die deutschen Reichsstädte reichten sich mit Wien die Bruder hand. Die österreichischen und reichsdeutschen verantwort lichen Regierungsmänner hielten Gedankenaustausch. Frankreich horchte auf. Es bekrittelte und bemängelte — wir sind nichts anderes gewöhnt — auch diese Kundgebung. Es drohte mit dem Paragraphen. Es setzte den toten Buchstaben, der allerdings in diesem Falle öde Macht ist, dem lebensvollen Drang der brüderlichen Stämme ent gegen. Wir wollen in das große, gewaltige Sängerfest nicht mehr hineinlegen, als dabei gedacht war. Es war keine politische Kundgebung. Aber es war die Aenßerung des deutschen Gedankens. Kann mau spontane Empfindungen wirksam durch Paragraphen umhegen? Man kann es nicht! Der Fehler des Aus landes liegt darin, daß es unser Zusammenstreben nur unler dem Gesichtspunkt des Machtzuwachses sieht, daß es nicht zu einer ruhigeren Beurteilung kommt, in der endlich ^ anerkannt wird, daß, was in Versailles geschaffen wurde, ! gegen das Blut verstößt. Dieser Verstoß ist Europas Unfriede. Was ungerecht ist, pflegt sich für den Urheber immer zum Fluch zu wenden. Die ängstliche Bewachung des Versailler Diktates hat für den Diktator nur Sorgen gebracht, der lebendige Ausdruck dafür, daß Unnatürliches und Wider sinniges geschaffen wurde. Mögen sich die Völker beizeiten besinnen! Deutschland will den Frieden. Nur durch ihn kann es gewinnen. Wenn es zum ganzen strebt, ist das der Wille der Natur — aber nicht „Friedensbedrohung". Das groß- d e u t s ch e Symbol ist in der Fahne schwarz-rot-gold auf- ! geachtet. Wir werden diese Fahne nicht herunterholen: sie ist das Zeichen des Friedens und des in seinen Teilen und Stammen geeinten Deutschland, des friedlieben den größeren Deutschland. " ' . Die unruhevolle Welt erlebt zu jeder Zeit, wenn auch immer an verschiedenen Plätzen der Erde, daß die fehlerhafte Natur des Menschen die Zerstörung mebr zu lieben scheint als den Aufbau, oder daß, wie der Grieche Hcraklit prophetisch' sagte, „die gegenseitige Bekämpfung der Vater aller Dinge sei." Ist es nicht der Streit der Nationen untereinander, dann ist es der Bürger krieg. China seufzt unter dem vergiftenden Hauch dieses giftgeschwo'lenen Drachen. Mexiko steht unter der Herrschaft des Tenerols. Ihr ist der eben zum Präs,- Der Festakt Amsterdam, 2«. Juli. Die IX. Olympischen Spiele find feierlichst eröffnet! Im Beisein von rund 40 000 Zuschauern und vieler hoher Ehrengäste fand der Einzug von 43 Nationen mit über 4000 Kämpfern und Kämpferinnen statt. Um 1.80 Uhr war Prinz Heinrich der Niederlande in Vertretung der Königin erschienen, wie immer begrüßt durch das Wilhelmus-Lied. Frankreich machte den Ein marsch nicht mit, um, wie seine Vertreter erklärten, die Wett kämpfer nicht den Unbilden der Witterung auszusctzen. Es hatte die ganze Nacht und auch noch am Vormittag geregnet, aber zu Beginn der Eröffnung stahl sich die Sonne doch noch durch die Wolken hindurch. Flugzeuge kreisten über dem mit fast allen Fahnen der Welt geschmückten Stadion. Der Aufmarsch der 43 Stationen wurde mit großem Beifall ausgenommen. Griechenland führte den Zug an. der nach dem Alphabet zusammengestellt ivar. Deutschland folgte an 14. Stelle. Paulus aus Wetzlar trug dis Fahue, ihm folgte Dr. Leivald an der Spitze der Offiziellen, dann kamen die aktiven Teilnehmer, Männer und Frauen, und schließlich die Deutsche Hochschule sür Leibesübungen. Am meisten wurden naturgemäß die Holländer bejubelt, die am Ende des Zuges marschierten. Der Festakt begann mit einer eindrucksvollen Weiherede von Prof. Dr. VIsser, dem ehemaligen holländischen Unter- richtsminister. Er wies hier auf die Schwierigkeiten, die Hol- land zu überwinden hatte, um eine würdige Vorbereitung der Olympischen Spiele durchführen zu können. Alle diese Schwie rigkeiten seien aber im Hinblick auf die Bedeutung der Spiele gern getragen worden. Er entwarf weiter ein Bild der idealen Olympia-Kämpfe und schloß mit dem Wunsch: So möge denn diese tiefe religiöse Leidenschaft in Ihren Seelen Hochstämmen, die allein die Tradition der Spiele Hoch- Halten und Ihre erhabenen Ideale zur Verwirklichung führen können." Die Worte des greifen Redners klangen aus in dem Nie derländischen Dankgebet. Der Vorsitzende des Niederländischen Olympischen Komitees, Baron Schimmelpenninck hielt dann die Eröffnungsrede, in -er er die Teilnehmer be grüßte und noch einmal kurz auf den Sinn und Zweck der Olympischen Spiele hinwies. Am Ende seiner Ausführungen bat er den Prinzen Heinrich -er Niederlande, die Spiele eröffnen zu wollen. Der Prinzgemahl sprach folgende Worte: „Im Namen Ihrer Rlajestät, der Königin von Holland, erkläre ich die 9. Olympischen Spiele für eröffnet!" Um Punkt 2.45 Uhr stieg die Olympische Fahne mit de» fünf Ringen am Mast empor. Den 100 zunächst aufgestiegenen Brief tauben folgten nach kurzer Pause 1000 weitere. Die Artillerie schoß Salut, vom Marathonturm ertönten die Fanfaren, wäh rend oben auf ihm das Heilige Feuer brannte. Vor dein Po dium, auf dem Denis mit der holländischen Flagge steht, haben sich die Faynenrrügcr der 43 Nationen aufgestellt: „Wir schwö ren, in ehrlichem, riatterlichcm Geiste zu kämpfen, getreu den Olympischen Gesetzen zur Ehre unserer Nationen und zu Ehren des Sports!" So klangen di« Worte des Führers der hollän dischen Olympia-Mannschaft über das weite Feld, während sich die Fahnen aller Nationen gesenkt hatten und die Kämpfer die rechte Hand zum Schwur hochhielten. Den Beschluß der erheben den Feier bildete wiederum Lhorgesang. Begrüßung durch den deutschen Gesandten Die deutsche Olympia-Expedition wurde am Sonnabend- vormittag im Grand-Hotel zu Zandvoort vom deutschen Ge sandten in Holland, dem Grafen Zech, der in Begleitung des Gesandtschastsrates Noediger aus dem Haag gekommen war, begrüßt. An der Feier nahmen die Mitglieder des Olym pischen Komitees, alle Offiziellen und zahlreiche, zu den Spie len nach Amsterdam gekommene de»tsä>e Sportsleute teil. Graf Zech begrüßte tu außerordentlich herzlichen Worten die vollzählig versammelte Mannschaft, die in ihrer einheitlichen Tracht einen prächtigen Eindruck machte, er begrüßte sie als Kämpfer für den Sport, aber auch als Kollegen, denn sie seien in der jetzigen Zeit nicht weniger Vertreter Deutschlands als die Diplomaten. Die ganze Welt werde auf ihre Leistungen undauf ihr Verhalten schauen, und sie hätten Gelegenheit, für ihr Vaterland unvergängliche Werte Zu sichern. Exz. Lewald dankte für die freundliche Begrü ßung, schloß sich den Glückwünschen an und gab der Ueber- zeugung Ausdruck, daß kein Zwischenfall den harmonischen Verlauf der Spiele trüben werde und daß die deutsche Mann schaft durch Leistungen und Verhalten dem Namen ihres Vater landes nur Ehre machen werde. Bekanntlich hat die französische Olympiademannschaft am feierlichen Einmarsch der Abordnungen nicht teilgenommen. Wie nachträglich bekannt wird, sind die Franzosen aus folgendem Grunde nicht erschienen. Frankreichs Leichtathleten hatten gestern die Erlaubnis erhalten, im Stadion zu üben. Als sie jedoch das Stadionsgebäude betreten wollten, wurde ihnen vom Wächter des Stadions der Eintritt verwehrt. Es kam dabei zu einem Handgemenge, in dessen Verlaus der Führer der Fran zosen. Paul Mericamv. vom Wächter am Auge verletzt wurde. Nach Eröffnung der olympischen Spiele fand eine Be sprechung statt, bei der der französische Gesandte im Haag, -er holländische Gesandte in Paris, die Vorsitzenden der olympisä>en Komitees von Frankreich und Holland sowie die Leiter der französischen Athleten teilnahmen. Nachdem sie Holländer die Erklärung abgegeben hatten, daß der schuldige Beamte, der dem französischen Generalkonsul den Eintritt ins Stadion ver weigert hatte, strafversetzt würde, war die Angelegenheit für alle Teile in zufriedenstellender Weise erledigt. Im Anschluß daran gab der französische Hochspringer Lew den im Namen der Olympiateilnehmer den Eid auf die französische Fahne ab. oenren auserseyene General Obregon zum Opfer ge fallen. Es ist heute nicht mehr so wie zu Wolfgang Goethes Zeiten, daß den Bürger nicht interessiert, wenn „irgendwo die Waffen aufeinanderschlagen". Wir hängen alle irgendwie zusammen. Diesen Zusammenhang haben wir Katholiken gerade bei den mexikanischen Wirren gemerkt und gespürt. Was ist's mit Obrenon? Eine eilige, beflissene und gegen das Christentum verhaftete Presse schrie sofort mit lauter Stimme: Am gemaln men Tode Obregons sind d i e Katholiken schuld. Ein religiöser Fanatiker hat ihn ermordet. Indessen ist es leiser geworden im liberalen und sozialistischen Blätterwald. Äuch der vor laute Kapellmeister in diesem Konzert, der „Vorwärts", schweigt. Heute hört man datz der Arbeitsminister Morones. ein Mann des Kabinetts Calles, auf der Flucht begriffen ist. Heute weiß man, daß Arbeiter und Bauern in diesem von Gewalttat widerhallenden Lande sich bekämpfen. Heute ist bekannt, daß Obregon der Freund der Bauern war, ihr Mann, und daß d i e u m Calles selbst, dem unbequemen Bauern-Eeneral Würde und Amt des Präsidenten strittig machten. Wo ist Morones? Er hat sich aus dem Staube gemacht und Calles hat seinen langjährigen Mitarbeiter glatt fallen lassen. Er ist lieber Präsident — auch, wenn es s'in muß. gegen die Arbeiter mit den Bauern. Was sagt - »r „Vorwärts" nun? Daß man ohne Ankalt »,,b ab»- Beweise die Katholiken beschuldigt hat. daß man ihnen die intellektuelle Urheberschaft in einem Teile der deutschen Presse sofort und ohne Prüfung in die Schule schob, ist ein dunkles Kapitel. Ist das der Geist, mit dem man jenen begegnet, die sich das Verdienst zu eigen machen dürfen, mit Selbstaufopferung für die Festigung der Republik gesorgt zu haben? Wir können das Kaleidoskop nicht vom Auge nehmen, ohne noch ein Bild betrachtet zu haben. Max Hölz ist frei. Nicht amnestiert, aber aus dem Zuchthaus be urlaubt. um an seinem Wiederaufnahmeverfahren mit- zuwirken. Max Hölz, den „Karl Moor des sächsischen Vogtlandes" haben die Kommunisten zu ihrem „National"« Heros gemacht. Das ist wundersam. Denn den „edlen Räuber" Hölz hat die kommunistische Zentrale im mittel deutschen Aufstand ebenso bekämpft wie als einen der ihren abgelehnt. Jetzt wird Hölz gefeiert. Es heißt, er werde nach Rußland gehen. Das bedeutete den letzten Schliff. Denn soviel weiß man daß man es mit einem eigen willigen Mann zu tun hat, von dem man gespannt sein darf, wie lange ihn kommunistische Fesseln vor Extratouren schützen. Eine Landsknechtsfigur im unangenetnnsten Sinn des Wortes. Zugegeben, daß der Krieg seine Existenz verfuscht hat — wie viele waren in der Lage, sich durch Energie, wenn auch langsam so dock, sicher wieder aufzurichten? Die Kricqsfolge ist keine Entschuldiauna